Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 3. Mai 2001 aufgehoben, soweit es die im Bescheid vom 19. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1999 enthaltene Feststellung betrifft, der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld sei um 91 Tage gemindert. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) um 91 Tage; die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit.
Die 1962 geborene Klägerin war vom 1. September 1979 bis 31. März 1999 als Bankangestellte zuletzt bei der VR-Bank in S… beschäftigt. Die für die Arbeitgeberin maßgebliche Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Quartalsende. Am 1. September 1998 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Wegen der “Umsatz- und Kostensituation” bestand Einigkeit über eine Betriebsänderung, die einen Personalabbau zur Folge hatte. Für insgesamt 21 namentlich aufgeführte Mitarbeiter war nach einer Anlage 1 zum Interessenausgleich eine Kündigung vorgesehen, für 15 davon – darunter die Klägerin – eine Beendigungskündigung. Die Betriebsänderung bestand in einer Schließung der Abteilung “Allgemeine Verwaltung” und von sieben Zweigstellen zwischen dem 1. November und 31. Dezember 1998. Außerdem sollten die beiden mobilen Buszweigstellen bis zum Jahresende 1998 eingestellt sowie die Personalverwaltung ausgelagert und an eine Fremdfirma vergeben werden. In dem Sozialplan einigten sich Arbeitgeberin und Betriebsrat nach Grund und Höhe über Abfindungen für entlassene Mitarbeiter.
Am 11. September 1998 schlossen die Arbeitgeberin und die Klägerin “zur Vermeidung eines arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits” einen Aufhebungsvertrag zum 31. März 1999. Nach diesem Vertrag war die Klägerin “mit Wirkung vom 31. 12.1998” unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, bis zum 31. März 1999 Arbeitsentgelt zu zahlen; außerdem zahlte sie eine Abfindung in Höhe von DM 40.900,--.
Die Klägerin meldete sich am 9. März 1999 arbeitslos und beantragte Alg ab 1. April 1999. Sie wies auf die Maßnahmen zur Rationalisierung und Umstrukturierung ihrer Arbeitgeberin hin und gab an, sie habe den Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen, weil die Arbeitgeberin andernfalls eine Kündigung ohne Abfindung ausgesprochen hätte. Diese Angaben bestätigte die Arbeitgeberin auf Anfrage der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA), wobei sie hervorhob, eine Kündigung wäre nach “dem damals gültigen § 1 Abs 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)” rechtmäßig gewesen.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1999 entschied die BA, wegen der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Klägerin sei eine Sperrzeit von zwölf Wochen (1. April bis 23. Juni 1999) eingetreten und der Anspruch auf Alg habe sich um ein Viertel der Anspruchsdauer (91 Tage) vermindert. Ab 24. Juni 1999 bezog die Klägerin Alg und vom 5. September bis 1. Oktober 2000 Arbeitslosenhilfe.
Das Sozialgericht Nordhausen hat die BA verurteilt, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide der Klägerin vom 1. April bis 23. Juni 1999 Alg zu zahlen, weil sie für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses einen wichtigen Grund gehabt habe. Da die Klägerin in dem Interessenausgleich namentlich aufgeführt gewesen sei und ihr zum gleichen Zeitpunkt betriebsbedingt gekündigt worden wäre, seien dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung zu vermuten. Im Hinblick auf die Fassung des § 1 Abs 5 KSchG (idF des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes) sei die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Eine solche lasse sich nicht begründen. Der Klägerin sei auch nicht zuzumuten gewesen, gegen eine betriebsbedingte Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben (Urteil vom 21. September 2000).
Die Berufung der Beklagten, mit der diese geltend gemacht hat, eine betriebsbedingte Kündigung der Arbeitgeberin zum gleichen Zeitpunkt sei zweifelhaft, weil der Aufhebungsvertrag der Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses gedient habe, hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 3. Mai 2001 zurückgewiesen. Das LSG hat offen gelassen, ob durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 11. September 1998 eine Sperrzeit erst ab 1. April 1999 habe eintreten können. Zwar habe die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis gelöst und damit grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Sie habe jedoch für ihr Verhalten einen wichtigen Grund gehabt, weil ihr eine Kündigung der Arbeitgeberin gedroht habe. Die Abschätzung des Risikos eines Kündigungsschutzprozesses sei Arbeitnehmern regelmäßig nicht zuzumuten. Von einer rechtmäßigen Kündigung sei vielmehr auszugehen, wenn der Arbeitnehmer die angedrohte Kündigung für rechtmäßig habe halten dürfen. Das treffe hier zu, weil die Klägerin keine vernünftigen Zweifel an der Rechtmäßigkeit oder Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der angedrohten Arbeitgeberkündigung hätte haben müssen. Für die Rechtmäßigkeit der Kündigung spreche im Übrigen der Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat.
Die vom LSG zugelassene Revision hat die Beklagte auf den in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Ausspruch der Minderung der Anspruchsdauer beschränkt. Sie rügt die Verletzung des § 144 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III). Für die Annahme eines wichtigen Grundes im Sinne des Sperrzeitrechts könne es nicht auf die subjektive Einschätzung von Arbeitnehmern ankommen, vielmehr sei die Rechtmäßigkeit einer Kündigung in vollem Umfang zu überprüfen. Einer Kündigung des Arbeitgebers dürfe ein Arbeitnehmer durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages nur zuvorkommen, wenn eine Kündigung zum selben Zeitpunkt mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt werde, diese arbeitsrechtlich uneingeschränkt zulässig gewesen wäre und es dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten gewesen sei, die Kündigung abzuwarten, weil er dadurch objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen habe gewärtigen müssen. Diese Voraussetzungen habe das LSG nicht im Einzelnen geprüft oder festgestellt.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 3. Mai 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 21. September 2000 hinsichtlich der Minderung der Anspruchsdauer des Alg aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Im Revisionsverfahren ist nur noch über die Entscheidung der Beklagten zu befinden, mit der diese eine Minderung der Alg-Anspruchsdauer um 91 Tage verfügt hat (§ 128 Abs 1 Nr 4 SGB III idF des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24. März 1997 ≪AFRG≫, BGBl I 594). Nach § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht. Ob eine Sperrzeit eingetreten ist, beurteilt sich nach § 144 SGB III (hier idF des AFRG). Unerheblich ist, dass der Bescheid der Beklagten über die Ablehnung der Leistung für die Dauer der Sperrzeit auf Grund der Beschränkung der Revision der Beklagten durch das LSG rechtskräftig aufgehoben ist; denn die Sperrzeit tritt von Gesetzes wegen ein und läuft kalendermäßig ab (vgl BSGE 84, 225, 232 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17; vgl auch Wolff in: GemeinschaftsKomm zum KSchG ≪KR-Komm≫, 6. Aufl 2002, § 144 SGB III RdNr 18).
Ob vorliegend eine Sperrzeit (Regelsperrzeit von zwölf Wochen oder verkürzte Sperrzeit) eingetreten ist, ist nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen. Voraussetzung für das Eintreten einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III sind die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitslosen, die grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitslosigkeit, die Kausalität zwischen der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und der Arbeitslosigkeit und das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses.
Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis durch die Vereinbarung mit ihrer Arbeitgeberin über die Freistellung “mit Wirkung vom (gemeint wohl: mit Ablauf des) 31. 12.1998”, also zum 1. Januar 1999 gelöst. Insoweit folgt der erkennende Senat der Entscheidung des 11. Senats vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen), dass auch für das Sperrzeitrecht des SGB III an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festzuhalten ist, wonach der Begriff der Arbeitslosigkeit nur an objektive Tatsachen anknüpft und damit die faktische Beschäftigungslosigkeit meint; auf das weitere Merkmal der Arbeitslosigkeit des § 118 SGB III als Leistungsvoraussetzung (Beschäftigungssuche) kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen; Wolff in: KR-Komm, 6. Aufl 2002, § 144 SGB III RdNr 18 am Ende). Das bedeutet gleichzeitig, dass bei der Bestimmung, wer Arbeitsloser nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III ist, nicht auf § 16 SGB III zurückgegriffen werden darf. § 16 SGB III enthält insoweit keine Legaldefinition (vgl Gagel, SGB III, Stand März 2002, § 16 RdNr 4); vielmehr ist der Arbeitslose iS des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gerade noch Arbeitnehmer und braucht im Hinblick darauf, dass die Sperrzeit – wie oben ausgeführt – kalendermäßig ohne Rücksicht darauf abläuft, ob ein Alg-Anspruch zur Entstehung gelangt, zu keinem Zeitpunkt Arbeitsloser iS des § 16 SGB III zu werden. Dass gleichzeitig das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt gelöst worden ist, hat in diesem Zusammenhang keine weitere Bedeutung. Beschäftigungslos war die Klägerin deshalb nach den Feststellungen des LSG schon ab 1. Januar 1999, weil sie trotz Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses tatsächlich nicht beschäftigt war (BSG aaO). Die Freistellung des Arbeitnehmers bei Fortzahlung von Arbeitsentgelt ist gerade ein typisches Beispiel für die rechtliche Möglichkeit der Arbeitslosigkeit trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses (BSG aaO). Dass die Freistellung unter Anrechnung auf den Jahresurlaub erfolgt ist, ändert hieran nichts; denn die Arbeitgeberin hat durch diese Freistellung auf die Wahrnehmung ihrer Verfügungsmöglichkeit verzichtet (BSGE 73, 90, 94 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5).
Die Klägerin hat auch grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1999 herbeigeführt, weil sie keine konkrete Aussicht auf eine Anschlussbeschäftigung hatte und dies nach den Feststellungen des LSG auch wusste. Die vom 11. Senat (aaO) angesprochene Kausalitätsproblematik stellt sich schon deshalb nicht, weil nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) eine Kündigung durch die Arbeitgeberin erst zum 31. März 1999 drohte, während das Beschäftigungsverhältnis, wie ausgeführt, bereits zum 31. Dezember 1998 beendet worden ist.
Ob der Klägerin jedoch für ihr zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und zur Arbeitslosigkeit führendes Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite stand, lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Diese soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt oder zu vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (stRspr, zuletzt BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen, mwN). Dabei muss der wichtige Grund nicht nur die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken (BSG aaO).
Ein wichtiger Grund kann demnach nicht ohne weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden bzw feststehenden, aber noch nicht erfolgten Kündigung des Arbeitgebers – auch bei Zahlung einer Abfindung – zuvorkommt; grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (Senatsurteil vom 12. April 1984 – 7 RAr 28/83 –, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG). Der Senat schließt sich insoweit den Urteilen des 11. Senats vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; B 11 AL 100/01 R, unveröffentlicht) an, als solche besonderen Umstände zB dann gegeben sein können, wenn dem Arbeitnehmer eine nach dem Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für ein berufliches Fortkommen ergeben (Senatsurteil vom 12. April 1984, aaO). Allerdings kann in Einzelfällen bei Vorliegen sonstiger Umstände ein wichtiger Grund auch dann einer Sperrzeit entgegenstehen, wenn die drohende Kündigung rechtswidrig ist (angedeutet im Urteil des 11. Senats vom 25. April 2002 – B 11 AL 100/01 R, Umdruck S 7). Solche Umstände sind allerdings vom LSG nicht festgestellt.
Im Anschluss an die Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R) setzt der erkennende Senat damit seine Rechtsprechung (Urteil vom 12. April 1984 – 7 RAr 28/83 –, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG) fort, auf die sich auch der 11. Senat in seinen Entscheidungen bezieht. Diese Entscheidung ist zwar zu einer Fassung des § 119 AFG ergangen, die noch die Lösung des “Arbeitsverhältnisses” als das die Sperrzeit auslösende Moment normierte; zudem ist in dieser Entscheidung nicht berücksichtigt, dass dort die Arbeitslosigkeit bereits durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit durch den Arbeitgeber zu einem vor der Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses liegenden Zeitpunkt eingetreten war. Ansonsten hält der Senat jedoch seine Rechtsprechung aufrecht und erweitert sie – wie auch der 11. Senat im Ergebnis (Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen) – auf die Fälle, in denen durch Vereinbarung die Lösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem auch eine rechtmäßige Kündigung drohte und gleichzeitig eine Vereinbarung über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses (hier durch Freistellung der Arbeitnehmerin) schon zu einem früheren Zeitpunkt bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses getroffen wird. Ob dies zwingend eine einheitliche Auflösungsvereinbarung voraussetzt, bedarf keiner Entscheidung; hier liegt sie jedenfalls vor. Es ist dann kein Grund ersichtlich, bei der Beurteilung des wichtigen Grundes zu einem unterschiedlichen Ergebnis zu kommen, je nachdem, ob die Arbeitnehmerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitet oder vereinbarungsgemäß gegen Zahlung von Arbeitsentgelt von der Arbeit freigestellt wird.
Den Feststellungen des LSG lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Klägerin eine nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen rechtmäßige Kündigung gedroht hat. Zwar ist mangels Revisionsrüge bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass eine vom Verhalten der Klägerin unabhängige Kündigung zum selben Zeitpunkt bevorstand. Bei der Rechtmäßigkeit der Kündigung kommt es aber entgegen der Ansicht des LSG nicht darauf an, ob die Klägerin subjektiv die angedrohte betriebsbedingte Kündigung für rechtmäßig halten durfte (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R).
Die Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung lässt sich auf Grund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten. Diese wird das LSG auf Grund des zum Zeitpunkt der Lösung im September 1998 geltenden § 1 Abs 5 KSchG idF des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl I 1476) zu prüfen haben. Die Vorschrift hat vom 1. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1998 gegolten und ist hier anzuwenden, da eine Kündigung noch im Jahre 1998 drohte (vgl BAG, Urteile vom 21. Januar 1999, AP Nr 3 zu § 1 KSchG 1969 Namensliste und vom 10. Februar 1999, AP Nr 40 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl); denn § 1 Abs 5 KSchG ist erst durch Art 6 Nr 1 Buchst c des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 3843) mit Wirkung ab 1. Januar 1999 aufgehoben worden. Danach ist zu prüfen, ob die Klägerin ihren Arbeitsplatz auf Grund einer wesentlichen Betriebsänderung nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz verloren hat. Da die Klägerin nach den Feststellungen des LSG in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat für eine Beendigungskündigung vorgesehen war, wird im Falle einer wesentlichen Betriebsänderung nach § 1 Abs 5 Satz 1 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iS des § 1 Abs 2 KSchG bedingt war. Die soziale Auswahl kann bei Kündigungen auf Grund einer solchen Betriebsänderung nach § 1 Abs 5 Satz 2 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden. Dabei kommt es wegen der unterschiedlichen Verfahrensgrundsätze im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nicht darauf an, ob eine Kündigungsschutzklage Erfolg gehabt hätte. Die Prüfung hat vielmehr dem Ermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) zu entsprechen. Insoweit ist auch in Anwendung des § 1 Abs 5 KSchG im sozialgerichtlichen Verfahren Zweifeln an der sozialen Rechtfertigung von angedrohten Kündigungen nachzugehen, sofern die Umstände des Einzelfalls dafür Anhaltspunkte bieten (BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Lassen sich nach Erschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen die für die soziale Rechtfertigung der angedrohten Kündigung erheblichen Tatsachen nicht aufklären, so sind die allgemeinen Grundsätze über die objektive Beweislast heranzuziehen; danach trifft grundsätzlich – Ausnahme: Verletzung der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen – die Beklagte die Beweislast dafür, dass ein dem Eintritt der Sperrzeit entgegenstehender wichtiger Grund nicht vorliegt (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R; BSGE 71, 256, 261 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7).
Neben den Feststellungen zur Frage der Rechtsmäßigkeit der der Klägerin drohenden Kündigung wird das LSG aber auch weitere Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Klägerin die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung nicht zuzumuten war, zB weil sie durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags Nachteile vermeiden konnte, die sich durch eine Kündigung für ihr berufliches Fortkommen ergeben hätten (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R –; Senatsurteil vom 12. April 1984 – 7 RAr 28/83 –, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG). Insoweit wird das LSG zu prüfen haben, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die mit einer Kündigung typischerweise einhergehenden Nachteile im Falle der Klägerin nicht eingetreten wären (BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob dabei unterschiedliche Wertungen im Hinblick auf das Erreichen eines bestimmten Alters (58 Jahre) denkbar sind (so wohl der 11. Senat in seinen beiden Urteilen vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R), bedarf keiner Entscheidung, weil die Klägerin dieses Alter noch nicht erreicht hatte.
Dass die Hinnahme einer Kündigung allein keine Sperrzeit auslösen kann (stRspr, zuletzt BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 89/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen), spricht nicht gegen die Annahme, eine Auflösungsvereinbarung, die einer drohenden bzw feststehenden, aber noch nicht erfolgten Arbeitgeberkündigung zuvorkomme, könne eine Sperrzeit auslösen. Zwar hat es der 11. Senat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich abgelehnt, den Begriff der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses im Wege der Rechtsfortbildung “offener” zu fassen (etwa für den Fall der Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung im Hinblick auf eine zugesagte finanzielle Vergünstigung); jedoch bedeutet dies nicht, dass der Arbeitnehmer auch aktiv an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitwirken darf, um einer Kündigung zuvorzukommen. Vielmehr ist nach der Fassung des § 144 SGB III wie schon nach der des § 119 AFG davon auszugehen, dass sich der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Tut er es, muss es dafür einen wichtigen Grund geben; tut er es nicht, kann eine Sperrzeit überhaupt nicht eintreten. Zulässigerweise knüpft der Gesetzgeber bei den Rechtsfolgen typisierend an unterschiedliches Verhalten des Arbeitnehmers an.
Der Klägerin kann, sollte ein wichtiger Grund vorliegen, auch nicht entgegengehalten werden, sie könne sich auf diesen wichtigen Grund nicht berufen, weil sie die nach einer Entscheidung des 11. Senats aus dem Versicherungsverhältnis folgende Obliegenheit, den Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit zu vermeiden, nicht erfüllt habe (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14). Die Entscheidung des 11. Senats, die der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 29. April 1998 (SozR 3-4100 § 119 Nr 15) aufgegriffen hat, betraf den hier nicht vorliegenden Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer selbst zur Herstellung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, also einer einseitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aus persönlichen Gründen. Dann jedenfalls liegt es nahe, vom Arbeitnehmer im Hinblick darauf, dass auch der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vom wichtigen Grund gedeckt sein muss, eine Arbeitslosmeldung und/oder sonstige Anstrengungen bereits vor der Kündigung, aber auch nur in der Zeit vor der Kündigung, zu verlangen, damit Arbeitslosigkeit nicht eintritt, also möglichst nahtlos ein neues Beschäftigungsverhältnis eingegangen werden kann. Auch der 11. Senat hat in seinen beiden Entscheidungen vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R) keine Veranlassung gesehen, seine frühere Entscheidung zu verallgemeinern. Vielmehr ist jeweils eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich (so auch der 11. Senat in BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58 f).
Sollte ein wichtiger Grund zu verneinen sein, wird das LSG das Vorliegen einer Härte iS des § 144 Abs 3 Satz 1 SGB III zu prüfen haben. § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III kommt allerdings weder nach seinem Wortlaut noch seinem Sinn (nur entsprechend geringe Dauer der verursachten Beschäftigungslosigkeit) in Betracht, weil das Arbeitsverhältnis nicht innerhalb von sechs Wochen nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses als dem die Sperrzeit begründenden Ereignis (vgl dazu BSGE 84, 225, 229 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 mwN) ohnedies – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – geendet hätte (zur Anwendung dieser Vorschrift allgemein, wenn eine Kündigung erfolgt wäre und nicht nur gedroht hätte: BSG, Urteil vom 4. Juli 1991 – 7 RAr 124/90 –, DBlR Nr 3850a zu § 119 AFG am Ende). Nichts anderes gilt für die Anwendung des § 144 Abs 3 Satz 1 SGB III (allgemeine Härteklausel) unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, wenn das Arbeitsverhältnis ohnedies innerhalb von zwölf Wochen geendet hätte (BSGE 77, 61 ff = SozR 3-4100 § 119a Nr 3); der Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1999 umfasst mehr als zwölf Wochen.
Auf die allgemeine Härteklausel wird das LSG jedoch ggf sein Augenmerk zu richten haben. Danach halbiert sich die Regelsperrzeit auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeutet. Diese gesetzliche Regelung entzieht sich grundsätzlich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 60 mwN). Dies bedeutet, dass nicht allein darauf abgestellt werden kann, ob eine Kündigung zum selben Zeitpunkt drohte; auch darauf, ob die Klägerin aus ihrer Sicht die drohende Kündigung für rechtmäßig halten durfte, kommt es allein nicht an (im Ergebnis für Fälle einer Auflösungsvereinbarung, um einer Arbeitgeberkündigung zuvorzukommen: BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 100/01 R am Ende –, unveröffentlicht; Urteil vom 12. April 1984 – 7 RAr 28/83, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG am Ende). Entscheidend wäre insoweit, ob ein unverschuldeter Irrtum über den wichtigen Grund, also ua die Rechtmäßigkeit der drohenden Kündigung, vorlag (BSGE 48, 109, 114 = SozR 4100 § 119 Nr 8; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12 S 27 f mwN; SozR 3-4100 § 119 Nr 11 S 51); der Irrtum müsste unvermeidbar gewesen sein (BSGE 48, 109, 114 = SozR 4100 § 119 Nr 8; BSG Urteil vom 13. März 1997 – 11 RAr 17/96 –, NZA-RR 1997, 495). Diese Wertung wird bei einer einvernehmlichen Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Überlegung gestützt, dass ansonsten ein sorgfältiger Arbeitnehmer, der sich vor der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mit den sich hieraus ergebenden sozialrechtlichen Folgen vertraut macht, benachteiligt würde (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12 S 28; BSG, Urteil vom 13. März 1997 – 11 RAr 17/96 –, NZA-RR 1997, 495).
Im Übrigen wird das LSG ggf über die Dauer der Anspruchsminderung zu befinden haben. Dabei ist § 427 Abs 6 SGB III zu beachten, der seinerseits die Fortgeltung des § 242x Abs 3 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung und damit die Anwendung des § 106 AFG in der bis 31. März 1997 geltenden Fassung (mit der längeren Dauer des Alg-Anspruchs für ältere Arbeitslose) über diesen Zeitpunkt hinaus anordnet, wenn innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung zurückgelegt waren. In diesem Fall bemisst sich die Dauer des Alg-Anspruchs also weiterhin nach dem AFG. Um die für den Alg-Anspruch nach dem SGB III erforderliche Umrechnung von sechs Tagen auf sieben Tage (§ 114 AFG und § 139 SGB III) zu vollziehen, dürfte § 427 Abs 4 SGB III analog anzuwenden sein. Hierauf kommt es letztlich jedoch nur dann an, wenn eine Regelsperrzeit eingetreten sein sollte. Schließlich wird das LSG über die Kosten des Revisionsverfahrens unter Berücksichtung des Umstands zu befinden haben, dass die Beklagte ihre ursprünglich eingelegte Revision teilweise zurückgenommen hat.
Fundstellen