Entscheidungsstichwort (Thema)
Tuberkulose-Heilmaßnahmen für rentenversicherte Ehefrauen von Beamten
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Tuberkulosehilfe gegen den Träger der Rentenversicherung (AVG § 21a Abs 1 - 6) ist nach AVG § 21a Abs 7 S 2 auch für den Ehegatten eines versicherungsfreien Beamten ausgeschlossen, der selbst Versicherter iS des AVG § 21a Abs 2 ist, aber bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit in keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hat.
Leitsatz (redaktionell)
Durch den Ausschluß der Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers wird das GG nicht verletzt, weil die Tuberkulose-Hilfe für den ausgeschlossenen Personenkreis dem öffentlichen Dienstherrn zugewiesen ist (BSHG § 127); ein Verstoß gegen das GG liegt auch dann nicht vor, wenn die Tuberkulose-Hilfe des öffentlichen Dienstes wegen einer Kostenbeteiligung für den Betroffenen im Einzelfall ungünstiger ist, als wenn der Rentenversicherungsträger mit Leistungen eintreten würde.
Normenkette
AVG § 21a Abs. 1 Fassung: 1959-07-23, Abs. 2 Fassung: 1959-07-23, Abs. 3 Fassung: 1959-07-23, Abs. 4 Fassung: 1959-07-23, Abs. 5 Fassung: 1959-07-23, Abs. 6 Fassung: 1959-07-23, Abs. 7 S. 2 Fassung: 1959-07-23; RVO § 1244a Abs. 1 Fassung: 1959-07-23, Abs. 2 Fassung: 1959-07-23, Abs. 3 Fassung: 1959-07-23, Abs. 4 Fassung: 1959-07-23, Abs. 5 Fassung: 1959-07-23, Abs. 6 Fassung: 1959-07-23, Abs. 7 S. 2 Fassung: 1959-07-23; BSHG § 127; GG Art. 6 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 1963 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. November 1962 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin war in der Zeit vom 29. November 1960 bis zum 22. Dezember 1960 und in der Zeit vom 27. Dezember 1960 bis zum 5. Juli 1961 in stationärer Behandlung wegen Nieren-Tuberkulose (Tbc). Mit Schreiben vom 17. Januar 1961 verlangte der - inzwischen am 17. August 1963 verstorbene - Ehemann der Klägerin, ein Oberbaurat und hessischer Landesbeamter, von der Beklagten die Erstattung der Kosten mit der Begründung, die Ersatzkasse (Kaufm. Krankenkasse Halle) habe ihn an sie verwiesen, weil die Klägerin freiwillig in der Angestelltenversicherung (AnV) versichert sei und die Wartezeit erfüllt habe. Die Beklagte lehnte die Übernahme jeglicher Kosten am 8. August 1961 unter Hinweis auf § 21 a Abs. 7 Satz 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ab. Auch den Antrag des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen vom 28. Juli 1961, die Beklagte möge nach § 27 des Gesetzes über die Tuberkulosehilfe (THG) vom 23. Juli 1959 (BGBl I 513) die vorlageweise übernommenen Kosten der stationären Behandlung vom 27. Dezember 1960 bis zum 5. Juli 1961 erstatten, lehnte die Beklagte am 14. September 1961 unter Hinweis auf § 21 a Abs. 7 AVG ab.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, für die - allein noch streitige - stationäre Heilbehandlung in der Zeit vom 27. Dezember 1960 bis zum 5. Juli 1961 sei zwar der Landeswohlfahrtsverband Hessen vorläufig eingetreten, weil ihr Ehemann Landesbeamter sei, ihrem Ehemann sei jedoch eine "angeblich zumutbare Kostenbeteiligung" von täglich 8,- DM, d. h. insgesamt mehr als 1500,- DM, auferlegt worden. Dieser "Schaden" würde ihnen erspart bleiben, wenn die Beklagte die ihr nach § 21 a AVG obliegende Verpflichtung anerkennen würde. Die Klägerin gehöre eindeutig zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis des § 21 a AVG, weil sie seit November 1960 Rentnerin der AnV sei. Die Ausschlußbestimmung des Abs. 7 Satz 2 dieser Vorschrift sei hier nicht anwendbar, weil sie sich nur auf die nichtversicherten Ehefrauen von Beamten erstrecke. Auch aus dem Sinn und Zweck der in § 21 a AVG getroffenen Regelung ergebe sich, daß der Klägerin die Anspruchsberechtigung nach § 21 a Abs. 1-6 AVG nicht durch Abs. 7 genommen werden könne; denn als Ehefrau eines Beamten sei sie wegen ihrer Tbc nicht in gleichem Ausmaß versorgt wie die übrigen Rentenempfänger.
Das Sozialgericht (SG) Wiesbaden wies die Klage am 5. November 1962 ab. Es vertrat in Übereinstimmung mit der Beklagten die Ansicht, der Klägerin stehe wegen ihrer Tbc-Erkrankung kein Anspruch gegen die Beklagte nach § 21 a Abs. 1-6 AVG zu, weil die Voraussetzungen des Abs. 7 Satz 2 erfüllt seien; die Klägerin sei Ehefrau eines nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG versicherungsfreien Beamten, und sie habe bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Der Umstand, daß die Klägerin seit November 1960 Rente aus eigener Versicherung von der Beklagten beziehe, führe zu keiner anderen Beurteilung.
Auf die Berufung der Klägerin hob das Hessische Landessozialgericht (LSG) am 10. Oktober 1963 das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 1961 auf und verurteilte die Beklagte, "die Kosten der stationären Behandlung der Tbc-Erkrankung der Klägerin vom 27. Dezember 1960 bis 5. Juli 1961 der Höhe nach im gesetzlichen Rahmen zu erstatten". Das LSG führte aus, die Klägerin habe nach § 21 a Abs. 1 AVG wegen ihrer Tbc Anspruch auf die Maßnahmen nach den §§ 13-21 AVG; sie sei, weil sie die Wartezeit erfüllt habe, "versichert" im Sinne dieser Vorschrift (§ 21 a Abs. 2 AVG). Auf Grund dieser Eigenschaft habe sie einen "originären" Anspruch gegen die Beklagte, der durch Abs. 7 Satz 2 dieser Vorschrift nicht berührt würde. Die Klägerin sei zwar während der hier maßgeblichen stationären Behandlung Ehefrau eines nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG versicherungsfreien Beamten gewesen und habe auch im Zeitpunkt der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit der Tbc nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden; nach Abs. 7 Satz 2 des § 21 a AVG seien jedoch ausgeschlossen von den Ansprüchen nach § 21 a AVG nur diejenigen Angehörigen eines Beamten, die nicht aus eigener Versicherung anspruchsberechtigt sind.
Das LSG ließ die Revision zu.
Das Urteil des LSG wurde der Beklagten am 5. November 1963 zugestellt.
Die Beklagte legte am 30. November 1963 Revision ein und beantragte,
das Urteil des Hessischen LSG vom 10. Oktober 1963 aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte begründete die Revision am 24. Dezember 1963; sie rügte, das LSG habe die Vorschrift des § 21 a AVG verletzt.
Die Klägerin war im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1; 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist auch begründet.
Das LSG ist zu Unrecht der Meinung, der Klägerin stehe wegen ihrer Tbc-Erkrankung ein Anspruch gegen die Beklagte nach § 21 a AVG zu. Wie die Revision zutreffend dargelegt hat, gehört die Klägerin nicht zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis; sie ist als - damalige - Ehefrau eines Beamten von den Tbc-Bekämpfungsmaßnahmen der Rentenversicherungsträger ausgeschlossen (Abs. 7 Satz 2 des § 21 a AVG).
Die Vorschrift des § 21 a AVG, die hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, hat § 31 des Gesetzes über die Tuberkulosehilfe (THG) vom 23. Juli 1959 (BGBl I 513) mit Wirkung vom 1. Oktober 1959 in das AVG eingefügt; sie bringt - zusammen mit den wörtlich übereinstimmenden §§ 1244 a der Reichsversicherungsordnung (RVO), 43 a des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) - erstmalig eine gesetzliche Regelung der Ansprüche gegen die Rentenversicherungsträger bei Tuberkuloseerkrankungen. In Abs. 1 dieser Vorschrift ist bestimmt, daß bei einer Tbc-Erkrankung Versicherte und Rentner für sich, für ihre Ehegatten oder für ihre Kinder Anspruch auf die Maßnahmen nach §§ 13 bis 21 AVG nach Maßgabe der folgenden Vorschriften haben. Die Klägerin ist zwar Versicherte i. S. dieser Vorschrift; sie hatte bei Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit die Wartezeit nach § 23 Abs. 3 AVG erfüllt und fällt somit unter die zweite Alternative der in Abs. 2 gegebenen Begriffsbestimmung darüber, wer "versichert im Sinne dieser Vorschrift" ist; gleichwohl hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte nach § 21 a AVG, weil Abs. 7 Satz 2 dieser Vorschrift entgegensteht; Absatz 7 schränkt den Personenkreis, dem wegen Tbc-Erkrankung ein Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger nach § 21 a AVG zusteht, in mehrfacher Weise ein. Nach Satz 1 des Abs. 7 gelten die vorhergehenden Vorschriften nicht, wenn die Erkrankung auf einem Arbeitsunfall, einer Berufskrankheit, einer Schädigung i. S. des BVG oder eines entsprechend anwendbaren Gesetzes beruht. Diese Vorschriften gelten nach Satz 2 ferner nicht für diejenigen Personen, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2-6 AVG versicherungsfrei oder gem. §§ 7,8 Abs. 1 AVG von der Versicherungspflicht befreit sind, sowie für ihre Ehegatten und Kinder, die bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit in keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben. Dieser Ausnahmetatbestand des Abs. 7 Satz 2 ist hier gegeben. Das LSG hat bindend festgestellt, daß die Klägerin in dem hier maßgebenden Zeitraum vom 27. Dezember 1960 bis zum 5. Juli 1961 Ehefrau eines hessischen Landesbeamten gewesen ist, daß der Ehemann nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG versicherungsfrei gewesen ist, und daß die Klägerin bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat; die Klägerin hat zuletzt freiwillige Beiträge zur AnV entrichtet. Bei diesem Sachverhalt hat die Beklagte mit Recht ihre Verpflichtung zur Durchführung von Maßnahmen nach § 21 a AVG verneint.
Wenn das LSG meint, der in Abs. 7 Satz 2 bestimmte Ausschluß könne hier nicht durchgreifen, weil die Klägerin als Versicherte i. S. des Abs. 2 einen "originären" Anspruch gegen die Beklagte habe, so trifft das nicht zu. Eine derartige Auslegung des Abs. 7 Satz 2 wird dem Sinn und Zweck der Neuregelung der Tuberkulosenhilfe durch das THG nicht gerecht. Ausschlaggebend für diese Neuregelung und die Einfügung der gleichlautenden §§ 21 a AVG, 1244 a RVO und 43 a RKG in die Rentenversicherungsgesetze ist die "weitgehende Rechtsunsicherheit" gewesen, die auf diesem Gebiet seit dem Zusammenbruch im Jahre 1945 geherrscht hat (vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Tuberkulosehilfe, BT-Drucks. 349, 3. Wahlperiode, unter A 4 und 5; vgl. dazu auch Schlink in "die Angestelltenversicherung" - DAngVers - 1959, 190 ff). Die Richtlinien und Vereinbarungen, mit denen bis dahin versucht worden ist, die Aufgaben der verschiedenen Kostenträger abzugrenzen (vgl. Richtlinien der Träger der Rentenversicherung über die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung, wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit oder zur Behebung der Ansteckungsgefahr bei Erkrankung an Tbc im Verhältnis zu den Landesfürsorgeverbänden (1958) und Vereinbarung zwischen den Trägern der Renten- und Krankenversicherung über die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit vom 15. September 1958, abgedruckt in DAngVers 1959, 193 ff), sind durch eine gesetzliche Regelung ersetzt worden; im Zusammenhang damit ist dem Versicherten der Rentenversicherung und ihren Angehörigen durch die §§ 21 a AVG, 1244 a RVO und 43 a RKG dem Grunde nach bei Tbc-Erkrankungen ein Rechtsanspruch auf Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit eingeräumt worden; nur über Art und Maß der Leistungen der Tbc-Hilfe hat der Rentenversicherungsträger jetzt nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Es ist so für die Versicherten und ihre Angehörigen die gleiche Rechtslage geschaffen worden wie für die Personengruppen, die schon nach dem bisher geltenden Recht einen Rechtsanspruch auf Tbc-Hilfe gehabt haben (§§ 1, 21 ff THG). Die Ausgestaltung der Tbc-Hilfe als Pflichtleistung der Rentenversicherungsträger ist jedoch weder in der Weise erfolgt, daß nunmehr alle Versicherten und Rentner und deren Angehörige im Falle der Tbc-Erkrankung nach den §§ 21 a AVG, 1244 a RVO und 43 a RKG anspruchsberechtigt sind (es werden in Anlehnung an die oa Richtlinien 1958 gewisse versicherungsrechtliche Voraussetzungen gefordert - Abs. 2 der Vorschriften -), noch sind die Rentenversicherungsträger bei der Aufgabenverteilung ausnahmslos als in erster Linie leistungspflichtig bezeichnet worden. Zwar stehen die Rentenversicherungsträger in der Rangfolge grundsätzlich vor den Stellen, gegen die sich der Rechtsanspruch auf Tbc-Hilfe nach § 1 THG (jetzt § 48 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -) richtet (der örtlich zuständige Landesfürsorgeverband - §§ 7, 8 THG - bzw. jetzt die nach dem BSHG zuständigen Sozialhilfeträger), weil dieser Anspruch entsprechend dem subsidiären Charakter der Sozialhilfe überhaupt seine Begrenzung dort findet, wo für bestimmte Personengruppen die erforderliche Hilfe ganz oder zum Teil in anderen Gesetzen sichergestellt ist (vgl. § 1 Abs. 1 THG und jetzt § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BSHG); im übrigen aber ergibt sich aus der Regelung über die Tbc-Hilfeansprüche gegen die Rentenversicherungsträger, die in den §§ 21 a AVG, 1244 a RVO und 43 a RKG konkretisiert und begrenzt worden sind, daß die Rentenversicherungsträger mehrfach zu Lasten anderer Stellen von ihrer Leistungspflicht befreit sind. Das sind einmal die in Abs. 7 Satz 1 der Vorschriften erwähnten Fälle, daß die Tbc-Erkrankung auf einem Arbeitsunfall, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung i. S. des BVG oder eines entsprechend anwendbaren Gesetzes beruht; wenn es in Abs. 7 Satz 1 heißt, in diesen Fällen gelten die vorstehenden Vorschriften nicht, so ist damit eindeutig ausgesprochen, daß insoweit ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu dem Personenkreis der gesetzlichen Rentenversicherung kein Anspruch auf Tbc-Hilfe gegen die Rentenversicherungsträger begründet wird. Es handelt sich dabei um einen generellen Ausschluß, dessen Rechtfertigung darin liegt, daß in diesen Fällen die erforderliche Hilfe anderweitig sichergestellt ist, und daß es im Rahmen des Gesamtplanes der Tbc-Hilfe nicht Aufgabe der Rentenversicherung sein kann, die für Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten usw. zuständigen Kostenträger zu entlasten. Dasselbe gilt zum anderen aber auch für die hier bedeutsame in Abs. 7 Satz 2 aufgezählte Gruppe der versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen, sowie "für ihre Ehegatten und Kinder, die bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit in keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung standen". Die Hilfe für diese Personengruppe ist durch die Vorschrift des § 21 THG (jetzt § 127 BSHG) sichergestellt; durch sie wird den Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Rechtsanspruch auf Tbc-Hilfe gegen den Dienstherrn bzw. - bei Versorgungsempfängern - gegen den Träger der Versorgungslast für sich, den Ehegatten und für die kinderzuschlagsberechtigten Kinder eingeräumt. Auch insoweit ist ohne Rücksicht darauf, ob diese Personen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt haben (Entrichtung von mindestens 6 Pflichtbeiträgen in den letzten 24 Kalendermonaten oder Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten), der Anspruch auf Tbc-Hilfe gegen die Rentenversicherungsträger generell ausgeschlossen; von diesem Ausschluß sind der Ehegatte und die Kinder nur dann nicht erfaßt, wenn sie während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung an Tbc erkrankt sind. Dieser Vorbehalt läßt sich daraus erklären, daß in diesen Fällen eine besonders enge Verbindung zur gesetzlichen Rentenversicherung besteht, daß diese Verbindung in den Rentenversicherungsgesetzen auch an anderen Stellen besonders honoriert wird (vgl. zB §§ 28 Abs. 2 Buchst. a, 36 Abs. 3 AVG und 50 AnVNG), und daß es deshalb nicht gerechtfertigt erscheint, auch insoweit den Dienstherrn zu belasten; das gilt um so mehr, als durch die versicherungspflichtige Beschäftigung der Angehörigen eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber dem vom Dienstherrn betreuten versicherungsfreien bzw. von der Versicherungspflicht befreiten anderen Ehegatten bzw. Vater zum Ausdruck kommt, die es ebenfalls nicht angezeigt erscheinen läßt, diese Angehörigen an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn insoweit teilhaben zu lassen. Diese Regelung kann allerdings nicht dahin verstanden werden, daß die in versicherungspflichtiger Beschäftigung an Tbc erkrankten Ehegatten oder Kinder - wie das LSG offenbar annimmt (vgl. auch Graf , Zeitschrift für Sozialhilfe - ZfSH - 1965, 9, 12) - damit automatisch ohne die besonderen Voraussetzungen des Abs. 2 den Anspruch nach § 21 a AVG erlangen. Sie werden, wenn sie bei Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit der Tbc in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben, lediglich von dem generellen Ausschluß des Anspruchs nach Abs. 7 Satz 2 nicht betroffen; mehr besagt diese Regelung nicht; ob sie anspruchsberechtigt nach § 21 a AVG sind, richtet sich nach den in Abs. 2 aufgestellten versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen. Das hat das LSG verkannt; es hat auch zu Unrecht angenommen, der in Abs. 2 definierte Begriff des Ehegatten als "der nichtversicherte Ehegatte, wenn der Versicherte oder der Rentner ihn überwiegend unterhalten hat", sei im Rahmen des Abs. 7 Satz 2 anzuwenden. Wie die Beklagte zutreffend dargelegt hat, gilt die Begriffsbestimmung des Abs. 2 nicht für den Ehegatten, der in Abs. 7 Satz 2 angesprochen ist; abgesehen davon, daß die Übernahme dieser Begriffsbestimmung in Abs. 7 Satz 2 keinen verständlichen Sinn hätte, weil sie auf den überwiegenden Unterhalt eines Versicherten oder Rentners abstellt, darf nicht übersehen werden, daß die Legaldefinitionen des Abs. 2 nur dazu dienen, den nicht schon durch Abs. 7 Satz 2 von der Anspruchsberechtigung ausgeschlossenen Personenkreis abzugrenzen.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. August 1961 ist somit rechtmäßig; obwohl die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt, ist sie durch Abs. 7 Satz 2 als - damalige - Ehefrau eines Beamten von der Anspruchsberechtigung nach § 21 a AVG ausgeschlossen. Daran ändert auch nichts, daß sie Rente aus der AnV bezieht; auch als Rentnerin wird sie von der Regelung des Abs. 7 Satz 2 erfaßt. Wenn die Klägerin meint, bei dieser Auslegung des § 21 a AVG sei sie wegen ihrer Tbc nicht in gleichem Ausmaß versorgt wie die übrigen Rentenempfänger, so trifft das nicht zu. Die ärztliche Versorgung sowie die Berufsförderung und die nachgehenden Maßnahmen im Rahmen der Tbc-Hilfe sind so gestaltet, daß es keinen Unterschied macht, ob der Rentenversicherungsträger, der Landesfürsorgeverband (jetzt Sozialhilfeträger) oder eine andere Stelle für die Gewährung der Tbc-Hilfe zuständig sind. Die Regelung des § 21 a Abs. 7 Satz 2 AVG kann sich allerdings für die von der Tbc-Hilfe der Rentenversicherungsträger ausgeschlossenen Versicherten und Rentner insofern als nachteilig auswirken, als bei der Zuständigkeit des öffentlichen Dienstherrn (des Ehegatten bzw. Vaters) für die Tbc-Hilfe unter Umständen - wie im vorliegenden Fall - ein Kostenbeitrag verlangt werden kann. Nach §§ 79 ff BSHG (§ 117 THG) ist dem "Hilfesuchenden" und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten, soweit ihre Einkommen bestimmte - bei der Heilbehandlung für Tbc erhöhte (§ 81 BSHG) - Grenzen übersteigen, die Aufbringung der Mittel an angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind vor allem die Art des Bedarfs, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen des Hilfesuchenden und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen (§ 84 Abs. 1 BSHG). Insoweit kann auch der für die Tbc-Hilfe zuständige Dienstherr den Beamten zur Kostenbeteiligung heranziehen (§ 127 Abs. 4 BSHG). Soweit das Gesetz in § 21 a Abs. 7 Satz 2 AVG die Tbc-Hilfe des Rentenversicherungsträgers für versicherte Ehegatten und Kinder von Beamten ausschließt, ist das Grundgesetz nicht verletzt, weil der ausgeschlossene Personenkreis der Tbc-Hilfe für den öffentlichen Dienst zugeordnet ist (§§ 21 THG, 127 BSHG), daran ändert auch nichts, daß die Tbc-Hilfe des (öffentlichen) Dienstherrn wegen möglicher finanzieller Auswirkungen (Kostenbeteiligung) im Einzelfall für die Betroffenen ungünstiger sein kann, als die Tbc-Hilfe des Rentenversicherungsträgers. Diese Regelung verletzt weder Art. 6 Abs. 1 noch Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes; sie richtet sich weder - "aus einer Tendenz gegen die Ehe" - gegen Verheiratete in ihrer Gesamtheit noch schließt sie eine bestimmte Gruppe von Verheirateten willkürlich von einer allgemeinen Vergünstigung aus (vgl. BVerfGE 14, 34, 39), sie differenziert auch nicht sachfremd und willkürlich, wenn sie die Tbc-Hilfe der versicherten - aber nicht versicherungspflichtig beschäftigten - Ehegatten und Kinder eines Beamten dessen Dienstherrn überträgt und nach den Belangen des öffentlichen Dienstes gestaltet; dies steht in einem sinnvollen Zusammenhang damit, daß Ehegatten und Kinder eines Beamten - (vor allem, wenn sie nicht selbst beschäftigt sind und kein eigenes Einkommen beziehen) - auch an der besonderen beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn des Beamten teilhaben. Der (öffentliche) Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen (§ 79 BBG); er hat danach auch die Möglichkeit (und die Verpflichtung) - über die Begrenzung der Kostenbeteiligung auf den angemessenen Umfang hinaus - unerwünschte Auswirkungen der Kostenbeteiligungsregelung zu verhindern (vgl. hierzu zB jetzt § 8 der VO über die Tbc-Hilfe für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Lande Hessen vom 18. Januar 1965, wonach der Kostenbeitrag zur Tbc-Heilbehandlung beihilfefähig ist).
Das LSG hat somit zu Unrecht den angefochtenen Bescheid, durch den die Beklagte generell ihre Leistungspflicht nach § 21 a AVG verneint und damit über den Rechtsanspruch dem Grunde nach entschieden hat, sowie das die Klage abweisende Urteil des SG aufgehoben. Die Revision ist daher begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, ohne daß darauf eingegangen zu werden braucht, ob überhaupt - wie das LSG angenommen hat - eine Umwandlung des Sachleistungsanspruchs nach § 21 a AVG in einen Geldanspruch möglich ist.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2324323 |
BSGE, 230 |