Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1942 geborene Klägerin ist zwischen April 1957 und September 1958 zur Herrenkleidernäherin ausgebildet worden und war anschließend bis 1963 in diesem Beruf tätig. Zwischen Januar 1967 und September 1968 war sie als Raumpflegerin und Näherin, von Mai 1983 bis 14. September 1991 als Pflegehelferin bei der Caritas und vom 16. September bis 10. November 1991 als Arzthelferin bei ihrem Hausarzt versicherungspflichtig beschäftigt; seither ist sie arbeitslos.
Ihren am 6. August 1991 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens des Dr. v.… B.… durch Bescheid vom 24. September 1991 ab. Das Widerspruchsverfahren blieb nach Einholung eines weiteren orthopädischen Fachgutachtens des Dr. H.… vom 7. Januar 1992 erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1992). Im anschließenden Klageverfahren hat das SG verschiedene Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie Arbeitgeberauskünfte der Caritas vom 4. November 1992 und 29. November 1994 sowie des praktischen Arztes Dr. M.… vom 25. Mai 1995 beigezogen und die Klägerin durch Dr. S.…, Prof. Dr. M.… und Dr. B.… internistisch, orthopädisch-rheumatologisch und nervenärztlich untersuchen lassen. Nachdem diese Gutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Vorneigen des Rumpfes und nicht in gebückter Haltung ergeben hatten, das durch ein weiteres orthopädisch-rheumatologisches Gutachten des Dr. H.… vom 7. Juli 1995 bestätigt worden war, hat das SG die Klage mit Urteil vom 14. Februar 1996 abgewiesen, weil die Klägerin noch vollschichtig als Verwaltungsangestellte im Bürobereich, zB als Bürohilfe, Poststellenmitarbeiterin, in der Registratur oder im Krankenblattarchiv von Krankenhäusern, eingesetzt werden könne. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (Urteil des LSG vom 16. Dezember 1996). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Als Mitarbeiterin in der Pflege (Pflegehelferin) genieße die Klägerin allenfalls den Berufsschutz einer angelernten Angestellten im unteren Bereich. Ihre körperlichen Beschwerden – insbesondere auf orthopädischem Gebiet – hinderten sie nicht daran, noch vollschichtig einer körperlich leichten Arbeit nachzugehen. Wegen der Beschwerden in der gesamten Wirbelsäule und in den Schultergelenken sollten allerdings nur noch witterungs- und temperaturgeschützte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Vorneigen des Rumpfes, nicht auf Leitern oder Gerüsten und nicht in gebückter oder knieender Haltung ausgeführt werden. Deswegen sei die Klägerin im “bisherigen Beruf” als Mitarbeiterin in der Altenpflege nicht mehr einsetzbar. Möglich seien ihr jedoch eine Reihe von Erwerbstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr als allenfalls angelernte Angestellte zumutbar seien.
Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 2 AVG. Sie ist der Auffassung: Aufgrund der bei ihr bestehenden Leistungsbeschränkungen sei ihr der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen. In der Arbeitswelt bestehe keine reale Chance der Umsetzung des Leistungsvermögens, sondern nur die theoretische Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erlangen. Dies reiche nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. November 1983 – 5a RKn 28/82 – SozR 2200 § 1246 Nr 110) nicht aus, von einer praktischen Einsetzbarkeit auszugehen. Diese Rechtsprechung habe das LSG nicht berücksichtigt. Die allenfalls auf Zufälligkeit beruhende Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit zu finden, werde noch dadurch verstärkt, daß es sich bei den für sie in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten um ungelernte Tätigkeiten handele. Gerade ungelernte Arbeiten beanspruchten häufig den Bewegungsapparat und könnten von ihr daher tatsächlich nicht verrichtet werden. Indiz für die nicht vorhandene Vermittlungsfähigkeit sei auch der Umstand, daß ihr immer noch kein Arbeitsplatz angeboten worden sei. Gelte nach den Beschlüssen des Großen Senats des BSG vom 10. Dezember 1976 (GS 2/75, 3/75, 4/75 und 3/76 – SozR 2200 § 1246 Nr 13) für den Teilzeitarbeitsmarkt, daß dieser verschlossen sei, wenn innerhalb eines Jahres kein Arbeitsplatz vom Arbeitsamt angeboten werden könne, so sei dies erst recht für Vollschichtarbeiten anzunehmen. Auch § 43 Abs 2 Satz 3 SGB VI idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB VI (2. SGB VI-ÄndG) vom 2. Mai 1996 führe zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Denn indem dort darauf abgestellt werde, daß die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage – also einem vorübergehenden Zustand – abhängig gemacht werden könne, sei der Gesetzgeber nicht davon abgegangen, daß ein Versicherter mit seinen spezifischen Erkrankungen überhaupt eine Chance haben müsse, vermittelt zu werden. Phantasieberufe reichten für eine zulässige Verweisung nicht aus (BSG Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94). Jedenfalls sei es ihr unmöglich, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten. Denn bei einer Gesamtbetrachtung der Leistungseinschränkungen sei sie nicht in der Lage, mit dem üblichen betrieblichen Leistungsniveau mitzuhalten. Sie sei daher auf einen speziellen Schonarbeitsplatz angewiesen, der idR aber nur leistungsgeminderten Angehörigen des eigenen Betriebes vorbehalten bleibe. Die vom SG genannten Verweisungstätigkeiten stellten überdies allesamt Berufe dar, die nicht garantierten, daß sie, die Klägerin, ständig wechselnde Körperhaltungen einnehmen könne.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 1996 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Februar 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. September 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 1992 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 6. August 1991 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, daß die Revisionsbegründung den Beschluß des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1/95 – vollkommen unberücksichtigt lasse. Als Beispiele für Einschränkungen, die gerade nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen sollten, habe das BSG ua den “Ausschluß von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind” genannt. Eine Erweiterung des Verschlossenheitskatalogs habe der Große Senat ausgeschlossen; dies widerspreche dem Anliegen des 2. SGB VI-ÄndG.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Eine Verfahrensrüge hat die Klägerin nicht erhoben. Soweit sie ausführt, das LSG könne sich “nach den allgemeinen Regeln der Beweiswürdigung nicht darauf beschränken, die zur Ermittlung der Erwerbsfähigkeit notwendigen Gutachten zu zitieren und sich den dort gemachten Aussagen und Einschätzungen anzuschließen”, greift sie nicht das Verfahren, sondern die Überzeugungsbildung des Gerichts und damit die Sachentscheidung selbst an. Die Entscheidungsfindung betrifft auch die Frage, ob die Klägerin trotz ihrer Leistungsbeeinträchtigungen noch eine reale oder nur eine rein abstrakte, an einem wirklichkeitsfremden Berufsbild orientierte Vermittlungsmöglichkeit hat.
Soweit die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 2 AVG rügt, liegt diese Rechtsverletzung nicht vor. Sie hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind – wie das LSG zutreffend ausgeführt hat – nicht erfüllt.
Der Rentenanspruch der Klägerin richtet sich noch nach den Vorschriften des AVG, weil die Klägerin ihren Rentenantrag vor dem 1. April 1992 gestellt hat und der begehrte Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1992 liegt (§ 300 Abs 2 SGB VI).
Die Klägerin ist nicht berufsunfähig. Erst recht liegen bei ihr daher die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit nicht vor.
Gemäß § 23 Abs 1 AVG erhält der Versicherte Rente wegen Berufsunfähigkeit, der berufssunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der Berufsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Nach Abs 2 der Vorschrift ist berufsunfähig nur derjenige Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Bisheriger Beruf iS des § 23 Abs 2 AVG ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG idR die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese die qualitativ höchste ist (BSG Urteile vom 29. November 1979 – 4 RJ 111/78 – SozR 2200 § 1246 Nr 53 und vom 11. September 1980 – 1 RJ 94/79 – SozR 2200 § 1246 Nr 66). Nach den von der Revision nicht angegriffenen und daher gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG hat die Klägerin zuletzt den Beruf der Pflegehelferin (Mitarbeiterin im Pflegedienst) ausgeübt, in dem sie allenfalls den Berufsschutz einer angelernten Angestellten im unteren Bereich genießt. Ihre Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Kr 2 der allgemeinen Vertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) entsprechend einer examinierten Krankenpflegehelferin (mit Ausbildung von einem Jahr) erfolgte im Rahmen des tarifvertraglich vorgeschriebenen Bewährungsaufstiegs nach sechsjähriger Tätigkeit; diese Eingruppierung ist als “sachfremde Erwägung” kein Merkmal der qualitativen Bewertung ihrer Berufstätigkeit.
Als allenfalls angelernte Angestellte im unteren Bereich kann die Klägerin aber zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden. Denn zumutbar iS des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG ist nach der Rechtsprechung des BSG jede Tätigkeit der nächst niedrigeren Stufe, hier des allgemeinen Arbeitsmarktes (Beschäftigungen, für die keine Berufsausbildung erforderlich ist).
Entgegen der Auffassung der Klägerin mußte das LSG auch keine konkrete(n) Verweisungstätigkeit(en) für die Klägerin benennen. Die Klägerin läßt insoweit die neueste Rechtsprechung des BSG in den Beschlüssen des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 (GS 1 bis 4/95 – GS 2/95 veröffentlicht in BSGE 80, 24) außer Betracht. Danach ist die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich, wenn der Versicherte zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage ist und auf eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden darf; an diesem Grundsatz hat der Große Senat des BSG ausdrücklich festgehalten. Dies hat zur Folge, daß bei der Prüfung von Erwerbsunfähigkeit – einen Berufsschutz genießt die Klägerin nicht – die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit regelmäßig nicht zu erfolgen hat; es genügt die Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen erlaubt, die im ungelernten Bereich gefordert zu werden pflegen. Wie der Große Senat des BSG ausführt, wird in bezug auf Personen, die körperlich leichte Arbeiten ohne besondere Einschränkungen noch erbringen können, das Bezeichnungsgebot zudem nicht benötigt, um sicherzustellen und nachprüfbar zu machen, daß der Versicherte noch eine andere, die Erwerbsunfähigkeit ausschließende Erwerbstätigkeit ausüben kann. Es liegt auf der Hand, daß solche Versicherten nicht aufgrund von Krankheit oder Behinderung gehindert sind, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen; weil der Versicherte in Ermangelung eines Berufsschutzes breit verweisbar ist, besteht keine Gefahr, daß er damit auf Arbeiten verwiesen wird, die in der Berufswelt nicht oder kaum aufzufinden sind.
Veranlassung, diesen Grundsatz aufzugeben, hat der Große Senat des BSG auch deshalb nicht gesehen, weil die Neufassung der §§ 43 ff SGB VI auf die Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung abzielt, nach der die Benennung von ungelernten Verweisungstätigkeiten nicht erforderlich ist. Die §§ 43 ff SGB VI sehen auch idF des 2. SGB VI-ÄndG für einen vollschichtig einsatzfähigen Versicherten, der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, grundsätzlich nicht die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit vor.
Die Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nur dann, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Als Beispiele, welche Einschränkungen jedenfalls nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen sollen, nennt der Große Senat des BSG im Anschluß das Urteil des 4. Senats vom 1. März 1984 (4 RJ 43/83 – SozR 2200 § 1246 Nr 117) ua (BSGE 80, 24, 33 f):
- Ausschluß von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind,
- Ausschluß von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern.
Hiernach liegen bei der Klägerin, die nach den den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG noch körperlich leichte, witterungs- und temperaturgeschützte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Vorneigen des Rumpfes, nicht auf Leitern oder Gerüsten und nicht in gebückter oder knieender Haltung ausführen kann, ungewöhnliche Leistungseinschränkungen oder schwere spezifische Leistungsbehinderungen nicht vor. Nur solche führen nach den Ausführungen des Großen Senats des BSG aber dazu, daß der Arbeitsmarkt für überdurchschnittlich stark leistungsgeminderte Personen möglicherweise schlechthin keine Arbeitsstelle bereithält bzw nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt. Nur die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw eine schwere spezifische Leistungsbehinderung hat auch zur Folge, daß der Versicherte – wie die Klägerin für sich in Anspruch nimmt – mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb nicht einsetzbar ist (vgl BSG Urteil vom 30. November 1982 – 4 RJ 1/82 – SozR 2200 § 1246 Nr 104).
Erwerbsunfähigkeit liegt erst vor, wenn der Leistungsgeminderte einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz nicht finden kann, weil es solche Arbeitsplätze nicht gibt (GS Beschluß vom 11. Dezember 1969 – GS 2/68 – BSGE 30, 192, 200 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). In seinem Beschluß vom 10. Dezember 1976 (GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 und GS 3/76 – BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13) hat der Große Senat entschieden, daß dem nur zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten, unabhängig von der Zahl vorhandener Arbeitsplätze oder dem Verhältnis dieser Zahl zu den Personen, die solche Arbeitsplätze suchen, der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen sei, wenn man ihm nicht innerhalb eines Jahres einen Arbeitsplatz anbieten könne. Entsprechende Konsequenzen für leistungsgeminderte, aber noch vollschichtig einsetzbare Versicherte zu ziehen, hat das BSG ständig abgelehnt. Die Rechtsprechung geht generell davon aus, daß es für Vollzeittätigkeiten Arbeitsplätze in ausreichendem Umfang gibt und der Arbeitsmarkt für den Versicherten offen ist, so daß eine diesbezügliche Prüfung im Einzelfall regelmäßig nicht vorgenommen zu werden braucht (Senatsurteil vom 27. Mai 1977 – 5 RJ 28/76 – BSGE 44, 39 = SozR 2200 § 1246 Nr 19). Die hierzu herausgestellten Ausnahmefallgestaltungen (Katalogfälle 1 bis 7; vgl Beschluß des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 – BSGE 80, 24, 35) auszuweiten, hat der Große Senat in seinem Beschluß vom 19. Dezember 1996 keine Veranlassung gesehen. Daß die Zahl der Arbeitsplätze für ungelernte, körperlich leichte Tätigkeiten rückläufig ist, hat der Große Senat als unerheblich angesehen, solange es diese Arbeitsplätze in der Berufswelt tatsächlich in nicht nur geringer Zahl gibt. Da die Klägerin einem Fall des Verschlossenheitskatalogs nicht unterfällt, dieser aber nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG nicht zu ergänzen ist, war das LSG nicht gehalten, eine für die Klägerin in Betracht kommende Berufstätigkeit konkret zu benennen.
Da für die pauschale Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen der Prüfung von Berufsunfähigkeit keine anderen Gründe als bei der Erwerbsunfähigkeit angeführt werden und § 43 SGB VI, seit 1992 anstelle des § 23 AVG Anspruchsgrundlage für die Rente wegen Berufsunfähigkeit, in Abs 2 Satz 4 SGB VI idF des 2. SGB VI-ÄndG vorsieht, daß berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann und daß dabei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist, liegen bei der Klägerin weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1058865 |
SGb 1998, 266 |