Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeit. Dauerzustand. neue Blockfrist. Arbeitslosengeldbezug
Leitsatz (redaktionell)
Zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der zweiten Blockfrist.
Orientierungssatz
1. Arbeitsunfähigkeit iS des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit entweder überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, seiner bisher (zuletzt) ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen kann (vgl BSG vom 15.11.1984 3 RK 21/83 = BSGE 57, 227).
2. Für die Berücksichtigung der besonderen Bedingungen des bisherigen Arbeitsplatzes bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit spricht, daß von einem Arbeitnehmer nicht verlangt werden kann, sofort das bisherige Arbeitsverhältnis aufzugeben und sich um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen, wenn die Krankheit es lediglich verbietet, sich den besonderen Belastungen des bisherigen Arbeitsplatzes auszusetzen. Anders verhält es sich jedoch, sobald die Arbeitsunfähigkeit ein Dauerzustand geworden ist und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Ein solcher Dauerzustand wird in der Regel angenommen werden können, wenn der Krankheitszustand auch noch in der zweiten Blockfrist unverändert fortbesteht.
3. Bei der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit müssen solche Erwerbstätigkeiten unberücksichtigt bleiben, die eine Anlernung voraussetzen, für die also dem Versicherten (jedenfalls zur Zeit noch) die berufliche Befähigung fehlt. Etwas anderes wird jedoch zu gelten haben, wenn der Versicherte im Rahmen eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden kann oder ihm die Möglichkeit zur Einarbeitung im Rahmen eines neuen Arbeitsverhältnisses geboten wird.
4. Der Anspruch auf das bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit periodenweise wiederzugewährende Krankengeld wird nicht durch einen zwischenzeitlichen Arbeitslosengeldbezug beeinträchtigt (vgl BSG vom 23.3.1983 3 RK 13/82 = SozR 1500 § 75 SGG Nr 48 mwN; 27.2.1984 3 RK 8/83 = KVRS A-2360/18; 2.2.1984 8 RK 43/82 = SozR 4100 § 158 Nr 6).
Normenkette
RVO § 182 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1975-06-24, § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 23.08.1985; Aktenzeichen L 4 Kr 691/82) |
SG Mannheim (Entscheidung vom 15.04.1982; Aktenzeichen S 2 Kr 713/81) |
Tatbestand
Streitig ist die Wiedergewährung von Krankengeld ab Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums (Blockfrist) iS des § 183 Abs 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Der 1925 geborene Kläger, spanischer Staatsangehöriger, ist Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse. Er war ab 1968 als Maschinenarbeiter beschäftigt, ab 16. September 1977 jedoch arbeitsunfähig krank. Er erhielt von der Beklagten Krankengeld vom 28. Oktober 1977 bis zum 15. Januar 1979 und von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden aufgrund eines Heilverfahrens Übergangsgeld vom 16. Januar bis zum 20. Februar 1979. Nachdem sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1978 gekündigt hatte, meldete er sich am 21. Februar 1979 beim Arbeitsamt arbeitslos. Er bezog von diesem Tage an Arbeitslosengeld, vom 15. bis zum 31. Mai 1979 erneut Krankengeld und daran anschließend bis zur Ausschöpfung des Leistungsanspruchs am 22. Dezember 1979 wieder Arbeitslosengeld. Am 11. September 1979 stellte er bei der LVA Rentenantrag.
Mit Schreiben vom 15. September 1980 beantragte der Kläger die Wiedergewährung von Krankengeld ab Beginn der neuen Blockfrist am 16. September 1980. Die Beklagte lehnte den Antrag aus folgenden Gründen ab: Da der Kläger sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und auch bis zum Leistungsende Arbeitslosengeld erhalten habe, sei bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne von der Tätigkeit auszugehen, für die er der Arbeitsvermittlung tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Die unverändert bestehende Krankheit habe ihn nicht der Verfügbarkeit entzogen; sie könne somit auch nicht Arbeitsunfähigkeit in der Tätigkeit begründen, für die Verfügbarkeit anzunehmen sei (Bescheid vom 5. November 1980, Widerspruchsbescheid vom 24. März 1981).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 16. September 1980 bis zum 15. März 1982 verurteilt, weil der Kläger in dieser Zeit faktisch außerstande gewesen sei, einer Berufstätigkeit nachzugehen (Urteil vom 15. April 1982). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Kläger sei zwar nicht außerstande gewesen, überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; vielmehr hätte er leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung adäquater Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichten können. Er sei aber seit 1977 bis zum Ende des streitigen Zeitraums nicht in der Lage gewesen, seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine gleichgeartete Tätigkeit zu verrichten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten an der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit zu messen. Die Verweisung auf eine andersartige Berufstätigkeit sei grundsätzlich nicht statthaft. Unter der "zuletzt ausgeübten Tätigkeit" werde zwar nicht lediglich der bisherige Arbeitsplatz verstanden, sondern es würden dazu auch ähnlich geartete Tätigkeiten gerechnet (Beschluß des Großen Senats des BSG vom 16. Dezember 1981 - BSGE 53, 22). Das berufliche Bezugsfeld sei jedoch eng zu begrenzen; es sei darauf abzustellen, welche Bedingungen das bisherige Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt haben und welche ähnlichen, dh dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten in Betracht kommen (BSG vom 15. November 1984 - 3 RK 21/83 -). Die Arbeitslosmeldung des Klägers habe nicht zu einer Lösung von seinem bisherigen Beruf geführt. Solange die Vermittlungsbemühungen zu keinem Erfolg führten, könne der arbeitsunfähige Versicherte nicht auf eine berufliche Tätigkeit mit der Maßgabe verwiesen werden, daß die bisherige Arbeitsunfähigkeit nicht weiter anerkannt werde (BSG vom 2. Februar 1983 - 3 RK 43/81 -). Bei der Bestimmung des Begriffs der Arbeitsunfähigkeit sei nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um die erste oder um weitere Blockfristen handelt (vgl Beschluß des Großen Senats des BSG oa, wonach sich aus rentenrechtlicher Sicht ein zeitlich und sachlich aufgespaltener Begriff der Arbeitsunfähigkeit nicht rechtfertigen lasse und die überkommene Definition der Arbeitsunfähigkeit auch für lang anhaltende Krankheiten gelte).
Die Beklagte hat Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 182 Abs 1 Nr 2 und des § 183 Abs 2 RVO. Bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit habe das LSG das Recht zu eng ausgelegt. Es sei ein rechtlicher Unterschied, ob eine Tätigkeit ihrer Art nach der bisher ausgeübten "ähnlich" oder "gleich" sei. Die vom LSG ermittelten Verweisungstätigkeiten seien ihrer Art nach durchweg der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit ähnlich. Das Erfordernis einer kurzen Anlernzeit von 14 Tagen stehe der Ähnlichkeit nicht im Wege. Der erkennende Senat habe es in dem zitierten Urteil vom 15. November 1984 zu Recht offengelassen, ob die dort sehr eng gezogene Grenze der "Verweisungstätigkeiten" nach dem Ende der ersten Blockfrist weiter zu ziehen sei. Zumindest die vom früheren Arbeitgeber des Klägers beschriebene Tätigkeit sei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit der Art nach ähnlich, ja sogar gleich gewesen. Die Verweisung auf diese Tätigkeit könne nicht daran scheitern, daß die entsprechenden Arbeitsplätze besetzt seien; es genüge der Nachweis, daß es auf dem Arbeitsmarkt (abstrakt) Arbeit für den Kläger gebe. Es sei die Frage erlaubt, ob das von der Rechtsprechung dem arbeitsunfähigen Versicherten zuerkannte Recht, zwischen Krankengeld (bis zur Erschöpfung des Anspruchs), Arbeitslosengeld (mit der zu fordernden Vermittlungsbereitschaft) und dann wieder Krankengeld (für die Höchstbezugsdauer) zu wählen, vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sei. Dem arbeitsunfähig Versicherten sei es zwar nicht verwehrt, sich durch Arbeitslosmeldung um Vermittlung in eine andersartige Tätigkeit zu bemühen und Arbeitslosengeld zu beziehen. Er verzichtet damit aber auf das Krankengeld, weil es ihm vor allem auf die Arbeitsvermittlung ankomme. Die Kollision der Anspruchsvoraussetzungen, die sich aus der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung ergebe (Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit während des Arbeitslosengeldbezuges und gleichzeitig Arbeitsfähigkeit iS des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-), könne nur für einen relativ unbeachtlichen Zeitraum ohne rechtliche Auswirkungen bleiben, jedenfalls dann nicht mehr, wenn das Arbeitslosengeld für einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen bezogen worden sei. Insbesondere müsse dies gelten, wenn der Arbeitslosengeldbezug zwischen der Erschöpfung des Krankengeldanspruchs innerhalb der ersten Blockfrist und dem Beginn der zweiten Blockfrist liege. Mit der Ausdehnung des Krankengeldanspruchs (für 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren) sei gleichzeitig ein Instrumentarium (§ 183 Abs 7 RVO) geschaffen worden, den Berechtigten im Regelfall des Dauerzustandes in Rente überzuführen. An dieser vom Gesetzgeber gewollten Regel sei auch der Ausnahmefall auszurichten, bei dem, wie vorliegend, ein Rentenanspruch nicht zu realisieren gewesen sei, der Berechtigte noch vollschichtig arbeiten könne, dieser aber an einer Vermittlung in Arbeit nicht ernsthaft interessiert sei. In einem solchen Fall sei es legitim, für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit den Rahmen der Verweisungstätigkeiten auszudehnen und mit den anderen sozialen Sicherungssystemen (Rentenversicherung, Arbeitsförderung) zu harmonisieren und/oder den Bezug von Arbeitslosengeld (wegen des damit verbundenen Krankenversicherungsschutzes) für einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen als Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit zu werten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. August 1985 - L 4 Kr 691/82 - und das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. April 1982 - S 2 Kr 713/81 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verweist auf sein bisheriges Vorbringen und auf das Berufungsurteil, das er für zutreffend hält.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung materiellen Rechts, insbesondere nicht, wie die Beklagte rügt, auf einer unrichtigen Anwendung des § 182 Abs 1 Nr 2 und des § 183 Abs 2 RVO. Die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil sind nicht mit Revisionsrügen angegriffen worden, der Senat ist daher an sie gebunden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Bei der Beurteilung der allein streitigen Frage, ob die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers über die Krankengeldbezugszeit der ersten Blockfrist hinaus und auch noch in den ersten 78 Wochen der zweiten Blockfrist (vom 16. September 1980 bis zum 15. März 1982) fortbestanden hat, hält sich das Berufungsgericht an die Rechtsprechung des BSG. Es geht gemäß dieser Rechtsprechung davon aus, daß Arbeitsunfähigkeit iS des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO vorliegt, wenn der Versicherte infolge Krankheit entweder überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, seiner bisher (zuletzt) ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen kann (ständige Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes -RVA- und des BSG; vgl insbesondere RVA in Breithaupt 1929, 287 unter Hinweis auf die Begründung zum Entwurf der RVO S 22 und 155; Urteil des Senats vom 15. November 1984 - 3 RK 21/83 - BSGE 57, 227, 228 f = SozR 2200 § 182 RVO Nr 96).
Das Berufungsgericht beachtet ferner, daß die Rechtsprechung unter der "zuletzt ausgeübten" Erwerbstätigkeit nicht lediglich den bisherigen Arbeitsplatz versteht, sondern dazu auch ähnlich geartete Tätigkeiten rechnet (BSGE 57, 227, 229; Beschluß des Großen Senats des BSG vom 16. Dezember 1981 - GS 3/78 und GS 4/78 - BSGE 53, 22, 24, 31 = SozR 2200 § 1259 Nr 59 RVO). Wenn das Berufungsgericht schließlich bei der Frage, wieweit der Rahmen der ähnlich gearteten Tätigkeit zu stecken ist, zu dem Ergebnis kommt, daß das berufliche Bezugsfeld eng auf solche Tätigkeiten zu begrenzen ist, die der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit gleichgeartet sind, so kann es sich ebenfalls auf die Rechtsprechung des Senats berufen (BSGE 57, 227, 229). Der Senat hat eine Präzisierung der bisherigen Rechtsprechung für erforderlich gehalten. Mit "ähnlich geartet" wird das bei der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigende berufliche Bezugsfeld nicht genau genug bestimmt. Es kann eine Ähnlichkeit in einem engeren oder weiteren Sinne gemeint sein. Vergleichbare Erwerbstätigkeiten sind sich mehr oder weniger ähnlich. Die Tendenz der Rechtsprechung geht von Anfang an dahin, daß eine enge Anlehnung an die bisherige Erwerbstätigkeit geboten ist (RVA EuM 3, 233; 4, 70; 23, 298; Breithaupt 1929, 287; AN 1932, 176; BSGE 5, 283, 288; 19, 179, 181). Dem wird durch die Verwendung des Begriffes "gleichgeartet" Rechnung getragen. Schon das RVA hat sich in diesem Sinne geäußert; es hat Arbeitsunfähigkeit verneint, wenn die dem Versicherten mögliche Tätigkeit der bisher ausgeübten Tätigkeit der Art nach gleich gewesen ist (AN 1932, 176; vgl auch AN 1925, 34). Auch der Große Senat des BSG distanziert sich in dem zitierten Beschluß von einer weiten Verweisbarkeit, indem er anmerkt, daß der 3. Senat lediglich in einem Urteil (dem Urteil vom 19. Januar 1971 - 3 RK 42/70 - BKK 1971, 206) den Bereich der ähnlichen Arbeiten nach einem relativ weiten Rahmen der Zumutbarkeit bestimmt habe.
Soweit das Berufungsgericht die Begriffsbestimmung des Senats auch insoweit übernimmt, als es ua auf die Bedingungen abstellt, die das bisherige Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt haben (BSGE 57, 227, 229), drängt sich allerdings die Frage auf, ob bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die besonderen Bedingungen des bisherigen Arbeitsplatzes zu berücksichtigen sind oder man sich auf die Art der Tätigkeit als solchen zu beschränken hat. Für die Berücksichtigung der besonderen Bedingungen des bisherigen Arbeitsplatzes spricht, daß von einem Arbeitnehmer nicht verlangt werden kann, sofort das bisherige Arbeitsverhältnis aufzugeben und sich um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen, wenn die Krankheit es lediglich verbietet, sich den besonderen Belastungen des bisherigen Arbeitsplatzes auszusetzen. Anders verhält es sich jedoch, sobald die Arbeitsunfähigkeit ein Dauerzustand geworden ist und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Ein solcher Dauerzustand wird in der Regel angenommen werden können, wenn, wie hier, der Krankheitszustand auch noch in der zweiten Blockfrist unverändert fortbesteht. Zu diesem Fragenkomplex muß hier nicht abschließend Stellung genommen werden, denn das Berufungsgericht hat die Begründung seiner Entscheidung letztlich nicht auf die besonderen Bedingungen des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers, sondern auf die Art der Tätigkeit gestützt.
Das Berufungsgericht hat sich nicht mit der Feststellung begnügt, daß der Kläger aufgrund seines seit 1977 unverändert bestehenden Krankheitszustandes nicht mehr zur Ausübung einer Tätigkeit im Akkord oder in Schicht- bzw Fließband- und Nachtarbeit (zu den Bedingungen seines letzten Arbeitsplatzes) in der Lage ist, es hat noch darüber hinaus geprüft, ob der Kläger einer "gleichgearteten" Tätigkeit (ohne jene Bedingungen) nachgehen kann. Es hat festgestellt, daß die im vorliegenden Fall in Betracht gezogenen Tätigkeiten ("Lagerdeckel bohren und Gewinde schneiden" und "Hobeln von Spannkeilen nach Anriß") von vornherein als "ähnlich geartete" oder "gleichgeartete" Tätigkeiten ausscheiden, da sie schon von der Art des Tätigkeitsablaufs her völlig anders geartet sind als die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit ("Bedienen einer Spritzmaschine zur Herstellung von Rohlingen in Schnurform"). Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, daß es sich auch bei der vom letzten Arbeitgeber des Klägers genannten Tätigkeit ("Endbearbeitung von Simrit -Dichtungen an einer Schleifmaschine") - unabhängig davon, ob die Tätigkeit nur in Normalschicht und auch ohne Akkord ausgeführt wird - um eine Arbeit handelt, die vom äußeren Arbeitsablauf her mit der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht übereinstimmt und deshalb nach Auskunft des Arbeitgebers eine Anlernzeit von 14 Tagen voraussetzt.
Der Auffassung des Berufungsgerichts, daß bei der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit solche Erwerbstätigkeiten unberücksichtigt bleiben müssen, die eine Anlernung (wie hier vom Berufungsgericht festgestellt) voraussetzen, für die also dem Versicherten (jedenfalls zur Zeit noch) die berufliche Befähigung fehlt, ist grundsätzlich zuzustimmen. Etwas anderes wird jedoch zu gelten haben, wenn der Versicherte im Rahmen eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden kann oder ihm die Möglichkeit zur Einarbeitung im Rahmen eines neuen Arbeitsverhältnisses geboten wird. Sind diese Möglichkeiten nicht gegeben, kann das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bei unverändertem Krankheitszustand nur unter der Voraussetzung verneint werden, daß der Versicherte die Befähigung besitzt, eine seiner bisherigen Beschäftigung gleichgeartete Tätigkeit zu verrichten. Eine andere Frage ist es, ob und unter welchen Voraussetzungen der Versicherte einer Aufforderung zur medizinischen oder beruflichen Rehabilitation Folge zu leisten hat und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wenn er der Aufforderung nicht nachkommt (vgl § 183 Abs 7 RVO, §§ 63 ff des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - SGB I). Diesen Erwägungen ist im vorliegenden Fall nicht weiter nachzugehen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei seinem letzten Arbeitgeber war zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums längst gelöst. Es wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht, daß der Kläger medizinische oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen abgelehnt oder sich den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes entzogen hätte. Schließlich sind keine Verfahrensrügen erhoben worden, die eine revisionsgerichtliche Prüfung erlauben, ob das für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit maßgebende berufliche Bezugsfeld in tatsächlicher Hinsicht vollständig aufgeklärt worden ist.
Der Beklagten kann schließlich auch insoweit nicht Recht gegeben werden, als sie aus der Arbeitslosmeldung des Klägers und dem Bezug von Arbeitslosengeld (für mindestens 26 Wochen) ableitet, der Kläger müßte sich nun auf alle Tätigkeiten verweisen lassen, für die er sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG wird der Anspruch auf das bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit periodenweise wiederzugewährende Krankengeld nicht durch einen zwischenzeitlichen Arbeitslosengeldbezug beeinträchtigt (BSG vom 23. März 1983 - 3 RK 13/82 - SozR 1500 § 75 SGG Nr 48 mwN; 27. Februar 1984 - 3 RK 8/83 - KVRS A-2360/18 = USK 8415; 2. Februar 1984 - 8 RK 43/82 - SozR 4100 § 158 AFG Nr 6).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen