Leitsatz (amtlich)
Ein Bescheid über Gewährung von Berufsschadensausgleich, in dem als Vergleichseinkommen bis zum 45. Lebensjahr gemäß DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 4 Abs 2 (Fassung: 1964-07-30, 1968-02-28 - DV 1964/1968) das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 festgesetzt wird, bindet mit seiner Bekanntgabe (KOV-VfG § 24 Abs 2) die Versorgungsbehörde an diese Einstufung und an die sie begründende Einordnung des Schwerbeschädigten als "Berufsoffizier mit Bezügen nach Besoldungsgruppen bis A 11". Diese Bindung bewirkt im zeitlichen Geltungsbereich der DV 1964/1968, daß vom vollendeten 45. Lebensjahr an für das Vergleichseinkommen die Besoldungsgruppe A 11 maßgebend wird. Auch seit Inkrafttreten des DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 4 vom 1974-04-11 bleibt die Behörde an die Festsetzung des Vergleichseinkommens nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 weiterhin gebunden.
Die berufliche Einordnung bewirkt darüber hinaus - also isoliert von der Einstufung nach Besoldungsgruppe A 9 (A 11) - keine Bindung. Soweit der Schwerbeschädigte seine Einstufung nach Besoldungsgruppen A 13/A 15 mit der Begründung begehrt, er wäre ohne die Schädigung Stabsoffizier geworden, ist unbeschränkt zu prüfen, ob er überhaupt Berufsoffizier der Bundeswehr geworden wäre.
Normenkette
SGG § 77; KOVVfG § 24 Abs. 2; BVG § 30 Abs. 3 u 4 DV § 4 Abs. 2 Fassung: 1964-07-30; BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 4 Abs. 2 Fassung: 1968-02-28; BVG§30Abs3u4DV § 4 Abs. 2 Fassung: 1974-04-11
Tenor
Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Dezember 1973 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der 1925 geborene Kläger wurde im September 1942 als Bewerber für die Sanitätsoffizierslaufbahn vorläufig angenommen. Er behauptet, im Frühjahr 1943 das Abitur in Danzig abgelegt, sodann Dienst beim RAD und ab Juli/August 1943 bis Kriegsende Wehrdienst geleistet zu haben. Am 1. Januar 1945 sei er in Ostpreußen zum Leutnant befördert worden. Nach der Entlassung arbeitete der Kläger zunächst in der Landwirtschaft, trat dann im März 1946 in den Dienst der Bayerischen Grenzpolizei ein, studierte 1949 ein Semester Jura in Freiburg und schied mit Ablauf des Jahres 1951 aus dem Polizeidienst aus. Seitdem ist er ununterbrochen als Angestellter bei der Firma S beschäftigt.
Mehrfache Versuche des Klägers, beim Bundesgrenzschutz und bei der Bundeswehr eingestellt zu werden, hatten wegen seines Gesundheitszustandes oder wegen der Deckung des Personalbedarfes keinen Erfolg. Auch seine mehrfachen Anträge auf Versorgung nach Art. 131 Grundgesetz (GG) blieben erfolglos (letztinstanzlich: Urteil des Bayer. VerwGH vom 19. Juli 1968). Nach Ableistung mehrerer Wehrübungen wurde der Kläger 1962 zum Oberleutnant, 1964 zum Hauptmann, 1969 zum Major und 1973 zum Oberstleutnant der Reserve in der Territorialarmee ernannt.
Der Kläger bezog ursprünglich wegen verschiedener Schädigungsfolgen ab 1. Januar 1949 bzw. 1. Oktober 1950 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v.H., die im Jahre 1956 auf eine solche nach einer MdE um 40 v.H. herabgesetzt wurde. Im März 1964 beantragte der Kläger die Erhöhung seiner MdE wegen besonderer beruflichen Betroffenheit, weil er im Januar 1945 zum Leutnant befördert und wegen der Schädigungsfolgen nicht in die Bundeswehr übernommen worden sei, wo er im Falle der Einstellung mindestens den Rang eines Majors (A 13) erreicht hätte. Nach anfänglicher Ablehnung bewilligte das Versorgungsamt dem Kläger ab 1. März 1964 Rente nach einer MdE um 50 v.H. und außerdem mit Bescheid vom 15. Juni 1966 einen Berufsschadensausgleich auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) ab 1. März 1964; als Rechtsgrundlage für die Ermittlung des Einkommensverlustes wurde in diesem Bescheid § 4 Abs. 2 DVO 1964 zu § 30 Abs. 3 und 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) angeführt. Dem Widerspruch, mit dem der Kläger eine Einstufung nach A 13 begehrte, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1966 mit der Begründung nicht abgeholfen, das Versorgungsamt habe zu Recht unterstellt, daß der Kläger heute bei der Bundeswehr im Rang eines Hauptmanns wäre; im Hinblick auf sein Alter, die laufbahnrechtlichen Bestimmungen und die bisher fehlenden Nachweise könne nicht angenommen werden, daß der Kläger inzwischen zum Stabsoffizier befördert worden wäre. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG), nachdem es mehrere Auskünfte eingeholt hatte, mit der Begründung ab, der Kläger wäre ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich nicht Berufsoffizier geworden (Urteil vom 16. November 1971). Mit dem angefochtenen Bescheid sei rechtsverbindlich über die Höhe des Berufsschadensausgleichs und über das Vergleichseinkommen entschieden worden, nicht aber über die Frage, ob der Kläger in die Bundeswehr als Berufsoffizier übernommen worden wäre. Insoweit handele es sich nur um die Begründung der Einstufung und der Bewilligung des Berufsschadensausgleiches, auf die sich die Bindungswirkung nicht erstrecke. Im übrigen sei es unwahrscheinlich, daß der Kläger in Anbetracht seiner widersprüchlichen, zum Teil unglaubhaften Angaben und seines Verhaltens bei der Bayerischen Grenzpolizei einen höheren Rang als den eines Hauptmanns erreicht hätte. Seine Tätigkeit bei der Firma S entspreche etwa den Tätigkeitsmerkmalen der Besoldungsgruppe A 11 bis A 12, während die Tätigkeit eines Stabsoffiziers, für die der Kläger keine Vorbildung besitze, mit der eines leitenden Angestellten zu vergleichen sei. Aus den Beförderungen des Klägers als Reserveoffizier sei kein anderer Schluß gerechtfertigt.
Auf die Berufung des Klägers hob das Landessozialgericht (LSG) das angefochtene Urteil auf und verurteilte den Beklagten unter Abänderung der zugrunde liegenden Bescheide, dem Kläger ab 1. März 1964 bis 31. Januar 1970 Berufsschadensausgleich nach A 13 und ab 1. Februar 1970 nach A 14 zu gewähren: Die Eingruppierung zur Ermittlung des Einkommensverlustes i.S. von § 30 Abs. 3 BVG sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 8. Dezember 1970, BVBl 1973, 70) Bestandteil des Verfügungssatzes des Verwaltungsaktes, weshalb ihr "Bestandskraft" zuzumessen sei. Diese Eingruppierung umfasse nicht nur die Einstufung in eine Besoldungsgruppe, sondern auch die Einordnung in eine bestimmte Berufs- oder Wirtschaftsgruppe (hier Berufsoffizier). Sie gehöre, auch wenn sie wie die Einstufung in der Begründung des Verwaltungsaktes aufgeführt sei, mit zum entscheidenden Teil des Verwaltungsaktes und nehme, soweit sie den Anspruch trage, an der bindenden Wirkung teil (BSG 6, 288, 291; 11, 194, 197). Im vorliegenden Fall sei die wahrscheinliche Zugehörigkeit des Klägers - bei unversehrter Heimkehr aus dem Kriege - zur Berufsgruppe der Offiziere ein wesentliches Element des Bescheidausspruches, woran die Verwaltungsbehörde mit der Bekanntgabe gebunden sei (§ 24 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VerwVG -). Hieraus folge, daß bei einem Streit über das Vergleichseinkommen nicht zu prüfen sei, ob die zugrunde gelegte Berufsgruppe den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Der Auffassung des SG, der Kläger hätte es bei einer Übernahme als Berufsoffizier nicht weiter als bis zum Hauptmann gebracht, könne nicht zugestimmt werden. Daß der Kläger den Offiziersberuf angestrebt habe und bemüht gewesen sei, eine entsprechende Berufsstellung zu erlangen, beweise u.a. seine Laufbahn als Reserveoffizier. Im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 21. Februar 1967 (BVBl 1967 S. 37) komme allgemein für Berufsoffiziere die Einstufung ab A 13 in Betracht, sofern keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vorlägen, was beim Kläger nicht der Fall sei. Immerhin sei die Laufbahn des Klägers als Reserveoffizier nicht unterbrochen worden, obwohl der Bundesverteidigungsminister von dem für den Kläger ungünstigen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juli 1968 inzwischen Kenntnis erlangt habe. Im übrigen sei der Kläger seit 1. Dezember 1973 bei der Firma Siemens in eine leitende Stellung aufgerückt. Deshalb sei der Kläger - unabhängig davon, ob er tatsächlich Berufsoffizier der ehemaligen Wehrmacht gewesen sei - nach A 13 bzw. A 14 einzustufen.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 24 Abs. 2 VerwVG, des § 4 Abs. 2 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG und der §§ 103, 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er meint, die Eingruppierung in eine bestimmte Berufs- oder Wirtschaftsgruppe sei nur dort bindend, wo sie als Konstante der periodischen Neufeststellungen des Durchschnittseinkommens diene. Dies sei zwar bei Einstufungen nach § 3 Abs. 1 DVO der Fall, nicht aber bei Einstufungen nach § 3 Abs. 4 und 5, §§ 4 und 5 DVO. Der Bescheid vom 15. Juni 1966 enthalte eine bloß begründende tatsächliche Feststellung der Schwerbeschädigteneigenschaft und des wahrscheinlich erreichten Berufes und den bindenden Hinweis auf die maßgebende Besoldungsgruppe. Wenn sich aber die Bindungswirkung auch auf die berufliche Einordnung erstrecken solle, dann müsse jedenfalls die gesamte Feststellung "Berufsoffizier mit Bezügen nach Besoldungsgruppen bis A 11" als Einheit davon erfaßt werden.
Das LSG habe zwar Anhaltspunkte aufgeführt, die dafür sprächen, daß der Kläger Berufsoffizier geworden wäre, es aber unterlassen zu begründen, warum es der Kläger weiter als bis zum Hauptmann gebracht hätte. Andererseits habe es alle gegen eine Stabsoffizierskarriere sprechenden Fakten übergangen und die für seine Überzeugung erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt. Es habe zu Unrecht das Rundschreiben des BMA vom 21. Februar 1967 auf den Kläger angewandt, obwohl dieses nur für Berufsoffiziere der ehemaligen deutschen Wehrmacht gelte, und habe Feststellungen darüber, daß der Kläger Berufsoffizier schon bei der Wehrmacht gewesen sei, nicht getroffen. Die Bindung an einen Verfügungssatz enthalte kein Verbot der Tatsachenverwertung bei anderen Rechtsfragen, weshalb das LSG hätte prüfen müssen, wie groß die Chancen des Klägers gewesen wären, als berufsmäßiger Truppenoffizier die für ihn ungünstigen Tatsachen geheimzuhalten. Dadurch, daß das LSG die Nichtunterbrechung der Laufbahn als Reserveoffizier zugunsten des Klägers gewertet habe, sei es ohne Kenntnis der Beförderungspraxis der Bundeswehr zu einer Überschreitung der freien Beweiswürdigung gekommen. Mit der Feststellung, der Kläger habe bei der Firma S eine leitende Stellung erlangt, habe das LSG ohne Sachkunde gegen Erfahrungssätze verstoßen, weil mit dem "Aufrücken" keine weitere Gehaltserhöhung verbunden sei. Es hätte sich - wie vor ihm das SG - gedrängt fühlen müssen, eine Auskunft des Arbeitgebers einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 16. November 1971 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Streitsache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält die Rechtsauffassung des LSG hinsichtlich der bindenden Feststellung der Berufsgruppe für zutreffend und verneint das Vorliegen von Mängeln im Verfahren des LSG.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Beklagten hat insofern Erfolg, als der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückzuverweisen ist.
Mit Recht wendet sich die Revision gegen die vom LSG vertretene Auffassung, die Versorgungsbehörde sei an die im Bescheid vom 15. Juni 1966 ausgesprochene Einordnung des Klägers in die "Berufsgruppe der Offiziere" dergestalt gebunden, daß bei dem Streit über die vom Kläger begehrte höhere Einstufung nach Besoldungsgruppe A 13 nicht mehr zu prüfen sei, ob die vom Versorgungsamt zugrunde gelegte Berufsgruppe den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Hiergegen spricht schon der Wortlaut des Bescheides, in dem eine isolierte Feststellung des Inhalts, der Kläger wäre ohne die Schädigung schlechthin "Berufsoffizier der Bundeswehr" geworden, nicht zum Ausdruck kommt. Das LSG hat außer acht gelassen, daß § 4 Abs. 2 DVO 1964 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG innerhalb des "öffentlichen Dienstes" (§ 2 Abs. 1 Buchst. b DVO) für den Bereich der Bundeswehr nicht einen einheitlichen, sondern drei voneinander scharf abgegrenzte Personenkreise aufführte, nämlich 1) "Berufsunteroffiziere (vom Feldwebel an aufwärts)", 2) "Berufsoffiziere mit Bezügen nach Besoldungsgruppen bis A 11" und 3) "Berufsoffiziere mit Bezügen nach Besoldungsgruppen ab A 13". Darin lag eine der Beamtenhierarchie (§ 4 Abs. 1 DVO) entsprechende Abstufung. Wäre das Durchschnittseinkommen nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 gemäß § 4 Abs. 1 DVO mit der Begründung zuerkannt worden, der Kläger wäre ohne die Schädigung "Beamter" geworden, so hätte dies zweifelsfrei eine Einordnung in den "gehobenen Dienst" dargestellt. Wenn nun im Bescheid vom 15. Juni 1966 erklärt wurde, der Kläger wäre ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich Berufsoffizier und nach dem auf ihn anzuwendenden § 4 Abs. 2 DVO sei bei Ermittlung seines Einkommensverlustes von der Besoldungsgruppe A 9 auszugehen, so konnte das gleichermaßen nur bedeuten, daß der Kläger in den oben zu 2) genannten Kreis von Bundeswehrangehörigen eingeordnet wurde. Im Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1966 ist dann vollends klargestellt worden, daß die Versorgungsbehörde lediglich davon ausging, der Kläger wäre "heute bei der Bundeswehr im Rang eines Hauptmanns", dagegen sei eine Beförderung zum Stabsoffizier nicht anzunehmen, weshalb ja die vom Kläger beanspruchte Bemessung des Vergleichseinkommens nach der Besoldungsgruppe A 13 gerade abgelehnt wurde.
Bei der Beurteilung dieses Anspruchs auf höhere Einstufung waren auch Umstände zu berücksichtigen, die nicht bloß gegen eine Beförderung in der Offizierslaufbahn, sondern schon gegen eine Einstellung des Klägers als Berufsoffizier der Bundeswehr überhaupt sprechen konnten; die mit der Bekanntgabe der Bescheide vom 15. Juni und 19. Juli 1966 eingetretene Bindung der Versorgungsbehörden (§ 24 Abs. 2 VerwVG) stand dem nicht entgegen. Zur Frage, inwieweit Bescheide über die Bewilligung von Berufsschadensausgleich bzw. Schadensausgleich (§ 30 Abs. 3 und 4, § 40 a BVG; zu Ablehnungsbescheiden vgl. SozR Nr. 38 zu § 30 BVG, neuerdings auch BSG 37, 177, 180) Bindungswirkung entfalten, hat sich in letzter Zeit ein gewisser Wandel der Rechtsauffassung abgezeichnet. Der bislang vorherrschenden Meinung, die Einordnung des Beschädigten in eine bestimmte Wirtschafts-, Leistungs- oder Besoldungsgruppe nehme an der Bindungswirkung des Bescheides nicht teil (vgl. Brocke in "Der Beruf im Sozialrecht", Band V der Schriftenreihe des deutschen Sozialgerichtsverbandes, 1969, S. 100 f, 108, 109; Sladek, KOV 1968, 117, 118; Heyden, KOV 1969, 33 f, 52, 54), wurde nicht nur im Schrifttum widersprochen (vgl. Kempe KOV 1969, 101; Bauer, KOV 1970, 100); auch die Rechtsprechung wandte sich von dem früher vertretenen Standpunkt ab. In dem zu § 22 Abs. 5 VerwVG ergangenen Urteil vom 8. Dezember 1970 (SozR Nr. 1 zu § 22 VerwVG = BVBl 1973, 70 = Breithaupt 1971, 590), das die vorläufige Feststellung des Berufsschadensausgleichs für einen selbständig Tätigen (§ 5 DVO) betraf, hat der 8. Senat des BSG u.a. ausgeführt, die Eingruppierung, welche die Bewertung des Bildungsweges mit der daran geknüpften Festlegung der Besoldungsgruppe umfasse, sei ein notwendiger Bestandteil des entscheidenden Teils (Verfügungssatzes) des Verwaltungsakts, somit sei ihr Bestandskraft zuzumessen. Der erkennende Senat hat es in seinem Urteil vom 18. Mai 1971 (9 RV 76/70, vgl. VersorgB 1971, U 101, Rechtsprechung Nr. 51) zwar dahingestellt gelassen, ob allgemein die Eingruppierung in eine Besoldungsgruppe zur Ermittlung des Einkommensverlustes ein notwendiger Bestandteil des entscheidenden Teils des Verwaltungsakts ist; jedenfalls treffe dies dann zu, wenn die Feststellung der für den Anspruch maßgebenden Besoldungsgruppe den alleinigen Inhalt des Widerspruchsbescheids gebildet habe. Bei der gebotenen Überprüfung dieser Betrachtungsweise aufgrund des hier zu entscheidenden Rechtsstreits gelangt der Senat zu dem Ergebnis, daß es auf die redaktionelle Gliederung eines Bescheids - zumal eine äußerlich gekennzeichnete Abhebung von "Verfügungssatz" und "Begründung" - nicht unbedingt ankommen dürfte und daß ferner eine ausschließliche Berücksichtigung der im Bescheid genannten Besoldungsgruppe keine befriedigende Problemlösung darstellt. Würde etwa allein die "Einstufung" des Klägers in die Besoldungsgruppe A 9 zum Verfügungssatz des Bewilligungsbescheids gerechnet, so bliebe es - bei dem mehrfachen Vorkommen dieser Besoldungsgruppe in den Bestimmungen des Durchschnittseinkommens nach der DVO (§ 4 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1) - ohne Bezugnahme auf das angewandte "Einstufungsgerüst" völlig ungewiß, ob mit der als wahrscheinlich unterstellten Tätigkeit des Beschädigten diejenige eines Beamten im gehobenen Dienst, eines "Subalternoffiziers", eines Selbständigen mit Volksschulbildung und abgelegter Meisterprüfung oder eines Selbständigen mit Mittelschulbildung ohne abgeschlossene Berufsausbildung gemeint war. Die insoweit erforderliche Klarstellung der Rechtsgrundlage für die dem Beschädigten zuerkannte Leistung gehört ihrem Wesen nach zum entscheidenden Teil des Verwaltungsakts, zumal da bei einer Bemessung des Durchschnittseinkommens gerade nach Besoldungsgruppe A 9 sich höchst unterschiedliche Auswirkungen ergeben konnten, je nach dem, ob ein Anwendungsfall von § 4 DVO oder von § 5 DVO gegeben war: Während Selbständige nach § 5 DVO stets bei dieser einmal festgesetzten Einstufung verbleiben, war nach § 4 DVO 1964/1968 für Beamte und Berufsoffiziere ein "Aufrücken" in die Besoldungsgruppe A 11 vom vollendeten 45. Lebensjahr an vorgesehen.
In dem auf § 4 Abs. 2 DVO 1964 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG gestützten Bescheid vom 15. Juni 1966 bedeutete mithin die Festsetzung des Durchschnittseinkommens nach dem Endgrundgehalt die Besoldungsgruppe A 9 iVm der Eingruppierung als "Berufsoffizier" zwangsläufig, daß der Kläger in den Personenkreis der "Subalternoffiziere" eingeordnet, hingegen eine anderweitige Einordnung im Gesamtbereich der DVO ausgeschlossen wurde. Als dieser Bescheid erging, war der Kläger 41 Jahre alt. Da die DVO 1968 den Inhalt des § 4 Abs. 2 unverändert beibehielt, hatte die bescheidmäßige Festsetzung dieses Durchschnittseinkommens zur Folge, daß seit dem vollendeten 45. Lebensjahr des Klägers statt der bis dahin geltenden Besoldungsgruppe A 9 ohne weiteres die Besoldungsgruppe A 11 zum Inhalt der über den Berufsschadensausgleich getroffenen Regelung wurde.
Hiermit ist jedoch - entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht - das Ausmaß der Bindungswirkung, die gemäß § 77 SGG, § 24 VerwVG dem Bescheid vom 15. Juni 1966 über die Gewährung von Berufsschadensausgleich an den Kläger zukommt, erschöpfend umschrieben. Die Bestandskraft, die das LSG darüber hinaus der Einordnung des Klägers in den Personenkreis "Berufsoffiziere" beigemessen hat, beruht auf der unzulässigen Verselbständigung eines Entscheidungselements. Dies erweist sich an dem hier erforderlichen Vergleich mit den Prinzipien der Rechtskraftlehre. Die Rechtskraft eines Gerichtsurteils ergreift den sich aus festgestellten Tatsachen und angewandten Rechtsnormen ergebenden Subsumtionsschluß als Ganzes, die einzelnen Glieder dieses Schlusses indessen - zumal festgestellte Tatsachen, bedingende Rechtsverhältnisse, rechtliche Einordnungen - nur insoweit, als sie zu diesem Schluß geführt haben, nicht dagegen vom Subsumtionsergebnis losgelöst und selbständig (vgl. Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO, 19. Aufl., Anm. VI zu § 322; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., Seite 832 mit weiteren Nachweisen). Da die Bindungswirkung, wie sie nach § 77 SGG, § 24 VerwVG den Bescheiden der Versorgungsbehörden zukommt, eher schwächer, niemals jedoch stärker und umfassender als die Rechtskraft von Gerichtsurteilen sein kann (vgl. BSG 18, 22, 26), muß auch hierbei eine solche funktionale Bewertung der Entscheidung und ihrer einzelnen Elemente stattfinden. Demgemäß kann der im Bescheid vom 15. Juni 1966 getroffenen Feststellung, der Kläger wäre ohne die Schädigung wahrscheinlich Berufsoffizier geworden, eine von der Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 (später A 11) unabhängige Bedeutung keinesfalls beigelegt werden. Wenn also anschließend im Berufungsverfahren darüber gestritten wurde, ob der Kläger den Dienstrang eines Stabsoffiziers erreicht hätte und ihm deshalb die verlangte Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 (A 14) zustehe, so war das LSG verpflichtet, die in diesem Zusammenhang nicht bindend entschiedene Frage, ob der Kläger wahrscheinlich überhaupt als Berufsoffizier in die Bundeswehr übernommen worden wäre, aufgrund des vorliegenden Beweismaterials voll nachzuprüfen. Da das LSG sich insoweit irrtümlich an tatsächliche Feststellungen im angefochtenen Bescheid gebunden geglaubt hat, ist diese Nachprüfung zu Unrecht unterblieben.
Seine Auffassung, als Durchschnittseinkommen für den Berufsschadensausgleich des Klägers müsse gemäß § 4 Abs. 2 DVO 1964/1968 das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 (A 14) festgesetzt werden, hat das LSG u.a. auch mit einer Bezugnahme auf das Rundschreiben des BMA vom 21. Februar 1967 (BVBl 1967, 37) begründet. Hierzu hätte es aber der tatsächlichen Feststellung bedurft, daß der Kläger - wie in diesem Rundschreiben vorausgesetzt wurde - Berufsoffizier der ehemaligen deutschen Wehrmacht gewesen ist. Eine solche Feststellung hat das LSG, wie der drittletzte Absatz der Entscheidungsgründe erkennen läßt, nicht getroffen. Dies ist vom Beklagten zutreffend als ein wesentlicher Mangel des Berufungsverfahrens gerügt worden.
Auf die hiernach begründete Revision muß die Sache gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung muß das LSG auch die erst nach seinem Urteil verkündete DVO vom 11. April 1974 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG (BGBl I, 927) berücksichtigen, in deren § 4 Abs. 2 Satz 1 die Ermittlung des Vergleichseinkommens bei Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit systematisch völlig neu gestaltet worden ist: Statt der bisherigen Dreigliederung in Unteroffiziere, "Subalternoffiziere" und Stabsoffiziere gibt es nun die Kategorien a) Unteroffiziere, b) Offiziere des militärfachlichen Dienstes und c) Offiziere, wobei die Gruppe c) unter Heranziehung einer Lebensaltersskala von der Besoldungsgruppe A 9 (vor vollendetem 27. Lebensjahr) bis zur Besoldungsgruppe A 15 (nach vollendetem 47. Lebensjahr) verläuft; damit ist insbesondere die frühere Abgrenzung zwischen den Offizierslaufbahnen bis Besoldungsgruppe A 11 einerseits und ab Besoldungsgruppe A 13 andererseits verschwunden. Eine so tiefgreifende Änderung legt die Erwägung nahe, ob etwa deshalb die Bindungswirkung von Bescheiden, die auf § 4 Abs. 2 DVO 1964/1968 beruhten, ab 1. Januar 1974 überhaupt entfallen ist, weil durch später erlassene Rechtssätze ein rechtskraftfreier Raum geschaffen werden kann (vgl. Habscheid, ZZP, Band 78, 401, 442 f; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, aaO., Anm. X 7). Eine solche Tragweite ist indessen nach Meinung des Senats der hier vorliegenden Neuregelung nicht beizumessen; denn die DVO 1974 hat am Rechtsinstitut des Berufsschadensausgleichs (§ 30 Abs. 3 und 4 BVG) als solchem nichts Grundlegendes geändert, sondern lediglich die Ermittlung des Vergleichseinkommens in Fällen der hier gegebenen Art neu gestaltet. Andererseits kann aber das Inkrafttreten des § 4 Abs. 2 DVO 1974 auch nicht dazu führen, daß etwa vom 1. Januar 1974 an die berufliche Einordnung in dem auf bisherigem Recht beruhenden Bescheid eine absolute, von der Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 (A 11) losgelöste Bindungswirkung erhält, um so weniger, als im Jahre 1966 eine Staffelung des Vergleichseinkommens entsprechend dem System des § 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c DVO 1974 schlechthin unvorstellbar gewesen ist. Vielmehr müßte es, falls die vom LSG vorzunehmende Beweiswürdigung keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, daß der Kläger ohne die Schädigung Berufsoffizier der Bundeswehr geworden wäre, bei der Festsetzung des Vergleichseinkommens nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 bewenden; das würde zwar nicht in das System des § 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c DVO 1974 hineinpassen, wo die Besoldungsgruppe A 11 mit der Dienstaltersstufe 6 (für Offiziere bis zum vollendeten 34. Lebensjahr) aufgeführt ist; es wäre aber eine unvermeidliche Folge des aus der Selbstbindung (§ 24 Abs. 2 VerwVG) herzuleitenden Verbots der Schlechterstellung (vgl. BSG 14, 154, 158; SozR Nr. 44 zu § 77 SGG). Eine Einstufung nach der in § 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c DVO 1974 enthaltenen Besoldungsgruppenstaffel stünde dem Kläger hingegen offen, wenn seine hypothetische Übernahme als Berufsoffizier in die Bundeswehr sich als hinreichend wahrscheinlich herausstellen sollte.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen