Leitsatz (amtlich)
Die Pflicht zur Nachversicherung von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften nach AVG § 9 Abs 5 (= RVO § 1232 Abs 5 erstreckt sich nicht auf Zeiten vor dem Inkrafttreten der Nachversicherungs-Vorschriften der Neuregelungsgesetze (AnVNG/ ArVNG am 1957-03-01).
Normenkette
AVG § 9 Abs. 5 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1232 Abs. 5 Fassung: 1957-02-23; AnVNG Art. 2 § 4 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 3 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 1964 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Nachversicherung der am 14. September 1912 geborenen Klägerin. Diese trat 1936 in die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul, Mutterhaus M (Orden) - einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - ein und war vom 1. Dezember 1936 an überwiegend in Krankenhäusern in München in der Krankenpflege tätig; sie legte am 16. Juli 1940 die Profeß ab und beendete im Jahre 1941 ihre fachliche Ausbildung als Krankenschwester. Am 6. April 1957 verließ die Klägerin den Orden und nahm eine Tätigkeit als freie Krankenschwester auf.
Für die Zeit vom 1. März 1957 bis zum 6. April 1957 wurde die Klägerin nachversichert. Den Antrag der Klägerin, die Nachversicherung auch für die Zeit vom 1. Dezember 1936 bis zum 28. Februar 1957 zuzulassen, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 16. Juni 1959 mit der Begründung ab, die Vorschrift des § 9 Abs. 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) gelte erst ab 1. März 1957; die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 4 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) seien nicht gegeben. Der Widerspruch der Klägerin wurde am 9. November 1957 zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) München lud den Orden bei; durch Urteil vom 5. Dezember 1961 hob es die Bescheide vom 16. Juni 1959 und 9. November 1957 auf und verpflichtete die Beklagte, die Nachversicherung der Klägerin auch für die Zeit vom 1. Dezember 1936 bis 28. Februar 1957 zuzulassen. Auf die Berufung der Beigeladenen hob das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG am 7. Juli 1964 auf und wies die Klage ab: Die Voraussetzungen für die Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG seien zwar gegeben, diese Vorschrift sei aber erst am 1. März 1957 in Kraft getreten; sie könne rückwirkend für die Zeiten vor dem 1. März 1957, die hier allein streitig seien, nicht angewandt werden. In der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 4 AnVNG sei zwar in gewissen Fällen eine rückwirkende Nachversicherungspflicht vorgesehen; diese Vorschrift erfasse indes nicht die Mitglieder geistlicher Genossenschaften, die - wie die Klägerin - der Versicherungspflicht nicht unterlegen haben, weil sie aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigt waren; für die Klägerin habe nicht in der Zeit vom 1. Dezember 1936 bis 28. Februar 1957 nach den jeweils geltenden, dem § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 und § 8 AVG sinngemäß entsprechenden Vorschriften Versicherungsfreiheit bestanden; das Tätigwerden einer Ordensschwester sei bis zum Inkrafttreten der Vereinfachungsverordnung vom 17. März 1945 (RGBl. I 41) überhaupt nicht nach sozialversicherungsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt worden, von einem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverhältnis sei insoweit nie gesprochen worden. Auch die Vereinfachungsverordnung vom 17. März 1945 habe keine Änderung der Rechtslage gebracht. Zwar habe Art. 6 dieser Verordnung unter Hinweis auf Art. 1 aus § 172 Nr. 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) u. a. für Mitglieder geistlicher Genossenschaften Versicherungspflicht auch für den Fall bestimmt, daß derartige Personen krankenversicherungsfrei seien; gleichwohl handele es sich insoweit nicht um eine dem § 6 Abs. 1 Nr. 4 AVG sinngemäß entsprechende Vorschrift, die zur Versicherungspflicht geführt habe, weil es an dem weiteren Erfordernis des Art. 6 der Verordnung gefehlt habe, daß dem betroffenen Personenkreis Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet gewesen sei.
Mit der zugelassenen Revision beantragte die Klägerin,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des SG München vom 5. Dezember 1961 zurückzuweisen.
Zur Begründung trug sie vor, das LSG habe § 9 Abs. 5 AVG verletzt. Nach dieser Vorschrift sei in allen Fällen des Ausscheidens von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften, Diakonissen, Schwestern vom Deutschen Roten Kreuz und Angehörigen ähnlicher Gemeinschaften aus ihren Gemeinschaften nach dem 28. Februar 1957 die Nachversicherung durchzuführen, und zwar auch für Zeiten der Mitgliedschaft vor dem 1. März 1957. Das ergebe sich hier aus Art. 2 § 4 Abs. 1 AnVNG. In dieser Vorschrift sei § 8 AVG sinngemäß in Bezug genommen; § 8 AVG umfasse aber in Abs. 3 ausdrücklich die Mitglieder von Gemeinschaften; diese Mitglieder seien daher auch für die Zeit vor dem 1. März 1957 nachzuversichern. Wenn man dem nicht folgen wolle, sei davon auszugehen, daß es überhaupt an einer Übergangsregelung für die Nachversicherung ausgeschiedener Mitglieder geistlicher Genossenschaften fehle. Daraus könne aber nicht gefolgert werden, daß für sie eine Nachversicherung für Zeiten vor dem 1. März 1957 ausgeschlossen sein solle. Ein solches Ergebnis sei mit dem Sinn, Ziel und Zweck des § 9 Abs. 5 AVG nicht vereinbar. Es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die mit der Nachversicherung verbundene finanzielle Belastung des Ordens.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragten,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist jedoch nicht begründet.
Das LSG hat die hier allein streitige Frage, ob die Klägerin - auch - für Zeiten vor dem 1. März 1957 Anspruch auf Nachversicherung hat, mit Recht verneint. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt hier nur die Vorschrift des § 9 Abs. 5 AVG in Verbindung mit Art. 2 § 4 AnVNG in Betracht. Nach § 9 Abs. 5 AVG idF vor dem Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 sind u. a. Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften nach dem Ausscheiden aus ihrer Gemeinschaft auf eigenen Antrag oder auf Antrag der Gemeinschaft, der innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden gestellt sein muß, für die Zeit nachzuversichern, in der sie aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigt waren, aber der Versicherungspflicht nicht unterlagen oder nach § 8 Abs. 3 AVG befreit waren. Wie das LSG zutreffend erkannt hat, sind zwar die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 AVG gegeben. Die Klägerin, die nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG im Jahre 1936 in die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul, Mutterhaus München (Orden), eingetreten ist, am 16. Juli 1940 die Profeß abgelegt hat und seit dem 1. Dezember 1936 in Krankenhäusern in München in der Krankenpflege tätig gewesen ist, hat diesen Orden am 6. April 1957 verlassen. Damit ist die Klägerin, die als katholische Ordensschwester - jedenfalls seit der Ablegung der Profeß - Mitglied einer geistlichen Genossenschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 AVG war, aus dieser Genossenschaft ausgeschieden und auf ihren Antrag hin für die Zeit nachzuversichern, in der sie aus überwiegend religiösen Beweggründen mit Krankenpflege - nur das kommt hier in Betracht - beschäftigt war, aber der Versicherungspflicht nicht unterlag oder nach § 8 Abs. 3 AVG befreit war. Da sich die im Gesetz geforderten überwiegend religiösen Beweggründe für die vom LSG festgestellte Tätigkeit der Klägerin in der Krankenpflege seit dem 1. Dezember 1936 schon aus der - damaligen - Zugehörigkeit der Klägerin zu einem katholischen Schwesternorden ergeben, die Klägerin während dieser Krankenpflegetätigkeit auch - wie später noch auszuführen ist - der Versicherungspflicht nicht unterlag, sind demnach sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für eine Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG erfüllt.
Das LSG ist jedoch ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, daß sich die Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG hier nur auf die Zeit ab 1. März 1957 erstreckt, für die - vom 1. März 1957 bis zum 6. April 1957 - die Nachversicherung der Klägerin schon durchgeführt ist. Für Zeiten vor dem 1. März 1957 hat die Klägerin keinen Anspruch auf Nachversicherung, weil diese Zeiten von der Regelung des § 9 Abs. 5 AVG nicht erfaßt werden. Die Vorschrift des § 9 AVG ist erst am 1. März 1957 in Kraft getreten (Art. 3 § 7 AnVNG); durch Abs. 5 ist - abweichend vom früheren Recht - erstmalig unter den dort genannten Voraussetzungen die Nachversicherung auch von solchen Personen eingeführt worden, die nicht der Versicherungspflicht unterlegen haben. Entsprechend dem Grundsatz, daß neue gesetzliche Regelungen erst für Zeiten von ihrem Inkrafttreten an wirksam werden, bedeutet das hier, daß einmal die Nachversicherung nach § 9 AVG - soweit keine Sonderregelung besteht (vgl. hierzu Art. 2 § 4 Abs. 2 AnVNG) - überhaupt nur durchgeführt werden kann, wenn der Nachversicherungsfall, das Ausscheiden, nach dem 28. Februar 1957 eingetreten ist. Das ist hier der Fall; insoweit besteht auch kein Streit. Zum anderen hat das zur Folge, daß auch der Beginn des nachzuversichernden Zeitraums - soweit keine besondere Rückwirkungsregelung getroffen ist - durch das Datum des Inkrafttretens der Neuregelung begrenzt ist. Ob hier im Hinblick auf die mit der Nachversicherung verbundene finanzielle Belastung der geistlichen Genossenschaften (vgl. § 124 i. V. m. § 126 AVG) eine besondere gesetzliche Regelung über die Ausdehnung der Nachversicherung von ausgeschiedenen Genossenschaftsmitgliedern, die nicht der Versicherungspflicht unterlagen, auf Zeiten vor dem 1. März 1957 verfassungsmäßig zulässig gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, denn eine solche Regelung ist nicht erfolgt. Die Übergangsvorschrift des Art. 2 § 4 AnVNG hat zwar die Geltung des § 9 AVG in gewissen Fällen auch auf die Zeit vor dem 1. März 1957 ausgedehnt; entgegen der Ansicht der Klägerin enthält sie jedoch keine Bestimmung darüber, daß sich auch in dem hier zu beurteilenden Fall die Nachversicherung auf Zeiten erstrecken soll, die vor dem 1. März 1957 liegen. Abgesehen von den hier nicht einschlägigen Sonderregelungen bei Beamten für die Zeit des Vorbereitungsdienstes (Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 2 AnVNG) und bei Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten der Bundeswehr (Abs. 4 der Vorschrift) ist in Art. 2 § 4 AnVNG die Nachversicherung für die Zeit vor dem 1. März 1957 von einem Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung und auch davon abhängig gemacht, daß in der Vergangenheit ein an sich versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat, aber nach den jeweils geltenden, dem § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und dem § 8 AVG sinngemäß entsprechenden Vorschriften Versicherungsfreiheit bestand. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das LSG ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß für die Klägerin während des hier streitigen Zeitraums vom 1. Dezember 1936 bis zum 28. Februar 1957 keine Versicherungsfreiheit nach den jeweils geltenden Bestimmungen des früheren Rechts bestanden hat, die sinngemäß den genannten Vorschriften des neuen Rechts entsprachen, insbesondere auch nicht, wie die Klägerin meint, aufgrund der dem § 8 AVG sinngemäß entsprechenden Vorschrift des alten Rechts (§ 17 AVG aF). Als katholische Ordensschwester war die Klägerin auch während ihres Einsatzes in der Krankenpflege in Krankenhäusern in München, den das LSG hier für die streitige Zeit festgestellt hat, weder versicherungsfrei beschäftig noch von der Versicherungspflicht befreit; die Klägerin unterlag vielmehr grundsätzlich nicht der Versicherungspflicht, sie gehörte auch während der Ausübung dieser Tätigkeit überhaupt nicht zu dem Personenkreis, auf den sich grundsätzlich die Rentenversicherungspflicht erstreckte, weil auch insoweit regelmäßig kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Sozialversicherungsrechts angenommen wurde (vgl. dazu BSG 13, 76 f mit Nachweisen; vgl. ferner BAG 2, 289 sowie BFH 78, 538). Die Annahme eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses während des hier streitigen Zeitraums käme ausnahmsweise nur in Betracht, wenn die Klägerin aufgrund eines von ihr selbst mit den Krankenhäusern abgeschlossenen Vertrages ihre Tätigkeit in der Krankenpflege ausgeübt hätte (vgl. BSG aaO); ein solcher Ausnahmefall hat hier aber nicht vorgelegen, denn nach den Feststellungen des LSG hat die Tätigkeit der Klägerin, soweit sie in Krankenhäusern der Stadt München ausgeübt worden ist, auf einem Vertrag beruht, der zwischen dem beigeladenen Orden und der Stadt München abgeschlossen worden ist. Für den Personenkreis, zu dem die Klägerin gehört, ist demnach die Nachversicherung nicht durch Art. 2 § 4 AnVNG auch auf die Zeit der Gemeinschafts-Zugehörigkeit vor dem 1. März 1957 ausgedehnt worden.
Wenn die Klägerin meint, falls eine übergangsrechtliche Regelung für die Nachversicherung ausgeschiedener Mitglieder geistlicher Genossenschaften, die der Versicherungspflicht nicht unterlagen, fehle, könne daraus nicht gefolgert werden, daß für sie eine Nachversicherung für Zeiten vor dem 1. März 1957 ausgeschlossen sein solle, weil ein solches Ergebnis mit dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 5 AVG nicht zu vereinbaren sei, so trifft das nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht zu. Gegen die Annahme, daß insoweit versehentlich keine Übergangsregelung getroffen worden sei, spricht schon, daß im Rahmen der Neuregelung des Nachversicherungsrechts durch die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze des Jahres 1957 mit Art. 2 § 4 AnVNG (= Art. 2 § 3 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - ArVNG -) auch eine Vorschrift geschaffen worden ist, in der die Frage der rückwirkenden Ausdehnung der Nachversicherung auf Zeiten vor dem 1. März 1957 für verschiedene Personengruppen eingehend beantwortet worden ist. Danach sind folgende Zeiten, die früher nicht nachversicherungsfähig waren, jetzt in die Nachversicherung einbezogen: Die entgeltlosen Zeiten des Vorbereitungsdienstes von Beamten, Kriegsersatzzeiten, für die im Gegensatz zum alten Recht keine Ausnahme mehr vorgesehen ist, sowie in der Angestelltenversicherung Zeiten, in denen die Jahresverdienstgrenze überschritten war (Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 AnVNG). Hiermit erschöpft sich die Erweiterung des Nachversicherungszeitraumes gegenüber dem früheren Recht. Daß bei der Formulierung des Art. 2 § 4 AnVNG (= Art. 2 § 3 ArVNG) die besondere Situation der Mitglieder geistlicher Genossenschaften nicht erkannt und deshalb übersehen worden sei, auch für deren Nachversicherung eine rückwirkende Übergangsregelung zu treffen, ist um so weniger anzunehmen, als die Nachversicherung der Angehörigen geistlicher Orden usw. als "recht schwieriges Problem" (so der Abgeordnete Dr. Berg als Berichterstatter des Sozialpolitischen Ausschusses vor dem Bundestag, vgl. Sten. Berichte, 2. Wahlperiode, 1953, S. 10180) angesehen worden ist, woraus auf eine eingehende Erörterung dieses Problems im Sozialpolitischen Ausschuß geschlossen werden kann. Bei der Abfassung des Art. 2 § 4 AnVNG (= Art. 2 § 3 ArVNG) - die Vorschrift, die im Regierungsentwurf noch nicht enthalten war, geht auf einen Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion vom 11.12.1956 zurück, der vom Sozialpolitischen Ausschuß in der 130. Sitzung vom 15. Dezember 1956 insoweit unverändert angenommen worden ist - war auch die in § 9 Abs. 5 AVG (= § 1232 Abs. 5 RVO) getroffene Regelung über die Nachversicherung ausgeschiedener Gemeinschaftsmitglieder vom Sozialpolitischen Ausschuß bereits beschlossen, denn damit hatte sich der Ausschuß bereits in der 112. Sitzung am 30. Oktober 1956 befaßt. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß ganz bewußt eine rückwirkende Ausdehnung der Nachversicherung dieses Personenkreises auf die Zeit vor dem 1. März 1957 unterblieben ist. Wie bereits angedeutet, ist mit der Neuregelung des Nachversicherungsrechts erstmalig die Nachversicherung unter bestimmten Voraussetzungen auch auf solche Personen ausgedehnt worden, die nicht der Versicherungspflicht unterlegen haben. Hierbei ist die Ausdehnung der Nachversicherung auf die Zeit eines entgeltlosen Vorbereitungsdienstes (§ 9 Abs. 2 AVG, Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 2 AnVNG) lediglich als die Erfassung einer dem Beschäftigungsverhältnis vorausgehenden Übergangszeit anzusehen (vgl. im übrigen BSG 17, 206 über die Ablehnung der Nachversicherung von Referendaren für die Zeit vor dem 1.3.1957). Bisher stellte die Nachversicherung ihrem Wesen nach die Ergänzung der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit bei anderweitiger ausreichender Sicherung dar; über die Nachversicherung sollte die soziale Sicherung wiederhergestellt werden, die mit dem Verlust der zugesicherten Versorgungsanwartschaft, auf der die Versicherungsfreiheit beruhte, weggefallen war. Der Nachversicherung nach § 9 Abs. 1 bis 3 AVG kommt auch weiterhin dieser Sinngehalt zu; dort werden Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung zunächst von der Versicherungspflicht freigestellt waren, wegen Verlustes der Versorgungsanwartschaften im Wege der Nachversicherung in die Versicherung nachträglich einbezogen. Für die Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG gilt das dagegen nicht; hier ist die Durchführung der Nachversicherung weder davon abhängig gemacht, daß eine lebenslängliche Versorgung durch das Ausscheiden verloren geht, noch daß überhaupt eine Anwartschaft auf eine derartige Versorgung bestanden hat. Sinn und Zweck der Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG können nur darin bestehen, ausscheidende Mitglieder der näher bezeichneten Gemeinschaften davor zu schützen, daß ihnen durch ihre gemeinnützige Tätigkeit in Bezug auf die Entstehung und Höhe einer späteren Rente Nachteile erwachsen. Auch diesen Mitgliedern soll, wenn sie die Gemeinschaft verlassen, der sie sich zu gemeinnütziger Tätigkeit zur Verfügung gestellt hatten, diese Tätigkeit bei der Zukunftssicherung angerechnet werden (so mit Recht Böcker, Die Nachversicherung von ausgeschiedenen Mitgliedern geistlicher Genossenschaften in der sozialen Rentenversicherung, Kölner Dissertation 1962, S. 28 ff). Da § 9 Abs. 5 AVG mit der erweiterten sozialpolitischen Zielsetzung erst am 1. März 1957 in Kraft getreten ist, ist es durchaus folgerichtig, die Vergünstigung, die diese Vorschrift mit sich bringt, auch erst von diesem Zeitpunkt an wirksam werden zu lassen, d. h. nur die Zeiten einer gemeinnützigen Tätigkeit innerhalb der genannten Gemeinschaften nach dem Ausscheiden durch die Nachversicherung zu honorieren, die nach dem 1. März 1957 zurückgelegt sind.
Demnach ist für die Annahme kein Raum, daß das Gesetz insoweit eine Lücke aufweise, als in Art. 2 § 4 AnVNG keine Bestimmung über die Ausdehnung der Nachversicherung nach § 9 Abs. 5 AVG auf die Zeit vor dem 1. März 1957 enthalten ist, und es kann auch nicht gesagt werden, daß das so gewonnene Ergebnis, wie die Klägerin meint, mit dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 5 AVG nicht zu vereinbaren sei. Richtig ist allerdings, daß sich auf diese Weise der sozialpolitische Zweck dieser Nachversicherungsvorschrift in dem hier vorliegenden Fall kaum auswirkt, weil die Klägerin nur die Zeit ihrer gemeinnützigen Tätigkeit vom 1. März 1957 bis zum 6. April 1957 "honoriert" erhält; im Hinblick darauf, daß die vor dem 1. März 1957 ausgeschiedenen Mitglieder geistlicher Genossenschaften überhaupt nicht nachversichert werden und auch die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit einer Nachversicherung hat rechnen können, erscheint dieses Ergebnis jedoch nicht unbillig. Das angefochtene Urteil des LSG ist demnach nicht zu beanstanden (vgl. auch Koch/Hartmann/v. Altrock/Fürst, AVG, 2. Aufl., Bd. III, Anm. D 3 zu § 9 AVG; Hanow/Lehmann/Bogs, RVO, 5. Aufl., Rd. Nr. 13 zu § 1232 RVO; Hegemann, Die Rentenversicherung, 1964, 291; Böcker aaO S. 74 ff; a. A. Fülle/Hoernigk/Jahn, Die Neuordnung der Rentenversicherungen, Bd. 3, S. 80).
Die Revision der Klägerin ist somit unbegründet, sie ist daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen