Leitsatz (amtlich)
Für Ansprüche aus G131 § 66a sind nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig (Fortführung BSG 1959-11-24 10 RV 789/57 = BSGE 11, 74).
Normenkette
SGG § 51 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; G131 § 66a Abs. 1 Fassung: 1965-10-13, § 79 Fassung: 1965-10-13
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 27. September 1962 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Juni 1960 in vollem Umfang als unbegründet zurückgewiesen wird.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Ehemann der Klägerin hatte wegen einer Polizeidienstbeschädigung - er war Beamter der ehemaligen preußischen Schutzpolizei gewesen - auf Grund des Schutzpolizeibeamtengesetzes i. V. mit dem Reichsversorgungsgesetz seit August 1926 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. (Bescheid vom 12. Oktober 1927) bezogen. Seine Versorgungsgebührnisse waren zuletzt vom Versorgungsamt (VersorgA) R (vorläufiger Bescheid vom 12. November 1953) auf Grund des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes (GG) i. V. mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen "chronischen mit Nasennebenhöhlenentzündung einhergehenden Nasenkatarrhs" nach einer MdE um 30 v. H. festgesetzt worden. Er ist am 2. August 1954 gestorben. Die Klägerin beantragte die Gewährung des Bestattungsgeldes und von Witwenrente. Das VersorgA gewährte mit vorläufigem Bescheid vom 15. Januar 1955 Bestattungsgeld in Höhe von 120,- DM, weil der Tod nicht Folge der Dienstbeschädigung sei, und rechnete hierauf das von der AOK Ludwigsburg gezahlte Sterbegeld in Höhe von 493,20 DM an. Durch den vorläufigen Bescheid vom 17. Januar 1955 lehnte es die Gewährung von Witwenrente ab, weil der Tod des Ehemannes der Klägerin nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem anerkannten Schädigungsleiden stehe. Der Widerspruch sowohl gegen den Bescheid über das Sterbegeld als auch gegen den über die Witwenrente blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1958).
Auf die Klage, mit welcher die Gewährung der Witwenrente und eines Bestattungsgeldes in Höhe von 240,- DM beantragt war, hat das Sozialgericht (SG) Beweis erhoben und durch Urteil vom 27. Juni 1960 die Klage abgewiesen, weil der Ehemann der Klägerin nicht an den Folgen des Schädigungsleidens gestorben sei, so daß weder das volle Bestattungsgeld noch Witwenrente zustehe.
Die Berufung der Klägerin, mit der wiederum die Gewährung des vollen Bestattungsgeldes und von Witwenrente begehrt wurde, hat das Landessozialgericht (LSG) nach Beweisaufnahme durch Urteil vom 27. September 1962 zurückgewiesen. Übereinstimmend mit dem SG hat es für die Ansprüche der Klägerin den Rechtszug zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben erachtet, weil nach dem Gesetz zu Art. 131 GG sich die Versorgungsansprüche nach dem BVG richteten. In der Sache hat es die Ansprüche der Klägerin für nicht gerechtfertigt gehalten, weil ihr Ehemann nicht an dem anerkannten Schädigungsleiden gestorben sei und die zum Tode führende Krankheit nicht mit der Schädigung zusammengehangen habe. Im Hinblick auf ihre Darlegungen und die Auskunft des Dr. S an das SG hat es eine weitere Beweisaufnahme nicht für erforderlich gehalten. Dem Anspruch auf Gewährung des Bestattungsgeldes hat es nur theoretische Bedeutung beigemessen, weil auch bei Gewährung des vollen Bestattungsgeldes dieses im Hinblick auf § 36 Abs. 4 BVG (Abs. 3 aF) nicht ausgezahlt werden könne. Deshalb hat es insoweit unter Abänderung des Urteils des SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen wegen der grundsätzlichen Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Ansprüche nach § 66 a des Gesetzes zu Art. 131 des GG.
Die Klägerin hat Revision eingelegt und beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts und des Urteils des Landessozialgerichts für Recht zu erkennen:
Das beklagte Land wird verurteilt, der Klägerin unter Aufhebung der Bescheide des Versorgungsamts R vom 15. und 17. Januar 1955 sowie des Widerspruchsbescheids des Landesversorgungsamts in S vom 17. 2. 1958 Hinterbliebenenrente ab 1. September 1954 sowie das erhöhte Bestattungsgeld zu gewähren,
hilfsweise,
die Sache in die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Sie ist der Ansicht, für den vorliegenden Streitfall sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Als Streitgegenstand bezeichnet sie die Gewährung des vollen Bestattungsgeldes und der Witwenrente; außerdem begehrt sie Waisenrenten für ihre Kinder I und R. Sie rügt mit näherer Begründung eine Verletzung der Vorschriften der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Ihrer Ansicht nach ist ihr Ehemann an den Folgen der Dienstbeschädigung gestorben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil sowohl hinsichtlich der angenommenen Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als auch hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 1958 für zutreffend.
Die Klägerin hat die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist aber nicht begründet.
Was zunächst die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges anlangt, so sind für die streitigen Ansprüche der Klägerin - wie die Vorinstanzen, insbesondere das Berufungsgericht, zutreffend angenommen haben - die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig. Nach § 51 Abs. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung sowie der Kriegsopferversorgung (KOV). Der Begriff "Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung" ist im Gesetz nicht näher erläutert. Auch in den Gesetzesmaterialien finden sich keine Hinweise, die bei der Auslegung dieses Begriffs verwertet werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSG 2, 23 ff, 27) sind darunter solche Angelegenheiten zu verstehen, die im BVG oder in älteren Kriegsopferversorgungsgesetzen ihre Grundlage haben, ausschließlich des Sondergebiets nach §§ 25 bis 27 BVG, das kraft ausdrücklicher Vorschrift des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht zu den Angelegenheiten der KOV gehört. Der 11. Senat hat zu dieser Frage in dem Urteil vom 28. Juli 1959 (BSG 10, 206 ff) entschieden, daß Ansprüche aus § 66 des Gesetzes zu Art. 131 GG (G 131) den Angelegenheiten der KOV zuzurechnen sind. Wenn auch die Vorschrift des § 66 G 131 formell nicht im BVG, sondern im Gesetz zu Art. 131 GG stehe, so ergänze sie das BVG und erweitere den Kreis der Versorgungsberechtigten. Auch früher seien die Personen, um die es sich handele, nach den Gesetzen über die Versorgung der Kriegsopfer versorgt worden. Es sei nur folgerichtig, wenn entsprechend der gemeinsamen Empfehlung des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen vom 6. Februar 1953 (BVBl 1953, 27) die Durchführung des § 66 G 131 den Versorgungsämtern übertragen worden sei; ihre Entscheidungen seien auf Klage von den Sozialgerichten nachzuprüfen (BSG 10, 208).
Inzwischen ist der Gesetzestext durch das Zweite Änderungsgesetz (2. ÄndG) vom 11. September 1957 (BGBl I 1275) geändert und insbesondere der § 79 G 131 über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte eingefügt worden. Wie der 10. Senat im Urteil vom 24. November 1959 (BSG 11, 74 ff, 77) entschieden hat, ist durch die Einfügung des § 79 G 131 die Zuständigkeit der Sozialgerichte für Klagen nach § 66 G 131 nicht geändert worden. Dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in dem Urteil vom 17. August 1960 (BVerwG, Samml. 234 § 66 G 131 Nr. 1) angeschlossen und hat ausgeführt, die Auffassung, daß Ansprüche nach § 66 G 131 zu den Angelegenheiten der KOV i. S. des § 51 SGG zu zählen seien, sei auch mit der Regelung des Rechtsweges in § 79 G 131 vereinbar. Diese Vorschrift beziehe sich nicht auf die Versorgung nach § 66 G 131. Vielmehr sei das Hauptanliegen des § 79 G 131 gewesen, den Rechtsweg für Ansprüche von früheren Beamten einerseits und von früheren Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes andererseits klarzustellen. Die Annahme der sozialgerichtlichen Zuständigkeit für Streitigkeiten nach § 66 G 131 sei zudem mit der grundsätzlichen Regelung der Rechtswege nach dem GG - vgl. Art. 96 Abs. 1 GG - vereinbar, nach der bestimmte Spezialmaterien (Arbeitsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht) bestimmten Spezialgerichtsbarkeiten (Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Finanzgerichtsbarkeit) zugeordnet seien; es sei auch aus diesem Grunde bedenklich, in § 79 G 131 eine Rechtswegregelung zu sehen, welche die wahre sozialrechtliche Natur der Versorgung aus § 66 G 131 nicht berücksichtige. Dieser Auffassung steht auch die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 20. November 1959 (BSG 11, 63 ff) nicht entgegen. Denn in dem dort entschiedenen Streitfalle handelte es sich nicht um eine Frage der Sozialversicherung, sondern des Dienstrechts. Hierfür aber ist nach § 51 SGG die Zuständigkeit der Sozialgerichte nicht gegeben.
Diese Grundsätze müssen auch im vorliegenden Fall gelten, in dem der Streit nicht um die Anwendung des § 66 G 131, sondern des § 66 a G 131 geht. Wie das BVerwG im Urteil vom 16. Mai 1961 (Samml. 234 § 66 a G 131 Nr. 1) ausgeführt hat, ist an der Auslegung des Begriffs "Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung" durch die Entscheidung des 11. Senats des BSG vom 28. Juli 1959 festzuhalten. Es komme für die Entscheidung der Zuständigkeit darauf an, ob der Betroffene am 8. Mai 1945 - ebenso wie heute - Versorgungsansprüche "speziell versorgungsrechtlicher Art" gehabt habe, die ihrer Natur nach zu dem Bereich der KOV gehörten.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die Ansprüche der Klägerin beruhen zwar darauf, daß das Gesetz zu Art. 131 GG ihr überhaupt eine Versorgung zugestanden hat. Da aber diese Ansprüche selbst im Gesetz zu Art. 131 GG nicht geregelt sind, sondern insoweit das BVG für maßgebend erklärt worden ist, handelt es sich nach dem Wesen der Versorgungsansprüche um Angelegenheiten nach dem BVG, also der KOV, und nicht des Gesetzes zu Art. 131 GG. Keine dienstrechtlichen, etwa beamtenrechtlichen Fragen stehen hier zur Entscheidung, sondern ausschließlich versorgungsrechtliche. Infolgedessen haben die Vorinstanzen, auch das Berufungsgericht, ohne allerdings die Rechtsprechung zu § 79 G 131 zu berücksichtigen, zutreffend den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für gegeben angesehen und ihre Zuständigkeit richtig bejaht. Sie sind auch zutreffend der Ansicht von Anders, Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen (4. Aufl.) § 66 a Anm. 3 S. 342, § 79 Anm. 9 S. 403, sowie der Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. September 1957 (Der Versorgungsbeamte 1958 S. 19 Nr. 7/58) nicht gefolgt.
In sachlicher Hinsicht bemängelt die Klägerin zunächst, das Berufungsgericht habe nicht über sämtliche Ansprüche befunden; sie habe nicht nur Witwenrente, sondern auch Hinterbliebenenrente für ihre beiden Kinder beantragt. Diese Rüge ist nicht begründet.
Nach § 95 SGG ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat. Gegenstand der Klage war also hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente der vorläufige Bescheid vom 17. Januar 1955 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 1958. Der vorläufige Bescheid des VersorgA vom 17. Januar 1955 spricht allerdings nur von "Hinterbliebenenrente". Der Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1958 übernimmt diese Bezeichnung, erläutert sie aber durch die in Klammern gesetzte Zufügung "Witwenrente"; auch ist in ihm weiterhin nur von "Witwenrente" die Rede. Dies entspricht den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren gestellten Anträgen vom 6. August 1954 mit Ergänzungen und Erinnerungen vom 8. September 1955, vom 21. Februar 1956 und vom 8. Oktober 1957. Dies alles hat das Berufungsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführt. Dieser Teil der Prozeßgeschichte ist als eine Feststellung i. S. des § 163 SGG anzusehen. Hiergegen sind begründete Revisionsrügen nicht erhoben. Auch hat die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren ihre ursprüngliche Klage auf Gewährung von Witwenrente nicht dahin geändert, daß auch Waisenrente beantragt würde (vgl. die Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 1960, in der Berufungsschrift sowie in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 1962).
Das LSG hat also zu Recht angenommen, daß neben dem Anspruch auf Erstattungsgeld nur der Anspruch auf Gewährung von Witwenrente streitig gewesen ist, und hat dementsprechend entschieden. Der Anspruch auf Waisenrente ist also erstmals in der Revisionsinstanz erhoben worden, so daß auf ihn nicht eingegangen werden kann.
Die Versagung der Witwenrente hat das Berufungsgericht für rechtmäßig erachtet, weil die Voraussetzungen des § 38 BVG nicht erfüllt seien. Nach dieser Vorschrift stehen Hinterbliebenenrenten zu, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Hierzu hat das LSG festgestellt, daß das zuletzt anerkannte Dienstbeschädigungsleiden des Verstorbenen nicht Todesursache gewesen ist. Gegen diese Feststellung erhebt die Klägerin die Rügen einer unzureichenden Sachaufklärung und einer Überschreitung der Grenzen des Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung.
In erster Linie bemängelt sie, daß die erstatteten ärztlichen Gutachten sich auf eine unzulängliche Grundlage, nämlich das Obduktionsprotokoll, stützten und das Gutachten der Professoren Dres. L und L nicht gebührend berücksichtigten. Diese Rüge greift nicht durch. Da der Ehemann der Klägerin an einem Herzversagen gestorben ist, brauchte das Berufungsgericht keine Bedenken daraus herzuleiten, daß der Schädel und die ursprünglich erkrankten Nebenhöhlen nicht eingehend seziert worden sind, sondern sich das Interesse der Obduzenten in erster Linie auf das Herz konzentriert hat. Aus diesem Grunde kann dem Verfasser des Obduktionsberichts nicht der Vorwurf gemacht werden, seine Stellungnahme sei flüchtig und unzureichend. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der angeblichen Narbe von einem Hundebiß an der Hand. Daß die Obduzenten sich mit einem derartigen Nebenbefunde, der für die Beurteilung des zum Tode führenden Leidens völlig belanglos ist, nicht auseinandergesetzt haben, schmälert nicht den Wert ihrer Ausführungen. Das Berufungsgericht durfte so mit den Obduktionsbericht ohne Rechtsverstoß für eine ausreichende Grundlage sowohl für die weiteren Beweiserhebungen durch Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. R als auch für seine eigene Entscheidung ansehen. Infolgedessen hat das LSG die Grenzen seines Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung nicht überschritten. Eine Verletzung des § 128 SGG ist somit nicht ersichtlich.
Damit entfällt auch die Rüge einer Verletzung des § 103 SGG. Denn wenn das Berufungsgericht eine ausreichende Grundlage für sein Urteil gehabt hat, so brauchte es sich auch nicht gedrängt zu fühlen, diese erst zu schaffen. Bei dieser Rechtslage kann unerörtert bleiben, ob die Rüge einer Verletzung des § 103 SGG - für sich allein betrachtet - überhaupt formgerecht erhoben ist, weil hätte angegeben werden müssen, welche Ermittlungen das LSG hätte vornehmen müssen und zu welchem Ergebnis sie geführt hätten (BSG SozR § 162 Nr. 64 u. 72; SGG § 164 Nr. 28).
Die Rügen gegen die Feststellung des LSG, daß das anerkannte Schädigungsleiden nicht zum Tode geführt habe, greifen also nicht durch, so daß diese Feststellung nach § 163 SGG das Revisionsgericht bindet. Infolgedessen ist der Anspruch auf Gewährung von Witwenrente zu Recht abgelehnt worden.
Hinsichtlich des Anspruchs auf das volle Bestattungsgeld hat das Berufungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat insoweit eine Prozeßentscheidung gefällt. Da die Revision diesen Anspruch als Streitgegenstand in der Revisionsinstanz bezeichnet und eine der Klägerin günstige, von den Vorinstanzen abweichende Sachentscheidung erstrebt, erhebt sie die Verfahrensrüge, das LSG habe zu Unrecht eine Prozeß- statt einer Sachentscheidung gefällt (BSG 1, 284). Zu Unrecht hat hier das Berufungsgericht angenommen, daß insoweit für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Streitig ist hier die Anwendung des § 36 Abs. 3 BVG aF (jetzt Abs. 4). Nach dieser Vorschrift ist auf das Bestattungsgeld eine auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften für den gleichen Zweck zu gewährende Leistung anzurechnen. Hierzu zählt das von der AOK gewährte Sterbegeld. § 36 Abs. 3 BVG aF ist eine Ruhensvorschrift zur Vermeidung von Doppelleistungen aus dem gleichen Anlaß (vgl. auch BSG SozR BVG § 36 Nr. 5). Bei Streit um den Anspruchsgrund führt das Ruhen allenfalls zu einer Versagung von Leistungen, kann aber nicht dazu führen, den Rechtsschutz durch die Gerichte zu versagen.
Auch hat die Klägerin - entgegen der beiläufigen Bemerkung im angefochtenen Urteil - gegen die Ablehnung des vollen Bestattungsgeldes richtig Widerspruch eingelegt. Zu Recht hat hier die Verwaltung das Schreiben der Klägerin vom 4. Juli 1955 als Widerspruch gegen den Bescheid über die Gewährung des halben Bestattungsgeldes angesehen und deshalb im Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1958 auch hierüber entschieden. Ebenfalls das SG hat richtig angenommen, es müsse über die Gewährung des vollen Bestattungsgeldes sachlich entscheiden. Da das LSG diese Rechtslage verkannt hat, leidet sein Verfahren an dem gerügten wesentlichen Mangel, daß es eine Prozeß- statt einer Sachentscheidung gefällt hat. Seine Entscheidung beruht allerdings im Ergebnis nicht auf diesem Verfahrensverstoß.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften und der angefochtenen Entscheidung ist zwar schon dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, daß das LSG anders entschieden hätte, wenn es diese Vorschrift richtig angewandt hätte (BSG 2, 197). Diese Möglichkeit kommt aber nur dann in Betracht, wenn das Berufungsgericht ohne den Rechtsverstoß zu einem für die Klägerin sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Dies war im vorliegenden Fall ausgeschlossen.
Der Anspruch auf das volle Bestattungsgeld nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BVG aF ist an die gleichen Voraussetzungen geknüpft wie die Gewährung von Witwenrente nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG. Infolgedessen sind die für den Anspruch auf Witwenrente getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls für den Anspruch auf das volle Bestattungsgeld maßgebend. Auch insoweit hat das LSG für das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindend festgestellt, daß das anerkannte Schädigungsleiden nicht zum Tode geführt hat. Demgemäß wäre das Berufungsgericht bei Vermeidung des Verfahrensverstoßes mit Sicherheit zu einer Zurückweisung der Berufung der Klägerin auch hinsichtlich des Anspruchs auf das volle Bestattungsgeld gekommen.
Da nun die beiden geltend gemachten Ansprüche gesetzlich von den gleichen Voraussetzungen abhängen, also eng verbunden sind und auch - wie bereits dargelegt - die Verletzung der Verfahrensvorschriften nicht ursächlich für das für die Klägerin ungünstige Ergebnis des angefochtenen Urteils ist, hat der Senat sich nicht, wie in einem früheren Fall (BSG 8, 228 ff) darauf beschränkt, die Revision der Klägerin ohne Änderung des Anspruchs im angefochtenen Urteil zurückzuweisen. Vielmehr hat er das Urteil des Berufungsgerichts dahin richtig gestellt, daß die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG in vollem Umfange als unbegründet zurückgewiesen wird.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen