Leitsatz (amtlich)

1. Der Kläger kann als Berufungsbeklagter die Klage nur im Wege der Anschlußberufung ändern.

2. Die Regelung des Verbesserungserlasses über die Gewährung von Krankenpflege an ausgeschiedene Mitglieder galt auch für die freiwilligen Mitglieder einer KK.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Dispositionsbefugnis über die freiwillige Versicherung bei einer gesetzlichen KK, die jederzeit mit sofortiger Wirkung beendet werden kann, hat ausschließlich der Versicherte; die KK kann die Versicherung von sich aus auch dann nicht beenden, wenn seitens der Versicherten oder eines Dritten die Einstellung der Beitragszahlung angekündigt wird.

2. Die Beendigung einer freiwilligen Versicherung wegen Zahlungsverzuges (§ 314 RVO) hat nicht ohne weiteres den Wegfall der Leistungsansprüche zur Folge; vielmehr findet auch in diesen Fällen § 183 Abs 1 S 2 RVO Anwendung.

3. Ist im Verhältnis zwischen KK und Sozialhilfeträger der sogenannte Halbierungserlaß vom 5.9.1942 (AN 1942, 490) anzuwenden, so ist auch der nach dem Erlaß des RAM vom 2.11.1943 (AN 1943, 485) zur Abgeltung der Krankenpflege zu zahlende Pauschbetrag von 1,-- DM zu halbieren.

4. Die Anschlußberufung kann wirksam noch im Laufe der mündlichen Verhandlung durch Erklärung zur Niederschrift des Gerichts erfolgen.

5. Eine ursprünglich statthafte und als solche eingelegte Berufung wird nicht unzulässig, wenn der Berufungsbeklagte durch Anschlußberufung seine Klage ändert und für den damit geänderten Streitgegenstand an sich keine Berufung zulässig gewesen wäre.

 

Orientierungssatz

Die Anschlußberufung braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden; es reicht jede Erklärung aus, die sich ihrem Sinn nach als ein Begehren auf Abänderung des Urteils der ersten Instanz darstellt.

 

Normenkette

SGG § 99 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 521; RAMErl 1943-11-02 Abschn. 1 Nr. 1; RVO § 314 Fassung: 1924-12-15, § 183 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1961-07-12; RAM/RMdIErl 1942-09-05; RAMErl 1943-11-02 Abschn. 3

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Januar 1965 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beigeladene S K (K.), 1922 geboren, war freiwilliges Mitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Sie befand sich vom 10. März 1960 bis 17. November 1961 wegen endogener Depression in der Heil- und Pflegeanstalt K. Ihr Pfleger schrieb am 27. Dezember 1960 an die AOK u. a.:

"1.) Frl. St. K. ist mangels jeglicher Mittel nicht im Stande, die freiwillige Versicherung aufrecht zu erhalten; sie ist außerstande, die zurückliegenden Beiträge zu zahlen.

2.) Laut Ihrem oben erstangeführten Schreiben (gemeint ist das Schreiben der AOK vom 15. Juli 1960) besteht für Frl. St. K. während des Aufenthaltes in K Beitragsfreiheit .... Die Genannte befindet sich seit dem 10. März 1960 ununterbrochen in der Heil- und Pflegeanstalt K.

3.) Sollte sie nach Rückkehr von K wenigstens teilweise arbeitseinsatzfähig sein, wird Sorge getragen werden, daß der Arbeitgeber ... sofort die Anmeldung zur Pflichtversicherung der Genannten durchführt."

Die Versicherungsbeiträge wurden von dem klagenden Sozialhilfeträger bis 31. Januar 1961 bezahlt. Am 26. Januar 1961 erklärte das Landratsamt L als Bezirksfürsorgeverband der AOK, daß es die Beitragszahlung ab 1. Februar 1961 einstelle. Davon unterrichtete die AOK den Pfleger der Beigeladenen K. durch Schreiben vom 27. Januar 1961. Dieses enthielt außerdem noch den Hinweis, daß sie - die AOK - die Beigeladene K. ab 1. Februar 1961 als Mitglied abgemeldet habe.

Durch Schreiben vom 25. März 1960 lehnte die AOK die Zahlung der Anstaltskosten gegenüber dem Sozialhilfeträger ab. Dieser übernahm sie daraufhin und erhob bei der AOK einen Ersatzanspruch nach § 1531 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Diesen Anspruch erfüllte die AOK nur bis einschließlich 31. Januar 1961. Die Aufforderung des Sozialhilfeträgers, über diesen Zeitpunkt hinaus Ersatz zu leisten, lehnte die AOK ab. Daraufhin erhob der Sozialhilfeträger Klage mit dem Antrag festzustellen, daß der Beigeladene K. gegen die AOK über den 31. Januar 1961 hinaus bis 26 Wochen nach dem 8. April 1961 ein Anspruch auf Krankenpflege zustehe.

Die AOK beantragte, die Klage abzuweisen. Durch Urteil vom 31. Januar 1963 gab das Sozialgericht (SG) München dem Klageantrag statt. Gegen dieses Urteil legte die AOK Berufung ein mit dem Antrag,

das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Sozialhilfeträger beantragte in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung des 4. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 20. Januar 1965 unter Abänderung seines bisherigen Begehrens,

die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß ihm die Beklagte die Aufwendungen an Krankenpflege für die Beigeladene K. nach § 1531 RVO bis 26 Wochen nach dem 8. April 1961 zu ersetzen habe.

Durch Urteil vom 20. Januar 1965 entsprach das LSG diesem Antrag.

Zur Begründung führte es aus, die Berufung sei zulässig, weil sie bei der Einlegung einen Anspruch auf fortwährende Krankenpflege für mehr als 13 Wochen betroffen habe. Der Antrag des Klägers stelle eine Klagänderung dar, weil anstelle einer Feststellung eine Leistung begehrt werde. Die AOK und die Beigeladene K. hätten in diese eingewilligt. Infolge der Klagänderung liege nunmehr eine Ersatzstreitigkeit vor. Ob der Beschwerdewert 500 DM übersteige, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, wäre die ursprünglich statthafte Berufung nicht unzulässig geworden, weil die Veränderung des Streitgegenstandes nicht vom Rechtsmittelkläger, sondern von seinem Gegner herbeigeführt worden sei. Die Berufung sei jedoch nicht begründet. Die Beigeladene K. habe nicht durch das Schreiben ihres Pflegers vom 27. Dezember 1960 gegenüber der AOK erklärt, sie trete aus der Versicherung aus. Daß der Pfleger der Beigeladenen K. eine solche Erklärung auch nicht habe abgeben wollen, ergebe sich aus dem Hinweis auf das Schreiben der AOK vom 15. Juli 1960, wonach sein Pflegling ja beitragsfrei bleibe, solange er sich in der Heil- und Pflegeanstalt aufhalte. Auch könne aus dem Schweigen des Pflegers der Beigeladenen K. auf das Schreiben der AOK vom 27. Januar 1961 nicht gefolgert werden, daß dieser mit einer Abmeldung einverstanden sei. In dieser "Abmeldung" könne deshalb rechtlich nicht mehr als eine Anregung erblickt werden, den Austritt zu erklären. Sei aber ein Austritt nicht erklärt, dann ende die Mitgliedschaft der Beigeladenen K. gemäß § 314 RVO i. V. m. der Satzung der Beklagten erst mit Ablauf des 8. April 1961. Bis zu diesem Tage habe die Beigeladene K. aufgrund ihrer Mitgliedschaft Anspruch auf Krankenpflege. Über diesen Zeitpunkt hinaus habe ihr auf Grund des § 183 RVO aF i. V. m. dem Erlaß des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 2. November 1943 (AN 485) für die Zeit ab 1. August 1961 auf Grund des § 183 Abs. 1 Satz 2 RVO nF für weitere 26 Wochen ein Anspruch auf Krankenpflege zugestanden, weil sie Anspruch auf Krankenpflege gehabt und diese auch tatsächlich bezogen habe, als sie am 8. April 1961 aus der Versicherung ausgeschieden sei.

Die gegen dieses Urteil zugelassene Revision hat die Beklagte mit dem Antrag eingelegt,

das Urteil des Bayerischen LSG vom 20. Januar 1965 und des SG München vom 31. Januar 1963 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung macht sie geltend, aus den Ausführungen des Pflegers in seinem Schreiben vom 27. Dezember 1960 ergebe sich, daß die freiwillige Versicherung als erledigt angesehen worden sei. Daran ändere auch nichts die Tatsache, daß der Sozialhilfeträger die Zahlung der rückständigen Beiträge bis 31. Januar 1961 übernommen habe. Dies sei lediglich darauf zurückzuführen, daß er die Befriedigung seines Ersatzanspruchs nach § 1531 RVO habe sichern wollen. Vom Sozialhilfeträger sei bisher nicht bestritten gewesen, daß die freiwillige Versicherung nur bis zum 31. Januar 1961 bestanden habe. Es könne auch nicht angenommen werden, der Sozialhilfeträger als öffentliche Institution habe es darauf ankommen lassen wollen, daß die Mitgliedschaft nach § 314 RVO erlösche und die rückständigen Beiträge im Verwaltungszwangsverfahren eingesogen würden. Gebe ein freiwillig Versicherter während des Bezuges von Krankenpflege die Mitgliedschaft auf, so bringe er damit zum Ausdruck, daß er seine Bindungen zur Krankenkasse als beendet ansehe. Er könne aus diesem Grunde auch keine Leistungen mehr erhalten.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Bei einer zugelassenen Revision hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung zulässig war (BSG 2, 225, 226 ff). Das war der Fall. Der Kläger hatte vor dem SG beantragt festzustellen, daß die Beigeladene K. von der beklagten AOK Krankenpflege bis 26 Wochen nach dem 8. April 1961 verlangen kann. Diesem Antrag, zu dem der Kläger nach § 1538 RVO berechtigt war, hat das SG entsprochen. Die Berufung der Beklagten betraf sonach bei der Einlegung einen Anspruch auf fortwährende Krankenpflege in einer Heilanstalt für mehr als 13 Wochen. Sie war daher nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht ausgeschlossen.

Zutreffend hat das LSG die Zulässigkeit der Berufung nicht dadurch in Frage gestellt gesehen, daß der Sozialhilfeträger von dem zugunsten der Beigeladenen K. eingeleiteten Feststellungsstreit nach § 1538 RVO zur Klage auf Ersatz nach § 1531 RVO übergegangen ist. Diese Klageänderung konnte der Kläger auch als Berufungsbeklagter durchführen, und zwar mit dem Mittel der Anschlußberufung (vgl. RGZ 86, 239 f; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl. S. 672). Will der Berufungsbeklagte über die Verteidigung gegen die Berufung hinausgehen und neue Klageanträge stellen, so kann dies lediglich im Wege der Anschlußberufung erfolgen; denn der Berufungsbeklagte kann sich grundsätzlich nur gegen die Berufung wehren. Will er jedoch einerseits Anträge zu seinem Vorteil stellen, über die das erstinstanzliche Gericht noch nicht entschieden hatte, so steht ihm zu diesem Zweck allein das Mittel der Anschlußberufung zur Verfügung (BGH v. 13. Oktober 1954, VI ZR 49/54, ZZP 68, 51). Die Anschlußberufung setzt auch keine Beschwer voraus (BSG v. 23. Februar 1966, SozR Nr. 9 zu § 521 ZPO).

Zwar hat der Sozialhilfeträger als Berufungsbeklagter seine Anschlußberufung nicht ausdrücklich erklärt. Das brauchte er auch nicht; denn es reicht jede Erklärung aus, die sich ihrem Sinn nach als ein Begehren auf Abänderung des Urteils der ersten Instanz darstellt (RGZ 103, 168, 170; RG in HRR 1932 Nr. 1790; BGH in NJW 1954, 266 und in JZ 1955, 218). Diese Erklärung kann insbesondere in einer Erweiterung oder Umwandlung des Klaganspruchs gefunden werden (RG in JW 1912, 201 Nr. 26; RGZ 86, 235, 240). Daher enthält die Änderung des Klagebegehrens zugleich die Einlegung der Anschlußberufung. Die Anschließung des Berufungsbeklagten an die Berufung - unselbständige Anschlußberufung - konnte wirksam auch im Laufe der mündlichen Verhandlung durch Erklärung zur Niederschrift des Gerichts erfolgen (BSG vom 13. März 1968 - in SozR Nr. 4 zu § 522 a ZPO -, nachdem der 4. Senat, der 9. Senat und der 2. Senat an der entgegenstehenden Rechtsprechung nicht mehr festgehalten haben; vgl. BSG 2, 229; SozR Nr. 3 zu § 522 a ZPO; Urteil vom 31. Januar 1967, 2 RU 82/63).

Mit Recht konnte das LSG dahingestellt sein lassen, ob der Beschwerdewert der Ersatzstreitigkeit 500 DM überstieg; denn selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, wäre die ursprünglich statthafte Berufung durch die spätere Klagänderung auf Grund des § 149 SGG nicht unzulässig geworden, weil die Veränderung des Streitgegenstandes nicht vom Rechtsmittelkläger, sondern von seinem Gegner herbeigeführt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte übereinstimmt (vgl. SozR Nr. 9 zu § 146 SGG mit weiteren Nachweisen), richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels regelmäßig nach dem Zeitpunkt seiner Einlegung. Spätere Verminderungen der Beschwer sind nur dann von Bedeutung, wenn sie auf einer willkürlichen Beschränkung des Rechtsmittels beruhen. Das war hier jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.

Der klagende Sozialhilfeträger hat nach § 1531 RVO einen Anspruch gegen die beklagte AOK auf Erstattung der Aufwendungen an Krankenpflege für die Beigeladene K. bis 26 Wochen nach dem 8. April 1961. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beigeladene K. nicht aus der Krankenkasse ausgetreten ist. Die Mitgliedschaft Versicherungsberechtigter kann zwar auch dadurch beendet werden, daß der Versicherungsberechtigte seinen Austritt erklärt. Diese Möglichkeit folgt aus der Dispositionsbefugnis des freiwillig versicherten Mitglieds. Eine solche Erklärung hat die Beigeladene K. jedoch nicht abgegeben. Sie kann insbesondere nicht in dem Schreiben ihres Pflegers an die AOK vom 27. Dezember 1960 gesehen werden, Zwar hat der Pfleger auf den Umstand hingewiesen, daß sein Pflegling nicht imstande sei, die freiwillige Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten und die zurückliegenden Beiträge zu bezahlen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß ein Austritt aus der Krankenversicherung erklärt werden sollte. Das Schreiben enthält nur die Erklärung der Tatsache, daß Beiträge nicht gezahlt werden könnten und daß die sich daraus ergebenden Folgen in Kauf genommen würden.

Daß auch die AOK das Schreiben vom 27. Dezember 1960 nur in diesem Sinne verstanden und die Mitgliedschaft der Beigeladenen K. als nicht beendet erachtet hat, zeigt sich darin, daß sie auch weiterhin Versicherungsbeiträge für diese bis zum 31. Januar 1961 entgegennahm (vgl. BSG vom 29. Oktober 1958 in SozR Nr. 1 zu § 314 RVO). Anderenfalls hätte sie diese Beiträge zurückweisen müssen, da - mangels entsprechender gesetzlicher Kündigungsfrist - die Kündigung sofort wirksam geworden wäre.

Aus dem erwähnten Schreiben des Pflegers vom 27. Dezember 1960 kann auch nicht gefolgert werden, er sei mit der "Abmeldung" seines Pfleglings durch die Kasse - wie in deren Schreiben vom 27. Januar 1961 erklärt - einverstanden gewesen. Zu der damaligen Zeit konnte der Pfleger von dieser "Abmeldung" noch gar keine Kenntnis haben. Die AOK war auch nicht befugt, die Beigeladene K. von sich aus abzumelden, d. h. ihren Austritt zu erklären. Diese "Abmeldung" kann - wie sie das LSG gedeutet hat - nur als Anregung gewertet werden, den Austritt zu erklären. Diese Austrittserklärung bedurfte aber einer ausdrücklichen Willenserklärung des Pflegers der Beigeladenen K. und kann nicht in seinem Schweigen auf die Mitteilung der Kasse vom 27. Januar 1961 gefunden werden, man habe die Beigeladene K. "abgemeldet".

Eine Austrittserklärung kann auch nicht in der Mitteilung des Sozialhilfeträgers gesehen werden, er stelle die Beitragszahlung ein. Zu einer solchen Erklärung war nur der Pfleger der Beigeladenen K. berechtigt. - Nach alledem ist die Beigeladene K. nicht aus der AOK ausgetreten.

Die Mitgliedschaft konnte mithin nur nach § 314 RVO i. V. m. der Satzung der beklagten AOK erlöschen (dreimalige Nichtzahlung der Beiträge). Das setzt voraus, daß die Beigeladene K. beitragspflichtig war. Hierbei kann offenbleiben, ob die Beigeladene K. vom Beginn ihres Aufenthalts in der Heil- und Pflegeanstalt (10. März 1960) bis zu ihrer Aussteuerung mit dem "Anspruch" auf Krankenhauspflege (8. September 1960) als freiwillig Versicherte an der Vergünstigung der Beitragsfreiheit teilhatte (§ 383 Abs. 1 RVO i. V. m. Abschn. I Nr. 6 Buchst. c des Verbesserungserlasses des RAM vom 2. November 1943; AN 485). Jedenfalls hatte die Beitragspflicht nach ihrer Aussteuerung - d. h. vom 9. September 1960 an - wieder eingesetzt, und war bis zum 31. Januar 1961 auch erfüllt worden. Da seitdem dreimal nacheinander am Zahltag die Beiträge nicht entrichtet worden und seit dem ersten dieser Tage mehr als vier Wochen vergangen waren, trat die Wirkung des § 314 RVO i. V. m. der Satzung der AOK ein, d. h. die Mitgliedschaft erlosch am 8. April 1961. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Beigeladene K. auch als ausgesteuertes Kassenmitglied noch Anspruch auf Krankenpflege (Abschn. I Ziff. 1 des Verbesserungserlasses), wegen ihres gleichzeitigen Heilanstaltsaufenthalts jedoch nur in Gestalt des Abgeltungsbetrages von täglich 1 DM nach Abschn. III des Verbesserungserlasses. Die Hälfte dieses Betrages hat die AOK dem Sozialhilfeträger nach dem Halbierungserlaß vom 5. September 1942 (AN 490) zu erstatten (vgl. BSG 9, 112, 125 f).

Entsprechendes gilt für die Zeit ab 9. April 1961 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung wirtschaftlicher Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12. Juli 1961 (BGBl 913), während der die Beigeladene K. einen nachgehenden Krankenpflegeanspruch nach Abschnitt I Ziff. 1 Satz 2 des Verbesserungserlasses hatte. Die Ansicht der Revision, freiwillig Versicherte hätten nach ihrem Ausscheiden keinen Anspruch auf Krankenpflege mehr, trifft nicht zu. Der Hinweis der Revision auf die grundsätzlichen Entscheidungen (GE) des Reichsversicherungsamts (RVA) Nr. 2111 (AN 1915, 762) und Nr. 3172 (AN 1928, 183) vermag eine andere Beurteilung der Rechtslage nicht zu rechtfertigen. Beide Entscheidungen befassen sich nur mit der Ausnahmeregelung des § 214 RVO für Versicherte, die wegen Erwerbslosigkeit ausscheiden. Die aus dieser Sachvoraussetzung abgeleitete Folgerung, § 214 RVO gelte nur für Versicherungspflichtige, läßt sich aber keineswegs auf die ohne jede Einschränkung getroffene Regelung in Abschn. I Nr. 1 des Verbesserungserlasses übertragen. Ebensowenig berührt die Grundsätzliche Entscheidung Nr. 5542 (AN 1943, 521) den vorliegenden Sachverhalt; diese Entscheidung betrifft nur den nach damaligem Recht möglichen Sachverhalt, daß sich ein als Rentner für den Fall der Krankheit Versicherter von der durch Ausübung einer Beschäftigung begründeten Versicherungspflicht befreien ließ. Hingegen steht die Regelung über die Gewährung von Krankenpflege an ausgeschiedene Mitglieder (Abschn. I Nr. 1 des Verbesserungserlasses) in Parallele zu einer anderen Regelung des Verbesserungserlasses (Abschn. I Nr. 6 Buchst. a), nämlich der über die mitgliedschaftserhaltende Wirkung der Gewährung von Krankengeld oder Krankenhauspflege, bei der feststeht, daß sie sowohl für Pflichtmitglieder als auch freiwillige Mitglieder gilt (vgl. Peters, Handbuch der Sozialversicherung, 16. Aufl. § 311 RVO Anm. 3 a). Demnach hatte die Beigeladene K. in der Zeit vom 9. April bis 31. Juli 1961 Anspruch auf den Abgeltungsbetrag für Krankenpflege nach Abschn. III des Verbesserungserlasses.

Für die Zeit vom 1. August 1961 an galt das neue Recht (§ 183 Abs. 2 RVO idF des genannten LeistungsverbesserungsG vom 12. Juli 1961 i. V. m. Abschn. I Nr. 2 Buchst. b des Verbesserungserlasses), das auch alte, am 31. Juli 1961 noch nicht abgeschlossene Versicherungsfälle erfaßte, und zwar auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Mitgliedschaft vor dem 1. August 1961 beendet war (BSG 22, 115). Demnach hatte die AOK vom 1. August 1961 an jedenfalls für die hier streitige Zeit, d. h. bis zum Ablauf von 26 Wochen nach dem 8. April 1961, wieder Krankenhauspflege zu gewähren. Entsprechend erhöht sich der Ersatzanspruch des klagenden Sozialhilfeträgers nach dem Halbierungserlaß i. V. m. §§ 1531, 1533 Nr. 2, 1524 Abs. 1 Satz 2 bis 4 RVO (vgl. BSG 9, 112, 125).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324402

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