Leitsatz (amtlich)
Einem Berufssoldaten, der ohne wichtigen oder ohne berechtigten Grund aus dem Wehrdienst ausgeschieden ist, kann nach AVAVG § 144 Abs 1 S 2 in sinngemäßer Anwendung des AVAVG § 80 die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe auf Zeit versagt werden (Sperrfrist).
Normenkette
AVAVG § 80 Fassung: 1957-04-03, § 144 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-04-03, § 145 Fassung: 1957-04-03
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 1964 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der 1916 geborene Kläger war Soldat auf Lebenszeit, zuletzt im Range eines Feldwebels. Er wurde auf eigenen Antrag mit Ablauf des 31. Juli 1961 aus der Bundeswehr entlassen. Wegen eines Dienstvergehens mußte er sich später überdies vor einem Truppendienstgericht verantworten. Bei seiner Arbeitslosmeldung gab der Kläger an, er sei aus dem Militärdienst ausgeschieden, weil dieser seinen Neigungen nicht entsprochen habe. Daraufhin bewilligte ihm das Arbeitsamt (ArbA) Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. August 1961, verhängte aber, weil er seine Beschäftigung bei der Bundeswehr ohne wichtigen oder berechtigten Grund aufgegeben habe, gemäß § 80 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) zunächst eine Unterstützungssperre für 24 Wochentage gegen ihn (Bescheid vom 30. August 1961), die im Widerspruchsverfahren später auf 12 Wochentage herabgesetzt wurde (Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1961). Im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit (Klage und Berufung) erreichte der Kläger, daß die Sperrfristverfügungen der Arbeitsverwaltung (Versagung der Alhi auf Zeit) aufgehoben wurden. Das Landessozialgericht (LSG) - Urteil vom 5. Februar 1964 - war der Auffassung, daß ein Soldat in einem hoheitlichen Dienst- und Treueverhältnis stehe, das sowohl bei seinem Beginn als auch hinsichtlich seiner Beendigung völlig anderen Bedingungen unterliege als ein privatwirtschaftliches Arbeitsverhältnis. Deshalb komme z. B. für einen Soldaten weder eine Kündigung noch eine Aufgabe des Dienstverhältnisses aus berechtigten oder wichtigen Gründen in Betracht. Soldaten der Bundeswehr seien zwar durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 der 5. Durchführungsverordnung (DVO) zum AVAVG vom 22. Mai 1958 (BGBl. I 377), wonach der für die Bundesrepublik geleistete Wehrdienst an die Stelle der ganz oder teilweise fehlenden entlohnten Beschäftigung im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b AVAVG tritt, insoweit den Arbeitnehmern des allgemeinen Arbeitsmarkts gleichgestellt worden. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, daß der Dienst in der Bundeswehr die Bedeutung einer Arbeitsstelle im Sinne des § 80 Abs. 1 AVAVG habe. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche weiterhin Nr. 5 des § 3 der 5. DVO, wonach an die Stelle der fehlenden entlohnten Beschäftigung die im Gebiete des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 befugt und hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Selbständiger trete, wenn sie aus Gründen, die der Arbeitslose nicht zu vertreten habe, nicht nur vorübergehend aufgegeben worden sei. Der Anspruch auf Grund dieser Bestimmung entfalle also gänzlich, wenn der Arbeitslose die Gründe für die Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit zu vertreten habe. Nach alledem werde auch eine entsprechende Anwendung des § 80 AVAVG ausgeschlossen.
Revision wurde zugelassen.
II. Die beklagte Bundesanstalt legte form- und fristgerecht Revision ein. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zwar entschieden (BSG 13, 102), daß das Angebot einer Beamtenstelle wegen der besonders gearteten dienstrechtlichen Natur kein Arbeitsangebot im Sinne des § 90 AVAVG aF sei, dabei aber ausdrücklich offengelassen, ob der schuldhafte Verlust einer Beamtenstelle zur Verhängung einer Sperrfrist berechtige. Da der Wehrdienst aber durch § 3 Nr. 3 der 5. DVO einer entlohnten Beschäftigung im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG gleichgestellt werde, sei in sinngemäßer Anwendung des § 80 AVAVG eine Sperrfrist dann zu verhängen, wenn jemand den Leistungsfall dadurch herbeiführe, daß er seine Tätigkeit als Berufssoldat ohne berechtigten oder wichtigen Grund aufgebe. Das LSG habe übersehen, daß es sich vorliegend nicht um einen Fall der Arbeitslosenversicherung (ArblV), sondern der Alhi handele und daß deren Vorschriften nach der 5. DVO zum AVAVG auch auf andere als auf dem freien Arbeitsmarkt beschäftigte Arbeitnehmer sinngemäß anwendbar seien. Für eine derartige Anwendung des § 80 AVAVG auf die Tatbestände des § 3 Nr. 1 bis 4 der 5. DVO sprächen zudem die §§ 92, 151 AVAVG, da hier der Gesetzgeber offensichtlich selbst davon ausgehe, daß eine Vorschrift der ArblV auch auf einen Tatbestand (§ 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG), der dem für die ArblV gesetzlich normierten nur nahekomme, in der Alhi sinngemäß anzuwenden sei. Auch aus § 3 Nr. 5 der 5. DVO ergebe sich, im Gegensatz zur Auffassung des LSG, daß in den Fällen der Nummern 1 bis 4 eine Sperrfrist zu verhängen sei. Diese habe der Gesetzgeber, da es sich um arbeitnehmerähnliche Tatbestände handele, als von §§ 78, 80 AVAVG erfaßt angesehen und daher lediglich für die mit den Arbeitnehmern nicht ohne weiteres vergleichbaren Selbständigen eine besondere Regelung getroffen. Darüber hinaus habe das BSG (Urteil vom 18. Dezember 1963 - 3 RK 99/59 -) festgestellt, daß Beamte sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer - regelmäßig Angestellte - im Sinne des § 165 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien. Daher könnten sie - und entsprechend auch Berufssoldaten - eine Arbeitsstelle im Sinne der Sozialversicherung innehaben und schuldhaft aufgeben. Wende man auf diesen Personenkreis § 80 AVAVG nicht an, so stelle dies zudem eine den Gleichheitssatz verletzende Besserstellung gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern dar.
Da der Kläger keinen wichtigen oder berechtigten Grund für seine Arbeitsaufgabe gehabt habe, sei eine Sperrfrist gegen ihn gerechtfertigt gewesen. Dies um so mehr, als er mit seinem freiwilligen Ausscheiden wahrscheinlich einer Entlassung im Disziplinarverfahren zuvorgekommen und somit auch ein weiteres Tatbestandsmerkmal des § 80 Abs. 1 Satz 1 AVAVG erfüllt sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Urteils des SG Augsburg vom 1. März 1962 die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten gewesen und hat auch keine Erklärungen abgegeben.
III. Die gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 30. August 1961 idF des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 1961, d. h. die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, die dem Kläger bewilligte Unterstützung aus der Alhi wegen unberechtigter Aufgabe seiner Tätigkeit als Berufssoldat für 12 Wochentage zu versagen.
Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Sperrfrist ist § 80 AVAVG, wonach das Arbeitslosengeld (Alg) für - in der Regel - 24 Wochentage u. a. dann zu versagen ist, "wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle ohne wichtigen oder ohne berechtigten (§ 78 Abs. 2 AVAVG) Grund aufgegeben oder durch ein Verhalten, das zur fristlosen Entlassung berechtigt, verloren oder wenn er den Verlust seiner Arbeitsstelle vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat". Diese Vorschrift steht im Dritten Abschnitt "Arbeitslosenversicherung" des AVAVG und erfaßt daher, wie sich auch aus ihrem Wortlaut ergibt, zunächst nur Leistungen aus der ArblV, d. h. also das Arbeitslosengeld. Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG gelten jedoch auch für Leistungen aus der Alhi die sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes "sinngemäß, soweit die Besonderheiten der Arbeitslosenhilfe nicht entgegenstehen". Dies bedeutet, daß jeweils geprüft werden muß, ob und gegebenenfalls mit welchen aus der Verschiedenheit der beiden Leistungsarten erwachsenden Abwandlungen eine Norm aus dem Recht der ArblV auf das der Alhi angewandt werden kann. Voraussetzung einer sinngemäßen Anwendung ist stets, daß der in der ArblV geregelte Tatbestand dem gesetzlich nicht geregelten Tatbestand aus der Alhi in seinen rechtlich bedeutsamen Teilen wesensverwandt ist und daß daher mit seiner sinngemäßen Anwendung grundsätzlich gleichgelagerte Tatbestände eine im wesentlichen gleichartige Regelung finden.
Unter Berücksichtigung dieser Richtsätze ist es unbedenklich, die Sperrfristbestimmung des § 80 AVAVG nach § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG auf Leistungen aus der Alhi ebenfalls anzuwenden. Sowohl ArblV wie Alhi sollen eine Existenzsicherung des Arbeitnehmers für den Fall der Arbeitslosigkeit durch teilweisen Ersatz des eingetretenen Lohnausfalls bewirken (vgl. Regierungsbegründung zum Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AVAVG, BT-Drucks. II. Wahlperiode 1953, Nr. 1274 S. 89, Nr. 2102 S. 2; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm. z. AVAVG, § 56 Anm. 8 § 144 Anm. 2 und 5; Schmidt, Die Arbeitslosenhilfe, S. 47).
Dieses Ziel wird primär im Wege der Selbsthilfe durch die ArblV erreicht, die eine Versicherung gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit darstellt und bei Eintritt des Schadensfalls Versicherungsleistungen gewährt (BT-Drucks. II. Wahlperiode 1953 Nr. 1274 S. 78/79; Herschel in BABl 59, 78). Hierzu tritt subsidiär die aus öffentlichen Mitteln gewährte Alhi, die sich aus der früheren Krisenfürsorge und der späteren Arbeitslosenfürsorge entwickelt hat. Sie ist dazu bestimmt, die durch das Versicherungsprinzip bedingten, persönlichen und zeitlichen Begrenzungen der ArblV auszugleichen und denjenigen Erwerbstätigen eine soziale Hilfe zu bieten, die mangels Erfüllung der Anwartschaft keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen (Alg) besitzen oder diesen Anspruch bereits erschöpft haben (vgl. BVerfG vom 16. Dezember 1958 in NJW 59, 283; Krebs, Komm. z. AVAVG, 2. Aufl. Vorbemerkung vor § 144). Diese Verschiedenheit zwischen Alg als Versicherungsleistung und Alhi als Unterstützung (jedoch nicht Fürsorge: vgl. Herschel aaO) aus Mitteln der Allgemeinheit bedingt zwar hinsichtlich der Dauer, der Höhe und vor allem der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen gewisse Unterschiede in der gesetzlichen Regelung dieser zwei Leistungsarten. Davon unberührt bleiben indessen die grundlegenden Gemeinsamkeiten in Wesen und Ziel der beiden Unterstützungsformen.
IV. Allerdings hat das Institut der Sperrfrist versicherungsrechtlichen Ursprung; es ist seit der Einführung der Arbeitslosenversicherung im Jahre 1928 gesetzlich geregelt. Die Sperrfrist stellt, wie es die Regierungsbegründung zum Änderungsgesetz vom 23. Dezember 1956 (BT-Drucks. II. Wahlperiode 1953 Nr. 1274 S. 82) ausdrückt, ein rechtliches Mittel gegen die Manipulierung des Risikos, einen Schutz der Gemeinschaft gegen Mißbrauch in einem durch den Versicherten zu vertretenden Schadensfall dar. Diese versicherungsrechtliche Motivierung der Sperrfrist hindert jedoch nicht ihre sinngemäße Übertragung auf das Gebiet der Alhi, da Ausgangspunkt und Interessenlage in beiden Fällen gleichartig sind. Sowohl bei Alg wie bei der Alhi muß die Gemeinschaft, die den Lohnersatz zur Existenzsicherung des Arbeitslosen aufbringt, vor unberechtigter Inanspruchnahme geschützt werden. Zugleich soll verhindert werden, daß einzelne im Vertrauen auf die Hilfe der Versichertengemeinschaft oder der Allgemeinheit ihre Arbeitslosigkeit und damit den Leistungsfall ohne gewichtige Gründe herbeiführen oder aber die Beendigung der Arbeitslosigkeit unberechtigt verweigern (vgl. BT-Drucks. II. Wahlperiode 1953 Nr. 1274 S. 121). Infolgedessen ist es gerechtfertigt, die Bestimmung über die zeitweise Versagung der Leistungen aus der ArblV auf die Leistungen der Alhi sinngemäß anzuwenden. Dieses Ergebnis, von dem auch die Regierungsbegründung des Änderungsgesetzes zum AVAVG (aaO, S. 82) ausdrücklich ausgeht, wird vom Schrifttum allgemein gebilligt (vgl. Schmidt, aaO, § 141 Anm. 3; Strauß "Die Alhi" 1953 S. 23; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 144 Anm. 6, § 78 Anm. 1; Krebs, aaO, § 144 Anm. 12).
Ist somit § 80 AVAVG nach § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG auch auf Empfänger von Alhi "sinngemäß" anzuwenden, so muß dies selbst dann gelten, wenn der Alhi-Empfänger, wie im vorliegenden Fall, vor seiner Arbeitslosigkeit als Berufssoldat im Wehrdienstverhältnis gestanden hat. Das LSG begründet seine gegenteilige Ansicht vor allem mit dem Wortlaut des § 80 Abs. 1 AVAVG, der die Sperrfrist an die Aufgabe einer Arbeitsstelle knüpft, wobei unter "Arbeitsstelle" im Sinn dieser Vorschrift nach herrschender Meinung nur ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis verstanden wird (vgl. AN 1932, 4358; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 80 Anm. 2; Krebs, § 80 Anm. 3). Mag diese Auslegung des Begriffs "Arbeitsstelle" - was der Senat im vorliegenden Fall nicht eigens entscheiden muß - für den Bereich der ArblV zutreffend sein, so wird hierdurch jedoch nicht die Anwendung des § 80 AVAVG auf die einem ehemaligen Berufssoldaten gewährte Leistung aus der Alhi ausgeschlossen. Allerdings ist das Wehrdienstverhältnis, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, kein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, sondern (ähnlich dem Beamtenverhältnis) ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis (vgl. §§ 4, 37, 41 Soldatengesetz), weshalb der Berufssoldat keine "Arbeitsstelle" im oben genannten Sinn innehat. Dies würde die Anwendung des § 80 AVAVG auf den Kläger als ehemaligen Berufssoldaten aber nur dann hindern, wenn § 80 AVAVG auf die Leistungen der Alhi unmittelbar, d. h. wortgenau, anzuwenden wäre. § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG verweist jedoch nicht unmittelbar auf die Vorschriften über die ArblV, sondern erklärt sie für "sinngemäß" anwendbar, was - wie dargelegt - bedeutet, daß ihre Übertragung auf das Recht der Alhi nicht wörtlich, sondern jeweils dem Sinn des Gesetzes entsprechend zu erfolgen hat.
Zwar setzt der Anspruch auf Alhi, ebenso wie der auf Alg, grundsätzlich die Arbeitnehmereigenschaft des Arbeitslosen voraus, die entweder durch den vorherigen Bezug von Alg (§ 145 Abs. 1 Nr. 4 a) oder durch eine entlohnte Beschäftigung von mindestens zehn Wochen (§ 145 Abs. 1 Nr. 4 b) nachgewiesen werden muß (vgl. BT-Drucks. II. Wahlperiode 1953 Nr. 1274 S. 88, 89, 152; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 145 Anm. 18). Sinn und Zweck der Vorschriften über die Alhi ist es jedoch darüber hinaus, auch anderen Personen eine wirtschaftliche Sicherung zu gewähren, die zwar bis zu ihrer Arbeitslosigkeit noch in keinem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis standen, aber trotzdem des sozialen Schutzes bedürfen. So stellt § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG eine Hoch- und Fachschulbildung einer entlohnten Beschäftigung gleich, während bei den in § 145 Abs. 2 AVAVG genannten Vertriebenen und Flüchtlingen die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 Nr. 4 AVAVG überhaupt entfallen, wenn sie ohne deren Verschulden nicht erfüllt werden konnten. Desgleichen stellt die 5. DVO zum AVAVG vom 22. Mai 1958 (BGBl. I 377) aufgrund der Ermächtigung des § 145 Abs. 3 AVAVG gewisse andere Erwerbstätigkeiten, die keine Arbeitnehmertätigkeit im eigentlichen Sinn darstellen, einer "entlohnten Beschäftigung" im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG gleich und bestimmt zusätzlich, unter welchen Voraussetzungen eine vorherige entlohnte Beschäftigung zur Begründung des Anspruchs auf Alhi überhaupt nicht erforderlich ist (vgl. Schmidt, aaO, § 141 a Anm. 28; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 145 Anm. 19; Ohle, BABl 58, 293; BSG vom 18. Februar 1964 - 11/1 RA 239/60 -). Hierbei ist die früher strittige Frage, ob das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Soldaten auf Lebenszeit unmittelbar unter den Begriff der entlohnten Beschäftigung im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG zu rechnen ist (vgl. Hess. LSG in SGb 1958, 297 mit zustimmender Anmerkung von Ankenbrank; LSG Schleswig in Breith. 57, 1059) oder nicht (so Schmidt, Nachtrag S. 62; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 145 Anm. 26; Ohle, aaO.) von keiner praktischen Bedeutung mehr, da § 3 Nr. 3 der 5. DVO zum AVAVG nunmehr ausdrücklich den für die Bundesrepublik geleisteten Wehrdienst einer entlohnten Beschäftigung im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b gleichstellt.
V. Demnach ergibt sich, daß der Personenkreis der in der Alhi Anspruchsberechtigten, auf die die Vorschriften über die ArblV sinngemäß anzuwenden sind, weiterreicht als der der ArblV, da er nicht nur echte Arbeitnehmertätigkeiten, sondern auch andere, diesen gleichgestellte Tätigkeiten, wie z. B. die des Berufssoldaten, umfaßt. Da jene indessen mit den echten Arbeitnehmertätigkeiten lediglich gleichbehandelt, nicht aber diesen gegenüber bevorzugt werden sollen, muß für den Bereich der Alhi der Begriff der "Arbeitsstelle" sinngemäß auf die "anderen Erwerbstätigkeiten", die nach § 145 Abs. 3 einer entlohnten Beschäftigung im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG gleichgestellt sind, ausgedehnt werden. Denn wenn bei Verlust dieser Erwerbstätigkeiten nach den Bestimmungen über die Alhi ebenfalls Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Mitteln zu gewähren sind, so bedarf auch hier die Allgemeinheit, die letztlich die Mittel für die Alhi aufzubringen hat, ebenso des Schutzes vor deren unberechtigter Inanspruchnahme, wie die Gemeinschaft der in der ArblV Versicherten bei Verlust einer echten Arbeitnehmertätigkeit. Auch diese Tätigkeiten stellen eine Existenzsicherung des Einzelnen dar, die nicht ohne wichtigen oder berechtigten Grund, also zu Lasten der Allgemeinheit, aufgegeben werden darf. Daher entspricht es dem Sinn und Zweck des § 80 Abs. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG, auch diesen "anderen Erwerbstätigen" die Alhi bei unberechtigter Aufgabe ihrer Tätigkeit zeitweise zu versagen.
Dieses Ergebnis wird nicht, wie das LSG annimmt, durch die Regelung des § 3 Nr. 5 der 5. DVO zum AVAVG widerlegt, sondern im Gegenteil bestätigt. Denn während die Verordnung davon ausgehen konnte, daß auch auf die übrigen in der 5. DVO genannten "anderen Erwerbstätigkeiten" im Sinne des § 145 Abs. 3 der § 80 AVAVG sinngemäß anwendbar werde, war dies bei den früher Selbständigen nicht möglich. Ihre selbständige Tätigkeit ist nämlich einer "Arbeitsstelle" im Sinne des § 80 AVAVG nicht vergleichbar und eine auch nur sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift auf ehemals selbständige Arbeitslose daher ausgeschlossen. Somit war für diese früher Selbständigen eine eigene Regelung der Versagungsgründe in § 3 Nr. 5 der 5. DVO erforderlich, während es für die sonstigen Erwerbstätigen im Sinn des § 145 Abs. 3 und der 5. DVO bei der sinngemäßen Anwendung des § 80 AVAVG verbleiben konnte.
Dies gilt insbesondere auch für einen Berufssoldaten, der ohne wichtigen oder berechtigten Grund aus dem Wehrdienstverhältnis ausscheidet. Zwar hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 20. Oktober 1960 (SozR AVAVG § 90 aF; BABl Nr. 7) ausgeführt, daß wegen der besonders gearteten dienstrechtlichen Natur des Beamtenverhältnisses niemand verpflichtet ist, eine ihm vom Arbeitsamt angebotene Beamtenstelle anzunehmen, weil das Beamtenverhältnis nicht zu den Arbeitsverhältnissen im Sinne der Vermittlung zählt und daher das Angebot einer Beamtenstelle kein Arbeitsangebot im Sinne des § 90 AVAVG aF ist. Die Frage, ob der schuldhafte Verlust einer Beamtenstelle und damit die schuldhafte Herbeiführung der Leistungsvoraussetzungen für die Alhi zur Verhängung einer Sperrfrist berechtigt, blieb damals jedoch ausdrücklich offen. Sie muß nunmehr, jedenfalls für den hier zur Entscheidung stehenden Fall eines Berufssoldaten, nach dem oben aufgezeigten Sinn und Zweck der sinngemäßen Anwendung der Sperrfristbestimmungen in der Alhi bejaht werden. Denn auch die Tätigkeit des Berufssoldaten stellt - gleichgültig ob man den Wehrsold als echtes Entgelt oder als Unterhaltszuschuß ansieht - weil sie jedenfalls den Lebensunterhalt des Soldaten sichert, insofern eine einer Erwerbstätigkeit ähnliche Existenzsicherung dar, die er ebensowenig unberechtigt auf Kosten der Allgemeinheit aufs Spiel setzen darf, wie ein anderer Erwerbstätiger. Tut er dies doch, so muß er ebenso behandelt werden, wie jeder Alhi-Bezieher, d. h. auch ihm muß in sinngemäßer Anwendung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 AVAVG) des § 80 AVAVG die Alhi zeitweise versagt werden (im Ergebnis zustimmend Krebs, aaO, § 80 Anm. 1 und 3; ABA 60, 137).
Hierdurch wird der Betroffene nicht etwa gezwungen, sein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis aufrechtzuerhalten, da es sich in §§ 144 Abs. 1 und 2, 80 AVAVG lediglich darum handelt, ob unterstützungsrechtlich nachteilige Folgen aus seinem Verhalten gezogen werden können (vgl. BSG vom 20. Oktober 1960, aaO). Es steht ihm, vom Standpunkt der Alhi aus, jederzeit frei, die Entlassung aus dem Wehrdienst zu beantragen. Allerdings hat er dann damit zu rechnen, daß er bei unberechtigter Aufgabe dieser Existenzsicherung das hierdurch selbst herbeigeführte Risiko wenigstens zeitweise in eigener Person zu tragen hat. Dies wird aber, wie dargelegt, im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz der von ihr aufgebrachten Mittel vor unberechtigter Inanspruchnahme erforderlich.
Die entsprechende Anwendung des § 80 AVAVG wird schließlich auch nicht, wie das LSG annimmt, durch die Tatsache gehindert, daß ein Berufssoldat nach § 46 Abs. 3 des Soldatengesetzes nicht von sich aus kündigen, sondern lediglich seine Entlassung beantragen kann. Denn wenn auch dieser Entlassungsantrag nicht wie eine privatrechtliche Kündigung das Dienstverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet, so führt er doch letztlich - wenn auch über den hoheitlichen Akt der Entlassung - wie jene das Ende des Dienstverhältnisses herbei (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 2 Soldatengesetz). Folglich ist der Entlassungsantrag des Soldaten als das für ihn der Kündigung entsprechende Mittel zur Beendigung des Wehrdienstverhältnisses im Sinne des § 80 AVAVG wie die dort genannte Aufgabe der Arbeitsstelle zu behandeln und im Einzelfall zu prüfen, ob die Umstände, die den ehemaligen Berufssoldaten zur Stellung des Entlassungsantrages veranlaßten, einen wichtigen oder berechtigten Grund im Sinne des § 80 AVAVG darstellen.
VI. Hierüber hat das Berufungsgericht, weil es die Anwendung des § 80 AVAVG auf ehemalige Berufssoldaten für ausgeschlossen hielt, tatsächliche Feststellungen nicht getroffen. Insbesondere hat es nicht geprüft, ob neben den im ursprünglichen Antrag des Klägers auf Gewährung von Alg angegebenen Gründen, andere, zum Ausscheiden aus dem Wehrdienstverhältnis etwa berechtigende Gründe vorlagen.
Da der erkennende Senat somit nicht darüber entscheiden kann, ob die grundsätzlich mögliche Verhängung einer Sperrfrist (Versagung der Alhi auf Zeit) gegen einen ehemaligen Berufssoldaten im vorliegenden Fall gerechtfertigt ist, muß die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen