Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Zwischen der Klägerin und der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) ist streitig, ob die Klägerin zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt ist.
Der Ehemann der Klägerin (Versicherter) entrichtete zwischen 1926 und 1930 als Mechaniker Beiträge zur tschechoslowakischen Pensionsversicherung. Er war Vertriebener und anerkannter Verfolgter. Bis zu seinem Tod im Jahre 1978 lebten die Eheleute als amerikanische Staatsangehörige in den Vereinigten Staaten. Die Klägerin wohnt weiterhin dort.
Am 12. November 1980 beantragte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) u.a. Witwenrente und Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 16 der Vereinbarung zur Durchführung (DV) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA), ohne nähere Angaben über den Versicherten und seine frühere Berufstätigkeit zu machen. Dazu legte er eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 30. Juni 1980 "in der Angelegenheit Entschädigung nach dem BEG - BRÜG - LAG und sonstigen Gesetzen" vor. Die BfA forderte den Bevollmächtigten auf, ihr die zur Bearbeitung des Antrags erforderlichen Angaben, insbesondere über die bisher zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu machen und entsprechende Unterlagen zu übersenden. Nachdem eine Antwort trotz zweimaliger Erinnerung ausblieb, lehnte die BfA mit getrennten Bescheiden vom 7. April 1982 den Antrag auf Nachentrichtung und den Antrag auf Witwenrente mit der Begründung ab, die Klägerin sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Die beiden Bescheide wurden am 8. April 1982 an den Bevollmächtigten abgesandt. Am Tage zuvor war bei der BfA jedoch dessen Schreiben vom 5. April 1982 eingegangen, in dem er die gestellten Anträge zurücknahm.
Am 25. Januar 1984 beantragte die Klägerin durch ihre jetzige Bevollmächtigte bei der BfA die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 51a Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) für die Zeit von Dezember 1973 bis Januar 1965 und Witwenrente, kurz darauf ferner, die ablehnenden Bescheide vom 7. April 1982 zu überprüfen.
Mit Bescheiden vom 4. November 1985 lehnte die beklagte LVA, der die BfA den Vorgang zuständigkeitshalber übersandt hatte, die Anträge ab. Eine Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen scheide wegen Überschreitens der Antragsfrist (Art 16 Abs. 1 Buchst b DV/DASVA) aus. Die Klägerin könne aus den Anträgen vom 12. November 1980 keine Rechte mehr herleiten, weil sie zurückgenommen worden seien. Eine Nachentrichtung nach Nr. 7 Buchst c des Schlußprotokolls (SP) zum DASVA komme nicht in Betracht, weil der Versicherte keine ausreichende Vorversicherungszeit aufzuweisen habe. Der Antrag auf Witwenrente werde abgelehnt, weil für den Versicherten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder im Land Berlin keine Beiträge entrichtet worden seien, sondern lediglich in der Tschechoslowakei. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. April 1987).
Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat die Klage durch Urteil vom 15. Februar 1988 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat die Berufung durch Urteil vom 14. September 1988 zurückgewiesen: Der Klägerin stehe eine Witwenrente mangels deutscher Versicherungszeiten allein aufgrund tschechoslowakischer Zeiten nicht zu. Sie könne auch nicht durch eine Nachentrichtung von Beiträgen die Wartezeit für eine Witwenrente erfüllen, weil der Antrag am 25. Januar 1984 erst nach Fristablauf gestellt worden sei. Aus dem fristgerecht an die BfA gerichteten früheren Antrag vom 12. November 1980 könne die Klägerin keine Rechte herleiten. Dieser Antrag sei wegen der Unzuständigkeit der BfA nicht wirksam geworden. Die der BfA gegenüber erklärte Rücknahme des Antrags habe sich so ausgewirkt, als riefe der Absender einen Boten zurück, bevor dieser die schriftliche Willenserklärung beim Empfänger abgegeben habe. Diese Ansicht finde ihre Parallele in den §§ 90, 91 und 94 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Dazu werde vertreten, daß die Erhebung der Klage bei einer unzuständigen Stelle zwar die Frist wahre, aber noch keine Rechtshängigkeit begründe. Deshalb liege eine Klagerücknahme im eigentlichen Sinne nicht vor, wenn ein Kläger - was wirksam geschehen könne seine Klage gegenüber der unzuständigen Stelle zurücknehme, bevor diese sie an das Gericht weitergeleitet habe. Auch sei der damalige Bevollmächtigte der Klägerin zur Rücknahme des Antrags berechtigt gewesen. Schließlich lasse sich die fristwahrende Wirkung des am 12. November 1980 gestellten Antrages auch über § 44 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) nicht erhalten, weil die Bescheide vom 7. April 1982 infolge fehlenden Antrags nichtig seien und daher von der genannten Vorschrift nicht erfaßt würden.
Gegen das Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision der Klägerin, mit der sie eine Verletzung des § 16 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - (SGB I) rügt: Die Rücknahme des Nachentrichtungsantrages durch den früheren Bevollmächtigten sei unwirksam, insbesondere weil sie nicht gegenüber dem zuständigen Leistungsträger erklärt worden sei. Der Antrag selbst habe dagegen bei der BfA als unzuständigem Träger wirksam gestellt werden können. Wenn die BfA den Antrag pflichtgemäß entsprechend § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I unverzüglich an die Beklagte als die zuständige Stelle weitergeleitet hätte, wäre die Rücknahmeerklärung gegenüber der BfA ins Leere gegangen. Die Klägerin sei daher mindestens aufgrund eines Herstellungsanspruchs berechtigt, Beiträge nachzuentrichten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
|
die Urteile des LSG vom 14. September 1988 und des SG vom 15. Februar 1988 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. November 1985 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1987 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide der BfA vom 7. April 1982 zurückzunehmen und sie (die Klägerin) zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 16 Abs. 1 DV/DASVA i.V.m. Art 2 § 51a ArVNG für die Zeit von Dezember 1973 bis Januar 1965 in Höhe der Mindestbeiträge von je 72,-- DM monatlich zuzulassen und ihr nach durchgeführter Nachentrichtung Witwenrente zu gewähren. |
|
Die Beklagte beantragt,
|
die Revision zurückzuweisen. |
|
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und trägt noch vor: Die BfA habe bis Januar 1984 keine Anhaltspunkte für ihre sachliche Unzuständigkeit gehabt, da die Klägerin bis dahin keine Angaben über die Berufstätigkeit des Versicherten gemacht habe. Daher liege in der unterlassenen Weiterleitung des Antrags keine Pflichtwidrigkeit. Der Antrag aber sei wirksam zurückgenommen worden, da er noch nicht bindend geworden sei und es keinen rechtserheblichen Unterschied ausmache, ob die Rücknahme gegenüber der zuständigen Stelle oder - wie hier - einer Stelle gegenüber erklärt werde, die sich erst im nachhinein als unzuständig herausgestellt habe. Mit der Rücknahme der Anträge seien die Bescheide vom 7. April 1982 nichtig geworden, so daß eine fristwahrende Wirkung auch nicht über § 44 SGB X habe erhalten werden können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision der Klägerin hat nur in formaler Hinsicht Erfolg, in der Sache ist sie unbegründet, weil die Klägerin die Frist für den Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 16 Abs. 1 DV/DASVA i.V.m. Art 2 § 51a Abs. 2 ArVNG versäumt hat. Für die Antragstellung lief eine Jahresfrist nach Inkrafttreten der DV am 1. Dezember 1979 (Art 16 Abs. 1 Buchst b Satz 1 und Art 18 Satz 1 DV/DASVA i.V.m. der Bekanntmachung vom 19. November 1979 - BGBl. II S. 1283). Innerhalb dieser Frist hatte die Klägerin ihren Antrag vom 12. November 1980 zwar gestellt. Sie hat ihn aber später wirksam zurückgenommen. Der im Januar 1984 gestellte neue Antrag ist verspätet.
Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, war der damalige Bevollmächtigte der Klägerin wirksam bevollmächtigt, den von ihm im November 1980 für die Klägerin gestellten Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen zurückzunehmen. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB X, der gem Art II § 37 Abs. 1 SGB X mit Wirkung vom 1. Januar 1981 auch auf das vorliegende Verwaltungsverfahren anzuwenden ist, ermächtigt die Vollmacht zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Zu diesen Verfahrenshandlungen zählt auch die das Verwaltungsverfahren beendende Rücknahme eines Antrags (vgl. VerbKomm, SGB X, Rdnr. 5 zu § 13). Die von der Klägerin auf ihren früheren Bevollmächtigten ausgestellte Vollmacht enthält nichts dafür, daß dieser nicht auch zur Rücknahme des Antrags auf Zulassung zur Beitragsnachenrichtung berechtigt sein sollte. Nach Wortlaut und Sinn dieser Vollmacht war er zu allen Verfahrenshandlungen ermächtigt, die Rechte und Ansprüche nach deutschen Entschädigungsregelungen betreffen. Hierzu zählte auch das nur Verfolgten eingeräumte Recht zur Nachentrichtung nach Art 16 Abs. 1 DV/DASVA. Die Klägerin hat auch nicht in Zweifel gezogen, daß sich die Vollmacht hinsichtlich der Antragsberechtigung auf Verfahren dieser Art erstreckt. Sonst wäre auch nicht einmal der allein fristgerechte Antrag vom November 1980 durch die Vollmacht gedeckt gewesen. Entsprechend muß die Klägerin mangels anderweitiger Regelung in der Vollmacht gegen sich gelten lassen, daß auch die Rücknahme des Antrags unter die Vollmacht fiel. Etwaige interne Absprachen zwischen der Klägerin und ihrem damaligen Bevollmächtigten, die den Umfang der Vollmacht einschränken sollten, waren, da sie sich nicht aus der Vollmachtsurkunde selbst ergaben, für das Verwaltungsverfahren nicht beachtlich (vgl. Hauck/Haines, SGB X 1, 2 Komm, Rdnr. 6 zu § 13). Auch war die Vollmacht im Zeitpunkt der Antragsrücknahme nicht widerrufen (§ 13 Abs. 1 Satz 4 SGB X).
Der Wirksamkeit der Antragrücknahme steht nicht entgegen, daß sie an die BfA gerichtet war. Grundsätzlich ist die Rücknahmeerklärung an die Behörde zu richten, die sachlich und örtlich für das mit dem Antrag eingeleitete Verwaltungsverfahren zuständig ist; denn wer für den Antrag der richtige Adressat ist, ist es auch für dessen Rücknahme. Wie sich aus Art 16 Abs. 1 Buchst b Satz 2 DV/DASVA i.V.m. §§ 15 und 20 Abs. 1 des Fremdrentengesetzes (FRG) ergibt, war die BfA für die Zulassung der angestrebten Nachentrichtung - objektiv gesehen - sachlich nicht zuständig, weil der Versicherte nach der Art seiner Beschäftigung (Mechaniker) der Rentenversicherung der Arbeiter und nicht der Angestelltenversicherung zuzuordnen war. Gleichwohl ist der Antrag im Zeitpunkt seines Eingangs bei der BfA (12. November 1980) wirksam gestellt worden. Deshalb konnte jedenfalls hier auch seine Rücknahme der BfA gegenüber wirksam erklärt werden.
Die Wirksamkeit der Antragstellung bei der BfA ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I, wonach u.a. ein beim unzuständigen Leistungsträger eingegangener Antrag auf Sozialleistungen, die von einem Antrag abhängig sind, als zu dem Zeitpunkt gestellt gilt, in dem er bei diesem Träger eingegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wird § 16 SGB I entsprechend auch auf Anträge angewandt, die keine Anträge auf Sozialleistungen i.S. von § 11 SGB I sind, die jedoch für die Stellung als Versicherter Bedeutung haben (BSGE 59, 190, 192 m.w.N. = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr. 63). Das gilt nach dieser Rechtsprechung insbesondere auch für Anträge auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen.
Allerdings wird in der Literatur zum Teil die Auffassung vertreten, die in § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I enthaltene Fiktion beziehe sich nur auf den Zeitpunkt, nicht aber auf die Wirksamkeit der Antragstellung (Hauck/Haines a.a.O. SGB I Rdnr. 6 zu § 16; Grüner/Dalichau, Sozialgesetzbuch, Komm, Bd I Anm. V zu § 16; Schnapp in Bochumer Komm zum SGB, Allgemeiner Teil, 1979, Rdnr. 10 zu § 16). Auch das LSG hat sich diese Auffassung zu eigen gemacht. Eine derartige Auslegung wird aber dem Wortlaut ("gilt der Antrag als … gestellt") und dem Sinn der Vorschrift nicht gerecht, wonach der einzelne mit seinem Begehren nach Sozialleistungen nicht an Zuständigkeitsabgrenzungen innerhalb der gegliederten Sozialverwaltung scheitern darf (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum SGB I, BT-Drucks 7/868 zu § 16, S. 25/26). So entstünde eine dem Versicherten nicht zumutbare Rechtsunsicherheit, wenn ein objektiv unzuständiger Versicherungsträger, der sich aber für zuständig hält, über einen Antrag bindend entscheidet, von dem die angestrebte Leistung abhängt. Folgte man der Auffassung des LSG, wäre ein solcher Bescheid wegen Fehlens eines wirksamen Antrags rechtswidrig, wenn nicht gar nichtig (vgl. BSGE 12, 265, 268; BSG SozR 2200 § 1303 Nr. 22; GesamtKomm a.a.O., Bd IV, Anm. 26b zu § 40).
Der hier vertretenen Auffassung stehen die Gesetzesmaterialien zu § 16 SGB I nicht entgegen. In der Begründung zur Regierungsvorlage (a.a.O. S. 26) heißt es zu Absatz 2 dieser Vorschrift: "Satz 2 fingiert nur die Einhaltung eines Zeitablaufs, nicht jedoch andere Voraussetzungen für Sozialleistungen wie etwa die Kenntnis des Leistungsträgers nach § 5 Bundessozialhilfegesetz". Kernpunkt dieser Aussage ist, daß die Fiktion auf die reine Antragstellung beschränkt und nicht auf andere Voraussetzungen für Sozialleistungen erstreckt werden soll (GesamtKomm, a.a.O. Bd 1 Anm. 11a zu § 16 m.w.N.). § 16 SGB I ist daher nicht auf Melde- oder Anzeigepflichten oder auf Sachverhalte anwendbar, in denen es darauf ankommt, daß der zuständige Träger Kenntnis von bestimmten Umständen hat (BSGE 52, 254, 256 ff. = SozR 2200 § 216 Nr. 5; BSG SozR 2200 § 216 Nr. 5; BSG SozR 1200 § 16 Nr. 7).
Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Antragstellung ist weiterhin zu berücksichtigen, daß ein im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren gestellter Antrag eine einseitige, empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung darstellt, auf die - sofern das Sozialrecht keine speziellen Regelungen trifft die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anwendung finden (Grüner, a.a.O., Anm. I zu § 16). Dafür, ob ein Antrag als wirksam gestellt gilt, kommt es daher entscheidend auch darauf an, wem gegenüber nach dem erkennbaren Willen des Antragstellers diese Willenserklärung abgegeben werden soll. Im vorliegenden Fall hat der damalige Bevollmächtigte der Klägerin den Antrag an die BfA gerichtet, weil er anscheinend von deren Zuständigkeit für die Zulassung zur Beitragsnachentrichtung ausging. Mit der Entgegennahme des Antrags durch die BfA ist dieser deshalb wirksam geworden. Anders wäre es, wenn der Wille des Antragstellers erkennbar darauf gerichtet ist, daß die angegangene Stelle nicht Empfänger der im Antrag enthaltenen Willenserklärung, sondern Bote ist, der den Antrag an die zuständige Stelle weiterleiten soll. Dann ist dieser erst wirksam, wenn er bei der zuständigen Stelle eingegangen ist (vgl. Hauck/Haines, a.a.O., Bd I Rdnr. 6). So kann es sich etwa verhalten, wenn ein Antrag auf Sozialleistungen oder ein gleich zu behandelnder Antrag bei einer Gemeinde oder einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland abgegeben wird. Gleiches mag in dem - hier nicht vorliegenden Fall - gelten, in dem der Antrag in erkennbarer Kenntnis der Unzuständigkeit bei einem Leistungsträger eingereicht wird, damit dieser ihn an den zuständigen Träger weiterleitet.
Die vom LSG vertretene Ansicht läßt sich auch nicht auf die §§ 90, 91 und 94 Abs. 1 SGG stützen. Das Einreichen einer an ein Gericht adressierten Klage bei einer Behörde leitet ungeachtet seiner fristwahrenden Wirkung das gerichtliche Verfahren erst mit dem Eintritt der Rechtshängigkeit bei Gericht ein, während ein an eine Verwaltungsbehörde gerichteter Antrag, für den objektiv gesehen eine andere Behörde zuständig ist, ein Verwaltungsverfahren bei der angegangenen Behörde jedenfalls dann einleitet, wenn die Unzuständigkeit - wie hier - nicht erkennbar ist. Abgesehen von diesen Unterschieden zwischen Klageerhebung und Einleitung eines Verwaltungsverfahrens unterscheidet sich auch die Formulierung des § 91 Abs. 1 SGG von der des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I. Während es in § 91 Abs. 1 SGG heißt: "Die Frist für die Erhebung der Klage gilt auch dann als gewahrt, . ." heißt es in § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I ". ., gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, . .". Aus diesen unterschiedlichen Formulierungen ist nicht auf Parallelität, sondern im Gegenteil eher auf Unterschiedlichkeit der Regelungen zu schließen.
Die Rücknahme des Antrags auf Zulassung zur Beitragsnachentrichtung war, da der Antrag keine rechtsgestaltende Bestimmungserklärung enthielt, jedenfalls bis zur Wirksamkeit des Bescheides zulässig (BSGE 60, 79, 84, 85 = SozR 4100 § 100 Nr. 11). Da die Rücknahmeerklärung am selben Tage einging, an dem der Bescheid gefertigt wurde, dieser also noch nicht nach § 39 Abs. 1 SGB X wirksam war, wurde der Antrag wirksam zurückgenommen.
Die Klägerin brauchte auch nicht im Wege eines sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs zur Beitragsnachentrichtung zugelassen zu werden; denn weder der Beklagten noch der BfA fällt eine Pflichtwidrigkeit zur Last. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die unterlassene Weiterleitung des Antrags vom 12. November 1980 an den zuständigen Träger. Zwar war die BfA in analoger Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB X verpflichtet, den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger weiterzuleiten. "Unverzüglich" bedeutet aber in diesem Zusammenhang - entsprechend der in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltenen Definition - "ohne schuldhaftes Zögern" (so BSGE 22, 187). Daraus folgt, daß die den Antrag entgegennehmende Stelle sich nach besten Kräften bemühen muß, die Frage der Zuständigkeit abschließend zu klären (Grüner, a.a.O., Anm. IV zu § 16). Da sich aus dem Antrag zur Frage der Zuständigkeit nichts entnehmen ließ, mußte die BfA insoweit Nachforschungen anstellen. Dem hat sie dadurch entsprochen, daß sie u.a. Fragen über die bisher zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten an den damaligen Bevollmächtigten der Klägerin richtete, aus denen die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Zulassung zur Nachentrichtung hätte entnommen werden können. Da trotz mehrmaliger Erinnerung eine Antwort hierauf ausgeblieben war, konnte und durfte die BfA den Antrag nicht weiterleiten; denn ihr war der zuständige Träger unbekannt, und sie mußte sogar zunächst von ihrer eigenen Zuständigkeit ausgehen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) scheitert schon daran, daß ein Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen erst am 25. Januar 1984, und somit über drei Jahre nach Fristablauf gestellt wurde.
Da ein fristgerecht und wirksam gestellter Antrag auf Nachentrichtung nach Art 16 DV/DASVA demnach nicht mehr vorlag, hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid die Zulassung zu einer Nachentrichtung nach dieser Vorschrift mit Recht abgelehnt. Eine Zulassung zu einer Nachentrichtung nach Nr. 7 Buchst c SP/DASVA kam ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung können amerikanische Staatsbürger auf Antrag freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nachentrichten, wenn ein Recht auf freiwillige Weiterversicherung aufgrund der am 19. Oktober 1972 in Kraft getretenen Rechtsvorschriften über die freiwillige Versicherung entfiel, weil sie den gewöhnlichen Wohnsitz oder Aufenthaltsort außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland hatten. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid auch die Zulassung zu dieser Nachentrichtung abgelehnt. Ob die Klägerin ihren Antrag zuletzt überhaupt noch weiterverfolgt hat oder der ablehnende Bescheid insoweit nicht bereits bindend geworden ist, braucht nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls steht der Klägerin dieses Nachentrichtungsrecht nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 1233 Abs. 1 RVO in der bis zum 18. Oktober 1972 geltenden Fassung (ausreichende Beitragsentrichtung) nicht erfüllt waren.
Entgegen der Auffassung des LSG hätte die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid die Rücknahme des Bescheides vom 7. April 1982, in dem die Nachentrichtung bereits abgelehnt worden war, nach § 44 SGB X nicht ablehnen dürfen. Nicht gefolgt werden kann nämlich der Auffassung des LSG, der nach Rücknahme rechtlich nicht mehr vorhandene Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung habe zur Nichtigkeit des sie ablehnenden Bescheides vom 7. April 1982 geführt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Fehlen eines solchen Antrags zur Folge hat, daß der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Dagegen könnte sprechen, daß der Versicherte selbst durch einen Nachentrichtungs-Zulassungsbescheid zur Zahlung der Beiträge nicht verpflichtet wird. Selbst wenn man aber einen besonders schwerwiegenden Fehler i.S. von § 40 Abs. 1 SGB X annimmt, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Bescheids; denn bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände ist der im fehlenden Antrag liegende Mangel des Bescheides nicht offenkundig. Wird nämlich - wie hier - über die Wirksamkeit der Rücknahme eines zunächst wirksam gestellten Antrages gestritten, so ist nicht für jedermann ohne weiteres erkennbar, daß der Bescheid keinesfalls rechtens sein kann. War hiernach der Bescheid wegen fehlenden Antrags zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig, war er nach § 44 SGB X zu überprüfen. Dabei kommt § 44 Abs. 2 SGB X, und nicht dessen Abs. 1, zur Anwendung, da es sich bei einer Nachentrichtung von Beiträgen weder um zu Unrecht nicht erbrachte Sozialleistungen noch um zu Unrecht erhobene Beiträge handelt (BSGE 62, 143, 145 = SozR 5750 Art 2 § 28 Nr. 5).
Der Bescheid vom 7. April 1982, mit dem die Zulassung zur Nachentrichtung abgelehnt wurde, war auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Wie der erkennende Senat in dem genannten Urteil (a.a.O.) entschieden hat, wirkt ein Bescheid über Beitragsnachentrichtung in die Vergangenheit. § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X sieht zwar insoweit ein Ermessen der zuständigen Behörde (vgl. hier § 44 Abs. 3 SGB X) vor. Dieses war hier aber in dem Sinne "auf Null geschrumpft", daß die Beklagte sich nur für die Rücknahme des Bescheides entscheiden konnte (vgl. BSG SozR 1300 § 44 Nr. 28). Hierfür spricht zunächst, daß im vorliegenden Fall die Beklagte nur zwischen zwei Möglichkeiten wählen konnte, nämlich der Aufrechterhaltung des Bescheides oder dessen ersatzloser Rücknahme; andere Entscheidungen - wie etwa die Zulassung zur Nachentrichtung - waren wegen fehlenden Antrages ausgeschlossen. Bei der Abwägung der beiden Möglichkeiten fällt ins Gewicht, daß ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides weder bei den Beteiligten noch bei Dritten besteht, andererseits aber die beantragte Rücknahme des mit einem erheblichen Mangel (fehlender Antrag) behafteten Bescheides weder auf verwaltungsmäßige Schwierigkeiten stößt noch die Versichertengemeinschaft belastet. Schließlich dient die Rücknahme des Bescheides der Rechtssicherheit; denn entgegen dem Bescheid vom 4. November 1985 erweckt der Bescheid vom 7. April 1982 den unzutreffenden Eindruck, es habe bei Bekanntgabe des Bescheides noch ein fristgerecht gestellter Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung vorgelegen. Da die Beklagte daher in der Ausübung ihres Ermessens sich nur für die Rücknahme des Bescheides vom 7. April 1982 entscheiden konnte, durfte der Senat die Beklagte hierzu verurteilen.
Auch der die Witwenrente ablehnende Bescheid vom 4. November 1985 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1987 ist sachlich nicht zu beanstanden. Da der Versicherte keine Beitragszeiten im Inland zurückgelegt hatte und dieses auch im Wege einer Nachentrichtung nicht mehr erreicht werden konnte, steht der Klägerin wegen § 1319 Abs. 1 RVO i.V.m. Nr. 4a SP/DASVA eine Witwenrente nicht zu. Soweit dieser Bescheid allerdings die Rücknahme des die Witwenrente betreffenden Bescheides vom 7. April 1982 ablehnt, ist er aus den gleichen Gründen wie der die Nachentrichtung betreffende Bescheid vom 4. November 1985 aufzuheben. Dementsprechend war die Beklagte wegen Fehlens eines Antrags auf Witwenrente auch zur Rücknahme des die Witwenrente ablehnenden Bescheides vom 7. April 1982 zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin nicht zu erstatten, weil die Revision nur in formaler Hinsicht, nicht aber in der Sache Erfolg hatte.12 RK 10/89
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen