Leitsatz (amtlich)
Ein Gestapobeamter, der im zweiten Weltkrieg von seiner vorgesetzten Dienstbehörde einer Eingreifgruppe zugeteilt und mit dieser einer Standortkommandantur der Wehrmacht unterstellt war, leistete während der Zugehörigkeit zu der Eingreifgruppe und Dauer der Unterstellung unter die Befehlsgewalt der Standortkommandantur militärähnlichen Dienst im Sinne des BVG § 1 Abs 1 iVm mit BVG § 3 Abs 1 Buchst d.
Normenkette
BVG § 3 Abs. 1 Buchst. d Fassung: 1950-02-20, § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-02-20
Tenor
1.) Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. September 1954 wird zurückgewiesen.
2.) Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger war außerplanmäßiger Kriminalassistent bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Dessau und wurde im Februar 1943 nach Paris abgeordnet. Er unterstand dort dem Kommando der Sicherheitspolizei und übte zunächst nur eine Verwaltungstätigkeit in Zivil aus. Später gehörte er einer sogenannten Eingreifgruppe an, die in Paris aus Angehörigen der Sicherheitspolizei, Gendarmerie und anderer Verbände zusammengestellt wurde, mit Infanteriewaffen ausgestattet war, einheitliche feldgraue Uniform mit Rangabzeichen der Waffen-SS am Rockspiegel nebst geflochtenen Polizeischulterstücken trug und Wach- und Postendienst zu versehen hatte. Seine Gruppe wurde im August 1943 nach Lyon abgestellt und hatte sich beim dortigen Standortkommandanten melden müssen. Mit weiteren sieben Mann wurde er einem Wachkommando zugeteilt, das die Aufgabe hatte, Wachdienst vor dem Hotel B zu leisten. Als er am 2. September 1943, dem dritten Tag nach seiner Zuteilung zu diesem Kommando, zwischen zwei Wachen seine Dienstpistole reinigte, löste sich aus dieser ein Schuß, der ihn in den linken Unterschenkel traf. Infolge dieser Verletzung mußte der linke Unterschenkel amputiert werden.
Am 6. März 1947 stellte der Kläger einen Antrag auf Versorgung wegen Amputation des linken Unterschenkels, Neurasthenie und Myocardschadens bei der Landesversicherungsanstalt (LVA.) Baden, Außenstelle Karlsruhe. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. August 1948 ab, da die Beschädigung weder durch unmittelbare Kriegseinwirkung noch anläßlich militärischen Dienstes oder militärähnlichen Dienstes erfolgt sei. Der Kläger habe vielmehr einen Dienstunfall als Kriminalbeamter und Angehöriger der Sicherheitspolizei, bzw. der Gestapo erlitten, die nicht für Zwecke der Wehrmacht eingesetzt war und auch nicht der Befehlsgewalt der Wehrmacht unterstand. Die Gesundheitsstörung des Klägers sei somit nicht die Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 74 über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) vom 21. Januar 1947 (RegBl. Württemberg-Baden 1947 S. 7).
Die Berufung des Klägers gegen diesen Bescheid wurde zwar zunächst durch Vorentscheidung des Vorsitzenden der Spruchkammer IV des Oberversicherungsamts (OVA.) Karlsruhe vom 13. Februar 1951 als unbegründet zurückgewiesen. Nachdem der Kläger dagegen mündliche Verhandlung beantragt hatte, hob das OVA. Karlsruhe mit Urteil vom 29. November 1951 den Bescheid vom 31. August 1948 und die Vorentscheidung vom 13. Februar 1951 auf und verurteilte den Beklagten, dem Kläger ab 1. Februar 1947 wegen "Verlusts des linken Unterschenkels und nervöser Übererregbarkeit" eine Rente in Höhe von 60 v.H. der Vollrente zu gewähren. Das OVA. nahm an, daß der Kläger militärischen Dienst in Lyon geleistet habe. Hierauf deute hin, daß er in Paris militärisch ausgebildet worden und im Rahmen einer Sicherheitsdivision eingesetzt worden sei. Ferner spreche dafür, daß er einer Eingreifgruppe angehört habe, die befehlsmäßig der Wehrmachtskommandantur, also einem militärischen Befehlshaber unterstanden und für Wehrmachtszwecke zur Verfügung gestanden habe. Das OVA. sah die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Ziff. 6 der Ersten Durchführungsverordnung des Arbeitsministeriums zum Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte (1. DVO) vom 27. Januar 1947 (RegBl. Württemberg-Baden 1947 S. 114) und des § 4 Abs. 1 Buchst. h der Dritten Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 74 über Leistungen an Körperbeschädigte (3. DVO) vom 23. Juli 1949 (RegBl. Württemberg-Baden 1949 S. 212) als erfüllt an. Im übrigen nahm es auf Grund der Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch. und des Regierungsobermedizinalrats Dr. S. an, daß die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Folgen der Schußverletzung um 60 v.H. gemindert werde.
Der Rekurs des Beklagten bei dem früheren Landesversicherungsamt Württemberg-Baden gegen dieses Urteil ging mit dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Berufung auf das Landessozialgericht (LSG.) Baden-Württemberg über. Dieses wies mit Urteil vom 23. September 1954 die Berufung als unbegründet zurück. In der Urteilsbegründung führt das LSG. aus, daß der Kläger militärähnlichen Dienst im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. h 3. DVO geleistet habe. Dies sei zum mindesten für die Zeit seiner Zugehörigkeit zur Eingreifgruppe anzunehmen, da es sich hierbei um einen auf Veranlassung einer militärischen Dienststelle, des Standortkommandanten von Lyon, geleisteten Dienst für Wehrmachtszwecke gehandelt habe. Der Kläger habe die aus dem Unfall herrührende Gesundheitsstörung anläßlich eines militärähnlichen Dienstes erlitten; sie sei daher gemäß § 1 Abs. 1 KBLG als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen. Hinsichtlich der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) habe der Beklagte das Urteil des OVA. nicht angegriffen. Die Revision wurde vom LSG. zugelassen.
Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 28. Oktober 1954 zugestellt worden ist, hat er mit Schriftsatz vom 1. November 1954, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG.) am 4. November 1954, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22. November 1954, eingegangen beim BSG. am 25. November 1954, begründet.
Er beantragt,
das Urteil des LSG. vom 23. September 1954 und das Urteil des OVA. Karlsruhe vom 29. November 1951 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, daß es allgemein bekannten Tatsachen widerspreche, wenn das LSG. angenommen habe, die Gestapo habe Gruppen ihrer Beamten der Wehrmacht unterstellt. Wenn Wehrmacht und Gestapo gelegentlich dasselbe Ziel anstrebten, wie z.B. bei der Durchkämmung eines Waldes, so müsse die Anerkennung militärähnlichen Dienstes für die Gestapobeamten auf die Zeit der gemeinsamen Aktion beschränkt bleiben. Eine derartige militärähnliche Aktion habe aber bei dem Einsatz des Klägers in Lyon nicht vorgelegen. Die Gestapogruppe des Klägers habe bei der Bewachung des Hotels Bristol vielmehr eine polizeiliche Aufgabe erfüllt. Selbst wenn man aber den Unfall als schädigenden Vorgang im Sinne der Versorgungsgesetze annehmen wolle, so habe der Kläger, da er in voller Kenntnis der Gefährlichkeit einer geladenen Waffe sich selbst beim Pistolenreinigen verwundet habe, die Kausalität unterbrochen. Die Vorinstanzen hätten insoweit bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs den § 1 KBLG und die §§ 1, 5 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) verletzt.
Der Kläger, der nach seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung auf den Rentenanspruch für den Monat Februar 1947 verzichtet, beantragt,
die Revision zurückzuweisen und seine außergerichtlichen Kosten dem Beklagten aufzuerlegen.
Er führt aus, daß er nach den unangreifbaren Feststellungen des LSG. militärähnlichen Dienst im Sinne des KBLG und auch des BVG geleistet habe. Die Bewachung des Hotels Bristol sei für Zwecke der Wehrmacht erfolgt. Er habe mit seiner Gruppe der Befehlsgewalt militärischer Vorgesetzter unterstanden, und sein Dienst sei auch in einem kriegseigentümlichen Gefahrenbereich geleistet worden. Damit seien alle Merkmale des militärähnlichen Dienstes erfüllt. Gegenüber den Angriffen der Revision, er habe durch eigene Handlungsweise den Kausalzusammenhang unterbrochen, wendet er ein, daß nur eine absichtlich herbeigeführte Schädigung nach Art. 2 Abs. 3 KBLG und § 1 Abs. 4 BVG eine Versorgung ausschlösse, nicht aber eine vorsätzliche oder fahrlässige Handlungsweise. Davon abgesehen sei für ein Verschulden seinerseits bei der Schadenszufügung nicht das Geringste dargetan.
Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist statthaft, da sie im angefochtenen Urteil nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen worden ist. Sie ist danach zulässig, konnte aber keinen Erfolg haben.
Unbegründet ist zunächst der Angriff der Revision gegen die vom LSG. getroffenen Feststellungen. Die Behauptung des Beklagten, es widerspreche allgemein bekannten Tatsachen, wenn das LSG. feststelle, die Gestapo habe Gruppen ihrer Beamten der Wehrmacht unterstellt, ist nicht geeignet, die Feststellung des LSG. zu erschüttern. Es kann dahingestellt bleiben, ob im allgemeinen Gestapobeamte der Wehrmacht nicht unterstellt waren. Selbst wenn dies zutrifft, wird dadurch eine gegenteilige Feststellung durch das LSG. im Einzelfall auf Grund besonderer Beweiserhebungen nicht ausgeschlossen. Das LSG. hat im vorliegenden Fall seine Feststellungen auf Grund der ihm glaubwürdig erscheinenden Angaben des Klägers im Zusammenhalt mit den Aussagen des Zeugen B. getroffen. Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Beweiswürdigung fällt ihm dabei nicht zur Last. Auch wenn die Behauptung des Beklagten etwa dartun sollte, das LSG. habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es bei dem bekannten Verhältnis zwischen Gestapo und Wehrmacht seine Feststellung nicht allein auf Grund der Angaben des Klägers und der Bekundungen des Zeugen B. hätte treffen dürfen, so ist dieser Vorwurf nicht begründet. Der Beklagte führt selbst nicht an, welche weiteren Möglichkeiten zur Sachaufklärung nach dieser Richtung für das LSG. bestanden. Da über die Aufstellung und die Aufgaben der sogenannten Eingreifgruppen allgemeine Bekundungen des Zeugen B. vorlagen und der Sachverhalt keinen Anlaß zur weiteren Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen bot, die über die besondere Tätigkeit des Klägers als Angehöriger einer Eingreifgruppe in Lyon hätten aussagen können, bestand für das LSG. weder die Möglichkeit noch die Pflicht zu einer weiteren Sachaufklärung. Den Feststellungen des LSG. liegt deshalb ein Verfahrensmangel, wie ihn der Beklagte rügen wollte und der dazu hätte führen können, daß die getroffenen Feststellungen nicht bindend sind, nicht zugrunde.
Die tatsächlichen Feststellungen des LSG., an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), rechtfertigen die Sachentscheidung. Mit Recht hat das LSG. angenommen, daß der Kläger als Angehöriger einer Eingreifgruppe in Lyon militärähnlichen Dienst geleistet hat. Das LSG. hat seine Entscheidung auf § 1 Abs. 1 KBLG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Buchst. h 3. DVO gestützt.
Die richtige Anwendung dieser Vorschriften konnte der Senat prüfen (§ 162 Abs. 2 SGG), da die erwähnten Vorschriften über den derzeitigen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus gegolten haben (vgl. Bayer. Gesetz Nr. 64 v. 26.3.1947 - GVBl. 1947 S. 107 - und 4. Bayer. Durchführungs-VO v. 1.5.1949 - GVBl. 1949 S. 113).
Das LSG. hat zwar zur Begründung seiner Auffassung, der Kläger habe militärähnlichen Dienst geleistet, § 1 Abs. 1 KBLG und § 4 Abs. 1 Buchst. h 3. DVO angeführt, obwohl der zeitliche Geltungsbereich der 3. DVO sich nur auf die Zeit vom 1. Juli 1949 bis 30. September 1950 erstreckte (§ 38 3.DVO und § 84 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BVG). Jedoch reichen seine Feststellungen aus, um diese Auffassung und damit die Zuerkennung des Rentenanspruchs des Klägers auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1949 und nach dem 30. September 1950 zu rechtfertigen.
Die Tätigkeit des Klägers in Lyon ist auch auf Grund der vor dem Inkrafttreten der 3. DVO geltenden Bestimmungen der 1. DVO in Verbindung mit den Vorschriften des KBLG als militärähnlicher Dienst anzusehen. Nach § 3 Abs. 1 Ziff. 6 der 1. DVO gilt als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 KBLG u.a. der Dienst der Beamten der Zivilverwaltung, die auf Befehl ihrer Vorgesetzten zur Unterstützung militärischer Maßnahmen verwendet und damit einem militärischen Befehlshaber unterstellt werden. Nach dieser Bestimmung leistete der Kläger militärähnlichen Dienst, denn das LSG. hat dazu festgestellt, daß der Kläger Gestapobeamter war, auf Befehl des ihm übergeordneten Kommandos der Sicherheitspolizei in Paris einer Eingreifgruppe zugeteilt, mit dieser nach Lyon abgestellt und dort der Standortkommandantur, also einer militärischen Befehlsstelle unterstellt worden war. Das LSG. hat weiterhin festgestellt, daß die Verwendung des Klägers in Lyon zur Unterstützung militärischer Maßnahmen erfolgte, da der Wachdienst des Klägers vor dem Hotel Bristol zur Sicherung des Lebens von Wehrmachtsangehörigen im gefährdeten Besatzungsgebiet gegen heimtückische Überfälle von Partisanen, also einer der Wehrmacht zufallenden Aufgabe, diente. Damit aber sind alle Voraussetzungen erfüllt, welche das KBLG in Verbindung mit den Bestimmungen der 1. DVO zur Annahme des "militärähnlichen Dienstes" verlangte.
Die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers in Lyon als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 KBLG hat sich unter dem zeitlichen Geltungsbereich der 3. DVO nicht geändert. Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Buchst. h der 3. DVO ist mit geringen sprachlichen Abweichungen die gleiche wie die des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 der 1. DVO. Auch nach der Bestimmung der 3. DVO hat der Kläger militärähnlichen Dienst geleistet, da er auf Befehl für militärische Maßnahmen verwendet wurde. Das LSG. glaubte zwar, seine Annahme, der Kläger habe militärähnlichen Dienst geleistet, rechtfertige sich aus Buchst. h des Abs. 1 § 4 der 3. DVO. Dieser Ansicht konnte der Senat nicht folgen. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, daß der Dienst für Wehrmachtszwecke auf Veranlassung einer militärischen Dienststelle geleistet wurde. Der Kläger leistete dagegen seinen militärähnlichen Dienst auf Grund seines Beamtenverhältnisses und auf Befehl der ihm vorgesetzten zivilen Dienststelle, des Kommandos der Sicherheitspolizei in Paris, das ihn der Eingreifgruppe zugeteilt und diese wiederum der Standortkommandantur in Lyon unterstellt hatte. Insoweit unterscheiden sich die Bestimmungen in den Buchstaben b und h des Abs. 1 des § 4 der 3. DVO, als nach dem Buchstaben h eine militärische Dienststelle und nach dem Buchstaben b bei Beamten deren übergeordnete zivile Dienststelle den Befehl zur Ableistung des militärähnlichen Dienstes gegeben haben muß. Die Unterscheidung trägt dem beamtenrechtlichen Verhältnis Rechnung, nach dem ein Beamter auch im Krieg grundsätzlich nur von seiner vorgesetzten Dienststelle Weisungen über seine Dienstleistungen erhalten kann. Fiele auch der von einem Beamten auf Veranlassung seiner vorgesetzten Dienststelle geleistete militärähnliche Dienst unter Buchstabe h, dann wäre die Bestimmung des Buchstaben b überhaupt überflüssig. Auf die Richtigkeit der Entscheidung des LSG. ist es aber ohne Einfluß, daß das LSG. den militärähnlichen Dienst des Klägers auf den Buchst. h anstatt auf den Buchst. b des § 4 Abs. 1 der 3. DVO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KBLG stützte.
War somit die Tätigkeit des Klägers auf Grund der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Buchst.b 3.DVO als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 KBLG anzusehen, so muß sie auch als militärähnlicher Dienst unter Anwendung der nach dem 30. September 1950 geltenden Vorschriften des BVG angesehen werden. Der § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG entspricht insoweit wörtlich - bis auf geringe Abweichungen, die aber ohne Einfluß auf den Inhalt sind - dem § 4 Abs. 1 Buchst. b der 3. DVO. Der Kläger hat also auch unter Anwendung der Vorschriften des BVG militärähnlichen Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG geleistet.
Obwohl der Beklagte seine frühere Behauptung, daß als militärähnlicher Dienst nur die Tätigkeit des Klägers während der Ausübung des Wachdienstes angesehen werden könne, dagegen nicht etwa seine übrige Tätigkeit, insbesondere nicht das Waffenreinigen, in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten hat, mußte der Senat diese Frage von Amts wegen prüfen, weil von ihrer Entscheidung die Zuerkennung des Rentenanspruchs abhängt. Das LSG. hat mit Recht eine Trennung des Dienstes des Klägers in Lyon nach militärähnlichem und nichtmilitärähnlichem Dienst nicht vorgenommen. Mit der Unterstellung des Klägers unter die Befehlsgewalt der Standortkommandantur in Lyon, die ohne zeitliche oder sonstige Beschränkung erfolgt war, leistete der Kläger dort militärähnlichen Dienst, wie ein Soldat unter gleichen Verhältnissen militärischen Dienst geleistet hätte. Stand der Kläger aber in Lyon im militärähnlichen Dienst, so gehörte auch das Waffenreinigen außerhalb des eigentlichen Wachdienstes zu seinem militärähnlichen Dienst.
Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, daß ursächlich für den Eintritt der Gesundheitsschädigung nicht der militärähnliche Dienst und das Waffenreinigen gewesen sei, sondern die eigene Unvorsichtigkeit des Klägers, so ist dieser Angriff, mit dem der Beklagte eine Gesetzesverletzung bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs des militärähnlichen Dienstes mit einer Schädigung im Sinne des KBLG und BVG rügen will, unbegründet. Wesentliche Bedingung für den Eintritt des schädigenden Ereignisses war der militärähnliche Dienst des Klägers, wie das LSG. unter richtiger Anwendung der im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsnormen angenommen hat. Es kann dahingestellt bleiben, wieweit bei dem Unfall eine Unvorsichtigkeit des Klägers mitgewirkt hat. Jedenfalls sind keine Tatsachen festgestellt, nach denen der Kläger selbst so wesentlich zu dem schädigenden Ereignis mitbeigetragen hat, daß demgegenüber der militärähnliche Dienst nicht mehr als wesentliche Ursache erscheint (vergl. Reichsversorgungsgericht Bd. 2 S. 70). Daß der Kläger etwa absichtlich den Unfall herbeigeführt hat, womit gemäß § 2 Abs. 3 KBLG und § 1 Abs. 4 BVG Versorgungsansprüche des Klägers ausgeschlossen wären, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
Gegen die Höhe der durch die Schädigungsfolgen bedingten MdE. des Klägers um 60 v.H. hat der Beklagte nichts vorgetragen. Ein Rechtsirrtum des LSG. bei der Bewertung der MdE. des Klägers ist nicht erkennbar. Das LSG. hat daher mit Recht das Urteil des OVA. Karlsruhe bestätigt, das dem Kläger dem Grunde nach eine Versorgungsrente nach einer MdE. um 60 v.H. zugesprochen hatte.
Im übrigen bestehen gegen die Bestätigung des Grundurteils keine Bedenken. Den Umständen nach ist nicht anzunehmen, daß der Kläger für die gleichen Schädigungsfolgen Bezüge der im § 65 BVG genannten Art und in der Höhe erhält, die das Recht auf Versorgungsbezüge völlig zum Ruhen bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen