Leitsatz (amtlich)
Die kraft Satzung oder Vollmacht eines der in SGG § 166 Abs 2 genannten Verbände erteilte Befugnis zur Prozeßvertretung von Mitgliedern dieser Verbände vor dem BSG kann nicht auf andere Personen durch Erteilung einer Untervollmacht übertragen werden.
Normenkette
SGG § 166 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 17. April 1958 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin vom 17. April 1958, zugestellt am 5. Mai 1958, mit einem Schriftsatz vom 12. Mai 1958, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 14. Mai 1958, Revision eingelegt und diese begründet. Der Schriftsatz ist mit "L... unterzeichnet. Beigefügt waren dem Schriftsatz eine auf den "Vertreter des Deutschen Kriegsopferverbandes e.V., Herrn F... C...," ausgestellte Vollmacht der Klägerin vom 12. Mai 1958, die auch zur Erteilung von Untervollmachten ermächtigt, und eine von C... auf K... L... ausgestellte "Untervollmacht" vom 12. Mai 1958. Mit Schreiben des Vorsitzenden des Senats vom 20. September 1960 ist K... L... auf die Bedenken hingewiesen worden, die gegen seine Befugnis, die Klägerin vor dem BSG zu vertreten (Postulationsfähigkeit) und insbesondere als Prozeßbevollmächtigter der Klägerin wirksam Revision einzulegen, sprechen. L... hat dieses Schreiben nicht beantwortet.
Nach § 164 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) muß die Revision binnen eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils beim BSG eingehen. Die Revisionsschrift muß von einem gemäß § 166 SGG beim BSG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten eigenhändig unterzeichnet sein (SozR SGG § 166 Bl. Da 1 Nr. 1). Gemäß § 166 Abs. 2 SGG sind als Prozeßbevollmächtigte vor dem BSG nur solche Mitglieder und Angestellte von Vereinigungen der Kriegsopfer zugelassen, die kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind. Kraft Satzung des Deutschen Kriegsopferverbandes e.V. ist nur der erste Vorsitzende und im Falle seiner Verhinderung der zweite Vorsitzende vertretungsberechtigt und damit den Zwecken und Aufgaben des Verbandes entsprechend befugt, die Verbandsmitglieder in Rechtsstreitigkeiten auch vor dem BSG zu vertreten. Zu diesen Personen gehört ... nicht.
Er ist auch nicht "kraft Vollmacht" des Deutschen Kriegsopferverbandes zur Prozeßvertretung vor dem BSG befugt. Die von C... ausgestellte "Untervollmacht" kann als Vollmacht im Sinne des § 166 Abs. 2 SGG nicht angesehen werden. Zwar wäre C... als erster Vorsitzender und satzungsmäßiger Vertreter des Deutschen Kriegsopferverbandes berechtigt gewesen, eine solche Vollmacht seitens des Verbandes L... zu erteilen. Jedoch ist in der von ihm erteilten Untervollmacht in keiner Weise zum Ausdruck gekommen, daß C... als Vertreter des Deutschen Kriegsopferverbandes an L... eine Befugnis gemäß § 166 Abs. 2 SGG zur Vertretung der Klägerin vor dem BSG erteilen wollte. Vielmehr ist aus dem Gebrauch des Wortes "Untervollmacht" zu schließen, daß C... in seiner Eigenschaft als Prozeßbevollmächtigter der Klägerin Liedtke zu seinem Vertreter bestellen wollte (§ 73 Abs. 4 SGG in Verbindung mit § 81 ZPO). Darauf deutet ferner sowohl die in der Prozeßvollmacht erwähnte Ermächtigung zur Erteilung von Untervollmachten hin als auch der Hinweis in der Revisionsschrift: "Vollmacht und Untervollmacht liegen bei".
Im Gegensatz zu der aus der Prozeßvollmacht nach dem Gesetz herzuleitenden Befugnis des Prozeßbevollmächtigten (§ 73 Abs. 4 SGG i.V.m. 81 ZPO), für sich durch Erteilung einer Untervollmacht einen Vertreter zu bestellen und diesem seine Befugnisse als Prozeßbevollmächtigter zu übertragen, kann die Zulassung gemäß § 166 Abs. 2 SGG, als Prozeßbevollmächtigter vor dem BSG Beteiligte zu vertreten (Postulationsfähigkeit), die ein Mitglied oder Angestellter einer der in § 166 Abs. 2 SGG genannten Verbände durch eine kraft Satzung oder Vollmacht erteilte Befugnis seitens eines solchen Verbandes erhalten hat, von diesem nicht auf Dritte durch Erteilung einer Untervollmacht weiter übertragen werden. Das Gesetz sieht dies nicht vor; zudem würde eine derartige, durch Erteilung von Untervollmachten ermöglichte Ausdehnung des Kreises der vor dem BSG erwählten postulationsfähigen Personen dem Sinn des Gesetzes widersprechen. Das Gesetz hat es in die Hand der Verbände gelegt, den Kreis der vor dem BSG postulationsfähigen Personen zu bestimmen. Dies kann entweder durch die Satzung des Verbandes oder durch einen satzungsmäßigen Vertreter des Verbandes geschehen. Damit übernehmen die Verbände die Gewähr dafür, daß die von der Satzung oder einem satzungsmäßigen Vertreter eines Verbandes erwählten Personen auch fähig und geeignet sind, die Prozeßvertretung von Verbandsmitgliedern vor dem BSG zu übernehmen. Weiterhin ist auf diese Weise gewährleistet, daß nicht andere Personen, und zwar ohne Wissen und Willen der Verbände als Prozeßvertreter vor dem BSG auftreten können und der Kreis der postulationsfähigen Personen bis zur Unübersehbarkeit ausgedehnt wird. L... war daher durch die von C... erteilte Untervollmacht nicht ein kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung vor dem BSG zugelassener Prozeßbevollmächtigter geworden und konnte somit die Revisionsschrift nicht wirksam unterzeichnen (SozR SGG § 166 Bl. Da 1 Nr. 4). Die durch ihn eingelegte Revision ist daher unzulässig und mußte verworfen werden.
Der Beschluß ergeht gemäß § 169 SGG, die Entscheidung über die Kosten in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen