Leitsatz (redaktionell)

Die auf Selbststudium beruhende künstlerische Tätigkeit als selbständiger Kunstmaler rechtfertigt nicht grundsätzlich die Annahme, daß diese als eine dem erfolgreichen Mittelschulabschluß gleichwertige Ausbildung anzusehen ist.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28; BVG § 30 Abs. 3 DV § 5 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21

 

Tenor

1) Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. September 1968 aufgehoben.

2) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20. September 1967 wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 29. September 1967 wird abgewiesen.

3) Außergerichtliche Kosten sind für alle Rechtszüge nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der im Jahre 1905 geborene Ehemann der Klägerin (Sp.) bezog wegen einer Lungentuberkulose Versorgungsleistungen (Grund- und Ausgleichsrente), zuletzt nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H.; am 13. Januar 1964 ist er an den Folgen des Schädigungsleidens gestorben. Die Klägerin bezieht seit dem 1. Februar 1964 Hinterbliebenenrente (Grund- und Ausgleichsrente).

Am 1. März 1965 beantragte die Klägerin die Gewährung eines Schadensausgleichs. Nach den Ermittlungen des Versorgungsamtes (VersorgA) hatte Sp. von 1911 bis 1919 die Volksschule besucht und anschließend bis 1922 eine Anstreicher- und Malerlehre durchgemacht. Von 1935 bis 1939 und von 1946 bis 1960 war er als selbständiger Kunstmaler tätig. Durch den angefochtenen Bescheid vom 10. Juni 1966 wurde der Klägerin ein Schadensausgleich ab 1. Februar 1964 gewährt. Als Vergleichseinkommen wurde dabei das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe (BesGr) A 7 eingesetzt (selbständig Tätiger mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung). Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie die Einstufung in die BesGr A 9 begehrte, weil ihr Ehemann der bekannteste Kunstmaler des Sauerlandes gewesen sei, war erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes - LVersorgA - Westfalen vom 6. Januar 1967). Auch in dem inzwischen ergangenen Neufeststellungsbescheid vom 14. September 1966 und in dem später ergangenen Neufeststellungsbescheid vom 29. September 1967 wurde die gleiche Berechnungsweise vorgenommen.

Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Klage durch Urteil vom 20. September 1967 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat Auskünfte von dem Museumsverwalter V (K) und dem Museumsdirektor H (A) sowie Gutachten von dem Leiter der Werkgruppe Malerei an der F-Schule für Gestaltung, Oberstudienrat Sch, und von Prof. L, F-Schule, eingeholt. Durch Urteil vom 9. September 1968 hat das LSG den Beklagten verurteilt, bei der Berechnung des Schadensausgleichs ab 1. Januar 1964 von einem Durchschnittseinkommen in der BesGr A 9 und ab 1. Januar 1967 in der BesGr A 11 auszugehen. In den Gründen wird ausgeführt, daß Sp. an allgemeinbildenden Schulen, zu denen auch die Mittelschule gehöre, lediglich die Volksschule besucht habe. Beruflich habe er sich zu seinem festgestellten künstlerischen Leistungsvermögen auf ungewöhnliche Weise entwickelt. Er habe weder eine höhere Kunstfachschule oder Kunsthochschule als ordentlicher Studierender bis zum Abschlußexamen besucht noch die dafür in der Regel mindestens vorausgesetzte "mittlere Reife" nachgewiesen. Vielmehr habe er sich als externer Schüler, in lockerer Beziehung zu zwei Dozenten der D Kunstakademie, im wesentlichen selbst ausgebildet. Dieser von der Regel abweichende, allerdings bei Künstlern nicht so selten wie in anderen Berufen vorkommende Ausbildungsgang sei als eine dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertige Schulausbildung anzusehen. Da nach dem Gesetz ein durchschnittlicher wirtschaftlicher Berufserfolg maßgebend sei, müßten die vorgeschriebenen Bildungsvoraussetzungen, von denen das Durchschnittseinkommen abhängen solle, mit Rücksicht auf den Gleichheitsgrundsatz so elastisch angewendet werden, daß auch Selbständige erfaßt würden, die sich ohne den förmlich - institutionellen - Bildungsweg auf andere Weise gleiches berufliches Können mit erfahrungsgemäß gleichen Erwerbschancen angeeignet hätten. Die F-Schule für Gestaltung sei als berufsbildende Schule der allgemeinbildenden Mittelschule keineswegs gleichartig; sie biete auch in ihrem außerfachlichem Ausbildungsprogramm ("Studium generale") nicht alle in einer Mittelschule sowie in der Unter- und Mittelstufe einer höheren Schule gelehrten Fächer, insbesondere keine Sprachen. Der erfolgreiche Besuch einer höheren Fachschule sei jedoch einem Mittelschulabschluß deshalb mindestens gleichwertig, weil für die Aufnahme in eine Schule wie die F-Schule für Gestaltung entweder der Besuch einer Mittelschule oder die Versetzung in die Klasse 11 (O II) eines Gymnasiums in der Regel vorausgesetzt werde. In die F-Schule könnten zwar auch Volksschulabsolventen aufgenommen werden. Die F-Schule stelle dann die Aufnahmevoraussetzungen durch eine Beobachtung während des ersten Studienhalbjahres und eine abschließende Prüfung fest. Dies ersetze als Feststellung der angemessenen Bildungsreife den Mittelschulabschluß oder eine gleichwertige Allgemeinausbildung. Nach den beiden Gutachten ergebe sich überdies, daß sich die Volksschüler in der Regel in der F-Schule für Gestaltung als die Fähigsten erwiesen hätten. Daß ein Selbständiger, der die für seinen Beruf erforderliche berufsbildende Anstalt erfolgreich besucht habe, die dieser Vorbildung entsprechende Berufsstellung auch dann erreiche, wenn er nicht die üblicherweise vorausgesetzte allgemeine Schulbildung nachweise, und daß ihm daher gemäß § 5 der Durchführungsverordnung (DVO) trotzdem die der Fachausbildung entsprechende Beamtenbesoldung zugesichert werde, bestätige die Einstufung der Hochschulabsolventen. Der Ehemann der Klägerin, der eine höhere Fachschule - wie die F-Schule für Gestaltung - tatsächlich nicht erfolgreich besucht habe, hätte nach dem überzeugenden Gutachten der beiden Sachverständigen bei seinem nachgewiesenen künstlerischen Können in die Werkgruppe Malerei der F-Schule aufgenommen werden und diese Ausbildung erfolgreich durchlaufen können. Seine Befähigung habe sogar diejenige vieler Absolventen dieser Schulausbildung übertroffen. Dann reiche sein berufliches Können für eine Anwendung der BesGr A 9 bei sinnvoller und gesetzmäßiger Auslegung des § 5 der DVO aus. Bei sachgemäßer Anwendung dieser Vorschrift auf selbständige Künstler umfasse der Begriff der dort genannten Schulbildung, nach denen sich die maßgebende BesGr richte, auch das eigenständige künstlerische Studium in Anlehnung an eine in der Fachwelt anerkannte künstlerische "Schule" im Sinne einer bestimmten Richtung des Kunstschaffens, z. B. der D Landschaftsmaler, wie sie durch die Professoren Junghans und Clarenbach führend vertreten werde. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der DVO in der ab 1. Januar 1967 geltenden Fassung sei von diesem Zeitpunkt ab das Vergleichseinkommen für den vorliegenden Fall nach der BesGr A 11 zu berechnen, weil außer der erforderlichen Schulbildung eine abgeschlossene Berufsausbildung zu berücksichtigen sei. Einer solchen, die selbständige Kunstmaler - anders als z. B. Handwerksmeister - in der Regel für ihren besonderen Beruf nicht durchliefen, stehe nach § 5 Abs. 2 der DVO eine fünfjährige selbständige Tätigkeit in dem Beruf gleich, auf dessen Ausübung sich die kriegsbedingte Schädigung nachteilig auswirke. Sp. sei mindestens fünf Jahre lang als selbständiger Kunstmaler tätig gewesen. § 6 der DVO komme nicht in Betracht.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 29. November 1968 zugestellt, der dagegen mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1968, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 23. Dezember 1968, Revision eingelegt und diese innerhalb der bis zum 28. Februar 1969 verlängerten Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 25. Februar, beim BSG eingegangen am 26. Februar 1969, begründet hat.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Dortmund vom 20. September 1967 - S 21 V 6/67 - zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid des VersorgA Soest vom 29. September 1967 abzuweisen.

In seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 40 a, 61 Bundesversorgungsgesetz - BVG - (Zweites und Drittes Neuordnungsgesetz - 2. und 3. NCG -), 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG (2. und 3. NOG) und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er trägt dazu vor, das LSG sei selbst davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin an allgemeinbildenden Schulen lediglich die Volksschule besucht und daß er sich beruflich auf ungewöhnliche Weise, nämlich als externer Schüler und in lockerer Beziehung zu zwei Dozenten der Kunstakademie D im wesentlichen selbst ausgebildet habe. Die Anwendung des § 5 DVO durch das Berufungsgericht beruhe demnach auf der Gleichsetzung eines Selbststudiums mit einer dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertigen Schulausbildung. Diese Gleichsetzung sei nicht zulässig. Der § 5 DVO erfordere nach seinem Wortlaut für die hier in Betracht zu ziehende Einstufung in die BesGr A 9 und A 11 mindestens das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder eine gleichwertige Schulausbildung. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei jedenfalls insofern eindeutig, als er es auf die Schulbildung abstelle. Eine Auslegung der betreffenden Vorschrift, nach der auch ein Selbststudium als Schulausbildung anzusehen wäre, müsse bereits am Wortlaut dieser Vorschrift scheitern. Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht, weil es sich bei § 5 DVO um eine abschließende, also lückenlose Regelung handele. Soweit § 5 den Bildungsgrad des erfolgreichen Absolventen einer Mittelschule als untere Grenze ("mindestens") ansehe, lasse er durch die wahlweise aufgestellte Voraussetzung einer "gleichwertigen Schulausbildung" erkennen, daß sich der Verordnungsgeber darüber im klaren gewesen sei, daß dieser Bildungsgrad auch auf andere Weise erlangt werden könne. Es sei nicht anzunehmen, daß der Verordnungsgeber dabei die Möglichkeiten des Selbststudiums übersehen habe. Die Zulässigkeit der Berücksichtigung einer durch Selbststudium erlangten Allgemeinbildung würde die Versorgungsbehörden vor kaum überwindbare praktische Schwierigkeiten stellen. Der Hinweis des LSG auf die ausschlaggebende Bedeutung des durchschnittlichen Berufserfolges und den Gleichheitsgrundsatz rechtfertige keine andere Auslegung. Eine willkürlich ungleiche Behandlung ähnlicher Sachverhalte liege nicht vor. Der erfolgreiche Besuch der Folkwang-Schule für Gestaltung in Essen könne auch nicht einem Mittelschulabschluß im Sinne des § 5 DVO gleichwertig beurteilt werden. Nach den Feststellungen des LSG vermittle die F-Schule für Gestaltung keine der Mittelschulbildung gleichwertige Allgemeinbildung, sondern setze eine gehobene Allgemeinbildung voraus. Die Feststellung, daß für die Aufnahme in eine Schule wie die F-Schule für Gestaltung entweder der Besuch einer Mittelschule oder die Versetzung in die Klasse 11 (O II) eines Gymnasiums in der Regel vorausgesetzt werde, verstoße im übrigen gegen § 128 SGG. Das LSG habe insoweit die Gutachten von Prof. L und Oberstudienrat Sch teilweise unbeachtet gelassen. Der Beruf des Kunstmalers als "Berufsziel" des Ehemannes der Klägerin erfordere auch keine besonders gehobene Schulausbildung. Soweit das Berufungsgericht das berufliche Können des Ehemannes der Klägerin als ausreichend für die Berücksichtigung der BesGr A 9 bzw. A 11 ansehe, stelle es das berufliche Können mit der vom Gesetz geforderten Schulbildung gleich. Auf die Verletzung des § 61 BVG habe das LSG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils selbst hingewiesen.

Die Klägerin beantragt,

1) die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen;

2) den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Die Klägerin hält das angefochtene Berufungsurteil zumindest im Ergebnis für zutreffend; sie schließt sich den ihrer Ansicht nach ausführlichen und überzeugenden Entscheidungsgründen im wesentlichen an.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist von dem Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist auch in der Sache begründet.

Das LSG hat zu Unrecht angenommen, daß für die Berechnung des Schadensausgleichs der verstorbene Ehemann der Klägerin einem selbständig Tätigen "mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulausbildung" im Sinne des § 5 Abs. 1 DVO gleichzustellen und daher für die Geltungsdauer des 2. NOG von einem Durchschnittseinkommen in der BesGr A 9 und für die Zeit ab 1. Januar 1967 (Inkrafttreten des 3. NOG) in der BesGr A 11 auszugehen ist. Nach § 40 a Abs. 1 BVG idF des 2. NOG (vom 21. Februar 1964 - BGBl I, 85) erhalten Witwen, deren Einkommen um mindestens 50 DM geringer ist als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte, einen Schadensausgleich in Höhe von vier Zehnteln des festgestellten Unterschiedsbetrages, jedoch höchstens 200 DM monatlich. Die Gewährung des Schadensausgleichs ist davon abhängig, daß die Witwe die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 BVG erfüllt, also dem Grunde nach Anspruch auf Ausgleichsrente hat. Das ist bei der Klägerin, die 1909 geboren ist, der Fall. Durch das 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I, 750), das vom 1. Januar 1967 an anzuwenden ist (vgl. Art. V § 6 des Gesetzes), ist § 40 a Abs. 1 BVG lediglich insoweit geändert worden, als der Mindestbetrag des Einkommensverlustes von 50 DM nicht mehr erforderlich und der Höchstbetrag des Schadensausgleichs auf 250 DM erhöht worden ist. Zur Feststellung des Schadensausgleichs ist nach § 40 a Abs. 2 BVG idF des 2. und 3. NOG das von der Witwe erzielte Einkommen zuzüglich der Grundrente und der Ausgleichsrente mit dem Einkommen ihres Ehemannes zu vergleichen ("Vergleichsberechnung"). Als Einkommen des Ehemannes gilt nach § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene angehört hat oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte. Nach § 40 a Abs. 2 Satz 3 BVG ist § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG anzuwenden; § 30 Abs. 7 BVG gilt entsprechend (vgl. § 40 a Abs. 4 BVG). Diese Verweisungen bedeuten, daß für die Berechnung des Schadensausgleichs für Witwen die Vorschriften über den Berufsschadensausgleich für Schwerbeschädigte (§ 30 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVG) und insbesondere die aufgrund von § 30 Abs. 7 BVG erlassene Durchführungsverordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in ihrer jeweils geltenden Fassung maßgebend sind (vgl. auch § 11 DVO). Gemäß § 2 dieser DVO ist zunächst zwischen den großen Gruppen der unselbständig Tätigen in der privaten Wirtschaft (§ 3 DVO), den im öffentlichen Dienst Tätigen (§ 4 DVO) und den selbständig Tätigen (§ 5 DVO) zu unterscheiden. Innerhalb dieser Gruppen ist dann wieder bei den unselbständig Tätigen nach Wirtschaftsbereichen und Tätigkeitsmerkmalen (§ 3 DVO), bei den im öffentlichen Dienst Tätigen nach Laufbahnen und Tätigkeitsmerkmalen (§ 4 DVO) und bei den selbständig Tätigen nach dem schulischen und beruflichen Ausbildungsgang und dessen Ergebnis (§ 5 DVO) zu differenzieren.

Nach den Feststellungen des LSG, die insoweit von dem Beklagten nicht angegriffen und daher für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG), war der Ehemann der Klägerin, der Anstreicher und Maler gelernt hatte, bereits einige Jahre vor der Schädigung (1935 bis 1939) und auch nach der Schädigung (1946 bis 1960) als selbständiger Kunstmaler tätig. Mit den Vorinstanzen - und der insoweit übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten - ist daher davon auszugehen, daß der Ehemann der Klägerin der großen Berufsgruppe (vgl. § 2 DVO) der selbständig Tätigen angehört hat. Als Vergleichseinkommen zur Errechnung des Einkommensverlustes ist daher ein Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit nach § 5 DVO zu ermitteln. Nach dieser Vorschrift, die hinsichtlich der Einordnung in eine bestimmte Besoldungsgruppe unter der Geltungsdauer des 2. und 3. NOG unverändert geblieben ist, sind selbständig Tätige mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung der BesGr A 7, selbständig Tätige mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulausbildung ohne abgeschlossene Berufsausbildung der BesGr A 9 und mit abgeschlossener Berufsausbildung der BesGr A 11 zuzuordnen. Das LSG hat hierzu in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin an allgemeinbildenden Schulen lediglich die Volksschule besucht hat (vgl. Bl. 9 unten des Urteilsabzuges), daß er weder eine höhere Kunstfachschule oder Kunsthochschule als ordentlicher Studierender bis zum Abschlußexamen besucht noch die dafür in der Regel mindestens vorausgesetzte "mittlere Reife" (Mittel- oder Realschulabschluß oder Versetzung nach Klasse O II (11. Klasse) einer höheren Schule) nachgewiesen hat (Bl. 10), daß die F-Schule für Gestaltung in E als berufsbildende Schule der allgemeinbildenden Mittelschule keineswegs gleichartig ist (Bl. 11), daß der Ehemann der Klägerin eine höhere Fachschule wie die F-Schule für Gestaltung "tatsächlich nicht erfolgreich besucht hat" (Bl. 15) und daß er sich als externer Schüler in lockerer Beziehung zu zwei Dozenten der D Kunstakademie im wesentlichen selbst ausgebildet hat (Bl. 10). Diese Feststellungen sind von dem Beklagten mit Revisionsrügen nicht angegriffen und somit für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Wenn das LSG gleichwohl zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der Ehemann der Klägerin der BesGr A 9 bzw. A 11 zuzuordnen ist, so hat es sich nicht nur über den Wortlaut des § 5 DVO hinweggesetzt, sondern es hat auch den Sinn und Zweck dieser Vorschrift verkannt und eine Auslegung bzw. "Lückenausfüllung" vorgenommen, die nicht gerechtfertigt ist und die allenfalls bei einer gesetzlichen Neuregelung durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgenommen werden könnte.

Der Verordnungsgeber unterscheidet in § 5 Abs. 1 DVO zwischen der Schulbildung und der Berufsausbildung und macht die Eingruppierung in eine bestimmte BesGr von einem doppelten Unterscheidungsmerkmal abhängig, nämlich einmal von der "Höhe" der Schulbildung (Volksschule, Mittelschule, Hochschule) und zum anderen von einer Stufenleiter in der Berufsausbildung (ohne oder mit abgeschlossener Berufsausbildung, abgelegte Meisterprüfung) (vgl. Urteil BSG vom 16. Juli 1968 in SozR DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF vom 30. Juli 1961, § 5 Nr. 1). Der Senat verkennt nicht, daß die Einstufung auch nach anderen Kriterien hätte getroffen werden können. In Einzelfällen mögen auch, worauf das LSG hingewiesen hat, die vom Verordnungsgeber gewählten Einstufungskriterien ein Ergebnis zeitigen, das nicht allen Billigkeitserwägungen entspricht. Das Gericht hat jedoch nicht darüber zu entscheiden, ob die vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber getroffene Lösung die beste und "gerechteste" denkbare Regelung überhaupt darstellt (vgl. Urteil BSG vom 17. Oktober 1967 - 9 RV 182/67), sondern allenfalls darüber, ob ein Gesetz oder eine andere Rechtsnorm (Rechtsverordnung, vgl. Art. 80 des Grundgesetzes - GG -) ordnungsgemäß zustande gekommen ist und den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entspricht. Diese Frage aber ist, soweit es sich um die DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG handelt, von den KO-Senaten des BSG in ständiger Rechtsprechung bejaht worden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 1969 - 10 RV 768/67). Zu einer Aufgabe dieser Rechtsprechung besteht um so weniger Veranlassung, als auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 14. Mai 1969 (vgl. SozR GG Art. 80 Nr. 1) die Verfassungskonformität der gesetzlichen Regelung über den Berufsschadensausgleich bejaht und in einem Leitsatz dieser Entscheidung ausdrücklich ausgesprochen hat, daß sich § 5 Abs. 1 der DVO - also die hier interessierende Rechtsnorm - im Rahmen der in § 30 Abs. 7 Buchst. a und § 40 a Abs. 4 BVG erteilten Ermächtigungen hält. Das LSG scheint bei seinen Überlegungen grundsätzlich verkannt zu haben, daß bei der Gewährung des Berufsschadensausgleichs (bzw. des Schadensausgleichs) der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten und pauschalierten Maßstabes zurücktreten muß (vgl. BSG 27, 69; 27, 178). Verfassungsrechtlich ist dies um so weniger zu beanstanden, als die Vorschriften des BVG über den Schadensausgleich einen Bereich der gewährenden Staatstätigkeit regeln und der Gesetzgeber im Rahmen der ihm in diesem Bereich zustehenden besonders weitgehenden Gestaltungsfreiheit in weitem Umfang zum Erlaß typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt ist (vgl. BVerfG aaO mit weiteren Hinweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG). Im übrigen ist das Versorgungsrecht seit jeher von dem Grundsatz der Pauschalierung beherrscht gewesen, wobei sich die Rentenhöhe nach den für alle Beschädigten einheitlich festgelegten MdE-Sätzen, nicht jedoch nach besonderen wirtschaftlichen, sozialen oder finanziellen Erfolgen richtet (vgl. § 27 des Reichsversorgungsgesetzes - RVG - vom 12. Mai 1920 - RGBl S 989; §§ 31, 32 BVG). Wenn der Gesetzgeber den Berufsschadensausgleich und den Schadensausgleich von dem mutmaßlichen Durchschnittseinkommen abhängig gemacht hat, so bedeutet das schon einen Einbruch in die Grundkonzeption des Versorgungsrechts. Gerade bei den selbständig Tätigen ist aber wegen der Fülle persönlicher und wirtschaftlicher Umstände, welche die Höhe des hypothetischen Einkommens beeinflussen können, eine konkrete und individuelle Feststellung nicht möglich und insoweit eine generalisierende und pauschalierende Regelung unabweisbar (vgl. BVerfG aaO). In der Heranziehung einer bestimmten Besoldungsgruppe nach § 5 DVO als Berechnungsgrundlage für den Schadensausgleich ist auch kein Urteil über die individuellen beruflichen Fähigkeiten des Beschädigten oder seines Ehegatten in dem Sinne zu erblicken, daß damit festgestellt wäre, der Eingestufte würde niemals ein höheres Einkommen erreicht haben (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juli 1969 - 10 RV 738/67). Deswegen, weil eine bestimmte berufliche Entwicklung des Beschädigten - wäre er nicht beschädigt worden oder verstorben - einfach nicht beweisbar ist, mußte der Gesetzgeber zu Kriterien greifen, nach denen diese Entwicklung bis zu einem gewissen Ergebnis wahrscheinlich erscheint. Mit der Pauschalierung des Schadensausgleichs wird aufgrund der im Gesetz und in den DVOen bezeichneten allgemeinen Kriterien eine generelle Bemessungsgrundlage gegeben, deren Höhe sich bei den selbständig Tätigen aus der Schul- und Berufsausbildung ergibt.

Mit Recht weist der Beklagte in diesem Zusammenhang auch darauf hin, daß bei dem Erlaß und bei der Anwendung der DVO der Grundsatz der Praktikabilität beachtet werden muß (vgl. Entsch. des BVerfG aaO.; Urteil BSG vom 26. November 1968 - 9 RV 724/66). Auf dem Gebiet des Versorgungsrechts mit seinen Millionen von Einzelfällen ist es ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Verwaltung von Einzelnachforschungen und Einzelfallentscheidungen, die weitgehend fiktive Sachverhalte betreffen müßten ("... angehört hätten") zu entlasten und der Verwaltung feste Einordnungsschemata an die Hand zu geben. Diese generalisierende Methode mag zwar möglicherweise Begünstigungen oder auch weniger vorteilhafte Einstufungen für Gruppen von Beschädigten bringen, besonders für diejenigen, die vor der Schädigung noch keine herausgehobene Stellung erlangt hatten (vgl. § 6 DVO); sie ist aber trotzdem nicht willkürlich oder systemwidrig und kann vor allem nicht für Einzelfälle unter Berücksichtigung und Beurteilung der individuellen Verhältnisse durchbrochen werden. Sollte die Verwaltung die Allgemeinbildung, also eines der Kriterien für die Einordnung in eine bestimmte Besoldungsgruppe, unabhängig von der Schulbildung überprüfen müssen, so würde sie damit schon bei den Beschädigten selbst vor nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten stehen; völlig unlösbar aber wäre diese Aufgabe bei der Gewährung des Schadensausgleichs, wenn der Bildungsstand eines Gefallenen rückschauend "getestet" werden müßte. Gerade eine solche Einzelprüfung würde zu unbilligen Ergebnissen führen; sie wäre systemwidrig und würde dem Prinzip der Generalisierung und Pauschalierung widersprechen.

Im Zusammenhang damit hat das LSG einen weiteren Grundsatz der Regelung für den Schadensausgleich nicht beachtet. Nach § 5 Abs. 1 DVO genügt nur auf der ersten Stufe der Allgemeinbildung die "Volksschulbildung" als solche, also ohne Rücksicht darauf, ob die oberste Klasse der Volksschule erreicht oder die Schule bereits vorzeitig verlassen worden ist. Dagegen fordert die nächste Stufe der Allgemeinbildung mindestens "das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule" oder eine "gleichwertige Schulausbildung". Letztere wird in § 5 Abs. 1 Satz 4 der DVO idF vom 28. Februar 1968 dahin erläutert, daß eine andere Schulausbildung einer Mittelschulausbildung nur dann gleichwertig ist, wenn "Abschlußzeugnisse" dieses Bildungsganges wie Abschlußzeugnisse von Mittelschulen gewertet werden. Auf der dritten Stufe wird alsdann eine "abgeschlossene" Hochschulbildung gefordert. Gleichermaßen wird bei der Berufsausbildung ausdrücklich von einer "abgeschlossenen" Berufsausbildung und bei der Meisterprüfung von einer "abgelegten" Meisterprüfung gesprochen. Diese Regelung, nach der nur das Mittelschulzeugnis bzw. Abschlußzeugnis einer anderen, gleichwertigen Schulausbildung oder eine abgelegte Meisterprüfung eine höhere Einstufung rechtfertigen, ist völlig eindeutig und läßt eine "Lückenausfüllung", wie sie das LSG glaubt vornehmen zu müssen, nicht zu (vgl. zur Frage der Ausfüllung einer Gesetzeslücke Beschluß des Großen Senats des BSG vom 9.6.1961 in BSG 14, 238, 241). Dem Verordnungsgeber war selbstverständlich bekannt, daß eine gehobene Allgemeinbildung auch auf dem Wege des Selbststudiums erworben werden kann und daß meisterliches berufliches Können auch ohne Meisterprüfung vorhanden sein kann. Wenn der Verordnungsgeber gleichwohl in allen Fällen der gehobenen Schulbildung oder Berufsausbildung das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch der Mittelschule, das Abschlußzeugnis, die abgelegte Meisterprüfung oder die abgeschlossene Hochschulbildung verlangt, so hat er damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß eine höhere Einstufung nur dann erfolgen kann, wenn der formelle urkundliche Nachweis beigebracht wird oder vorgelegen hat, weil der Erwerb einer anderweitig erworbenen Bildung und Fähigkeit nach irgendwelchen festen Kriterien kaum nachprüfbar ist.

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewandt, dann zeigt sich, daß die von der Versorgungsverwaltung vorgenommene Einstufung in BesGr A 7 richtig ist und daß die von dem LSG ausgesprochene höhere Einstufung nicht dem Gesetz (§ 40 a iVm § 30 Abs. 4 BVG) und den dazu erlassenen DVOen (vgl. § 5) entspricht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Ehemann der Klägerin an allgemeinbildenden Schulen nur die Volksschule besucht. Es fehlt jeder Anhalt dafür, daß der Besuch einer weiterbildenden Schule bei dem Ehemann der Klägerin, der im Zeitpunkt der Schädigung fast 40 Jahre alt war, durch schädigungsbedingte Gründe verhindert worden ist. Eine Mittelschule oder eine andere weiterbildende Schule (vgl. BSG in SozR DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG 1964, § 5 Nr. 3) hat Sp. nicht besucht, sondern nur "als externer Schüler, also in lockerer Beziehung zu zwei Dozenten der Düsseldorfer Kunstakademie, sich im wesentlichen selbst ausgebildet". - Der Museumsdirektor H hat in diesem Zusammenhang vom Ehemann der Klägerin als "Autodidakt" gesprochen. - Den Ausführungen des LSG ist nicht klar zu entnehmen, ob das LSG daraus auf die schulische Weiterbildung oder die berufliche Weiterbildung geschlossen hat (vgl. insbesondere S. 11 oben des Urteilsabzuges). Diese Frage bedarf jedoch keiner weiteren Klärung, denn jedenfalls hat der Ehemann der Klägerin ein Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder eine gleichwertige Schulausbildung mit dem entsprechenden Abschlußzeugnis nicht besessen, weil er eine andere Schule als die Volksschule nie besucht hat. Damit fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung, von der die Höhereinstufung nach § 5 Abs. 1 DVO abhängig ist. Es bedarf auch keiner Prüfung, ob die Folkwang-Schule für Gestaltung eine "gleichwertige Schulausbildung" wie eine Mittelschule vermittelt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juli 1969 - 10 RV 738/67; Urteil BSG vom 5. Mai 1970 - 9 RV 212/68) und ob der Ehemann der Klägerin diese Fachschule mit Erfolg "hätte besuchen können", denn nach den Feststellungen des LSG hat der Ehemann der Klägerin auch diese Fachschule tatsächlich nicht besucht. Ein Selbststudium ohne Schulbesuch und ohne erfolgreichen Schulabschluß reicht aber nach den obigen Ausführungen nicht aus.

Aus dem gleichen Grunde vermögen auch die Erwägungen des LSG über das mutmaßliche Durchschnittseinkommen und den "künstlerischen Rang" des Verstorbenen als "echten Kunstmaler" nicht die Einstufung in die BesGr A 9 bzw. A 11 zu tragen. Für den wahrscheinlichen individuellen Berufserfolg und damit für dessen Durchschnittseinkommen gibt es kein solches brauchbares Kriterium zur Eingruppierung, weil bei einem selbständig tätigen Künstler das Durchschnittseinkommen von kaum abschätzbaren Umständen abhängt, allzu vielen Schwankungen unterworfen ist und langfristig gar nicht ermittelt werden kann. Maßgebend muß daher das fiktive Durchschnittseinkommen bleiben, das nach dem Willen des Gesetzgebers generell aufgrund der nachgewiesenen Berufs- und Schulausbildung angenommen werden soll (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juli 1969 - 10 RV 738/69). Dem LSG ist entgegenzuhalten, daß mit dem Schadensausgleich nicht ein "Rang" oder eine sonstige Qualifikation, sondern ein wirtschaftlicher Schaden ausgeglichen werden soll. Ob aber ein solcher nach den beim Ehemann der Klägerin bekannten Verhältnissen eingetreten ist, dazu hätte das LSG in Konsequenz seiner Ansicht Stellung nehmen müssen, insbesondere auch dazu, daß der Ehemann der Klägerin fast durchgängig Ausgleichsrente bezogen und noch im Februar 1956 der Versorgungsverwaltung mitgeteilt hat, daß er "monatelang kein Bild verkaufe und praktisch ohne Einkommen sei" (vgl. Bd. I S. 117 der Versorgungsakten), und daß auch das Schreiben vom 25. Mai 1957 und die persönliche Anhörung des Ehemannes der Klägerin durch das VersorgA am 8. September 1958 (vgl. Bd. II S. 19 der Versorgungsakten) kein besseres Bild über die wirtschaftliche Lage zeigen.

Der Senat hat weiter erwogen - was das LSG nicht ausdrücklich geprüft hat -, ob eine höhere Einstufung etwa deshalb gerechtfertigt ist, weil der Verstorbene einem Meister gleichzustellen ist; jedoch ist auch diese Frage zu verneinen. Nach § 5 Abs. 1, Fall 1 ist bei selbständig Tätigen mit Volksschulbildung - wie dem Verstorbenen - und mit "abgelegter Meisterprüfung" die Einstufung in die BesGr A 9 vorzunehmen. In seinem erlernten Beruf als Maler und Anstreicher hat der Verstorbene nach den Feststellungen des LSG keine Meisterprüfung abgelegt; im übrigen hat er diesen Beruf - womit nur ein Maler i. S. eines Handwerkers gemeint sein kann - nicht selbständig ausgeübt. In seinem ausgeübten Beruf als Kunstmaler hat er gleichfalls keine Meisterprüfung abgelegt, sondern sich "im wesentlichen selbst" ausgebildet. Das Merkmal der "abgelegten Meisterprüfung" kann auch nicht dadurch ersetzt werden, daß Sp. "den Rang eines echten Kunstmalers mit nachgewiesenem künstlerischem Können" erreicht gehabt hat. Das BSG hat zwar wiederholt entschieden, daß das Merkmal "mit abgelegter Meisterprüfung" in § 5 DVO auslegungsfähig und auslegungsbedürftig ist (vgl. Urteil BSG vom 19. Oktober 1967 in SozR DVO 1964, § 5 Nr. 2) und daß bei Vorliegen bestimmter Tatbestände, die einen Vergleich der Erwerbschancen eines Selbständigen ohne Meisterprüfung mit denen eines Selbständigen seines Berufes mit "abgelegter Meisterprüfung" zulassen und notwendig machen, eine solche Gleichstellung gerechtfertigt ist. Das trifft jedoch nur für solche Berufe zu, in denen eine Meisterprüfung heute zwar vorgesehen ist, früher aber nicht abgelegt zu werden brauchte (vgl. die sogenannten "alten eingetragenen Handwerker", BSG aaO), oder in denen eine Meisterprüfung erst später eingeführt worden ist ("erfolgreiche Landwirte"; s. Urteile des BSG vom 28. November 1967 - 8 RV 409/66; vom 7. August 1969 - 8 RV 305/68). Dagegen ist eine Gleichstellung bei Selbständigen, die Berufen angehören, bei denen es keine Meisterprüfung gibt, nicht möglich (vgl. die zahlreichen Urteile des BSG, die zur Frage der Einstufung von "gelernten Kaufleuten" und "gelernten Drogisten" ergangen sind; s. Urteile des erkennenden Senats vom 9.12.1969 - 10 RV 768/67 und vom 8. Juli 1970 - 10 RV 654/69; Urteil des 8. Senats vom 7. August 1969 - 8 RV 305/68). In dem Beruf eines Kunstmalers ist jedoch, wie den Feststellungen des LSG zu entnehmen und wie im übrigen gerichtsbekannt ist, eine Meisterprüfung nicht vorgesehen.

Die "Ungerechtigkeit", die das LSG für freischaffende Künstler glaubt feststellen zu können, träfe demnach für eine ganze Reihe von freien Berufen zu. Auch ein Kaufmann mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung - die mit der Gehilfenprüfung endet - kann nur in die BesGr A 7 eingestuft werden, obwohl er über eine im Selbststudium erworbene große Allgemeinbildung und "meisterliches" kaufmännisches Können verfügen und sein wirtschaftlicher Erfolg ungleich größer sein kann als bei einem "kleinen" Handwerksmeister. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 9. Dezember 1969 (aaO) ausgesprochen, daß auch für Kaufleute eine "Lücke im Gesetz" nicht besteht, sondern daß eine eindeutige gesetzliche Regelung vorliegt, nach der für Selbständige mangels anderer sicherer Anhaltspunkte die abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung maßgebend ist. Ob im Einzelfall ein Härteausgleich gewährt werden kann, ist hier nicht zu entscheiden, da ein entsprechender Antrag der Klägerin nicht gestellt und ein entsprechender Bescheid des Beklagten nicht ergangen ist.

Das Merkmal der "abgelegten Meisterprüfung" kann in diesen Berufen auch nicht durch eine mehrjährige selbständige Tätigkeit ersetzt werden. Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, daß nach § 5 Abs. 2 DVO idF vom 28. Februar 1968 nur der "Abschluß einer Berufsausbildung" durch eine zehnjährige Tätigkeit oder eine fünfjährige selbständige Tätigkeit ersetzt werden kann. Wenn der Verordnungsgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 19. Oktober 1967 aaO) und in Kenntnis der besonders bei der Einstufung der gelernten Kaufleute auftretenden Probleme eine Gleichstellung des Tatbestandsmerkmales der "abgelegten Meisterprüfung" mit einer langjährigen selbständigen Tätigkeit ausdrücklich nicht vorgesehen hat, so handelt es sich auch insoweit nicht um eine Lücke im Gesetz bzw. in der DVO, sondern um eine bewußte rechtssatzmäßige Regelung, die durch Richterspruch nicht abgeändert werden kann. Der Verstorbene hat auch keine "abgeschlossene Hochschulbildung" aufgewiesen, da er nach den Feststellungen des LSG die Kunstakademie in D nicht besucht, sondern sich nur in lockerer Beziehung zu zwei Dozenten der D Kunstakademie im wesentlichen selbst ausgebildet hat. Die "lockere Beziehung" zu einer bestimmten künstlerischen "Schule" reicht nicht aus, um eine abgeschlossene Hochschulbildung annehmen zu können. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat die Klägerin auch nicht nachgewiesen, daß ihr Ehemann in seinem vor Eintritt der Schädigung ausgeübten Beruf als selbständiger Kunstmaler einen Gewinn erzielt hatte, dessen wirtschaftliche Bedeutung durch die Vorschrift des § 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt wird. Das für die Feststellung des Schadensausgleichs zu bemessende Einkommen ihres Ehemannes kann daher auch nicht nach § 6 DVO ermittelt werden.

Soweit das LSG im übrigen den Schadensausgleich schon vom 1. Januar 1964 an zugesprochen hat, ist diese Vorverlegung des Beginns des Schadensausgleichs keinesfalls gerechtfertigt. Da der Ehemann der Klägerin am 13. Januar 1964 verstorben ist, standen der Klägerin Versorgungsleistungen aus der Hinterbliebenenversorgung, also auch der Schadensausgleich, gem. § 61 Buchst. a BVG frühestens mit dem auf den Sterbemonat folgenden Monat, also mit dem 1. Februar 1964 zu. Das LSG hat insoweit, was der Beklagte zutreffend rügt, auch § 61 BVG verletzt.

Das LSG hat somit zu Unrecht entschieden, daß das Durchschnittseinkommen für die Berechnung des Schadensausgleichs der BesGr A 9 bzw. A 11 zu entnehmen und der Schadensausgleich bereits vom 1. Januar 1964 an zu gewähren ist. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Der Senat konnte auch in der Sache selbst entscheiden (§ 170 Abs. 2 SGG), da die tatsächlichen Feststellungen des LSG eine eigene Sachentscheidung zulassen. Da das SG im Ergebnis zutreffend die Einstufung nach der BesGr A 7 für gerechtfertigt gehalten und die Klage abgewiesen hat, mußte die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil als unbegründet zurückgewiesen werden. Außerdem war die Klage gegen den Bescheid vom 29. September 1967, der erst nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils ergangen und gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens in der Berufungsinstanz geworden ist, abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670032

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