Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung von Kindererziehungszeiten. gemeinsame Erziehung. leibliche Eltern
Leitsatz (amtlich)
Eine Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum überwiegend erziehenden Elternteil kommt auch bei leiblichen Eltern in Betracht.
Orientierungssatz
1. Welchem Elternteil die Erziehungszeit in Fällen der sogenannten gemeinsamen Erziehung der Sache nach zuzuordnen ist, beurteilt sich nach Maßgabe der Zuwendung zum Kind in der Zeit der Kindererziehung. Den normativen Ausgangspunkt bildet insoweit - trotz ihres systematischen Standorts am Ende des Absatzes 2 - die Vorschrift des § 56 Abs 2 S 9 SGB 6.
2. Das Maß der jeweiligen Zuwendung der Elternteile zu ihrem Kind ist vom Versicherungsträger nach den Grundsätzen des § 20 SGB 10 zu ermitteln. Nur dann, wenn sich dabei überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind, wird die Kindererziehungszeit nach der Auffangregel des § 56 Abs 2 S 8 SGB 6 der Mutter zugeordnet (vgl BSG vom 28.2.1991 - 4 RA 76/90 = BSGE 68, 171 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7).
Normenkette
SGB VI § 56 Abs. 2 S. 9; SGB X § 20; SGB VI §§ 57, 149 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Der Kläger und die Beigeladene sind die Eltern ihrer am 1. März 1992 geborenen Tochter Janine. Die Beigeladene ging nach der Geburt ihrer Tochter ohne Unterbrechung durch Erziehungsurlaub weiterhin ihrer bisherigen aushäusigen Berufstätigkeit nach. Die Betreuung und Erziehung des Kindes erfolgte im wesentlichen durch den Kläger. Dieser beantragte im März 1995 die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung; im Mai 1995 übersandte er der Beklagten eine auch von der Beigeladenen unterschriebene Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten allein bei ihm.
Die Beklagte merkte beim Kläger zunächst die Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1995 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 1. Februar bis 27. April 1995 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor (Bescheid vom 16. Mai 1995) und auf den Widerspruch des Klägers wegen unzureichender Beratung im März 1995 darüber hinaus den Monat Januar 1995 sowohl als Kindererziehungs- als auch Berücksichtigungszeit (Abhilfebescheid vom 17. August 1995). Im übrigen wies sie den Widerspruch mit der Begründung zurück, bis 31. Dezember 1994 seien die Kindererziehungs- und die Berücksichtigungszeit der - im gesamten Verfahren beteiligten - Beigeladenen zuzuordnen. Bei ihm komme eine Berücksichtigung dieser Zeiten nicht in Betracht, weil die gemeinsame Erklärung zur Anrechnung der Kindererziehungs- bzw Kinderberücksichtigungszeiten erst im Mai 1995 abgegeben worden sei (Widerspruchsbescheid vom 16. November 1995).
Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 16. Mai und 17. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 1995 verurteilt, beim Kläger die Zeit vom 1. April 1992 bis 31. Dezember 1994 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 1. März 1992 bis 31. Dezember 1994 als Berücksichtigungszeit "anzuerkennen". Vorliegend habe es keiner übereinstimmenden Erklärung des Klägers und der Beigeladenen über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten bedurft. Im Falle einer überwiegenden Erziehung durch einen Elternteil iS von § 56 Abs 2 Satz 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei die Kindererziehungszeit nämlich kraft Gesetzes diesem Elternteil zugeordnet. Dies sei vorliegend der Kläger; dieser habe aufgrund der faktischen Gegebenheiten einen größeren "Einfluß auf die Erziehung" ausüben können als die Beigeladene (Urteil vom 21. März 1996). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21. Mai 1997).
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und eine Verletzung von § 56 Abs 2 SGB VI gerügt. Eine Zuordnung der Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI scheide vorliegend aus, weil diese Vorschrift bei leiblichen Eltern nicht anwendbar sei; eine überwiegende Erziehung komme nur dann in Betracht, wenn keine gemeinsame Erziehung vorliege. Sei der Tatbestand der gemeinsamen Erziehung durch leibliche Eltern erfüllt, könne nicht hilfsweise auf den Tatbestand der überwiegenden Erziehung zurückgegriffen werden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 2a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) dürfe nicht auf § 56 SGB VI übertragen werden. Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten sei in § 2a AVG unnötig unflexibel geregelt gewesen, weshalb sich das BSG veranlaßt gesehen habe, den Begriff der überwiegenden Erziehung gegenüber demjenigen der gemeinsamen Erziehung auszuweiten. Die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung sei mit Inkrafttreten des SGB VI entfallen, da § 56 Abs 2 Satz 2 bis 8 SGB VI nunmehr weitaus flexiblere Lösungen als das frühere Recht gestatte.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Mai 1997 und des Sozialgerichts Koblenz vom 21. März 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene sind im Revisionsverfahren anwaltlich nicht vertreten; sie haben sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen; das SG hat die Beklagte unter Abänderung ihrer Verwaltungsentscheidungen zutreffend verpflichtet, beim Kläger auch die Zeit vom 1. April 1992 bis 31. Dezember 1994 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 1. März 1992 bis 31. Dezember 1994 als Berücksichtigungszeit wegen Erziehung eines Kindes vorzumerken.
Der Anspruch des Klägers auf Vormerkung der genannten Zeiten aus § 149 Abs 5 SGB VI folgt daraus, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen geklärt sind, die sich aus § 3 Satz 1 Nr 1 iVm § 56 Abs 1 bis 3 und 5 SGB VI ergeben. Danach sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Soweit bei einem Elternteil die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit vorliegt, ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu seinem vollendeten zehnten Lebensjahr bei diesem Elternteil zudem eine Berücksichtigungszeit (vgl § 57 SGB VI; zu deren Beginn vgl § 122 Abs 2 Satz 2 SGB VI; Niesel in: Kasseler Komm, Stand 13. Ergänzungslieferung März 1995, § 57 Rz 6). Eine Kindererziehungszeit liegt vor, wenn ein Elternteil sein Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten hat, die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen und er nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers vor. Er hat sowohl den Tatbestand einer Kindererziehungszeit, einer Pflichtbeitragszeit iS von § 55 Abs 1 Nr 1 Buchst a, § 55 Satz 2, § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI, als auch den Tatbestand einer Berücksichtigungszeit erfüllt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die den Senat binden (vgl § 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), lag die Erziehung des Kindes im streitigen Zeitraum im wesentlichen in den Händen des Klägers; als Vater erzog er sein leibliches Kind in dieser Zeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und hielt sich mit dem Kind hier gewöhnlich auf. Eine gemeinsame Erklärung des Klägers und der Beigeladenen, daß die Kindererziehungs- und die Berücksichtigungszeit im streitigen Zeitraum gleichwohl der Beigeladenen zugeordnet werden sollen, liegt nicht vor. Damit waren diese Zeiten dem Kläger zuzuordnen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI. Diese Bestimmung ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch dann anwendbar, wenn leibliche Eltern ihr Kind zwar gemeinsam erzogen haben, jedoch die Erziehungsanteile eines Elternteils überwiegen und eine gemeinsame Erklärung der Eltern über die Zuordnung der Kindererziehungszeit zu dem nicht überwiegend erziehenden Elternteil nicht oder nicht wirksam abgegeben worden ist.
Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten bestimmt sich nach § 56 Abs 2 SGB VI. Diese Vorschrift unterscheidet drei Kategorien der Erziehung: die Alleinerziehung, die gemeinsame Erziehung und die überwiegende Erziehung. Hat ein Elternteil sein Kind allein erzogen, ist diesem Elternteil allein die Kindererziehungszeit zuzuordnen (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Liegt ein Fall der Alleinerziehung vor, kommen Tatbestände der gemeinsamen oder überwiegenden Erziehung nicht in Betracht, dh insoweit besteht zwischen Alleinerziehung einerseits und gemeinsamer und überwiegender Erziehung andererseits ein Verhältnis der Exklusivität. Demgegenüber schließen sich nach Konkurrenzregeln (Alternativität) entgegen der Ansicht der Beklagten die Tatbestände der gemeinsamen und überwiegenden Erziehung nicht aus; insoweit gilt folgendes:
Haben mehrere Elternteile in Ausübung ihres Elternrechts das Kind in der Weise erzogen, daß sie bei der Erziehung zusammenwirken und für denselben Erziehungszeitraum Erziehungsanteile und -beiträge der mehreren Elternteile vorliegen (sog gemeinsame Erziehung) wird die Erziehungszeit ebenso wie bei der Alleinerziehung für die jeweils kleinste Einheit an Kindererziehungszeiten, nämlich den Kalendermonat, nur einem Elternteil zugeordnet (§ 56 Abs 2 Satz 2 SGB VI); eine noch weitergehende Aufteilung nach Zeit oder Wert kann darüber hinaus nicht vorgenommen werden.
Welchem Elternteil die Erziehungszeit in diesen Fällen der Sache nach zuzuordnen ist, beurteilt sich nach Maßgabe der Zuwendung zum Kind in der Zeit der Kindererziehung. Den normativen Ausgangspunkt bildet insoweit - trotz ihres systematischen Standorts am Ende des Absatzes 2 - die Vorschrift des § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI. Danach ist, wenn mehrere Elternteile das Kind erzogen haben, die Erziehungszeit demjenigen zuzuordnen, der das Kind überwiegend erzogen hat. Dieser für leibliche Eltern, Stiefeltern und Pflegeeltern gleichermaßen geltende Grundsatz (zur Geltung für leibliche Eltern sogleich) wird allerdings in der praktischen Anwendung dadurch modifiziert, daß bei einer gemeinsamen Erziehung durch Eltern das Vorliegen überwiegender Erziehung durch einen Elternteil nur dann von der Verwaltung und den Gerichten im einzelnen zu ermitteln ist und entsprechende Beweiserhebungen vorzunehmen sind, wenn sich die Zuordnung nicht bereits zwingend aus übereinstimmender Erklärung der Eltern ergibt; nach § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI ist die Kindererziehungszeit dem überwiegend erziehenden Elternteil zuzuordnen, "soweit sich aus Satz 3 nicht etwas anderes ergibt". Mit dieser Einschränkung trägt das Gesetz bei Eltern dem Umstand Rechnung, daß die erziehenden Elternteile diejenigen Personen sind, die den tatsächlichen Verhältnissen bei der Erziehung am nächsten stehen und deswegen am ehesten beurteilen können, wie sich ihre Beiträge im Rahmen der Kindererziehung verteilen; sie haben daher die Befugnis zu bestimmen, wem die Kindererziehungszeit aufgrund ihrer gemeinschaftlichen Zuwendung zum Kind zuzuordnen ist.
Es steht in der alleinigen Verantwortung der Eltern zu entscheiden, wie und mit welchem Ziel sie die körperliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes fördern, insbesondere in welchem Ausmaß und mit welcher Intensität sie sich selbst dieser Aufgabe widmen wollen. An diese vorgegebene Erziehungssituation sowie die Bewertung (Gewichtung) der Erziehungsbeiträge seitens der Eltern knüpft § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität typisierend an (vgl BSGE 68, 171, 176 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7 zu § 2a AVG) und räumt Eltern das Recht ein, durch übereinstimmende Erklärung zu bestimmen, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zuzuordnen ist. In den Fällen des Satzes 3 aaO ist die Erklärung für künftige Kalendermonate abzugeben; rückwirkend kann die Zuordnung nur für bis zu zwei Monate vor Abgabe der Erklärung erfolgen (vgl § 56 Abs 2 Sätze 5 und 6 SGB VI). Diese Entscheidung haben der Staat und seine Untergliederungen (hier: die BfA) ebenso hinzunehmen wie die übrigen im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung für die Erziehung eines Kindes zulässigerweise getroffenen Entscheidungen.
Haben die bei der Erziehung zusammenwirkenden Eltern eine derartige öffentlich-rechtliche (Willens-)Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeit überhaupt nicht, nicht übereinstimmend oder sonst nicht rechtswirksam, insbesondere in den Fällen des Satzes 3 aaO nicht rechtzeitig abgegeben, bleibt es bei dem Grundsatz des § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI, daß die Kindererziehungszeit demjenigen zuzuordnen ist, der dann das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet - überwiegend erzogen hat. Das Maß der jeweiligen Zuwendung der Elternteile zu ihrem Kind ist vom Versicherungsträger nach den Grundsätzen des § 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu ermitteln. Nur dann, wenn sich dabei - anders als im vorliegenden Fall - überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind, wird die Kindererziehungszeit nach der Auffangregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet (in diesem Sinne bereits BSGE 68, 171, 178 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7).
Entgegen einer zum Teil in der Literatur (vgl Funk in: Kasseler Komm, Stand Januar 1993, § 56 Rz 36; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung, Stand November 1995, § 56 Anm 3a; Klattenhoff in: Hauck/Haines, SGB VI, Stand 10. Lieferung X/92, § 56 Rz 19) und im Ergebnis der auch von der Beklagten vertretenen Ansicht, kann weder dem Wortlaut noch der Systematik des § 56 SGB VI entnommen werden, daß diese Bestimmung (Abs 2 Satz 9 aaO) nur auf (sog ungleichartige) Elternteile anwendbar sein soll, die kein leibliches (biologisches) Elternpaar sind, nicht aber bei einer gemeinschaftlichen Erziehung durch leibliche Eltern. § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI ordnet die Kindererziehungszeit kraft Gesetzes dem überwiegend erziehenden "Elternteil" zu. Der Begriff des Elternteils ergibt sich auch insoweit aus dem Klammerzusatz des § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI, der hierzu sowohl Eltern (§ 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB I≫), als auch Stiefeltern (§ 56 Abs 1 Nr 2 SGB I) und Pflegeeltern (§ 56 Abs 3 Nr 3 SGB I) rechnet. Anhaltspunkte dafür, daß der Begriff des Elternteils in § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI ein anderer (engerer) als derjenige des § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI ist, sind nicht ersichtlich. Vielmehr bestätigt gerade der letzte Halbsatz des Abs 2 Satz 9 aaO, daß dieser Satz auch für leibliche Eltern gilt, die ihr Kind gemeinschaftlich erziehen. Wäre Satz 9 - wie die Beklagte meint - auf gemeinschaftlich erziehende leibliche Eltern von vornherein nicht anwendbar, hätte der einschränkende "Soweit-Satz" keinen denkbaren Anwendungsbereich, was sowohl Wortlaut, Systematik und Zweck der Regelung widerspräche. Vielmehr ist § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI zu entnehmen, daß den Eltern selbst dann noch das Gestaltungsrecht nach Satz 3 aaO zustehen soll, wenn ein Elternteil das Kind überwiegend erzogen hat und danach an sich diesem Elternteil die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeit zuzuordnen wäre (so im Ergebnis auch Löns in: Kreikebohm, SGB VI, § 56 Rz 11; Zweng/Scheerer/Buschmann, Handbuch der Rentenversicherung, Stand 57. Lieferung, § 56 Rz 36). Dem Gesetz kann dagegen nicht entnommen werden, daß eine Kindererziehungszeit der Mutter auch dann zugeordnet wird, wenn der Vater das Kind überwiegend erzogen hat und es an einer wirksamen, übereinstimmenden Erklärung über eine Zuordnung dieser Zeiten zur Mutter fehlt.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Februar 1992 (SozR 3-6180 Art 13 Nr 2) ausgeführt hat, kommt es auch unter Geltung des § 56 SGB VI in Fällen der "Miterziehung" durch mehrere Elternteile vorbehaltlich der ordnungsgemäßen Ausübung des den Eltern eingeräumten Gestaltungsrechts grundsätzlich darauf an, wer das Kind "überwiegend" erzieht (vgl BSGE 68, 171, 175 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7 mwN). Hieran hält der Senat nach allem auch im Hinblick auf das Revisionsvorbringen der Beklagten fest, zumal nicht erkennbar ist, daß durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S 2261) die Rechtsstellung leiblicher Eltern gegenüber der Regelung des § 2a AVG insoweit verschlechtert werden sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173875 |
FamRZ 1998, 1105 |
NZS 1998, 384 |
SozR 3-2600 § 56, Nr.10 |
SozSi 1998, 396 |