Leitsatz (amtlich)
1. Eine allgemeine Ausgangsbeschränkung auf einem Truppenübungsplatz während der Freizeit stellt eine bloße "Bereitschaft zum Dienst" dar. Diese wird erst durch einen konkreten Befehl in Bereitschaftsdienst und damit in Ausübung des Wehrdienstes umgewandelt.
2. Eine Augenverletzung, die ein Soldat bei einer Schneeballschlacht mit Kameraden nach einem Kantinenbesuch erleidet, ist nicht auf die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen.
Normenkette
SVG § 80 S. 1 Fassung: 1971-09-01, § 81 Abs. 1 Fassung: 1971-09-01; BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 15.10.1976; Aktenzeichen L 6 V 68/76) |
SG Koblenz (Entscheidung vom 26.03.1976; Aktenzeichen S 10 V 417/75) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 1976 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der im Jahre 1954 geborene Kläger leistete in der Zeit von 1974 bis zum 30. Juni 1975 Wehrdienst, und zwar bei einem Sanitätsbataillon. Seine Einheit befand sich vom 3. bis 11. April 1975 auf dem Truppenübungsplatz D. Dort besuchte er am Abend des 6. April 1975 gemeinsam mit mehreren Kameraden die Lagerkantine. Auf dem Rückweg von der Kantine zur Unterkunft entwickelte sich zwischen dem Kläger und den Kameraden eine Schneeballschlacht. Der Kläger wurde von einem Schneeball am rechten Auge getroffen und erlitt eine Augenverletzung. Wer den Schneeball geworfen hatte, konnte nicht genau geklärt werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Tagesdienst des Klägers beendet; es waren kein Ausbildungsdienst und kein "verschärfter Bereitschaftsdienst" - so der Ausdruck des Landessozialgerichts (LSG) - angesetzt. Der Kläger durfte seine Freizeit nach seinem Belieben gestalten, jedoch durfte der Truppenübungsplatz auch nach dem Dienst nicht verlassen werden.
Das Versorgungsamt K lehnte den Versorgungsantrag des Klägers durch Bescheid vom 15. Oktober 1975 ab. Widerspruch, Klage und Berufung waren erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts Rheinland-Pfalz vom 3. Dezember 1975; Urteil des Sozialgerichts - SG - Koblenz vom 26. März 1976 und Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 1976). Das LSG hat seine Entscheidung ua damit begründet, daß der Kläger die Augenverletzung nicht durch eine Wehrdienstverrichtung erlitten habe; der Kläger sei nicht gehalten gewesen, die Kantine zu besuchen und sich anschließend an einer Schneeballschlacht zu beteiligen. Die Freizeit könne auch nicht deshalb als Wehrdienst angesehen werden, weil er den Truppenübungsplatz nicht habe verlassen dürfen. Die Art der Freizeitbeschäftigung (Schneeballschlacht) habe nicht in einer besonderen Verknüpfung mit dem Wehrdienst gestanden. Die Gefahrenquelle, die sich daraus ergeben habe, daß er sich auch in der Freizeit auf dem Truppenübungsplatz habe aufhalten müssen, habe den Augenschaden nicht verursacht. Wesentliche Bedingung hierfür sei vielmehr die Schneeballschlacht gewesen, an der er sich freiwillig aktiv beteiligt habe. Diese Gefahrenerhöhung habe privaten Charakter getragen und könne deshalb einen Versorgungsschutz nicht begründen. Die Augenverletzung durch den Schneeball habe auch nicht wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen entsprochen. Nicht alles, was unter Soldaten üblich sei, gehöre zu den Eigentümlichkeiten des Wehrdienstes. Es müsse sich vielmehr um dienstliche Besonderheiten handeln, die von den Verhältnissen des zivilen Lebens abwichen. Die Augenverletzung des Klägers sei aber unter Verhältnissen geschehen, die von denen des zivilen Lebens nicht sonderlich abgewichen seien; eine Zivilperson hätte in gleicher Weise verunglücken können. Auch im Zivilleben komme es vor, daß junge Leute nach einem abendlichen Gaststättenbesuch mit Alkoholgenuß auf dem Nachhauseweg eine Schneeballschlacht veranstalteten. Umstände dafür, daß der Kläger wider seinen Willen von den Kameraden in die Schneeballschlacht hineingezogen worden war, seien weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und diese durch einen Schriftsatz vom 14. Dezember 1976 begründet. Er rügt eine Verletzung des § 81 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) und trägt dazu vor, die Auffassung des LSG, die Augenverletzung des Klägers sei nicht durch einen Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes eingetreten, werde den tatsächlichen Gegebenheiten des seinerzeitigen Dienstes nicht gerecht. Zum Unfallzeitpunkt habe zwar kein Ausbildungsdienst mehr stattgefunden; es sei auch kein "verschärfter" Bereitschaftsdienst angeordnet gewesen. Für den Kläger habe jedoch eine ständige Dienstbereitschaft bestanden, da zu jeder Tages- und Nachtzeit unvorbereitet und ohne vorherige Ankündigung Alarmübungen möglich gewesen und auch erfolgt seien. Es sei auch ausdrücklich verboten gewesen, den Truppenübungsplatz zu verlassen oder sich in anderer Weise unabgemeldet zu entfernen. Der Kläger habe sich daher während des gesamten Aufenthalts auf dem Truppenübungsplatz in Ausübung des Wehrdienstes befunden. Da außer Zweifel stehe, daß er die Augenschädigung nicht absichtlich herbeigeführt habe (vgl § 81 Abs 5 SVG), sei sein Anspruch nicht ausgeschlossen. Jedenfalls sei aber die gesundheitliche Schädigung durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden. Es möge zwar auch im Zivilleben vorkommen, daß junge Leute nach einem abendlichen Gaststättenbesuch auf dem Nachhauseweg eine Schneeballschlacht veranstalteten. Hier müsse aber berücksichtigt werden, daß bei den Wehrmachtsangehörigen jugendlichen Alters, die einheitlich gekleidet, kaserniert und gegenseitig völlig fremd unter ständigen militärischen Zwang mit weitgehender Einschränkung ihrer persönlichen Rechte, ja unter völligen Ausgangsentzug gestellt seien, ganz andere Verhaltensweisen als unter Zivilisten aufträten. Dadurch würden die bereits durch den normalen Wehrdienst ausgelösten Aggressionen bei den jugendlichen Soldaten nochmals verstärkt, so daß es als überwiegend wehrdiensteigentümlich angesehen werden müsse, wenn jede sich bietende Gelegenheit zum Abbau von Aggressionen ergriffen werde, was auch durch gegenseitiges Bewerfen mit Schneebällen möglich sei. Die besondere Härte und Ausdauer, mit der solche Auseinandersetzungen ausgetragen würden, sei ein Grund dafür, daß der Kläger während der Schneeballschlacht am 6. April 1975 eine so schwere Augenverletzung habe erleiden können.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 1976 und des Urteils des Sozialgerichts Koblenz vom 26. März 1976 sowie des Bescheides des Versorgungsamts K vom 15. Oktober 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Rheinland-Pfalz vom 3. Dezember 1975 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des am 6. April 1975 erlittenen Unfalls ab 1. August 1975 Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 1976 als unbegründet zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die psychologische Deutung des Vorgangs durch den Kläger sei nicht zutreffend. Es habe sich vielmehr um einen Spaß gehandelt, den sich junge Leute auch sonst in ausgelassener Stimmung nach einem Gaststättenbesuch erlaubten. Daß es zu einer so schwerwiegenden Verletzung habe kommen können, sei nicht auf die besondere Härte und Ausdauer der Auseinandersetzung, sondern auf einen unglücklichen Zufall zurückzuführen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig (§§ 160 Abs 2 Nr 1, 164, 166 SGG); sie ist jedoch unbegründet. Das LSG hat zu Recht ausgesprochen daß dem Kläger für seine Augenverletzung keine Versorgung nach dem SVG zusteht.
Der Kläger hat die Schädigung am 6. April 1975 erlitten; daher ist maßgebend das SVG in der Neufassung vom 1. September 1971 (BGBl I 1481). Nach § 80 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit im SVG nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach § 81 Abs 1 SVG ist Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.
Die Augenverletzung des Klägers ist nicht durch eine Wehrdienstverrichtung herbeigeführt worden, denn der Kläger hat die Verletzung nicht in Ausübung des Dienstes oder bei einer dienstlich angeordneten Verrichtung, sondern in seiner Freizeit und bei einer Tätigkeit erlitten, die seinem eigenen Willen entsprach. Das wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.
Die Schädigung des Klägers ist auch nicht aufgrund eines während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfalls eingetreten. Der Kläger hat bei der Schneeballschlacht zwar einen Unfall, also ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis (vgl § 27 Abs 2 SVG) erlitten; dies geschah aber nicht "während" der Ausübung des Wehrdienstes. Bei der zweiten Alternative des § 81 Abs 1 SVG ist zwar - anders als bei der ersten Alternative - nicht erforderlich, daß die Schädigung mit dem Wehrdienst ursächlich zusammenhängt; es reicht aus, daß sie mit einem Unfall in ursächlichem Zusammenhang steht, der sich während der Ausübung des Wehrdienstes ereignet hat. Hierfür genügt es allerdings nicht, daß der Unfall während der Dienstzeit oder innerhalb des militärischen Dienstverhältnisses eingetreten ist. Der Unfall muß den Verletzten vielmehr gerade in einer Zeit getroffen haben, in der er militärischen Dienst tatsächlich "ausübt" (vgl BSGE 8, 264, 273; SozR Nrn 23, 44, 50 und 80 zu § 1 BVG; Nr 1 zu § 81 SVG vom 20.2.1967; Urteile vom 25. Januar 1974 - 10 RV 7/73 - in BVBl 1974, 43 und vom 27. Mai 1971 - 8 RV 683/70 -).
Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger am Abend des 6. April 1975, als er von dem Schneeball getroffen wurde, keinen Wehrdienst ausgeübt hat. Es war kein Ausbildungsdienst und auch kein "verschärfter Bereitschaftsdienst" angesetzt; der Kläger hat vielmehr seine Freizeit innerhalb des Gebietes des Truppenübungsplatzes nach eigenem Belieben gestalten dürfen. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen, so daß sie für den erkennenden Senat nach § 163 SGG bindend sind. Wenn der Kläger aus der Tatsache, daß er den Truppenübungsplatz nicht verlassen durfte, und aus der Formulierung des LSG, es sei kein "verschärfter" Bereitschaftsdienst angesetzt gewesen, folgern will, daß er sich während des gesamten Aufenthaltes auf dem Truppenübungsplatz in Dienstbereitschaft und daher in Ausübung des Wehrdienstes befunden habe, so kann der Senat dieser Auffassung nicht folgen.
Nach dem Erlaß des Bundesministers für Verteidigung (BMV) vom 9. Dezember 1960 (P I 5 - Az.: 20-02-00 -; vgl BVBl 1961 S. 60 Nr 40), in dem es um die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes von der bloßen Bereitschaft zum Dienst geht und dem im Ergebnis zuzustimmen ist, handelt es sich bei einem Bereitschaftsdienst um "echten" Dienst, also um Ausübung des Wehrdienstes mit den sich daraus ergebenden versorgungsrechtlichen Folgen, auch wenn dieser Dienst nicht "verschärft" worden ist. Dagegen ist die Bereitschaft zum Dienst eine Freizeit mit gewissen Beschränkungen. Sie wird erst durch einen konkreten Befehl in einen Bereitschaftsdienst und damit in eine Ausübung des Wehrdienstes umgewandelt. Eine bloße Bereitschaft zum Dienst - hierunter fällt auch eine Ausgangsbeschränkung auf einen bestimmten, jederzeit erreichbaren Alarmbezirk - ist bei jeder Alarmbereitschaft (vgl dazu Bremenkamp in Zentralblatt für Sozialversicherung 1965, 288) gegeben. Sie lag unter den vom Kläger geschilderten Verhältnissen auch auf dem Truppenübungsplatz vor, wo zur Überprüfung des Ausbildungsstandes der Truppe zwar jederzeit Alarm gegeben werden konnte und die Soldaten daher das Gelände nicht verlassen durften, im übrigen aber ihre Freizeit nach eigenen Vorstellungen gestalten konnten. Da das LSG den Ausdruck "verschärfter Bereitschaftsdienst" im Zusammenhang mit dem Ausdruck "Ausbildungsdienst" verwendet, muß daraus gefolgert werden, daß es beiden Arten der Dienstleistung gleiche Verbindlichkeit beilegt. Dann aber bedeutet der Ausdruck "verschärft" keine Intensivierung des Bereitschaftsdienstes, sondern dient nur der Abgrenzung dieses Begriffs von dem der Bereitschaft zum Dienst. Daß kein "verschärfter Bereitschaftsdienst" angesetzt war, bedeutet also nur, daß der Kläger allenfalls unter Bereitschaft zum Dienst gestanden hat.
Das LSG hat nicht festgestellt, daß am Abend des 6. April 1975 Alarm gegeben worden ist; die Freizeit des Klägers war daher nicht beendet und in eine Dienstverrichtung umgewandelt worden. Die Freizeit des Soldaten bedeutet - ebenso wie seine Beurlaubung - eine vorübergehende Entbindung von der Ausübung des Dienstes; in der Regel wird während dieser Zeiten militärischer Dienst nicht geleistet (vgl BSGE 7, 19; 7, 75; 12, 78; Urteile vom 20. November 1958 - 8 RV 751/57 - in BVBl 1959 S. 101 Nr 26; vom 22. Januar 1959 - 8 RV 799/57 - in BVBl 1959 S. 118 Nr 29; vom 25. Januar 1974 - 10 RV 7/73 - in BVBl 1974, 43 und vom 14. Januar 1958 - 11/8 RV 887/55 -). Dem Kläger steht daher nach der zweiten Alternative des § 81 Abs 1 SVG keine Versorgung zu, da er den Unfall nicht "während der Ausübung" des Wehrdienstes erlitten hat.
Die Augenverletzung des Klägers ist auch nicht durch die "dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse" herbeigeführt worden (§ 81 Abs 1, 3. Alternative SVG). Mit diesem Begriff bzw dem Begriff der dem "militärischen ... Dienst eigentümlichen Verhältnisse" (§ 1 Abs 1 BVG) - in beiden Fällen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe - hatte sich das Bundessozialgericht (BSG) bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen zu befassen. Da sich § 81 Abs 1 SVG von § 1 Abs 1 BVG nur insoweit unterscheidet, als dort nicht von "Wehrdienst", sondern von "militärischem Dienst" gesprochen wird, können die zu § 1 Abs 1 BVG ergangenen Urteile auch zur Auslegung des § 81 Abs 1 SVG herangezogen werden (vgl Urteil vom 6. August 1968 - 10 RV 420/66 - in BVBl 1969, 59). Danach sind "dem Wehrdienst eigentümlich" solche Verhältnisse, die zeitlich und örtlich nicht immer gleichmäßig bestimmbar sind, aber den Eigenarten des Dienstes entsprechen und für diesen typisch bzw charakteristisch sind, regelmäßig eng mit ihm zusammenhängen, erfahrungsgemäß den besonderen Umständen dieses Dienstes zuzurechnen sind und ihrer Art oder ihrem Grad und Maß nach üblicherweise im Zivilleben nicht gegeben sind (vgl BSGE 10, 251, 255; 18, 199, 201; 20, 266, 269; 22, 118, 119; 26, 4, 6; 33, 141, 143; 33, 239, 244; 37, 282, 283, 285; SozR Nr 80 zu § 1 BVG; SozR Nr 1 zu § 81 SVG; Urteile vom 17. Mai 1977 - 10 RV 19/76 und 73/76 -).
Solche Verhältnisse haben nach den Feststellungen des LSG bei der Augenverletzung des Klägers keine Rolle gespielt. Auch im Zivilleben kann es unter jungen Leuten, die sich nach einem Gaststättenbesuch in angeregter Stimmung auf dem Nachhauseweg befinden, zu Werfereien mit Schneebällen kommen. Der Kläger hat daran aus freien Stücken und nicht etwa gezwungenermaßen teilgenommen, weil er sich als Soldat keines unkameradschaftlichen Verhaltens schuldig machen wollte; als Zivilist hätte er in gleicher Weise verunglücken können. Mit dem von ihm erwähnten, durch das enge Zusammenleben auf dem Truppenübungsplatz und den dort auf die jungen Soldaten ausgeübten ständigen Zwang oder Druck verursachten "Aggressionsstau" (vgl dazu BSG, SozR Nr 80 zu § 1 BVG, Ca 59 unten), der durch eine mit besonderer Ausdauer und Härte geführte Schneeballschlacht habe abreagiert werden müssen, hat er keine zulässige und begründete Revisionsrüge erhoben, sondern nur den Versuch einer nachträglichen Deutung des Vorfalls gemacht, die den festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten jedoch nicht gerecht wird. Das LSG hat nicht etwa festgestellt, daß das Schneeballwerfen mit besonderer Härte und Ausdauer geführt worden ist, sondern lediglich, daß der Kläger beim Hervorschauen hinter einem abgestellten VW-Bus von einem Schneeball am Auge getroffen worden ist. Es hat ferner betont, daß auch keine Umstände ersichtlich oder vom Kläger geltend gemacht sind, die darauf hindeuten, daß er seiner Persönlichkeit und Veranlagung nach im Zivilleben an einer Schneeballschlacht nicht teilgenommen hätte. Auch im Zivilleben kommt es nicht selten vor, daß ein Beteiligter an einer Schneeballschlacht getroffen wird - das ist sogar der Sinn jeder Schneeballschlacht - und daß dabei uU auch Augenverletzungen eintreten. Schließlich bedarf es, um von einem Schneeball getroffen zu werden, auch keiner längeren, mit Erbitterung geführten Auseinandersetzung. Die Augenverletzung des Klägers beruht daher auf einem Unglücksfall, der sich unter den gegebenen Umständen in gleicher Weise im Zivilleben ereignen konnte und der nur zufällig während des Wehrdienstes des Klägers eingetreten, aber für diesen nicht charakteristisch ist und der erfahrungsgemäß auch nicht den besonderen Umständen dieses Dienstes zuzurechnen ist.
Der Kläger kann daher wegen des Vorfalls vom 6. April 1975 keine Versorgung nach dem SVG beanspruchen. Seine Revision erweist sich als unbegründet und muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). -
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen