Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff "Berufs- und Wirtschaftsgruppe" iS des BVG § 40a Abs 2 S 2.
2. Ein Arzt, welcher im Oktober 1939 zum Kriegsdienst eingezogen, im Dezember 1939 Facharzt für Chirurgie geworden und 1943 als Marine-Stabsarzt der Reserve gefallen ist, hatte in seinem Beruf keine solche Stellung erreicht, daß sie durch DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 nicht ausreichend berücksichtigt worden wäre.
3. Die Berufsgruppe, der ein selbständig Tätiger nach BVG § 40a Abs 2 S 2 wahrscheinlich angehört hätte, ist durch DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1 abschließend bestimmt.
Leitsatz (redaktionell)
Die Einteilung und Zusammenfassung der Berufe in Berufsgruppen, wie sie in der vom BMA herausgegebenen Schrift "Klassifizierung der Berufe, Berufstätigen in der Bundesrepublik Deutschland, beschrieben in der Zusammenfassung berufssystematischer Einheiten" vorgenommen ist, ist für die Auslegung des BVG als nicht maßgebend anzusehen.
Orientierungssatz
Nach allgemeinem Sprachgebrauch bezeichnet "Beruf" den Kreis von Tätigen mit zugehörigen Pflichten und Rechten, welcher dem Menschen im Rahmen der Sozialordnung als dauernde Aufgabe zufällt und zumeist zum Erwerb des Lebensunterhalts dient, und steht als dauernde Hingabe an eine Betätigung im Gegensatz zu deren vorübergehenden Verrichtung, einer "Beschäftigung". Eine überall und immer gültige nähere Begriffsbestimmung des Berufs läßt sich nicht geben, weil er einerseits an die Sozialordnung gebunden ist, in welcher er im Einzelfall auftritt, andererseits in seiner ökonomischen und ethischen Einschätzung nach Zeiten und Ländern verschieden ist, auch religiös und philosophisch bestimmt wird.
Normenkette
BVG § 40a Abs. 2 S. 2 Fassung: 1964-02-21; BVG§30Abs3u4DV § 6 Abs. 1 Fassung: 1964-07-30, Abs. 2 Fassung: 1964-07-30, § 5 Abs. 1 Fassung: 1964-07-30
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 1966 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 17. Februar 1966 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin bezieht nach ihrem im Oktober 1943 als Marinestabsarzt der Reserve gefallenen (im Juli 1908 geborenen) Ehemann Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Im Februar 1965 beantragte sie die Gewährung von Schadensausgleich; ihr Ehemann sei im Dezember 1939 Facharzt für Chirurgie geworden und dürfte ohne die Schädigung ein Einkommen von wesentlich mehr als dem Doppelten desjenigen der Klägerin erzielen. Durch Bescheid vom 23. Juli 1965 lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) den Antrag ab, weil der verstorbene Ehemann als Facharzt für Chirurgie nach der vergleichbaren Besoldungsgruppe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) ein monatliches Einkommen gehabt hätte, welches nicht das Doppelte der Bezüge der Witwe erreicht hätte. Der Widerspruch, mit dem die Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (DVO) insbesondere hinsichtlich der Begrenzung auf die Besoldungsgruppe A 14 als verfassungswidrig bezeichnet wurde, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. August 1965).
Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - vom 17. Februar 1966). Das SG hat ausgeführt, es könne nicht als nachgewiesen erachtet werden, daß der Ehemann der Klägerin heute Chefarzt der Chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses mit entsprechendem Einkommen und Nebeneinnahmen sein würde.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt und ist der Auffassung geblieben, durch die DVO, insbesondere deren § 6 Abs. 2, werde das Gesetz eingeengt. Nach Beweisaufnahme über das Einkommen der Ärzte im Kalenderjahr 1961 hat das Landessozialgericht (LSG) die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung beigeladen und durch Urteil vom 24. Oktober 1966 unter Aufhebung des Urteils des SG und der Verwaltungsbescheide den Beklagten verurteilt, der Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin als Durchschnittseinkommen des Ehemannes das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 16 zuzüglich des Ortszuschlags nach Gruppe 2 und Ortsklasse A BBesG zugrunde zu legen. Es hat die DVO und die Festlegung des Durchschnittseinkommens nach den Besoldungsgruppen des BBesG für verfassungsmäßig gehalten. Es ist allerdings der Auffassung gewesen, durch § 6 Abs. 1 und Abs. 2 der DVO werde § 40 a BVG in unzulässiger Weise eingeengt, weil von den gleichwertigen Tatbeständen der tatsächlich und der wahrscheinlich erreichten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe nur der eine Tatbestand herausgegriffen sei, nämlich der des vor der Schädigung bereits Erreichten. Damit überschreite § 6 DVO die gesetzliche Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG, insbesondere sei § 40 a BVG in seinem Wortlaut so eindeutig, daß für eine abweichende Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes kein Raum sei. § 6 DVO sei rechtsunwirksam, soweit er den Kreis der Witwen, der eine Sonderregelung des Schadensausgleichs beanspruchen könne, entgegen § 40 a BVG insoweit einschränke, als er nur den Tatbestand des "vor der Schädigung Erreichten" berücksichtige. Die zum Teil nichtige Bestimmung des § 6 DVO bleibe in der Gestalt anwendbar, die sie ohne die nichtigen Einschränkungen auf die vor Eintritt der Schädigung erreichte Stellung oder auf das in den letzten drei Jahren erreichte Einkommen aufweise. Es sei mit Sicherheit anzunehmen, der Verordnungsgeber würde diese Norm auch ohne den nichtigen Teil erlassen haben, weil § 40 a BVG für alle Witwen eine einheitliche Regelung getroffen habe; der Verordnungsgeber hätte also von der Einschränkung abgesehen und es insoweit beim Wortlaut des § 40 a Abs. 2 BVG belassen. Der Ehemann der Klägerin sei bereits 1939 Facharzt für Chirurgie gewesen. Die Ärzte seien im Gegensatz zu der Auffassung der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung eine Berufsgruppe im Sinne der Vorschriften über den Schadensausgleich. Die "Klassifizierung der Berufe, Berufstätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland, beschrieben in der Zusammenfassung nach berufssystematischen Einheiten" könne nicht für die Gesetzesauslegung maßgebend sein. Als Facharzt für Chirurgie würde der Ehemann der Klägerin nicht unter dem Durchschnittseinkommen aller Ärzte geblieben sein, welches nach der Beweisaufnahme mit etwa 42.947,- DM anzusetzen sei. Dementsprechend müsse die höchste Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A des BBesG zugrunde gelegt werden, also A 16. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zugelassen.
Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt zu erkennen,
1. Das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz wird aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 17. Februar 1966 wird zurückgewiesen.
Er und der Beigeladene rügen eine Verletzung des § 6 der DVO und des § 40 a Abs. 2 BVG. Sie sind der Auffassung, § 6 Abs. 1 und 2 der DVO hielten sich im Rahmen der Ermächtigung der §§ 40 a Abs. 4 und 30 Abs. 7 BVG. Außerdem habe das LSG die seines Erachtens bestehende Lücke des Gesetzes unrichtig ausgefüllt, indem es in die Kompetenz der ersten Gewalt - des Gesetzgebers - unzulässig eingegriffen habe.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 1966 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Beklagte hat die durch Zulassung statthafte Revision form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Das Rechtsmittel ist sonach zulässig. Es ist auch begründet.
Streitig ist, ob der B klagte bei der Berechnung des Schadensausgleichs nach § 40 a idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) ohne Gesetzesverletzung als Durchschnittseinkommen des verstorbenen Ehemannes der Klägerin gemäß § 5 DVO das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes zugrunde legen durfte oder ob er bei dieser Berechnung von § 6 DVO hätte ausgehen müssen. Das LSG hat unangefochten festgestellt, daß der Verstorbene unmittelbar nach seiner Einberufung zum Wehrdienst im Dezember 1939 Facharzt für Chirurgie geworden ist. Es hat im Hinblick auf die damit erreichte Berufsstellung einen Anspruch der Klägerin auf Ermittlung des Durchschnittseinkommens nach § 6 DVO bejaht. Dieses Ergebnis ist rechtlich zu beanstanden.
Nach § 40 a Abs. 2 BVG ist zur Feststellung des Schadensausgleichs einer Witwe das Einkommen ihres Ehemannes zu ermitteln; als solches gilt das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Verstorbene angehört hat oder unter bestimmten Voraussetzungen wahrscheinlich angehört hätte.
Zu dem Begriff "Berufs- und Wirtschaftsgruppe" hat der Beigeladene vornehmlich in der Berufungsinstanz längere Ausführungen gemacht und sich auf die Schrift "Klassifizierung der Berufe, Berufstätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland, beschrieben in der Zusammenfassung nach berufssystematischen Einheiten" gestützt. Diese Schrift soll nach den Angaben über ihre Entstehung und ihren Zweck insbesondere für die Aufbereitung der Volks- und Berufszählung 1961 sowie für organisatorische und statistische Zwecke der Arbeitsverwaltung dienen. Sie teilt die Erscheinungen des Berufslebens in Berufsabteilungen ein; unter diesen stehen Berufsgruppen, welche sich in Berufsordnungen und weiter in Berufsklassen aufteilen.
Zu Recht hat das LSG diese Einteilung und Zusammenfassung in Berufsgruppen für die Auslegung des BVG als nicht maßgebend angesehen.
Der Begriff "Berufs- und Wirtschaftsgruppe" (vgl. §§ 40 a Abs. 2 Satz 2, 30 Abs. 4 BVG) ist im BVG nicht näher erläutert. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bezeichnet "Beruf" den Kreis von Tätigkeiten mit zugehörigen Pflichten und Rechten, welcher dem Menschen im Rahmen der Sozialordnung als dauernde Aufgabe zufällt und zumeist zum Erwerb des Lebensunterhalts dient, und steht als dauernde Hingabe an eine Betätigung im Gegensatz zu deren vorübergehenden Verrichtung, einer "Beschäftigung". Eine überall und immer gültige nähere Begriffsbestimmung des Berufs läßt sich nicht geben, weil er einerseits an die Sozialordnung gebunden ist, in welcher er im Einzelfall auftritt, andererseits in seiner ökonomischen und ethischen Einschätzung nach Zeiten und Ländern verschieden ist, auch religiös und philosophisch bestimmt wird. Da aber die Ausübung des Berufs einer der Faktoren des Wirtschaftslebens ist, hat sich in allen modernen Staaten infolge der überragenden Bedeutung der Wirtschaft für das Staatsleben die Notwendigkeit entwickelt, die Berufsgliederung festzustellen. Ihr dient die Berufsstatistik, welche auf der Berufszählung beruht. Zu deren Erhebungsmerkmalen gehören u. a. die Erwerbstätigkeit, die Stellung im Beruf, die Wirtschaftszweige und die Berufssystematik, aufgestellt nach dem Dezimalsystem. Diese Erhebungsmerkmale werden aus statistischen Gründen in mannigfacher Weise kombiniert. Dies kommt bereits in der genannten Schrift "Klassifizierung der Berufe, Berufstätigkeiten usw", welche die oben erwähnte Berufssystematik darstellt, zum Ausdruck. Diese ist nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnet. Teils verwertet sie als Unterscheidungsmerkmal das Ergebnis der Tätigkeiten, z. B. "Berufsabteilung 1 Berufe des Pflanzenbaues und der Tierwirtschaft", teils - wie z. B. in der "Berufsabteilung 2/3 Industrielle und handwerkliche Berufe"- die Art der Beschäftigung, oder wie bei den "Metallwerkzeugmachern" das Arbeitsergebnis oder (bei der Berufsgruppe 32: "Papierhersteller und -verarbeiter") gleichwertig nebeneinander das hergestellte Produkt und das verarbeitete Material. Das BVG aber läßt erkennen, daß es eine derartige Zusammenstellung nicht unter seinen "Berufsgruppen" verstanden wissen will. Denn es läßt für die Zuteilung der Beschädigten (§ 30 Abs. 4) bzw. der verstorbenen Ehemänner der Witwen (§ 40 a Abs. 2 Satz 2) zu Berufs- und Wirtschaftsgruppen ihre Lebensverhältnisse, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie den bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen maßgebend sein. Dies entspricht eher dem allgemeinen Sprachgebrauch als die Einteilung der Berufe unter berufsstatistischen Gesichtspunkten. Infolgedessen hat das LSG zu Recht dieses statistische Material nicht herangezogen und sich auf den allgemeinen Sprachgebrauch bezogen. In Auslegung des BVG zählt zu einer Berufsgruppe eine Vielzahl von Berufstätigen, die einerseits ein wirtschaftliches oder soziales Gewicht innerhalb des Wirtschaftslebens hat und andererseits nach Vorbildung oder Art der ausgeübten Tätigkeit sowie deren wirtschaftlichem Erfolg homogen ist. Von dieser Auffassung geht auch die Durchführungsverordnung aus. Nach ihr werden die Berufsgruppen (und folglich die in ihnen erzielten durchschnittlichen Einkommen) nach dem Ausbildungsgang und dessen Ergebnis gegliedert sowie einerseits nach der Stellung im Beruf - unselbständig und selbständig -, andererseits auch nach der sozialen Stufenfolge der Abhängigen. Diese Einteilung ist mit dem BVG vereinbar. Sie beweist schon durch die Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit, daß die bereits erwähnte "Klassifizierung der Berufe, Berufstätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland ... usw." schon deshalb nicht herangezogen werden kann, weil ihr diese Unterscheidung fremd ist. Mithin hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß die Ärzte eine Berufsgruppe im Sinne des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG sind.
Bei der Prüfung, ob die DVO verfassungsmäßig ist, war davon auszugehen, daß § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG nach § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG anzuwenden sind und daß ferner nach § 40 a Abs. 4 BVG die Vorschrift des § 30 Abs. 7 BVG entsprechend gilt. Nach der hiernach vorgesehenen Ermächtigung kann die Bundesregierung bestimmen, "welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist". Hieraus ergibt sich, daß denjenigen Witwen, die durch den Tod des Ehemannes eine starke Einkommenseinbuße hinzunehmen hatten, ein Ausgleich gegeben werden soll, der gegenüber der Ausgleichsrente dem mutmaßlichen Einkommensverlust zusätzlich Rechnung trägt. Daß dabei der Einkommensverlust nicht konkret ermittelt werden soll, sondern daß das voraussichtlich erzielte Einkommen nur nach dem Durchschnittseinkommen der jeweils in Betracht kommenden Berufsgruppe zu bemessen ist, ergibt sich aus dem die Vorschrift des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG ergänzenden Hinweis auf § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG. Dabei handelt es sich nicht etwa um verfahrensrechtliche Regelungen, sondern um Vorschriften, durch die der Anspruch gemäß der vorgesehenen Einordnung der Beschädigten in eine bestimmte Berufsgruppe oder Besoldungsstufe sachlich-rechtlich begrenzt wird (so BSG-Urteil vom 16. Februar 1967 - 10 RV 1077/65 - SozR DVO zu § 30 Abs. 3 und 4, § 4 Nr. 1). Mit dem Hinweis, daß sich der Einkommensverlust nach dem Durchschnittseinkommen einer bestimmten Berufsgruppe richtet, wird deutlich gemacht, daß - wie bei der Rente - auch beim Schadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zu Gunsten eines generalisierten oder pauschalen Schadensausgleichs zurücktreten mußte. Die Vorschrift des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG, daß als Einkommen des Verstorbenen das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe gilt, der er nach seinen Lebensverhältnissen, den beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hat oder angehört hätte, bedeutet nicht, daß im Einzelfall etwa vorliegende oder anzunehmende besonders günstige Umstände bereits zur Gewährung eines entsprechend höheren Schadensausgleiches führen könnten"; vielmehr soll, wie es auch im schriftlichen Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (22. Ausschuß - vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlp., BT-Drucksache Nr. 1825 S. 7 zu § 30 BVG -) heißt, bei dem "fiktiv" zu errechnenden Einkommensverlust ein "durchschnittlicher Berufserfolg maßgebend" sein. Auch im übrigen sieht das BVG keinen vollen Ausgleich des Einkommensverlustes vor. Es ist also davon auszugehen, daß der durch den Tod des Ehemannes bedingte Einkommensverlust nur "in einem bestimmten Verhältnis" entschädigt wird (vgl. Amtl. Begründung zum Entwurf des 1. NOG, Deutscher Bundestag, 3. Wahlp., BT-Drucks. 1239 zu § 30 S. 25). Diese Grundsätze gelten auch für selbständig Tätige. Sie können erfahrungsgemäß unter günstigen Umständen ein Vielfaches des Verdienstes eines Beamten erzielen. Wenn das BVG sich trotzdem auch auf die jeweils geltenden beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen des Bundes bezieht, so bedeutet dies, daß ein etwaiger späterer Mehrverdienst des Selbständigen, mag er noch so wahrscheinlich oder sicher sein, außer Betracht zu bleiben hat. Demgemäß regelt § 5 der DVO das Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit je nach der Schul- und Berufsausbildung und bestimmt, daß ein höheres Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit mit abgeschlossener Hochschulbildung als das Endgehalt der Besoldungsgruppe A 14 - mit den vorgesehenen Zuschlägen - nicht berücksichtigt werden kann. Die Einstufung in § 5 DVO - diese Vorschrift ist ebenso wie §§ 3, 4 DVO nach § 11 DVO zur Ermittlung des in § 40 Abs. 2 BVG bezeichneten Durchschnittseinkommens entsprechend anzuwenden - entspricht somit der Vorschrift des § 40 a Abs. 2 BVG und der oben bereits erwähnten Ermächtigung.
Die Bundesregierung war nicht verpflichtet, innerhalb der selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung noch weiter nach höheren Besoldungsgruppen zu unterscheiden. Sie hat mit der Begrenzung in § 5 DVO ihre Ermächtigung nicht überschritten. Wie es in der amtlichen Begründung zum Entwurf des 1. NOG heißt, ist die Ermächtigung zum Erlaß einer Verordnung notwendig, weil es einer allgemein verbindlichen Regelung bedarf, wie zu verfahren ist, wenn sich ein Durchschnittseinkommen der in Betracht kommenden Berufsgruppe nicht ermitteln läßt oder nicht zum Vergleich herangezogen werden kann. Die Bundesregierung konnte dieses Einkommen angesichts des Umstandes, daß das zu ermittelnde Vergleichseinkommen überhaupt nur eine theoretische Annahme darstellt, deren Richtigkeit sich im Einzelfall gar nicht feststellen läßt, nach dem regelmäßigen Ablauf der Dinge im Leben festsetzen (s. dazu Urteil des BSG vom 16. Februar 1967 - 10 RV 1077/65 -). Sie konnte daher die Höhe des fiktiven Einkommens je nach der Art der Schul- und Berufsausbildung nach den in der DVO genannten unterschiedlichen Besoldungsgruppen bestimmen. Auf Grund der in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG enthaltenen Fiktion, daß als Einkommen das Durchschnittseinkommen der jeweiligen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe gilt, entfällt jede Möglichkeit für den Nachweis, der Verstorbene würde in dieser Berufsgruppe wahrscheinlich eine höhere Berufsstellung erreicht haben, als der Besoldungsgruppe entspricht, die als Durchschnittseinkommen bestimmt ist. Im Hinblick auf die gerade erwähnte Fiktion des § 40 a Abs. 2 Satz 2 aaO kann eine voraussichtlich oder wahrscheinlich erlangte Berufsstellung im Rahmen des § 5 nicht besonders berücksichtigt werden, weil auf Grund der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG das Durchschnittseinkommen der selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung endgültig geregelt ist.
Die in § 5 DVO getroffene Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Denn sie gilt gleichmäßig für alle Angehörigen derselben Berufsgruppe. Es kann auch nicht eingewendet werden, daß verschiedenartige Tatbestände zu Unrecht gleich behandelt werden.
Die Einstufung der selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung in eine bestimmte Besoldungsgruppe ist die Folge des gesetzlich zugelassenen Prinzips, eine Vergleichsgrundlage für die Gewinnung des Durchschnittseinkommens festzulegen. Dies führt zwangsläufig dazu, daß sich für den einzelnen Berechtigten eine bessere oder weniger vorteilhafte Einstufung ergibt. Dem Gesetzgeber steht es - wie bereits dargelegt - frei, im Interesse der Durchführbarkeit einer pauschalen, systematischen Regelung eine Generalisierung vorzunehmen. Eine systemwidrige Regelung ist aber in der DVO nicht zu erkennen. Sie ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 6 DVO. Für die von dieser Vorschrift erfaßten Personenkreise hat die Bundesregierung eine Ausnahme für die Fälle zugelassen, in denen der Beschädigte nachweislich vor Eintritt der Schädigung oder der besonderen beruflichen Betroffenheit im ausgeübten Beruf eine Stellung erreicht hat, die in den §§ 3 bis 5 der DVO keine ausreichende Berücksichtigung findet. § 6 DVO stellt somit eine auf diese Ausnahmefälle begrenzte Ergänzung der §§ 3 bis 5 DVO dar. Er trifft sonach - nur für diese Ausnahmefälle - eine ergänzende Regelung, in denen der Maßstab der wahrscheinlich erlangten Berufsstellung im Sinne der §§ 3 bis 5 DVO nicht angelegt werden kann, weil er durch die vor der Schädigung tatsächlich erlangte Berufsstellung widerlegt und somit überholt ist. § 6 behandelt also nur einen Tatbestand, in dem die Anlegung eines generalisierenden Maßstabes zur Ermittlung eines fiktiven Berufserfolges wegen des bereits Erreichten nicht zu rechtfertigen wäre. Diese Regelung ist sinnvoll. Sie weist auch keine Lücke auf, weil etwa die Fälle nicht geregelt wären, in denen geltend gemacht wird, eine Einreihung in die höchste der in § 5 DVO vorgesehenen Besoldungsgruppe werde nicht dem wahrscheinlich erzielten Einkommen des Verstorbenen gerecht. Wenn § 40 a Abs. 2 BVG stellt es nicht auf das wahrscheinlich erzielte ziffernmäßige Einkommen, sondern auf das Durchschnittseinkommen der Berufsgruppe ab, der der Verstorbene angehört hat oder hätte. Die Bestimmung der Vergleichsgrundlage und damit auch die Einweisung in eine bestimmte Berufsgruppe entspricht vielmehr, soweit das wahrscheinlich erzielte Einkommen in Betracht kommt, wie dargelegt, der der Bundesregierung erteilten Ermächtigung. Sie hat, wenn sie in § 6 DVO im Rahmen der Besoldungsordnung A zur Vermeidung einer vom Gesetzgeber nicht gebilligten Benachteiligung eine günstigere Regelung für den Fall zugelassen hat, daß der Beschädigte oder der Verstorbene schon vor der Schädigung nachweislich mehr verdient hat, die ihr in § 30 Abs. 7 BVG erteilte Ermächtigung nicht überschritten (s. auch BSG, Urteil vom 25. Juli 1967 - 9 RV 892/65 -).
Diese Rechtslage läßt das angefochtene Urteil als nicht frei von Rechtsirrtum erscheinen. Denn das LSG hat übersehen, daß mit der Bemessung des Durchschnittseinkommens des Verstorbenen nach § 5 DVO den Gegebenheiten völlig Rechnung getragen worden ist. Er war, wie bereits dargelegt, seit Dezember 1939 Facharzt für Chirurgie. Er hatte also die Berufsgruppe der Ärzte und in ihr die Abteilung der Fachärzte für Chirurgie bereits erreicht, als das schädigende Ereignis eintrat. Grundsätzlich kam daher, wie auch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht verkannt hat, für die Bemessung des Durchschnittseinkommens nur § 5 DVO in Frage. Zu prüfen ist jedoch, ob der Verstorbene durch die Anerkennung als Facharzt für Chirurgie in seinem ärztlichen Beruf etwa eine solche Stellung erreicht hatte, welche durch die Vorschrift des § 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt würde. Nach den Feststellungen im angegriffenen Urteil muß diese Frage verneint werden.
Innerhalb der Berufsgruppe der Ärzte stellen die Fachärzte allgemein keine solche Untergruppe dar, welche sich in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Stellung entscheidend aus der Gesamtgruppe der Ärzte herausheben. Infolgedessen käme eine Anwendung des § 6 DVO nur dann in Betracht, wenn der verstorbene Ehemann der Klägerin in seinem Beruf eine besondere, über den Durchschnitt der übrigen Ärzte hinausragende Stellung erreicht und dementsprechende Einkünfte gehabt hätte. Dies hat das Berufungsgericht ausdrücklich verneint. Insoweit sind auch keine Rügen in der Revisionsinstanz erhoben worden. Diese Feststellung überzeugt auch, weil der Verstorbene vor der Anerkennung als Facharzt Assistenzarzt in Krankenhäusern gewesen ist und nachher keine Einnahmen aus freier Praxis gehabt hat. Er ist also nur auf die Bezüge angewiesen gewesen, welche er als Stabsarzt der Reserve erhalten hat. Diese haben aber nicht über den Sätzen der derzeitigen Besoldungsgruppe A 14 gelegen. Verwaltung und SG haben dies zutreffend als maßgebend angesehen, weil die Ärzte zu dem größeren Kreis der selbständig Tätigen gehören, welche eine abgeschlossene Hochschulbildung haben. Der Verstorbene hat also nicht aus der Berufsgruppe der Ärzte herausgeragt, der Tatbestand des § 6 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 DVO ist hiernach nicht gegeben.
Auch die zweite Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG kann, wie bereits dargelegt, zu keiner anderen Beurteilung führen. Mit der generalisierten Bestimmung des Berufseinkommens für den mutmaßlichen Berufserfolg eines selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung in § 5 DVO ist die bereits erreichte Stellung des Verstorbenen als Facharzt für Chirurgie erfaßt. Ebenso ist dargelegt, daß die der Bundesregierung erteilte Ermächtigung (§ 40 a Abs. 4 BVG) sich keineswegs auf eine zahlenmäßige Berechnung des Einkommens beschränkt und daß § 6 DVO nur die Fälle betrifft, in denen nachgewiesen wird, daß der Beschädigte in dem vor dem Eintritt der Schädigung ausgeübten Beruf bereits eine Stellung erreicht hat, die durch die Vorschriften der §§ 3, 4, 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt worden ist, nämlich eine höhere Stellung, als § 5 DVO voraussetzt. Der von dem mutmaßlichen Berufserfolg ausgehende § 5 aaO läßt den Übergang zu einer individuellen Betrachtungsweise, welcher Berufsgruppe der Verstorbene angehört hätte oder welches Einkommen er voraussichtlich erreicht hätte, nicht zu. Diese Vorschrift enthält eine abstrakte Regelung für den Ansatz des vermutlich aus selbständiger Tätigkeit erzielten Durchschnittseinkommens in der jeweiligen Berufsgruppe. Das LSG hat nicht beachtet, daß § 6 DVO keine Ausnahme von § 5 aaO darstellt und daß Ausgangspunkt des § 6 DVO nicht die voraussichtlich erlangte, sondern die tatsächlich erzielte Berufsstellung ist. Diese Vorschrift kann daher auch nicht, wie bereits dargelegt, entsprechend auf die Fälle angewendet werden, in denen die Einordnung nach § 5 DVO nicht dem wahrscheinlich erzielten Einkommen werde gerecht werden. Denn die in § 5 DVO bestimmte Vergleichsgrundlage ist ebenso wie die Einordnung in eine bestimmte Berufsgruppe mit dem festgesetzten Durchschnittseinkommen eine abschließende Regelung und wird durch die Ermächtigung des § 40 a Abs. 4, § 30 Abs. 7 BVG gedeckt. Deshalb kann § 6 DVO nicht entsprechend angewendet werden.
Damit hat das L G, wie der Beklagte und der Beigeladene rügen, das Gesetz verletzt. Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils war daher die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen