Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Feststellung des Erlöschens des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach § 119 Abs 3 AFG unter entsprechender Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Überzahlung durch die BA
Beteiligte
16. Oktober 1990 … Kläger und Revisionskläger |
Bundesanstalt für Arbeit,Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Landkreis Northeim, Sozialamt |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu Recht das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach § 119 Abs 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) unter entsprechender Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Überzahlung festgestellt hat.
Der 1946 geborene Kläger (geschieden, ein Kind) erlernte den Beruf eines Kaufmanns im Groß- und Außenhandel. Er war von 1968 bis 1978 mit kürzeren Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und Krankheit beschäftigt. Seither ist er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld (Alg) sowie ab Oktober 1979 Anschluß-Alhi.
Die Beklagte hatte durch Bescheid vom 1. Juni 1981 idF des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 1981 eine Sperrzeit von vier Wochen festgestellt wegen unberechtigter Ablehnung einer Arbeit als Außendienstmitarbeiter.
Durch einen weiteren Bescheid vom 23. November 1981 idF des Widerspruchsbescheides ebenfalls vom 30. Dezember 1981 hatte sie den Eintritt einer weiteren Sperrzeit von vier Wochen wegen unberechtigter Ablehnung der Arbeit bei einem Sportverlag und deshalb zunächst das Erlöschen des Anspruchs auf Alhi festgestellt. Im anschließenden Gerichtsverfahren rügte der Kläger ua, eine mit dem konkreten Angebot verbundene Belehrung über die Rechtsfolgen der Ablehnung habe nicht stattgefunden. Die Beklagte erkannte vor dem Landessozialgericht (LSG) an, daß durch Eintritt der Sperrzeit der Anspruch auf Alhi nicht erloschen sei; die Sperrzeit und die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der während der Sperrzeit gezahlten Alhi blieben bestehen.
Am 13. Januar 1987 und nochmals am 6. Februar 1987 bot die Beklagte dem Kläger die Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme in einem Lernbüro für kaufmännische Angestellte ("Prager Schule") befristet bis ca neun Monate an, und zwar am 6. Februar 1987 schriftlich mit der Rechtsfolgenbelehrung nach dem Vordruck R 2. Der Kläger nahm die Maßnahme zu den vorgesehenen Terminen am 2. und 9. Februar 1987 nicht auf und lehnte am 5. und 12. Februar 1987 die Teilnahme mit der Begründung ab, die Lehrinhalte und die Lehrzielsetzung seien ihm nicht ausreichend erläutert worden. Die Beklagte hob die Bewilligung der Alhi wegen des Eintritts einer erneuten Sperrzeit (acht Wochen) und des Erlöschens des Anspruchs auf Alhi auf und forderte vom Kläger die Erstattung der über diesen Zeitpunkt hinaus gezahlten Alhi in Höhe von 208,95 DM (Bescheid vom 17. März 1987; Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 1987).
Das Sozialgericht (SG) hat nach Beiladung des Sozialhilfeträgers, der für die streitige Zeit einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet hat, und Vernehmung des für die Beklagte tätig gewordenen Arbeitsvermittlers über Inhalt und Umfang der dem Kläger erteilten Unterrichtung über die Bildungsmaßnahme die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. Januar 1988). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 11. April 1989).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des § 119 AFG. Das Erfordernis einer Belehrung schon im ersten Sperrzeitbescheid über die Rechtsfolge des Erlöschens im Falle einer zweiten Sperrzeit, das im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Mai 1987 (BSGE 61, 289) für den Fall einer zweiten Sperrzeit wegen unberechtigter Aufgabe einer Zwischenbeschäftigung anerkannt sei, gelte auch für eine zweite Sperrzeit wegen unberechtigter Ablehnung einer Arbeit oder einer Bildungsmaßnahme. Eine im ersten Sperrzeitbescheid fehlende Belehrung könne entgegen der Auffassung des LSG nicht durch eine zeitnahe Belehrung geheilt werden.
Der Kläger beantragt,die Urteile der Vorinstanzen und den Bescheid vom 17. März 1987 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1987 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den 9. Februar 1987 hinaus Alhi zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,die Revision des Klägers zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers hatte Erfolg iS der Zurückverweisung.
Das LSG hat die Berufung des Klägers zu Recht in vollem Umfang als zulässig angesehen, was vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist. Hinsichtlich der Aufhebungsentscheidung ist die Berufung nicht nach § 144 Abs 1 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen, da sich die Wirkung des Erlöschensbescheides nicht auf Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen beschränkt (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 18). Damit ist auch hinsichtlich der Rückforderung von 208,95 DM die Berufung zulässig, obgleich der nach § 149 SGG erforderliche Beschwerdewert von 1.000,-- DM nicht erreicht ist. Denn die berufungsfähige Entscheidung über die Aufhebung der Alhi-Bewilligung ist für die Entscheidung über den Erstattungsanspruch vorgreiflich. Ist die Berufung wegen eines vorgreiflichen Anspruchs zulässig, so ist sie es stets auch für den abhängigen Anspruch. Es wäre verfahrensrechtlich unannehmbar, könnte der abhängige Anspruch in Rechtskraft erwachsen, bevor über den vorgreiflichen Anspruch entschieden ist (BSGE 14, 280, 281 f; BSG SozR Nr 14 zu § 149 SGG; SozR 1500 § 144 Nrn 18 und 33; SozR 1500 § 146 Nr 4).
Ob die von der Beklagten für die Zeit ab 10. Februar 1987 vorgenommene Aufhebung der Alhi-Bewilligung rechtens ist, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden. Es fehlen Feststellungen dazu, ob dem Kläger eine ausreichende Förderung der Bildungsmaßnahme schriftlich zugesagt worden ist.
Die Alhi-Bewilligung ist als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 48 Abs 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X), soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit. Eine solche wesentliche Änderung wäre mit dem 10. Februar 1987 eingetreten, wenn der Anspruch auf Alhi gemäß § 119 Abs 3 AFG erloschen wäre, wie die Beklagte angenommen hat.
Nach § 119 Abs 3 AFG, auf den hier streitigen Erlöschenszeitpunkt anwendbar idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497), erlischt ein noch zustehender Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose erneut Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von acht Wochen gibt, nachdem er nach Entstehung des Anspruchs bereits einmal Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von acht Wochen gegeben und hierüber einen schriftlichen Bescheid erhalten hat. Für den Anspruch auf Alhi gilt das nach § 134 Abs 4 Satz 1 AFG entsprechend (BSGE 48, 109, 110 = SozR 4100 § 119 Nr 8). Nach der Übergangsvorschrift des Art 1 § 2 Nr 13 Satz 2 des AFKG treten die Rechtsfolgen nach § 119 Abs 3 AFG auch dann ein, wenn der Arbeitslose den Anlaß für den Eintritt der ersten Sperrzeit vor dem 1. Januar 1982 gegeben hat und deshalb eine Sperrzeit von nur vier Wochen eingetreten ist, wie dies hier sowohl nach dem Sperrzeitbescheid vom 1. Juni 1981 (Ablehnung einer Arbeit als Außendienstmitarbeiter) als auch bei dem Sperrzeitbescheid vom 23. November 1981 (Sportverlag) nach Maßgabe des vor dem AFKG geltenden Rechts der Fall war. Der § 119a AFG (idF des Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG - 7. AFG-ÄndG - vom 20. Dezember 1985 - BGBl I S 2484 -), wonach in § 119 Abs 3 AFG in der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1989 an die Stelle der Sperrzeiten von acht Wochen Sperrzeiten von mindestens acht Wochen treten, läßt die Übergangsvorschrift des AFKG unberührt.
Wegen der Nichtteilnahme an der angebotenen Bildungsmaßnahme ab 10. Februar 1987 ist nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG idF des AFKG eine Sperrzeit von acht Wochen eingetreten, wenn sich der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert hat, an einer Maßnahme iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchst b AFG teilzunehmen, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Das LSG hat diesen Tatbestand als gegeben angesehen. Es hat zu einer vorherigen schriftlichen Zusage ausreichender Förderung der Bildungsmaßnahme lediglich festgestellt, daß sich der Kläger geweigert habe, an der ihm von der Beklagten angebotenen beruflichen Bildungsmaßnahme teilzunehmen. Der Kläger sei über Ausgestaltung und Ziel der Bildungsmaßnahme mündlich in einem dargelegten und als ausreichend angesehenen Umfang belehrt worden. Die Beklagte habe am 6. Februar 1987 schriftlich mit der Rechtsfolgenbelehrung nach dem Vordruck R 2 dem Kläger die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme angeboten. Die Verwaltungsakten enthalten zu dem schriftlichen Angebot vom 6. Februar 1987 die Durchschrift eines Formulars der BA mit dem handschriftlichen vom Kläger unterschriebenen Zusatz: "Das Original dieses Schreibens mit der Rechtsfolgenbelehrung "R 2" habe ich heute erhalten" (Leistungsakte Stamm-Nr 85907 Bl 615). Die Formulardurchschrift enthält keine Förderungszusage. Sie läßt den Inhalt des dem Kläger zugegangenen Originals nicht ausreichend erkennen. Ob dieses eine Zusage enthielt, ist nicht festgestellt. Damit ist das LSG ersichtlich davon ausgegangen, daß nach § 119 AFG idF des AFKG ine schriftliche Förderungszusage nicht erforderlich sei. Dem vermag der Senat im Anschluß an eine nach Erlaß des Berufungsurteils ergangene Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 11. Januar 1990 (7 RAr 46/89 - zur Veröffentlichung vorgesehen) nicht zuzustimmen.
Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) trat eine Sperrzeit ein, wenn sich der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert hatte, an einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung, an einer notwendigen Maßnahme zur beruflichen Fortbildung oder Umschulung, für die das Arbeitsamt eine Förderung der Teilnahme nach den Vorschriften des AFG über die Förderung der beruflichen Bildung zugesagt hatte, oder an einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen, während der der Arbeitslose Übergangsgeld nach dem AFG oder einem anderen Gesetz zu beanspruchen hatte. Hiernach konnte eine Sperrzeit nur eintreten, wenn dem Arbeitslosen verbindlich schriftlich bezeichnet worden war, welche Leistungen ihm bei der Teilnahme an einer bestimmten Maßnahme auf Antrag dem Grunde nach zustanden (BSG SozR 4100 § 119 Nr 7).
Mit der Neufassung des § 119 AFG durch das AFKG ist der Satz, demzufolge bei Maßnahmen der beruflichen Bildung das Arbeitsamt eine Förderung zugesagt haben mußte, entfallen. Andererseits macht das AFKG (in § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchst b AFG) ausdrücklich die Zumutbarkeit der Maßnahme, die in § 119 AFG aF nicht ausdrücklich gefordert wurde, zur Voraussetzung für den Eintritt einer Sperrzeit.
Die mit dem AFKG erfolgten Änderungen der §§ 103 und 119 AFG sind im Zusammenhang zu sehen. Mit den in § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG angesprochenen "Maßnahme iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchst b" AFG sind die dort als Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung, zur Verbesserung der Vermittlungsaussichten sowie zur beruflichen Rehabilitation näher bezeichneten Maßnahmen gemeint. Hiermit nimmt das Gesetz auf die in den §§ 40, 40a, 41 ff, 47, 56 ff AFG genannten und hiernach zu fördernden Maßnahmen Bezug. Damit läßt schon der Regelungszusammenhang erkennen, daß der Gesetzgeber die spezielle Regelung über eine schriftliche Zusage ausreichender Förderung lediglich durch den allgemeineren Begriff der Zumutbarkeit ersetzt hat. Hiernach ist dem Arbeitslosen die Teilnahme an der Maßnahme nur zumutbar, wenn ihm die Förderung im Regelfall zumindest in Höhe der bisher bezogenen Alhi zugesagt wurde (vgl zum zumutbaren Mindest-Nettoarbeitsentgelt § 6 der Zumutbarkeits-AnO vom 16. März 1982 - ANBA S 523 -).
Auch den Gesetzesmaterialien ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Gesetzgeber mit der Ersetzung der Regelung über die Förderungszusage durch den Begriff der Zumutbarkeit auf eine schriftliche Zusage verzichten wollte. Hiernach soll der in § 103 Abs 1 AFG neu eingefügte Satz 1 Nr 2 Buchst b betonen, daß der Arbeitslose nur dann der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, wenn auch er bereit ist, an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung, zur Verbesserung der Vermittlungsaussichten sowie zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen (BT-Drucks 9/799 S 42, zu Nr 29, zu Buchst a). Die Änderung des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG wird als "Folgeänderung zu Nr 29" (Änderung des § 103 AFG) bezeichnet (BT-Drucks 7/799 S 44 zu Nr 37). Die Gesetzesmaterialien bestätigen damit, daß eine sachliche Änderung der Sperrzeitvoraussetzungen nicht gewollt ist. Es bedarf daher näherer Feststellungen dazu, ob dem Kläger eine ausreichende Förderung schriftlich zugesagt war.
Die zur Förderungszusage fehlenden Feststellungen wären nur dann entbehrlich, wenn der Erlöschensbescheid schon deshalb aufzuheben wäre, weil der vorangegangene Sperrzeitbescheid keine ausreichende Belehrung enthielt. Das ist indes mit dem LSG zu verneinen.
Der vorangegangene Sperrzeitbescheid (vom 1. Juni 1981) enthält die Belehrung: "Bitte beachten Sie, daß Ihr Leistungsanspruch erlischt, wenn Sie in Zukunft erneut Anlaß für den Eintritt einer 4-wöchigen Sperrzeit geben (§ 119 Abs 3 AFG)." Eine solche Belehrung ist vom BSG in der vom LSG angeführten Entscheidung (BSGE 61, 289, 294 f = SozR 4100 § 119 Nr 31) als unzureichend bezeichnet worden; es müsse aus der Belehrung dem Arbeitslosen zB klar sein, daß er nach Wiederaufnahme einer Beschäftigung diese nicht ohne wichtigen Grund selbst aufgeben dürfe, wenn dies erneut und vorhersehbar seine Arbeitslosigkeit zur Folge haben würde, und er bei Nichtbeachtung dessen wegen Eintritts einer erneuten Sperrzeit mit dem gänzlichen Fortfall seines noch bestehenden Anspruchs zu rechnen habe. Ob das Fehlen einer solchen Belehrung dann geheilt ist, wenn die zweite Sperrzeit auf Tatbeständen nach § 119 Abs 1 Nrn 2 oder 3 AFG beruht und der Arbeitslose im Zusammenhang mit Angeboten des Arbeitsamtes iS dieser Regelung rechtzeitig ausreichende Rechtsfolgenbelehrungen erhalten hat, läßt die vorgenannte Entscheidung (BSGE 61, 289, 294) ausdrücklich offen. Insoweit ist mit dem LSG die ohnehin erforderliche zeitnahe Belehrung im Zusammenhang mit den Angeboten des Arbeitsamtes auch im Hinblick auf die Erlöschenswirkung als ausreichend anzusehen. Die hiernach erforderliche Belehrung muß auch das Erlöschen nach § 119 Abs 3 AFG umfassen, um dessen Rechtsfolgen auszulösen (BSGE 47, 101, 105 = SozR 4100 § 119 Nr 5; BSGE 53, 13, 15 = SozR 4100 § 119 Nr 18). Die im ausgehändigten Vordruck R 2 enthaltene Rechtsfolgenbelehrung bezog sich nach den Feststellungen des LSG für den Kläger erkennbar auf die angebotene Bildungsmaßnahme. In der Belehrung wird eindeutig darauf hingewiesen, daß der Kläger nach Ansicht der Beklagten seit der Entstehung seines Anspruchs auf Alhi bereits einmal Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von mindestens acht Wochen gegeben und hierüber einen schriftlichen Bescheid erhalten hatte und infolgedessen bei einer Nichtannahme der angebotenen Bildungsmaßnahme sein Anspruch auf Alhi vom Tage der Ablehnung an erlöschen werde, wenn er für sein Verhalten keinen wichtigen Grund habe, ferner, daß er Alg oder Alhi erst dann wieder erhalten werde, wenn er nach dem Verlust des Anspruchs erneut die Voraussetzungen für den Bezug dieser Leistungen erfülle.
Die Revision wendet zu Unrecht ein, wenn dem Arbeitslosen - wie vorliegend - eine ausreichende Rechtsfolgenbelehrung erst gegeben werde, wenn von ihm die Teilnahme an einer konkreten Maßnahme gefordert werde, so werde er hiervon überrascht und könne sich nicht rechtzeitig auf die schwerwiegende Folge des Erlöschens seines Anspruchs auf Alhi einstellen. Damit wird verkannt, daß der Arbeitslose beim Leistungsbezug ohnehin verfügbar sein muß, dh objektiv in der Lage und subjektiv bereit sein muß, eine angebotene Arbeit aufzunehmen bzw an einer Bildungsmaßnahme teilzunehmen. Die Belehrung muß so rechtzeitig erfolgen, daß dem Arbeitslosen die Aufnahme der Arbeit bzw die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumutbar ist. Die Belehrung soll auf eine Annahme des Angebots hinwirken; die Belehrungspflicht bezweckt nicht, den Arbeitslosen in die Lage zu versetzen, für den Lebensunterhalt bei Verlust des Anspruchs Vorsorge zu treffen.
Das LSG wird die fehlenden Ermittlungen zur vorherigen Zusage der Förderung nachholen und in der abschließenden Entscheidung über die Kosten, auch die im Revisionsverfahren, zu befinden haben. Sollten die Ermittlungen ergeben, daß es an der vorherigen Zusage ausreichender Förderung fehlt, so schließt das eine Abweisung der Klage wegen fehlender subjektiver Verfügbarkeit nicht aus (vgl BSG SozR 4100 § 119 Nr 12). Sollte dem Kläger zumindest ab der Ablehnung der streitigen Bildungsmaßnahme die Bereitschaft gefehlt haben, auch bei vorheriger Zusage ausreichender Förderung an zumutbaren Maßnahmen der beruflichen Bildung - wie der ihm angebotenen - teilzunehmen, dann stand er mangels Bildungsbereitschaft der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, und die Aufhebung der Alhi-Bewilligung erweist sich deswegen als berechtigt. Nach den Besonderheiten des Falles hinsichtlich der Einwendungen des Klägers gegen die ihm angebotene Maßnahme und den Ausführungen des LSG darüber, daß dem Kläger die Maßnahme zumutbar war, ist eine solche Fallgestaltung keineswegs ausgeschlossen.
Im übrigen kommt eine vollständige Aufhebung des streitigen Aufhebungsbescheides auch dann nicht in Betracht, wenn die vom Beigeladenen bezogene Sozialhilfe den streitigen Anspruch auf Alhi übersteigt, so daß der Anspruch auf Alhi in voller Höhe nach § 107 SGB X erloschen ist (vgl hierzu Urteil des BSG vom 8. August 1990 - 11 RAr 79/88 -). Da mit einer Aufhebung des Aufhebungsbescheides der ursprüngliche Bewilligungsbescheid wirksam wird, ist die neben der Anfechtungsklage erhobene Leistungsklage unzulässig, soweit sie Zeiten vor Ablauf des ursprünglichen Bewilligungszeitraums betrifft. Nur für spätere Zeiträume, für die die Beklagte nach dem Inhalt des Aufhebungsbescheides eine Leistungspflicht ebenfalls verneint hat, ist eine Leistungsklage zulässig.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen