Leitsatz (redaktionell)
15 1/2jähriger Junge; Verlust des rechten Unterarms durch Spiel mit einer Sprengkapsel: 1. Wenn sowohl die Auswirkung eines kriegseigentümlichen Gefahrenbereichs als auch das Verhalten des Beschädigten selbst die Verletzung herbeigeführt haben, so sind für die Beurteilung der Wesentlichkeit beider Bedingungen die Beschaffenheit des Gefahrenbereichs und dessen Kennzeichnung einerseits und das Verhalten des Beschädigten und die Erkennbarkeit des Gefahrenbereichs für ihn (subjektive Erkennbarkeit) andererseits abzuwägen.
Im gegebenen Fall ist das Hantieren mit dem Sprengkörper die wesentliche Bedingung, nicht aber das Ausladen der Munitionskisten. Mit 15 1/2 Jahren mußte der Beschädigte wissen, daß das Hantieren mit Sprengkörpern gefährlich ist.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 2 Buchst. a Fassung: 1950-12-20, § 5 Abs. 1 Buchst. e Fassung: 1953-08-07
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 15. Oktober 1958 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der am 6. Oktober 1926 geborene Kläger stellte am 21. Juni 1950 Antrag auf Anerkennung der Amputation des rechten Unterarmes als Leistungsgrund nach dem Bayerischen Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (BKBLG). Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 14. Juni 1950 trug er vor, daß er und sein Freund L... am 16. Februar 1942 auf dem Bahnhof Mühldorf beim Säubern und Waschen von Eisenbahnwaggons vier oder fünf in diesen Waggons lagernde Signalkapseln der Reichsbahn an sich genommen hätten. In dem Anwesen des Johannes R... hätten sie später ein Feuer angezündet und Pulver aus einigen Kapseln in das Feuer geschüttet. Dabei sei eine Kapsel, die der Kläger in der Hand gehalten habe, explodiert. Nach ärztlicher Untersuchung des Klägers (Gutachten vom 21. April 1952), bei der er den gleichen Sachverhalt dem Arzt gegenüber vortrug, lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) den Antrag mit Bescheid vom 12. Juli 1952 mit der Begründung ab, daß der Unfall den Tatbestand einer unmittelbaren Kriegseinwirkung weder nach dem BKBLG noch nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erfülle.
Hiergegen hat der Kläger Klage (Berufung alten Rechts) erhoben und nunmehr eine eidesstattliche Erklärung vom 4. August 1952 vorgelegt, in der er und Johannes R... versicherten, daß sie einige Tage vor dem 16. Februar 1942, als sie zum Bahnhof Mühldorf gefahren seien, an der Verladestelle dieses Bahnhofs von einem Offizier aufgefordert worden seien, beim Ausladen von Munitionskisten aus einem Zug mitzuhelfen. Einer offenen Kiste hätten sie eine Sprengkapsel entnommen und nach Hause mitgenommen. Am 16. Februar 1942 hätten sie sodann ein Feuer angezündet und aus jugendlichem Leichtsinn Pulver ins Feuer geschüttet. Dabei habe der Kläger die mitgenommene Sprengkapsel, die explodiert sei, in der rechten Hand gehalten. In der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 1954 vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger erklärt, er habe einige Tage vor dem Unglücksfall einige Kapseln und etwas Pulver mit seinem Freund aus den Munitionskisten genommen, die von Wehrmachtsangehörigen ausgeladen worden seien. Der als Zeuge vernommene Rieger hat ausgesagt, daß er und der Kläger etwa drei bis fünf der in den Kisten befindlichen Gegenstände herausgenommen hätten. Der Zeuge hat dann den weiteren Ablauf der Ereignisse wie in der eidesstattlichen Versicherung vom 4. August 1952 geschildert.
Das SG München hat mit Urteil vom 7. Oktober 1954 unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juli 1952 den Beklagten verurteilt, dem Kläger ab 1. Juni 1950 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. zu gewähren.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) nach erneuter Anhörung des Klägers mit Urteil vom 15. Oktober 1958 das Urteil des SG vom 7. Oktober 1954 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß dem Kläger kein Anspruch nach Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 BKBLG, § 1 Abs. 1 bis 3 BVG sowie § 2 a der Durchführungsverordnung (DVO) zum BKBLG vom 1. Mai 1949 sowie § 5 Abs. 1 Buchst. a BVG und § 2 e DVO zum BKBLG vom 1. Mai 1949 und § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG zustehe. Es habe nicht einmal mit der als Voraussetzung für die Feststellung eines versorgungsrechtlichen Tatbestands erforderlichen Wahrscheinlichkeit (Art. 2 Abs. 1 BKBLG, § 1 Abs. 3 BVG) angenommen werden können, daß der Sprengkörper aus Munitionsbeständen der Wehrmacht gestammt habe. Die erheblichen Widersprüche in den Aussagen des Klägers und des Zeugen R... hätten deren Angaben fragwürdig erscheinen lassen. Es sei außerdem unwahrscheinlich, daß sich Pulver und Sprengkapseln in offenen Munitionskisten eines Munitionstransportes der früheren Wehrmacht befunden hätten. Aus den vor dem LSG abgegebenen Erklärungen des Klägers sowie aus der ersten eidesstattlichen Versicherung und aus den sonstigen Umständen habe das LSG die Überzeugung gewonnen, daß es sich bei dem Sprengkörper, der die Hand des Klägers zerrissen habe, um eine Sigralkapsel der Reichsbahn gehandelt habe. Bei dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne im im übrigen die Frage offen bleiben, ob es sich bei dem Sprengkörper um eine Sprengkapsel der Wehrmacht oder aber um eine Signalkapsel der Reichsbahn gehandelt habe. Eine Signalkapsel der Reichsbahn hätte nicht Ursache einer Schädigung im Sinne des Versorgungsrechtes sein können, weil sie nicht für Zwecke der Kriegsführung bestimmt gewesen sei.
Der Kläger habe aber auch dann keinen Versorgungsanspruch, wenn die von ihm unter Widerruf seiner früheren Angaben vor dem LSG zur Begründung der Klage abgegebene Erklärung richtig sei, daß er auf Veranlassung eines Offiziers der Wehrmacht beim Abladen von Munition geholfen und dabei mehrere Sprengkapseln an sich genommen habe. Die Aufforderung eines Offiziers, beim Ausladen von Munition im Heimatgebiet im Jahre 1942 zu helfen, sei keine Maßnahme gewesen, die mit Kampfhandlungen in unmittelbarem Zusammenhang gestanden habe. Um dies annehmen zu können, fehle es an jedem Anhalt. Der Unfall habe sich im übrigen auch nicht während einer Beschäftigung des Klägers beim Ausladen von Munition zugetragen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die behauptete Hilfeleistung auf Grund einer Aufforderung durch einen Offizier Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG gewesen sei. Die Gefahrenquelle, die das Munitionsausladen bedeute, sei damit nicht die Ursache für den Verlust des rechten Unterarms des Klägers gewesen.
Das Geschehen sei aber auch nicht auf nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge, die einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen hätten, zurückzuführen. Die Schädigung habe der Kläger selbst wegen der rechtswidrigen Zueignung des Sprengkörpers und des leichtfertigen Hantierens mit diesem zu vertreten. Die unerlaubte Entnahme des Sprengkörpers und das leichtfertige Hantieren mit diesem durch den Kläger habe die wesentliche Bedingung für den Verlust des rechten Unterarms gesetzt. Gegenüber dieser Bedingung trete das behauptete Heranziehen des Klägers durch einen Offizier zum Ausladen von Munition in den Hintergrund. Als Ursache im Rechtssinne komme das Verhalten des Klägers nur dann nicht in Frage, wenn dieser nicht die Fähigkeit besessen hätte, das Unerlaubte bzw. Gefährliche seines Tuns zu erkennen und seinen Willen dieser Einsicht gemäß zu bestimmen. Auch als unerfahrener 15 1/2-jähriger Junge auf dem Lande habe der Kläger, der die Volks- und Berufsschule besucht habe, genau gewußt, daß er anläßlich der Beschäftigung beim Ausladen von Munition Sprengkörper selbst dann nicht hätte an sich nehmen dürfen, wenn diese sich tatsächlich in unverschlossenen Kisten befunden hätten. Eine besondere Belehrung durch den Offizier darüber, daß aus den Kisten nichts habe entnommen werden dürfen, sei einem 15 1/2-jährigen Jungen gegenüber nicht notwendig gewesen. Schon das Vorbringen in der eidesstattlichen Versicherung vom 4. August 1952, der Unfall sei seinerzeit nicht gemeldet worden, weil der Kläger Bestrafung gefürchtet habe, lasse erkennen, daß sich der Kläger über das Unerlaubte seines Tuns im klaren gewesen sei. Bei seinem damaligen Alter habe der Kläger auch die Fähigkeit besessen, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten. Das Vorbringen, er sei über die Gefährlichkeit von Sprengkörpern niemals aufgeklärt worden und eine Leichtfertigkeit im Handeln läge nur dann vor, wenn er mit Sprenggranaten gespielt hätte, habe das LSG nicht überzeugen können. Im Jahre 1942 habe mit Wahrscheinlichkeit jeder Junge, der die Volksschule besucht habe und Hitlerjunge gewesen sei, gewußt, daß der Umgang mit Munition und Munitionsteilen gefährlich sei. Gerade weil der Kläger Art und Konstruktion der Sprengkapsel nicht gekannt habe, hätte ihm das Hantieren mit jeder Art von Munition gefährlich erscheinen müssen. Zudem habe er das Pulver der Kapseln ins Feuer geschüttet, so daß er jedenfalls gewußt habe, daß die Kapseln, die er sich zugeeignet habe, mit Pulver gefüllt gewesen seien.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses am 23. Februar 1959 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. März 1959, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 4. März 1959, Revision eingelegt und beantragt,
1.) unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen LSG vom 15. Oktober 1958 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG München vom 7. Oktober 1954 zurückzuweisen;
2.) den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
In seiner mit Schriftsatz vom 11. März 1959 eingelegten, beim BSG am 13. März 1959 eingegangenen Revisionsbegründung rügt der Kläger eine Verletzung des materiellen Rechts, insbesondere des Art. 1 und 2 des Bayer. KBLG, des § 2 der 3. DVO zum KBLG vom 1. Mai 1949 und der §§ 1, 3 und 5 BVG. Er führt hierzu aus, das LSG habe in tatsächlicher Hinsicht zu Recht unterstellt, daß der Kläger wenige Tage vor dem Unfall, als er mit seinem Freund am M. Bahnhof vorbeigefahren sei, von einem Hauptmann der deutschen Wehrmacht aufgefordert worden sei, beim Ausladen von Munitionskisten mitzuhelfen, die mit Sprengkörpern und Munition gefüllt waren. Es habe weiterhin festgestellt, daß der Sprengkörper, durch den der Kläger verletzt worden sei, aus den verladenen Munitionsbeständen der Wehrmacht gestammt habe. Soweit das LSG diese den Anspruch begründenden Tatsachen nicht als wesentliche Ursache für die eingetretene Verletzung ansehe, könne sich der Kläger dieser Auffassung nicht anschließen. Gerade in diesen Umständen sei die wesentliche Ursache seines Armverlustes zu erblicken. Der Kausalzusammenhang sei auch nicht durch sein eigenverantwortliches Handeln unterbrochen worden. Er, der Kläger, habe zur Unfallzeit als 15 1/2-jähriger Junge noch nicht die Fähigkeit besessen, das Unerlaubte oder Gefährliche seines Tuns zu erkennen und seinen Willen dieser Einsicht gemäß zu bestimmen. Da es sich bei dem mitgenommenen Sprengkörper nicht um ein fertiges Geschoß (Sprenggranate, Handgranate, Patrone) gehandelt habe, hätte er bei seinem damaligen Alter und ohne besondere Belehrung und Ausbildung die Gefährlichkeit des mitgenommenen Gegenstandes nicht erkennen können. Sowohl das Mitnehmen des Sprengkörpers als auch die späteren Handhabungen daran seien überwiegend durch den in diesem Alter noch vorherrschenden kindlichen Spieltrieb bedingt gewesen. Er habe jedenfalls zu keiner Zeit auch nur mit der Möglichkeit gerechnet, daß aus dem mitgenommenen Sprengkörper eine Gefahr für ihn entstehen könne.
Der Beklagte hat beantragt, die Revision gegen das Urteil des 11. Senats des Bayerischen LSG vom 15. Oktober 1958 - V 9.551/54 a - als unbegründet zurückzuweisen. Er führt aus, das LSG habe bereits das Tatbestandsmerkmal der unmittelbaren Kriegseinwirkung bzw. des kriegseigentümlichen Gefahrenbereichs, also die Anspruchsvoraussetzungen, als nicht gegeben angesehen. Primär sei das LSG davon ausgegangen, daß es sich bei dem Sprengkörper um eine Signalkapsel der Reichsbahn gehandelt habe. Die weiteren Ausführungen seien nur zusätzlich und hilfsweise erfolgt. Aber auch der Vortrag des Klägers über die Frage, ob er in der Lage gewesen sei, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sein Handeln danach einzurichten, sei nicht geeignet, eine Gesetzesverletzung durch das LSG darzutun.
Die durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 Abs. 1 SGG). Sie ist daher zulässig, jedoch nicht begründet.
Das LSG hat - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht feststellen können, welcher Natur der Sprengkörper gewesen ist, der die Verletzung des rechten Unterarms herbeigeführt hat. Es ist auf Grund der eidesstattlichen Versicherungen des Klägers und des Zeugen R... zunächst davon ausgegangen, daß es sich bei dem Sprengkörper um eine Signalkapsel der Reichsbahn gehandelt hat, die nicht zum Zwecke der Kriegsführung bestimmt gewesen ist. Damit scheidet ein Anspruch des Klägers auf eine Entschädigung nach den versorgungsrechtlichen Bestimmungen schon deshalb aus, weil in diesem Fall der Verlust des rechten Unterarms durch die Explosion der Signalkapsel nicht die Folge einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BKBLG und des § 1 Abs. 2 BVG ist.
Das LSG hat sodann weiter die Frage geprüft, ob dem Kläger ein Anspruch auf Versorgung nach dem BKBLG und BVG dann zustände, wenn die zum Verlust des rechten Unterarms führende Explosion durch einen Sprengkörper verursacht worden ist, den der Kläger nach seiner letzten Darstellung beim Ausladen von Munitionskisten der deutschen Wehrmacht diesen entnommen haben will. Es ist dabei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Anspruch nach Art. 1 (Art. 2 Abs. 1 BKBLG) und § 2 Buchst. a der DVO zum BKBLG vom 1. Mai 1949 (Bayer. GVBl 1949 S. 113) sowie nach den §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Buchst. b und § 5 Abs. 1 Buchst. a BVG nicht besteht. Nach diesen Vorschriften erhalten Personen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkung oder anläßlich militärischen oder militärähnlichen Dienstes eine Gesundheitsschädigung erlitten haben, wegen der Folgen dieser Schädigung Versorgung (Art. 1 BKBLG, § 1 Abs. 1 BVG). Nach § 2 Buchst. a der DVO zum BKBLG vom 1. Mai 1949 sowie § 5 Abs. 1 Buchst. a BVG sind unmittelbare Kriegseinwirkungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BKBLG und des § 1 Abs. 1 BVG Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Maßnahmen, insbesondere die Einwirkungen von Kampfmitteln. Nach den insoweit nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des LSG hat sich der Unfall aber nicht bei dem Ausladen der Munitionskisten, sondern erst einige Tage später ereignet, als der Kläger mit seinem Freund ein Feuer angezündet und Pulver, das sie den Munitionskisten der Wehrmacht entnommen haben wollen, in dieses Feuer geschüttet haben. Abgesehen davon, daß das Abladen von Munitionskisten auf einem Bahnhof in der Heimat im Jahre 1942 keine Kampfhandlung im Sinne des § 2 Buchst. a der DVO zum BKBLG und § 1 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. § 5 Abs. 1 Buchst. a BVG ist, scheitert der Anspruch des Klägers auf Versorgung schon deshalb, weil das schädigende Ereignis nicht beim Ausladen selbst eingetreten ist. Es fehlt hier sowohl an einem zeitlichen wie auch an einem örtlichen Zusammenhang des schädigenden Ereignisses mit dem Vorgang des Abladens der Munitionskisten, den der Kläger als Anspruchsvoraussetzung ansieht. Aus diesem Grunde konnte es auch dahingestellt bleiben, ob das Ausladen der Munitionskisten, bei dem der Kläger nach Aufforderung eines Offiziers mitgeholfen haben will, als eine mit Kampfhandlungen unmittelbar zusammenhängende militärische Maßnahme anzusehen ist. Im übrigen hat das LSG, ohne daß hiergegen begründete Revisionsgründe (§ 163 SGG) vom Kläger vorgebracht sind, festgestellt, daß das Verladen der Munitionskisten nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Kampfhandlungen gestanden hat. Da sich der schädigende Vorgang nicht beim Ausladen der Munition ereignet hat, hat das LSG auch zu Recht bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG dahinstehen lassen, ob die Mithilfe des Klägers beim Ausladen der Munition Dienst im Sinne dieser Vorschrift ist.
Das LSG ist sodann zu der Überzeugung gelangt, daß dem Kläger auch nach Art. 1 BKBLG i.V.m. § 2 Buchst. e der DVO zum BKBLG vom 1. Mai 1949 sowie § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG kein Anspruch zusteht. Nach diesen Vorschriften gelten als unmittelbare Kriegseinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a BVG (Art. 1 Abs. 1 BKBLG), wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen, nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge, die einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen haben. Der Verlust des rechten Unterarmes ist aber nicht - wie das LSG zutreffend angenommen hat - durch eine nachträgliche Auswirkung kriegerischer Vorgänge im Sinne dieser Vorschriften verursacht worden. Das LSG ist allerdings offenbar davon ausgegangen, daß das Ausladen der Munition im Jahre 1942 in Mühldorf als ein kriegerischer Vorgang im Sinne des § 2 Buchst. e der DVO zum BKBLG und § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG anzusehen ist und daß sich die Schädigung als eine nachträgliche Auswirkung dieses Vorganges, der einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen hat, darstellt. Andernfalls hätte es nicht der Prüfung bedurft, ob das spätere Hantieren des Klägers mit dem entwendeten Sprengkörper die wesentliche Bedingung für die Verletzung wesentlich gewesen ist. Wenn auch insoweit die Einordnung des vom LSG wahlweise festgestellten Sachverhalts unter die Tatbestandsmerkmale des § 2 Buchst. e DVO zum BKBLG und § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG zu Bedenken Anlaß gibt (siehe dazu auch BSG 4, 230, 232; 6, 102, 104), so konnte der Senat diese Frage dahinstehen lassen, weil dem Kläger auch dann kein Anspruch auf Versorgung nach diesen Vorschriften zusteht, wenn man der Ansicht ist, daß das Ausladen von Munition der Wehrmacht ein kriegerischer Vorgang war, der einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterließ. In diesem Falle hätten mehrere Bedingungen in naturwissenschaftlich-phylosophischem Sinne den Schaden verursacht, für den der Kläger Versorgung beansprucht. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung (BSG 1, 72, 150, 268) ausgeführt hat, sind nur solche Bedingungen, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben, als Ursachen im Rechtssinne nach der im Kriegsopferversorgungsrecht geltenden Kausalitätsnorm anzusehen. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 27. Februar 1962 - 10 RV 119/59 - mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß in den Fällen des § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG, wenn sowohl die Auswirkung eines kriegseigentümlichen Gefahrenbereichs als auch das Verhalten des Beschädigten selbst die Verletzung herbeigeführt haben, für die Beurteilung der Wesentlichkeit beider Bedingungen die Beschaffenheit des Gefahrenbereichs und dessen Kennzeichnung einerseits und das Verhalten des Beschädigten und die Erkennbarkeit des Gefahrenbereichs für ihn (subjektive Erkennbarkeit) andererseits abzuwägen sind. Bei dieser Beurteilung ist das LSG mit Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der durch das Ausladen der Munitionskisten etwa bedingte kriegseigentümliche Gefahrenbereich nicht als wesentliche Bedingung anzusehen ist. Vielmehr ist das Hantieren mit dem mitgenommenen Sprengkörper die wesentliche Bedingung für den eingetretenen Erfolg gewesen, weil für den Kläger die Gefährlichkeit des Sprengkörpers sowohl objektiv wie subjektiv erkennbar war und der Kläger auch nach dieser Erkenntnis hätte handeln können. Entgegen der Ansicht des Klägers ist diese vom LSG vertretene Auffassung frei von Rechtsirrtum. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist die rechtswidrige Zueignung des Sprengkörpers und das leichtfertige Hantieren damit als die wesentliche Bedingung für den Verlust des rechten Unterarms anzusehen. Es wäre das Verhalten des Klägers nur dann anders zu beurteilen gewesen, wenn dieser nicht die Fähigkeit besessen hätte, das Unerlaubte bzw. Gefährliche seines Tuns zu erkennen und seinen Willen, dieser Einsicht gemäß zu bestimmen. Diese Fähigkeiten habe der Kläger jedoch als 15 1/2-jähriger Junge, der die Volks- und Berufsschule besucht habe und außerdem auch Hitlerjunge gewesen sei, gehabt; außerdem sei im Jahre 1942 jedem in diesem Alter befindlichen Jungen bekannt gewesen, daß es gefährlich sei, mit Munition zu spielen. Wenn der Kläger demgegenüber vorträgt, daß er über die Gefährlichkeit des von ihm entnommenen Sprengkörpers nicht belehrt worden sei und er bei seinem Alter auch nicht habe erkennen können, daß es sich um einen gefährlichen Sprengkörper gehandelt habe, so wendet er sich damit gegen die vom LSG getroffenen Feststellungen über seinen Ausbildungsstand und seine geistige Reife im Zeitpunkt der Schädigung; er hält somit die objektive Erkennbarkeit der Gefährlichkeit des Sprengkörpers und des Hantierens mit diesem und die hieraus gezogenen Schlußfolgerungen für unrichtig. Sein Vorbringen richtet sich insoweit gegen die vom LSG vorgenommene Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG). Diese Rüge greift jedoch nicht durch; denn der Kläger hat weder Tatsachen noch Beweismittel im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG angegeben, aus denen sich ergibt, daß die insoweit getroffenen Feststellungen des LSG durch eine Verletzung der für die Beweiswürdigung geltenden Grundsätze zustande gekommen sind. Das LSG hat bei seiner Feststellung, der Kläger habe die Einsicht gehabt, daß der Sprengkörper gefährlich sei, und habe auch nach dieser Einsicht handeln können, weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze des täglichen Lebens (BSG 2, 236) verletzt. Es durfte ohne Verstoß gegen Erfahrungssätze des täglichen Lebens bei der Schulbildung und dem Wissen des Klägers, daß sich in den Munitionskisten Pulver und Sprengkörper befanden, annehmen, daß er die Gefährlichkeit solcher Munitionsarten kannte oder zumindest kennen mußte. Das gleiche gilt von der Ausführung des LSG, ein 15 1/2-jähriger Junge, der von einem Offizier zum Abladen von Munitionskisten aufgefordert wird und dabei mithilft, habe in aller Regel die Kenntnis davon, daß Munition gefährlich ist, dies um so mehr, als der Kläger im Jahre 1942 - wie das LSG hervorhebt - durch den Krieg und auch als Hitlerjunge solche Kenntnisse erlangt haben mußte. Die Behauptung des Klägers, die Gefährlichkeit eines Sprengkörpers sei nur dann für ihn erkennbar gewesen, wenn es sich um eine Spreng- oder Handgranate oder um Patronen gehandelt hätte, stellt nur einen Angriff gegen die Würdigung des vom LSG festgestellten Sachverhalts dar. Sie zwingt aber nicht zu dem Schluß, daß der Kläger im Zeitpunkt der Schädigung nach seiner Schulbildung und geistigen Reife nicht gewußt hat oder nicht hat erkennen können, daß die Gegenstände, die er Munitionskisten der Wehrmacht entnommen hatte, gefährlich waren. Für einen 15 1/2-jährigen Jungen mit Volks- und Berufsschulbildung, der aus Munitionskisten der Wehrmacht Pulver und andere Gegenstände entnimmt, wird ein Sprengkörper nicht dadurch erst als gefährlicher Gegenstand erkennbar, daß er die Art des Sprengkörpers im einzelnen festzustellen vermag. Der Umstand allein, daß er Gegenstände aus Munitionskisten an sich genommen hatte, reichte für das LSG aus, um seine Kenntnis von der Gefährlichkeit des entnommenen Gegenstandes feststellen zu können. Im übrigen hat das LSG zutreffend ausgeführt, daß der Kläger von der Gefährlichkeit der Sprengkörper um so mehr hätte überzeugt sein müssen, als er die Art des Sprengkörpers angeblich nicht hat erkennen können. Damit ist für das BSG bindend festgestellt (§ 163 SGG), daß der Kläger die Gefährlichkeit des Sprengkörpers kannte oder zumindest hätte erkennen müssen und daß er noch seiner Schulausbildung und geistigen Reife auch in der Lage war, dieser Erkenntnis gemäß zu handeln.
Demnach ist das Hantieren mit dem gefährlichen Sprengkörper, das Hineinschütten von Pulver in das angezündete Feuer und das sonstige Verhalten des Klägers die Ursache für den Unfall gewesen. Welche Motive den Kläger zum Handeln veranlaßt haben, ob also, wie er vorträgt, sein jugendlicher Spieltrieb der Anlaß dafür gewesen ist, mit seinem Freund ein Feuer zu entzünden und das den Munitionskisten entnommene Pulver in die Flammen zu schütten, ist bei Beantwortung der Frage, welche Bedingung für die eingetretene Schädigung wesentlich im Rechtssinne gewesen ist, unerheblich. Wie bereits oben ausgeführt, kommt es allein darauf an, ob objektiv die Gefahr erkennbar war und ob subjektiv von dem Beschädigten erwartet werden konnte, sich nach dieser Erkenntnis zu verhalten. Das hat im vorliegenden Fall das LSG zu Recht bejaht.
Das LSG hat somit im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung des Verlustes des rechten Unterarmes als Leistungsgrund nach dem BKBLG und Schädigungsfolge nach dem BVG verneint. Die Revision war somit gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen