Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Förderung des Studiums an einer Fachschule für Optik und Fototechnik.
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 1974 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juni 1973 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung ihres Studiums an der Fachschule für Optik und Fototechnik in B.
Die 1946 geborene Klägerin hat eine abgeschlossene Realschulbildung. Von 1961 bis 1963 erlernte sie den Beruf der Fotolaborantin, den sie bis Anfang April 1972 ausübte. Am 5. April 1972 begann sie ein viersemestriges Studium an der Fachschule für Optik und Fototechnik in B - Abteilung Fototechnik - mit dem Berufsziel einer staatlich geprüften Fototechnikerin.
Den Antrag der Klägerin auf Förderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 1972 ab, weil die Maßnahme nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer nicht den besonderen Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung entspreche. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin u. a. geltend, daß ihrem Ehemann auf telefonische Anfrage beim Arbeitsamt IV Berlin (West) von dem zuständigen Sachbearbeiter die Auskunft gegeben worden sei, daß die Fachrichtung Fototechnik weiterhin gefördert werde. Im Bescheid vom 8. September 1972 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat der Klägerin mit Urteil vom 6. Juni 1973 wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, ihre Klage jedoch abgewiesen. Nach Auffassung des SG handelt es sich bei dem Studium nicht um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne von § 41 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), weil es nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer den besonderen Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung nicht entspreche. Diese Forderung habe die Beklagte im Rahmen ihres Anordnungsrechts nach § 39 AFG durch § 2 Abs. 6 ihrer Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (ANBA S. 797 - AFuU 1971 -) u. a. für den Bereich der Fachschulbildung aufgestellt und aufstellen dürfen. Eine solche Ausgestaltung des Studiums im Sinne dieser Vorschrift läge nur dann vor, wenn die Fachschule von allen Teilnehmern eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein zusätzliches Jahr beruflicher Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 8 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU 1971) als Zugangsvoraussetzung fordern würde. Das sei jedoch nicht der Fall. Der Studiengang könne nämlich je nach Schulabschluß mit ein- bis dreijähriger beruflicher Vorbildung besucht werden. Der Anspruch der Klägerin rechtfertigt sich nach Auffassung des SG auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Es könne offenbleiben, ob der Klägerin eine von ihr behauptete Förderungszusage erteilt worden sei. Aus § 151 Abs. 1 AFG ergäbe sich nämlich, daß die Beklagte nur an eine richtige Auskunft gebunden wäre.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin durch Urteil vom 13. Dezember 1974 das Urteil des SG abgeändert, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Anerkennung des von ihr am 5. April 1972 begonnenen Studiums an der Fachschule für Optik und Fototechnik Berlin als berufliche Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Das LSG hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt:
Die Berufung sei zulässig, weil es sich weder um Ansprüche auf einmalige noch auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen handele (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Entscheidung des SG über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der von der Klägerin versäumten Klagefrist sei nach § 67 Abs. 4 Satz 2 SGG vom Berufungsgericht nicht mehr zu überprüfen.
In der Sache hielt das LSG den Anspruch der Klägerin für begründet. Das Studium der Klägerin an der Fachschule für Optik und Fototechnik sei für sie inhaltlich eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne der §§ 41, 43 AFG und § 2 AFuU 1971, die nach ihrem Geltungsbereich für den Anspruch der Klägerin maßgeblich sei. Diese Maßnahme erfülle auch die Zugangsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 AFG. Nach den Zulassungsbedingungen der Fachschule sei für den Studiengang Fototechnik als fachliche Fortbildung erforderlich:
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a) |
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bei Realschulabschluß: |
eine zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb oder eine abgeschlossene Lehre als Fotograf, Fotokaufmann, Fotodrogist, Reproduktionsfotograf oder Fotolaborant;
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b) |
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bei Hauptschulabschluß: |
eine abgeschlossene Lehre als Fotograf, Fotokaufmann, Fotodrogist, Reproduktionsfotograf oder Fotolaborant.
Danach sei für den Regelfall eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung Voraussetzung für die Zulassung zum Studium der Fototechnik. Bei Bewerbern mit Realschulabschluß sei zwar u. a. auch eine zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb ausreichend. Dabei handele es sich jedoch um mehr als ein bloßes Praktikum, das nur einen allgemeinen Überblick in einem Berufszweig verschaffe. Diese Ausbildung sei vielmehr mit der Ausbildung in den Berufen, in denen eine abgeschlossene Lehre verlangt werde, zu vergleichen. Dabei ergebe sich, daß die Lehre als Fotolaborant ebenfalls nur zwei Jahre betrage. Das bedeute, daß die zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb einer angemessenen Berufserfahrung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG entspreche, denn eine derartige angemessene Berufserfahrung sei anzunehmen, wenn die auch ohne jede oder vollständige Berufserfahrung beruflich erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten ausreichten, als erforderliche Grundlage für die beabsichtigte berufliche Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG zu dienen. Durch ihre abgeschlossene Lehre als Fotolaborantin erfülle die Klägerin auch die generellen Zugangsvoraussetzungen für die berufliche Fortbildung persönlich. Da die Klägerin nach Abschluß ihrer Lehre als Fotolaborantin mehr als ein Jahr in diesem Beruf tätig gewesen ist, läge ebenfalls die Voraussetzung des § 2 Abs. 8 AFuU 1971 vor. Der Klageanspruch scheitere schließlich nicht daran, daß nach § 2 Abs. 6 AFuU 1971 der Besuch von Berufsfachschulen, Fachschulen und Höheren Fachschulen zur Berufsausbildung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 AFuU 1971 gehöre. Es liege vielmehr eine berufliche Fortbildungsmaßnahme vor. Diese sei nicht nur unter der Einschränkung der Regelung in § 2 Abs. 6 Satz 2 AFuU 1971 zu fördern. Die dort vorgenommene Beschränkung der Förderung auf Maßnahmen, die in bestimmter Weise den Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung entsprächen, halte sich nämlich nicht im Rahmen der Ermächtigung des § 39 AFG. Durch § 2 Abs. 6 Satz 2 AFuU 1971 würden ganze Personengruppen von der Förderung nach dem AFG ausgeschlossen, für die nach der Absicht des Gesetzgebers eine Förderung mit Rücksicht auf einen erwünschten beruflichen Aufstieg (§ 43 Abs. 1 AFG) jedoch gerade vorgesehen worden ist.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 41 Abs. 1 AFG und § 103 SGG. Sie trägt insbesondere vor:
Der Anspruch der Klägerin auf Förderung scheitere bereits daran, daß es an den im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG erforderlichen Zugangsvoraussetzungen fehle. Zu dem von der Klägerin besuchten Studium würde nämlich eine Gruppe von Studienbewerbern zugelassen, die weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über eine angemessene Berufserfahrung zu verfügen brauchten. Die für Schüler mit Realschulabschluß ausreichende zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb sei nämlich weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine angemessene Berufserfahrung in diesem Sinne. Diese Ausbildung sei jedenfalls noch weniger als eine abgeschlossene Lehre als Fotograf oder ähnlichem. Unterhalb der abgeschlossenen Lehre gäbe es jedoch nur das Praktikum oder das Anlernen. Daß eine Einführung in einen Beruf nicht als Praktikum bezeichnet werde, ändere nichts daran, daß es sich dabei nicht um eine abgeschlossene Berufsausbildung handele. Als angemessene Berufserfahrung könne diese zweijährige Ausbildung bereits deswegen nicht gewertet werden, weil Ausbildungszeiten generell nicht auf eine berufliche Tätigkeit angerechnet werden könnten. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) für das Praktikum bereits entschieden.
Im übrigen habe das LSG seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 103 SGG), verletzt. Aus der Feststellung des SG, daß der Studiengang je nach Schulabschluß mit ein- bis dreijähriger beruflicher Vorbildung besucht werden könne, hätte das LSG entnehmen müssen, daß seine eigene Feststellung bezüglich der Zulassung von Realschülern und Hauptschülern nicht vollständig sei. Es hätte sich gedrängt fühlen müssen, aufzuklären, welche Zugangsvoraussetzungen für Bewerber mit einem anderen Schulabschluß vorgesehen sind. Dabei hätte es festgestellt, daß - zumindest im Jahre 1972 - bei der genannten Fachschule auch Abiturienten mit einjähriger beruflicher Vorbildung zugelassen waren. Dabei habe es sich aber ersichtlich nicht mehr um eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung, sondern allenfalls um ein Praktikum gehandelt.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Berlin vom 6. Juni 1973 zurückzuweisen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Beklagte verkenne, daß das geforderte Praktikum einer spezifischen Berufsausbildung gleichzustellen sei und daß die Klägerin die besonderen Voraussetzungen auch für eine Erwachsenenförderung, nämlich eine abgeschlossene Lehre und eine mehrjährige Tätigkeit im Beruf mitgebracht habe. Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des BSG sei nicht einschlägig.
Entscheidungsgründe
Die zugelassene Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Förderung ihres Studiums an der Fachschule für Optik und Fototechnik in B.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Berufung zulässig ist, eine Frage, die auch bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen ist (BSGE 2, 225). Der von der Klägerin verfolgte Anspruch betrifft nicht eine einmalige Leistung im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, sondern wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG (BSGE 36, 48). Das LSG hat sich auch zu Recht an die Entscheidung des SG gebunden gesehen, der Klägerin wegen Versäumung der Klagefrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 4 Satz 2 SGG; vgl. BSG in SozR Nr. 28 zu § 67 SGG mit weiteren Nachweisen). Diese Bindung gilt auch für das Revisionsgericht.
Zu Unrecht hat das LSG jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Förderung nach den Vorschriften des AFG bejaht.
Das von der Klägerin betriebene Studium an der Fachschule für Optik und Fototechnik in Berlin stellt für sie zwar inhaltlich eine berufliche Fortbildung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG dar. Es hat das Ziel, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen und der Klägerin gegebenenfalls einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Der Anspruch auf Förderung der Teilnahme an diesem Lehrgang scheitert jedoch daran, daß es sich insgesamt nicht um eine Maßnahme im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG handelt, deren Besuch förderungsfähig ist; denn die Maßnahme setzt nicht generell eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung im Sinne dieser Vorschrift voraus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist diese Bedingung jedoch erforderlich, um überhaupt das Vorliegen einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme im Sinne von § 41 AFG bejahen zu können. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, daß die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht nur als eine auf den Teilnehmer bezogene subjektive Förderungsvoraussetzung zu verstehen ist, sondern daß sie vielmehr generell eine objektive Voraussetzung für die Teilnahme an einer Maßnahme sein muß, wenn diese als berufliche Fortbildung förderungsfähig sein soll (vgl. BSGE 36, 48; SozR AFG § 41 Nr. 1; SozR 4100 § 41 AFG Nr. 21; Urteile des Senats vom 6. März 1975 - 7 RAr 38/73 - und vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 77/74 -). Nach dem Sinn des § 41 AFG ist zu fordern, daß der Lehrgang ausschließlich für einen Personenkreis bestimmt ist, der eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung hat. Lehrgänge, die sich auch für andere Teilnehmer offenhalten, gewährleisten nicht ohne weiteres, daß es sich um eine auf dem bisherigen Berufswissen aufbauende Bildung handelt und ferner nicht, daß der Ausbildungsgang unter Nutzung des vorhandenen Berufswissens entsprechend gestrafft ist (vgl. Urteile des Senats vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 106/73 - und vom 4. November 1975 - 7 RAr 12/74 -).
Nach den Feststellungen des LSG verlangte die Fachschule von den Bewerbern mit Hauptschulabschluß generell eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung. Für die Zulassung von Bewerbern mit Realschulabschluß genügte anstelle einer fehlenden abgeschlossenen Berufsausbildung als Fotograf, Fotokaufmann, Fotodrogist, Reproduktionsfotograf oder Fotolaborant auch eine "zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb". Danach wurden nur für einen Teil der Studienbewerber Zugangsvoraussetzungen im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG verlangt, für einen anderen Teil nicht; denn bei der zweijährigen Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb handelt es sich weder um eine abgeschlossene Berufsausbildung noch um eine angemessene Berufserfahrung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG.
Die zweijährige Ausbildung in einem fototechnischen Betrieb ist schon deshalb keine Berufsausbildung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG, weil hierfür ein förmlicher Ausbildungsabschluß nicht vorgesehen ist. Dies ergibt sich einmal aus dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG wie aus dem Umstand, daß sie in den Zulassungsbedingungen der von der Klägerin besuchten Fachschule zum Studiengang Fototechnik für Realschüler gleichwertig neben die abgeschlossene Lehre als Fotograf oder in anderen Ausbildungsberufen dieser Branche gestellt ist. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die genannte Ausbildung ebenfalls einen entsprechenden Ausbildungsabschluß besäße. Es kann dahinstehen, ob diese "Ausbildung" den Charakter eines Praktikums oder einer Anlernzeit trägt mit mehr oder weniger intensiver Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im fototechnischen Berufsbereich. Allein der Umstand des fehlenden Ausbildungsabschlusses hindert, sie als eine "abgeschlossene Berufsausbildung" im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG anzusehen; denn die in dieser Vorschrift aufgestellten Förderungsvoraussetzungen haben zwingenden Charakter und müssen objektiv und generell vom Maßnahmeträger verlangt werden, um den Förderungsanspruch zu begründen. Diese strenge Bindung entspricht dem Sinn der Zugangsvoraussetzungen (vgl. BSG in SozR 4100 § 41 AFG Nr. 21).
Die genannte zweijährige Ausbildung ist entgegen der Meinung des LSG auch nicht einer angemessenen Berufserfahrung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG gleichzusetzen. Wie der Senat schon mehrfach entschieden hat, soll die Berufserfahrung in diesem Sinne dem Bewerber zumindestens denselben Wissens- und Kenntnisstand vermittelt haben, wie er ihn mit Hilfe einer vergleichbaren abgeschlossenen Berufsausbildung erhalten hätte; das ergibt sich aus der Gleichwertigkeit dieser beiden Bedingungen in § 41 Abs. 1 AFG für den Anspruch auf Förderung (vgl. BSG in SozR 4100 § 41 AFG Nr. 21 mit weiteren Nachweisen). Unter diesem Gesichtspunkt kann es bereits zweifelhaft sein, ob eine zweijährige Ausbildungszeit ohne Ausbildungsabschluß überhaupt mit der praktischen Berufstätigkeit gleichgesetzt werden kann, die im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG eine "angemessene Berufserfahrung" vermittelt. Der Senat hat für den Bereich der beruflichen Umschulung nach § 47 AFG entschieden, daß das Erfordernis einer mehrjährigen beruflichen Tätigkeit (dort im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU 1969) als Voraussetzung für eine Förderung nicht durch reine Ausbildungszeiten erfüllt werden können, weil diese nicht geeignet sind, dem Arbeitsuchenden die für eine sachgerechte Beurteilung seiner Berufs- und Fortkommenschancen nötige Berufserfahrung zu vermitteln (BSG in SozR 4460 § 3 AFuU Nr. 4). Dieser Gedanke kann auch bei der Auslegung des Begriffs der "angemessenen Berufserfahrung" im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG nicht außer Betracht bleiben. Das Maß der hier erwarteten Berufserfahrung wird nämlich bestimmt von dem Wissensstand dessen, der eine regelförmige Berufsausbildung durchlaufen und der den Besitz der nach der Berufsordnung für erforderlich gehaltenen Kenntnisse und Fertigkeiten für die Berufsausübung erfolgreich nachgewiesen hat (vgl. § 25 Berufsbildungsgesetz - BBiG -). Ausbildungszeiten als solche, die ihrem Charakter nach ohnedies nicht vergleichbar sind mit Zeiten praktischer Berufstätigkeit, können diesen Wissensstand allenfalls bewirken, wenn sie nach Art und Umfang so gestaltet sind, daß sie einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichgesetzt werden können. Maßstab hierfür sind jedenfalls Intensivität und Dauer der Ausbildung. Demzufolge hat es der Senat abgelehnt, Zeiten eines Praktikums als "angemessene Berufserfahrung" in diesem Sinne anzusehen (vgl. BSG vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 77/74 - mit weiteren Nachweisen). Gleiches gilt aber für Ausbildungszeiten in Form einer Berufsanlernung, d. h. ohne den Charakter einer regelförmigen Berufsausbildung und ohne regelförmigen Ausbildungsabschluß, zumal dann, wenn sie - wie hier - auch zeitlich nur die untere Grenze einer regelförmigen Berufsausbildung der betreffenden Branche erreicht. So beträgt die Zeit der Berufsausbildung zum Fotografen, Fotogravurzeichner oder Reprograf drei Jahre (vgl. Bl. zur Berufskunde Bd. 1 c, III E 401 Nr. 5; Bd. 1 e, VII A 202 Nr. 2.21; VII B 302 Nr. 2.21; ferner Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 30 BBiG, Stand: 1. Juli 1975, Berufsklassen Nrn. 8370, 8339 und 1761). Unter der Bezeichnung "Fotokaufmann" oder "Fotodrogist" sind weder in den Blättern für Berufskunde noch in dem o. a. Verzeichnis der Ausbildungsberufe Angaben enthalten. Allgemein dauert aber auch die Berufsausbildung in kaufmännischen Ausbildungsberufen und als Drogist drei Jahre (vgl. das o. a. Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe unter den Berufsklassen Nrn. 6811, 6831, 7814, 9113 und 6841). Lediglich für die Ausbildung zum Fotolaboranten beträgt die Ausbildungsdauer zwei Jahre (aaO, Berufsklasse Nr. 6340). In dieser Zeit wird jedoch eine angemessene Berufserfahrung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG für das von der Klägerin betriebene Studium auf keinen Fall vermittelt, selbst wenn sie trotz ihres Ausbildungscharakters insgesamt als eine Zeit der praktischen Berufstätigkeit mit der Sammlung von Berufserfahrung angesehen werden könnte.
Der Senat hat schon mehrfach entschieden, daß angemessene Berufserfahrung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG die Teilnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme nur dann haben, wenn sie eine einschlägige berufliche Tätigkeit über eine bestimmte längere Zeit ausgeübt haben. Die Dauer dieser Zeit richtet sich nach der Dauer der entsprechenden Ausbildung und muß grundsätzlich mindestens genau so lang sein wie diese (vgl. BSG SozR 4100 § 41 AFG Nr. 21 mit weiteren Nachweisen und Urteile vom 4. November 1975 - 7 RAr 12/74 - und vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 77/74 -). Berufsausbildungen im Bereich der Fotobranche dauern, wie dargelegt, in der Regel drei Jahre. Die zweijährige Berufsausbildung des Fotolaboranten ist demgegenüber die Ausnahme. Sie muß deswegen und wegen ihrer kurzen Dauer als eine Unterschreitung der üblichen Dauer der Berufsausbildungen in diesem Bereich angesehen werden und für die Feststellung der Mindestdauer einer angemessenen Berufserfahrung hier außer Betracht bleiben (vgl. ebenso das Urteil des Senats vom 4. November 1975 - 7 RAr 12/74 -). Dem steht auch nicht die Entscheidung des 12. Senats des BSG vom 29. April 1976 - 12/7 RAr 103/74 - entgegen, denn anders als in dem dort entschiedenen Fall baut der Fortbildungslehrgang hier grundsätzlich auf einen anderen Beruf mit qualifizierten Kenntnissen auf, wie sich aus den Zugangsvoraussetzungen ergibt. Setzt der Erwerb dieser Qualifikation aber regelmäßig eine Berufsausbildungszeit von drei Jahren voraus, muß eine ausnahmsweise kürzere Ausbildungszeit als Maßstab für die Angemessenheit einer entsprechenden Berufserfahrungszeit außer Betracht bleiben.
Der Anspruch der Klägerin scheitert nach allem daran, daß es sich bei der von ihr besuchten Maßnahme in der Fachschule für Optik und Fototechnik wegen fehlender Zugangsvoraussetzungen nicht um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne von § 41 Abs. 1 AFG handelt. Auf die vom LSG aufgeworfene Frage, ob die Beklagte die Förderung der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen dieser Art davon abhängig machen durfte, daß sie nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer den besonderen Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung entsprechen (§ 2 Abs. 6 Satz 2 AFuU 1971), brauchte der Senat nicht mehr einzugehen (vgl. dazu aber das Urteil vom 11. Mai 1976 - 7 RAr 136/74 -).
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf eine ihr wirksam erteilte Zusage stützen. Der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten ist im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen nach § 152 AFG beschränkt. Wenn die Beklagte berechtigt ist, gesetzwidrige Entscheidungen gemäß § 151 AFG aufzuheben, selbst wenn diese bindend geworden sind, dann muß sie auch berechtigt sein, vom Vollzug rechtswidriger Zusagen, die ihrem Wesen nach schwächer sind als bindende Verwaltungsakte, von vornherein Abstand nehmen zu können. Dem SG ist darin beizupflichten, daß eine Behörde nicht gehalten ist, aufgrund einer fehlerhaften Zusage tätig zu werden, wenn ein sogar schon bindend gewordener Verwaltungsakt zurückgenommen werden könnte (ständige Rechtsprechung des BSG: BSGE 38, 63 = SozR 4100 § 151 Nr. 1; Urteile des Senats vom 7. August 1974 - 7 RAr 6/73 -, vom 24. September 1974 - 7 RAr 112/73 -, vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 52/73 -, vom 4. November 1975 - 7 RAr 12/74 -). Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, daß die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen Förderungsmittel bewilligt habe, ergibt sich daraus kein Anspruch auf die begehrte Leistung. Eine Verwaltungsübung, die dem Gesetz nicht entspricht, gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl. BSGE 38, 63 = SozR 4100 § 151 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 4100 § 41 Nr. 21).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen