Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsschadensausgleich. Beruf. Berufsausbildung. Schulbildung
Orientierungssatz
Aufgrund der in § 40a Abs 2 S 2 BVG enthaltenen Fiktion, daß als Einkommen das Durchschnittseinkommen der jeweiligen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe "gilt", ist kein Raum für den Nachweis, der Verstorbene habe in dieser Berufsgruppe vermutlich oder wahrscheinlich mehr verdient, als es der Besoldungsgruppe entspricht, die als Durchschnittseinkommen bestimmt ist. Diese Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG; da sie gleichmäßig für alle Angehörigen derselben Berufs- oder Wirtschaftsgruppe mit gleicher Vorbildung gilt.
Normenkette
BVG § 40a Abs. 2 Sätze 2-3, Abs. 4, § 30 Abs. 4, § 30 Abs 3 u 4 DV § 6 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 23.05.1967) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Mai 1967 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die Klägerin bezieht Versorgungswitwenrente nach ihrem in russischer Kriegsgefangenschaft verschollenen und für tot erklärten Ehemann F. T (T.), der seit Januar 1936 bis zur Einberufung im Januar 1941 selbständiger Bäckermeister und Konditor war. Im Juli 1964 beantragte sie Schadensausgleich nach § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Versorgungsamts vom 19. Mai 1965 abgelehnt, weil das Einkommen der Klägerin von monatlich 563,02 DM (ab 1. Januar 1964) die Hälfte des als wahrscheinliches Einkommen des T. geltenden Endgrundgehalts nach der Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) einschließlich des Ortszuschlages übersteige. Im Widerspruchsverfahren, das erfolglos blieb, machte die Klägerin geltend, es müsse nach § 6 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) - DVO - eine höhere Besoldungsgruppe zugrunde gelegt werden, da sich nach einem Gutachten der Kreishandwerkerschaft Norden vom 26. Mai 1965 das jährliche Einkommen auf mindestens 18.000,- DM belaufen würde. Den durchschnittlichen Gewinn ihres Ehemannes in den drei Jahren vor der Einberufung (1938 bis 1940) könne sie nicht nachweisen. Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hob das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 23. Mai 1967 das SG-Urteil auf und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin ab 1. Januar 1964 Schadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 11 des BBesG einschließlich des zuständigen Ortszuschlags zu gewähren. Die Versorgungsverwaltung sei von § 5 DVO ausgegangen und habe, weil es sich bei T. um einen selbständig Tätigen mit Volksschulbildung und abgelegter Meisterprüfung handelte, die Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zugrunde gelegt. Die Anwendung des § 6 Abs. 2 DVO sei abgelehnt worden, weil der erforderliche Einkommensnachweis für die letzten drei Jahre vor der Einberufung nicht erbracht worden sei. Diese Feststellung sei an sich zutreffend. Weder mit dem Gutachten der Kreishandwerkerschaft noch mit der Auskunft der Stadt Norden über die Gewerbesteuerlisten von 1936 und 1938 bis 1940 könne das erzielte Einkommen nachgewiesen werden. Es müsse aber davon ausgegangen werden, daß § 6 Abs. 2 DVO in unzulässiger Weise dadurch § 40 a BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) - 2. NOG - einenge, daß er lediglich die Vergleichsgrundlage festlege, die anzuwenden sei, wenn der Verstorbene einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe vor der Schädigung bereits angehört hat (1. Fall). Wenn sich in § 6 Abs. 2 DVO für den gleichwertigen 2. Fall, bei dem zu ermitteln sei, welcher Berufs- oder Wirtschaftsgruppe der Verstorbene ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte, dem Wortlaut nach keine Sonderregelung finde, dann bedeute das eine angemessene Sonderregelung nur für die Witwen, bei denen der Tatbestand des 1. Falles gegeben sei und die Ausschaltung einer Sonderregelung für diejenigen, bei denen der des 2. Falles vorliege. Eine solche unvollkommene Regelung sei mit Rücksicht auf den eindeutigen Wortlaut des § 40 a BVG als rechtsunwirksam anzusehen. Die DVO sei, obwohl auch sie Gesetzeskraft habe, nachrangig gegenüber der höherrangigen Norm des § 40 a BVG. Da § 40 a BVG für alle Witwen eine einheitliche Regelung getroffen habe, müsse § 6 Abs. 2 DVO, der über den Regelfall des § 5 hinaus eine Sonderregelung treffe, auf alle von § 40 a Abs. 2 BVG erfaßten Fälle angewandt werden. Sonach sei nur nachzuweisen, ob T. ohne die Schädigung wahrscheinlich einer Berufs- und Wirtschaftsgruppe angehört hätte, die durch § 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt werde. Ein solcher Nachweis könne durch jedes Beweismittel geführt werden, aus dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die erforderlichen Voraussetzungen entnommen werden könnten. Zu diesen Beweismitteln gehörten u. a. auch Gutachten von Kreishandwerkerschaften und Auskünfte von Behörden. Aus den wenigen unvollständigen Gewerbesteuerzahlen für 1936, 1938 und 1939 lasse sich entnehmen, daß der Betrieb des T. in den Jahren 1936 bis 1939 eine solide Fortentwicklung genommen habe. Wenn nach der Gewerbesteuer-Soll-Liste der Ertrag aus der Bäckerei 1940 nur 5.300,- RM und das Gewerbesteuer-Soll 249,60 RM betragen habe, dann könne aus diesen Zahlen nicht auf einen Rückgang des Betriebes, bedingt durch fehlende berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten des T. geschlossen werden; dieser Rückgang habe vielmehr seinen Grund in der damals bestehenden Bewirtschaftung der Nahrungsmittel. Werde die vor dem Krieg eingetretene Entwicklung des Betriebes beachtet und außerdem das Gutachten der Kreishandwerkerschaft Norden berücksichtigt, wonach sich in den Nachkriegsjahren der Standort des Unternehmens des T. gegenüber der Vorkriegszeit wesentlich dadurch verbessert habe, daß in unmittelbarer Nähe Siedlungen errichtet und Mehrfamilienhäuser entstanden seien, so daß eine wesentlich größere Bevölkerungsdichte zu verzeichnen gewesen sei, dann erscheine die Schätzung des Gutachtens schlüssig und überzeugend. Hiernach sei der Gesamtumsatz, den T. erzielen würde, auf 80.000,- bis 100.000,- DM jährlich zu beziffern und ein Reingewinn von 20 v. H. anzusetzen. Somit rechtfertige sich die Annahme eines Einkommens von 18.000,- DM jährlich = 1.500,- DM monatlich. Ein solches Einkommen liege aber erheblich über dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG. Daraus folge, daß die berufliche Stellung des T., die er wahrscheinlich erreicht hätte, durch die Berechnung des Schadensausgleiches nach § 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt werde. Daher habe die Klägerin Anspruch darauf, daß ihr Schadensausgleich nach § 6 Abs. 2 DVO berechnet werde. Danach sei der wahrscheinlichen Stellung ihres Ehemannes die Besoldungsgruppe A 11 einschließlich des Ortszuschlages angemessen, d. h. ab 1. Januar 1964 monatlich 1.387,- DM und später 1.499,- DM, 1.558,48 DM und 1.621,06 DM.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte als Verfahrensmangel einen Verstoß gegen § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), sowie materiell-rechtlich Verletzung des § 6 Abs. 2 DVO iVm § 30 Abs. 7 und § 40 a Abs. 4 BVG, sowie einen Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG). Die Tatsache, daß in § 30 und § 40 a BVG nicht von dem Einkommen einer einzelnen Person, sondern von dem Durchschnittseinkommen einer Berufs- oder Wirtschaftsgruppe auszugehen sei, zeige, daß bei dem Berufsschadensausgleich für Schwerbeschädigte und dem Schadensausgleich für Witwen, wie allgemein in der Kriegsopferversorgung, nicht auf eine individuelle Entschädigung abzustellen sei. Es könne nur ein generalisierter oder pauschaler Ausgleich erfolgen und auch der nur in einem gewissen Maßstab. Daß dabei eine Besser- oder Schlechterstellung Einzelner auftreten könne, sei unvermeidbar. Die DVO weiche von dem Grundgedanken des Gesetzes nicht ab. § 6 DVO enthalte eine ohne Willkür getroffene Regelung zur Erfassung ganz ungewöhnlicher Fälle mit einem objektiv feststehenden Tatbestand und einer gewissen Annäherung an eine teilweise individuelle Entschädigung. Das LSG habe nicht im Wege der Erweiterung der Rechtsnorm sein Ermessen an die Stelle desjenigen des Gesetzgebers stellen dürfen. Bei der Nachprüfung von Rechtsnormen auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung und mit dem formellen Recht erschöpfe sich die Aufgabe der Gerichte darin, eine Norm als nichtig oder verfassungswidrig oder rechtswidrig anzusehen, sofern hierzu hinreichende Gründe vorliegen. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sei die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt sowie die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Das LSG habe mit seiner Entscheidung gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen. Es habe einerseits selbst ausgeführt, daß der nach § 6 Abs. 2 DVO erforderliche Einkommensnachweis für die letzten drei Jahre vor der Einberufung nicht habe erbracht werden können und dazu eingehende Ausführungen gemacht, wolle aber auf der anderen Seite aus wenigen unvollständigen Angaben auf eine solide Fortentwicklung des Unternehmens schließen und sogar zu einer Feststellung des monatlichen Einkommens für das Jahr 1964 gelangen. Solche auf Mutmaßungen beruhende Unterstellungen habe die DVO mit der eindeutigen Fassung ihres § 6 gerade vermeiden wollen. Der vom LSG konstruierte 2. Fall sei aus gewichtigen Gründen vom Verordnungsgeber weggelassen worden, weil es dann zu rein hypothetischen Erwägungen hätte kommen müssen, die nicht der Lebenserfahrung entsprächen. So nehme das LSG-Urteil z. B. die jetzige größere Bevölkerungsdichte in der Gegend der früher von T. betriebenen Bäckerei zur Ermittlung des angeblichen Einkommens zu Hilfe und lasse unberücksichtigt, daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eine vermehrte Bevölkerungsdichte zur Eröffnung neuer Bäckereien u. s. w. führe und daß zur Zeit der Antragstellung im Juli 1964 T. ca. sechs Wochen vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres gestanden haben würde. Darin liege ein Verstoß gegen § 128 SGG.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LSG vom 23. Mai 1967 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Dem angefochtenen Urteil sei im wesentlichen zuzustimmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist sachlich im Sinne einer Zurückverweisung der Sache begründet.
Streitig ist, ob der Beklagte bei der Berechnung des Schadensausgleichs nach § 40 a BVG idF des 2. NOG im Bescheid vom 19. Mai 1965 ohne Gesetzesverletzung für die Berechnung des Schadensausgleichs als Durchschnittseinkommen des Ehemannes das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zugrunde legen durfte, oder ob er von der Besoldungsgruppe A 11 hätte ausgehen müssen.
Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß T. Volksschulbildung hatte, 1927 die Meisterprüfung als Bäckermeister abgelegt hat und seit 1936 selbständiger Gewerbetreibender war, ferner daß weder mit dem Gutachten der Kreishandwerkerschaft noch mit der Auskunft der Stadt Norden über die Gewerbesteuerlisten von 1936 und 1938 bis 1940 das erzielte Einkommen nachgewiesen werden könne. Das LSG ist ferner zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Unterlagen trotzdem die Annahme rechtfertigen, daß T. heute ein Einkommen von 18.000,- DM jährlich = 1.500,- DM monatlich erzielt hätte, welches erheblich über dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG liege und der Besoldungsgruppe A 11 BBesG entspreche. Diese Feststellungen vermögen die Entscheidung des LSG nicht zu tragen.
Nach § 40 a Abs. 2 BVG ist zur Feststellung des Schadensausgleichs das von der Witwe erzielte Bruttoeinkommen mit dem Einkommen des Ehemannes zu vergleichen. Als Einkommen des Ehemannes gilt das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene angehört hat oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte. § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG sind anzuwenden (§ 40 a Abs. 2 Satz 3 BVG), ferner gilt nach § 40 a Abs. 4 BVG § 30 Abs. 7 BVG entsprechend. Hieraus ergibt sich, daß auch im Falle des § 40 a BVG - wie nach § 30 Abs. 3 und 4 - als allgemeine Vergleichsgrundlage zur Errechnung des (wahrscheinlichen) Durchschnittseinkommens die jeweils in Betracht kommenden amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet bzw. die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes gelten (§ 30 Abs. 4 Satz 2 BVG). Demgemäß ist in § 5 der DVO für Selbständige ein nach der Schul- und Berufsausbildung bzw. Meisterprüfung abgestuftes Durchschnittseinkommen festgesetzt und für selbständig Tätige mit Volksschulbildung und abgelegter Meisterprüfung als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich des Ortszuschlages nach Stufe 2 und Ortsklasse A bestimmt worden. Nach § 11 DVO sind für die Ermittlung des in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG bezeichneten Durchschnittseinkommens die §§ 2 bis 7 DVO entsprechend anzuwenden. Die Einstufung in § 5 DVO entspricht sonach der Vorschrift des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG und der durch Bezugnahme auf § 30 Abs. 7 BVG in § 40 a Abs. 4 BVG erteilten Ermächtigung. Die Bundesregierung war berechtigt, für die Berufsgruppe der Selbständigen mit Volksschulbildung und Meisterprüfung das Durchschnittseinkommen in der geschehenen Weise zu bestimmen; sie war nicht verpflichtet, innerhalb dieser Berufs- oder Wirtschaftsgruppe noch weiter nach Besoldungsgruppen zu differenzieren und zu bestimmen, daß in den Fällen, in denen der Selbständige wahrscheinlich ein erheblich höheres Einkommen als das der betreffenden Besoldungsgruppe erzielt hätte, von höheren Besoldungsgruppen auszugehen sei. Aufgrund der in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG enthaltenen Fiktion, daß als Einkommen das Durchschnittseinkommen der jeweiligen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe "gilt", ist kein Raum für den Nachweis, der Verstorbene habe in dieser Berufsgruppe vermutlich oder wahrscheinlich mehr verdient, als es der Besoldungsgruppe entspricht, die als Durchschnittseinkommen bestimmt ist. Eine solche Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da sie gleichmäßig für alle Angehörigen derselben Berufs- oder Wirtschaftsgruppe mit gleicher Vorbildung gilt. Sie rechtfertigt auch nicht die Rüge, daß zu Unrecht verschiedenartige Tatbestände gleich behandelt würden. Die auf der Ermittlung des Durchschnittseinkommens für eine Berufs- oder Wirtschaftsgruppe beruhende Einstufung in eine bestimmte Besoldungsgruppe ist die Folge der Durchführung eines gesetzlich zugelassenen Prinzips, das notwendigerweise Begünstigungen oder auch eine weniger vorteilhafte Einstufung für einzelne Berechtigte mit sich bringt. Dem Gesetzgeber steht es frei, im Interesse der Durchführbarkeit einer systematischen Regelung eine Generalisierung vorzunehmen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes könnte zwar in einer systemwidrigen Belastung Einzelner durch Einfügung von Vorschriften gefunden werden, durch die das System des Gesetzes ohne zureichende sachliche Gründe verlassen wird (vgl. BVerfG 18, 329, 331, 332, 334). Das ist hier aber weder bei der Regelung des § 5 DVO noch bei der ergänzenden Vorschrift des § 6 DVO der Fall.
In dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil des erkennenden Senats vom 25. Juli 1967 - 9 RV 892/65 -, das den Anspruch eines vermutlich als selbständiger Bezirksschornsteinfegermeister tätig gewordenen Beschädigten auf den Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3, 4 und 5 BVG idF des Ersten Neuordnungsgesetzes - 1. NOG - (aF) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) und nach § 30 Abs. 3, 4 und 7 BVG idF des 2. NOG - nF - betrifft, ist eingehend dargelegt, daß beim Berufsschadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Entschädigung zugunsten eines generalisierten oder pauschalen Schadensausgleichs zurücktreten mußte, daß auch nach der Entstehungsgeschichte der Vorschriften über den Berufsschadensausgleich für den "fiktiv" zu errechnenden Einkommensverlust ein durchschnittlicher Berufserfolg maßgebend sein sollte und daß, wenn gemäß § 30 Abs. 5 BVG aF als Vergleichsmaßstab für den voraussichtlichen Einkommensverlust des selbständigen die Besoldungsgruppen des BBesG maßgebend sein sollen, ein etwaiger späterer (fiktiver) Mehrverdienst außer Betracht zu bleiben hat. Diese Grundsätze gelten, soweit es auf den voraussichtlichen Berufserfolg innerhalb einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe ankommt, für den Schadensausgleich der Witwe nach § 40 a Abs. 2 BVG ebenso wie für den Berufsschadensausgleich des Beschädigten.
Zu Unrecht vertritt das LSG die Auffassung, wenn § 6 Abs. 2 der DVO lediglich auf den 1. Fall abstellt, daß der Verstorbene einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe bereits vor der Schädigung angehört hat , so liege darin eine unzulässige Einengung des nach dem Gesetz anspruchsberechtigten Personenkreises bzw. ein Verstoß gegen die höherrangige Norm des § 40 a BVG, weshalb die DVO insoweit rechtsunwirksam sei. Es trifft zwar zu, daß § 40 a Abs. 2 BVG als 2. Fall auch das Einkommen derjenigen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe erfaßt, der der Verstorbene ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte; die Vorschrift bestimmt jedoch nicht, daß in diesen Fällen ein individuell errechneter Berufserfolg - wie im Falle des § 6 DVO - der Bemessung des Schadensausgleichs zugrundezulegen ist, sondern sie verweist zur Ermittlung des maßgebenden Durchschnittseinkommens in Abs. 4 auf die DVO. In den §§ 3 - 5 DVO ist aber geregelt, wie das wahrscheinliche Durchschnittseinkommen im 2. Fall zu ermitteln ist. Trägt die DVO sonach auch diesem 2. Fall Rechnung, so ist nicht ersichtlich, inwiefern sie § 40 a Abs. 2 BVG verletzte. Daß die Bundesregierung unabhängig hiervon in § 6 DVO eine Sonderregelung allein für die Fälle treffen durfte, in denen der Beschädigte (bzw. Verstorbene) schon vor der Schädigung nachweislich eine höhere Stellung erreicht hat , ist im oben erwähnten Urteil des erkennenden Senats vom 25. Juli 1967 näher dargelegt. Hiernach hat die Bundesregierung für alle die selbständig Tätigen, deren wahrscheinliches Einkommen theoretisch ermittelt werden muß, das Vergleichseinkommen in einer Weise bestimmt, die unter Würdigung des Sinns und Zwecks des in § 30 Abs. 3 bis 5 BVG aF - das gleiche gilt für § 30 Abs. 3, 4 und 7 BVG nF - geregelten begrenzten Berufsschadensausgleich jedenfalls grundsätzlich als ausreichend erachtet werden muß. Dieser Regelung konnte allerdings die Erwägung entgegengehalten werden, es sei unbillig und liege auch nicht im Sinne des Schadensausgleichs, einen Beschädigten mit einem generalisierten theoretischen Einkommensverlust abzufinden, wenn er ausnahmsweise nachweisen könne, daß er bereits vor dem Eintritt der Schädigung oder des besonderen beruflichen Betroffenseins tatsächlich eine höhere Berufsstellung mit höherem Einkommen erzielt hat. Es war daher sinnvoll, wenn die Bundesregierung für diese Beschädigten, und nur für diese, in § 6 Abs. 1 und 2 DVO eine Ausnahme für die Fälle zuließ, in denen der Beschädigte nachweislich in dem vor Eintritt der Schädigung oder des beruflichen Betroffenseins ausgeübten Beruf eine Stellung erreicht bzw. aus eigener Tätigkeit als Selbständiger einen höheren Gewinn erzielt hat, der in § 3 und 4 bzw. 5 DVO nicht ausreichend Berücksichtigung findet. § 6 DVO trifft somit in zulässiger Weise nur für die Fälle eine ergänzende, individuelle Regelung, in denen der Maßstab einer wahrscheinlich erlangten Berufsstellung (§§ 3 - 5 DVO) deshalb nicht angelegt werden soll, weil er nachweislich durch den Erfolg in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf, d. h. durch die in ihm erreichte berufliche Stellung mit ihren Auswirkungen auf die Höhe des Einkommens, als überholt und daher ungeeignet angesehen werden muß und deshalb als angemessener Schadensausgleich nicht mehr gelten kann. Zur Anwendung dieser Sondervorschrift genügt sonach nicht, daß der Beschädigte das Einkommen und die Berufsstellung, die der Berechnung des Schadensausgleichs zugrunde gelegt werden soll, voraussichtlich erreicht hätte (vgl. auch van Nuis-Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen IV. Teil, 2. Aufl., S. 39 g). Da § 6 DVO an die nachweislich erlangte, nicht an die wahrscheinlich erreichte Berufsstellung anknüpft, ist auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die Fälle ausgeschlossen, in denen geltend gemacht wird, die Einordnung in eine bestimmte, der Berufsausbildung entsprechende Besoldungsgruppe nach § 5 DVO werde nicht dem Einkommen gerecht, das der Beschädigte wahrscheinlich erzielt hätte. Die Regelung in der DVO über die Einordnung in eine bestimmte wahrscheinlich erreichte (vergleichbare) Berufsgruppe ist abschließend. Die Bundesregierung hat, wenn sie in § 6 DVO im Rahmen der Besoldungsordnung A zur Vermeidung einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Unbilligkeit eine günstigere Regelung für den besonderen Fall zugelassen hat, daß der Beschädigte schon vor der Schädigung nachweislich eine Stellung erreicht hat, die durch die Vorschriften der §§ 3 - 5 keine ausreichende Berücksichtigung findet, die ihr in § 30 Abs. 5 bzw. 7 BVG erteilte Ermächtigung nicht überschritten, (Vgl. im übrigen auch van Nuis-Vorberg aaO Teil IV, S. 39 h; Wilke, KOV 1961, S. 181; Haack, Der Versorgungsbeamte 1966, S. 2 und andererseits: Schulz, KOV 1966, S. 130; ferner BMA, Rundschreiben vom 25. August 1961 in BVBl 1961, S. 127/128, Nr. 69, und Rundschreiben vom 22. März 1966 in BVBl 1966, S. 30 Nr. 21).
§ 40 a Abs. 2 BVG idF des 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) enthält zur Frage der Feststellung des Durchschnittseinkommens des Verstorbenen keine von dem 2. NOG wesentlich abweichende Regelung.
Das LSG ist sonach zu Unrecht davon ausgegangen, daß § 6 Abs. 2 DVO teilweise rechtsunwirksam sei und daß diese Ausnahmevorschrift auch auf die Fälle anzuwenden sei, in denen wahrscheinlich gemacht werden könne, daß der Verstorbene ohne die Schädigung ein höheres Einkommen erreicht hätte. Das angefochtene Urteil war daher - ohne daß es noch auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen ankam - aufzuheben.
Der Senat hat sich jedoch nicht in der Lage gesehen, in der Sache selbst zu entscheiden, da es bis jetzt noch an hinreichenden Feststellungen darüber fehlt, ob das vor der Schädigung von T. erzielte Einkommen durch die Vorschrift des § 5 DVO ausreichend Berücksichtigung findet. Das LSG hat zwar festgestellt, daß weder mit Hilfe des Gutachtens der Kreishandwerkerschaft noch mit Hilfe der Stellungnahme der Stadt Norden, die Auskunft über den Inhalt noch vorliegender Gewerbesteuerlisten gibt, das erzielte Einkommen von 1938 bis 1940 nachgewiesen werden könne. Es hat aber selbst ausgeführt, daß ein solcher Nachweis durch jedes Beweismittel geführt werden könne, aus dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen entnommen werden können, und hat insoweit zutreffend auf das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 22. März 1966 (V/2-5211.1-5269/65) verwiesen (vgl. BVBl 1966, 30, Nr. 21). Es hätte daher nahegelegen, etwa die Kreishandwerkerschaft Norden, die sich zu dem voraussichtlichen heutigen Einkommen gutachtlich geäußert hat, gegebenenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen zur Frage des damaligen Einkommens bzw. Gewinnes bei einem Betrieb des hier in Betracht kommenden Umfangs zu hören. Deshalb war der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung gem. § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Das LSG wird gegebenenfalls den damaligen Gewinn des T. den Dienstbezügen gegenüberzustellen haben, die ein Reichs- oder Bundesbeamter als Endgehalt zu derselben Zeit erhalten hätte (vgl. § 6 Abs. 1 letzter Satz DVO, der nach Abs. 2, 1. Satz für selbständig Tätige entsprechend gilt). Sollte sich hiernach ein Einkommen ergeben, das erheblich über dem der heutigen Besoldungsgruppe A 9 BBesG entsprechenden Endgrundgehalt liegt, so wäre der Berechnung des Schadensausgleichs eine entsprechend höhere Besoldungsgruppe zugrunde zu legen.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen