Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen, die an das Vorliegen eines gerichtlichen Vergleichs oder Anerkenntnisses zu stellen sind.
2. Eine Zusage eines Versicherungsträgers ist nicht verbindlich, wenn die zugesagte Maßnahme offensichtlich gegen geltendes Recht verstoßen würde. Im Einzelfall kann aber ein Versicherungsträger gleichwohl für eine danach nicht verbindliche Zusage ausnahmsweise einzustehen haben, wenn Treu und Glauben dies erfordern.
Normenkette
RKG § 57 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 242; SGG § 101
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Januar 1973 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Unter den Beteiligten ist streitig, ob bei dem dem Kläger gewährten Knappschaftsruhegeld die Zeit vom 1. Oktober 1914 bis zum 3. November 1916 als Ausfallzeit zu berücksichtigen ist.
Das Knappschaftsruhegeld wurde den am ... 1900 geborenen Kläger mit Bescheid vom 23. Februar 1968 ab 1. November 1965 zugebilligt. Bei der Festsetzung der Höhe des Ruhegelds wurde u.a. die streitige Zeit als Ausfallzeit gewertet, weil sich der Kläger während dieser Zeit in einer Schreinerlehre befand. Hierbei wurde übersehen, daß er damals das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Gegen den Bescheid legte der Kläger aus anderen Gründen Widerspruch ein. Die Widerspruchsstelle gab dem Widerspruch mit Bescheid vom 6. September 1968 teilweise statt, wies aber auch darauf hin, daß bei der Neuberechnung die Lehrzeit vor Vollendung des 16. Lebensjahres nicht mehr als Ausfallzeit zu entschädigen sei.
Die Beklagte erteilte darauf einen weiteren Bescheid vom 18. Oktober 1968. Die Neufeststellung ergab ohne Berücksichtigung der streitigen Zeit als Ausfallzeit eine monatliche Rentenhöhe von 566,10 DM. Aus Gründen der Besitzstandswahrung wurde jedoch die bisherige monatliche Rente in Höhe von 576,60 DM weitergezahlt.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. September 1968 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover. In der Niederschrift über den letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 1970 vor dem SG heißt es u.a.:
"Der Vertreter der Beklagten erklärte: 'Ich bin bereit, die in Antrag des Klägers von 16. Dezember 1970 unter der laufenden Nr. 1 geltend gemachten Ausfallzeiten anzuerkennen, sofern sie sich nicht mit Beitragszeiten überschneiden. Ich bitte mir jedoch nachzulassen, diese Frage in meinem Büro anhand der Akten überprüfen zu können. Die geltend gemachten Ansprüche unter der laufenden Nr. 2 erkenne ich an.' "......
Zu den in Nr. 1 des Antrages des Klägers in Schriftsatz von 16. Dezember 1970 genannten Ausfallzeiten gehörte auch die in diesem Verfahren streitige Ausfallzeit.
Es erging folgendes Urteil vom 16. Dezember 1970:
1) Die Bescheide der Beklagten vom 23.2. und 6.9.1968 werden geändert.
2) Die Beklagte wird verurteilt, das Altersruhegeld des Klägers um die Beitragszeiten vom 26.3. bis 31.12.1923, 1.3. bis 30.6.1925, 1.8.1925 bis 22.7.1927, 23.7.1927 bis 15.9.1929 und vom 15.10.1929 bis 1.4.1930 zu erhöhen.
3) Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Das Urteil enthält also keine Entscheidung über die streitige Ausfallzeit. Es wurde rechtskräftig.
Die Beklagte erteilte nach der Rechtskraft des Urteils einen Ausführungsbescheid vom 8. Juli 1971, in welchem das Knappschaftsruhegeld vom 1. November 1965 an in Höhe von 820,10 DM monatlich neu festgesetzt, die hier streitige Zeit aber nicht als Ausfallzeit berücksichtigt wurde. Der Kläger legte gegen den Ausführungsbescheid Widerspruch ein; im Widerspruchsbescheid vom 6. März 1972 wurde der Widerspruch insoweit zurückgewiesen, als die Berücksichtigung der Lehrzeit vor Vollendung des 16. Lebensjahres als Ausfallzeit begehrt wurde. Auf die dagegen erhobene Klage hat das SG Hannover mit Urteil vom 16. August 1972 die Bescheide der Beklagten abgeändert und die Beklagte verurteilt, bei der Gewährung des Altersruhegeldes des Klägers die Zeit vom 1. Oktober 1914 bis zum 3. November 1916 als Ausfallzeit zu berücksichtigen. Auf die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen mit Urteil vom 22. Januar 1973 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Das LSG geht davon aus, die streitige Zeit sei keine Ausfallzeit im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 4 a der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der Kläger während dieser Zeit das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe und daher diese Zeit bei der Rentenfestsetzung im Bescheid vom 23. Februar 1968 zu Unrecht als Ausfallzeit berücksichtigt worden sei. Die Beklagte habe aber diese Fehler berichtigen können, denn sie sei an eindeutig falsche Berechnungsfaktoren nicht gebunden. Sie habe die falschen Faktoren durch die richtigen ersetzen können, habe jedoch - wie geschehen - mindestens den bisherigen Rentenbetrag weitergewähren müssen. Auch aus der Erklärung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor den SG am 16. Dezember 1970 könne der Kläger ein Recht auf Berücksichtigung der streitigen Zeit als Ausfallzeit nicht herleiten. Es sei schon zweifelhaft, ob es sich bei dieser Erklärung um ein Anerkenntnis der Beklagten in Sinne des § 101 Abs. 2 des. Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handele, denn aus der Sitzungsniederschrift gehe nicht hervor, daß der Kläger das Anerkenntnis angenommen habe. Möglich sei auch, daß die Beteiligten einen Teilvergleich hätten abschließen wollen oder abgeschlossen hätten. Obwohl eine entsprechende Erklärung (Zustimmung) des Vertreters des Klägers nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen worden sei, seien die Beteiligten offensichtlich darin einig gewesen, daß das SG über den streitigen Teil der Lehrzeit keine Entscheidung habe treffen sollen. Sowohl beim Anerkenntnis als bei einem Vergleich bestehe aber keine Bindung der Beklagten, denn nach § 101 Abs. 1 SGG sei ein Vergleich nur zulässig, soweit die Beteiligten über den Gegenstand der Klage verfügen könnten. Es dürften also nur solche Vergleiche geschlossen werden, die mit dem objektiven Recht in Einklang ständen. Das heiße aber nichts anderes, als daß die Versicherungsträger nur die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen im Wege des Vergleichs gewähren dürften. Dieser Grundsatz müsse auch für das Anerkenntnis gelten. Da die Lehrzeit des Klägers aber nur insoweit als Ausfallzeit berücksichtigt werden könne, als sie nach Vollendung des 16. Lebensjahres fortdauere, sei die Beklagte an die Erklärung ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. Dezember 1970 nicht gebunden. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.
Zur Begründung der von ihm eingelegten Revision trägt der Kläger vor, es könne dahingestellt bleiben, ob im Termin zur mündlichen Verhandlung ein Anerkenntnis abgegeben oder ein Vergleich abgeschlossen worden sei. Entscheidend sei, daß es sich hierbei um einen Vollstreckungstitel handele der nur durch eine neue Vereinbarung aus der Welt zu schaffen sei. Das Urteil des LSG sei auch widersprüchlich, einerseits würde die Auffassung vertreten, daß unrichtige Berechnungsfaktoren nicht in Rechtskraft erwüchsen, der Status (der bisherige Betrag der Rente) aber erhalten bleibe, jedoch komme das im Urteilstenor nicht zum Ausdruck. Die vom LSG gemeinte sogenannte Abschmelzung könne dann nicht zum Zuge kommen, wenn die zunächst bescheidmäßig anerkannten unrichtigen Faktoren später im Rechtsstreit durch Vergleich oder Anerkenntnis bestätigt worden seien. Hinsichtlich der Wirksamkeit eines Vergleichs oder Anerkenntnisses komme es nicht darauf an, ob die Verwaltung den Verwaltungsakt hätte erlassen "dürfen", sondern darauf, ob sie ihn hätte erlassen "können".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Januar 1973 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Januar 1973 zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß sich die Bindungswirkung nach § 77 SGG nicht auf die Berechnungsfaktoren erstrecke. Sie habe daher die falschen durch die richtigen Faktoren ersetzen können. Der Besitzstand des Klägers sei dabei gewahrt worden, denn sie habe statt der neu festgestellten Rente in Höhe von 566,10 DM monatlich dem Kläger weiterhin die bis dahin gewährte Rentenleistung von 576,60 DM weitergezahlt. In Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 1970 sei weder ein gerichtlicher Vergleich im Sinne des § 101 Abs. 1 SGG geschlossen noch sei ein Anerkenntnis nach § 101 Abs. 2 SGG abgegeben worden. Einem etwaigen Vergleich fehle die Zustimmung des Klägers, ein etwaiges Anerkenntnis sei vom Kläger nicht angenommen worden. Ein bloßes Anerkenntnis habe keine rechtliche Wirkung; es beende den Rechtsstreit in der Hauptsache nur dann, wenn der Kläger das Anerkenntnis auch annehme. Daß das Anerkenntnis nicht angenommen worden sei, folge auch daraus, daß der in diesem Termin gestellte Klagantrag unter 1. die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der im Ursprungsbescheid anerkannt gewesenen Ausfallzeiten eingeschlossen habe. Beim Vorliegen eines rechtswirksamen Vergleichs oder eines angenommenen Anerkenntnissen hätte der Klagantrag insoweit eingeschränkt werden müssen. Folglich habe das Urteil des SG Hannover vom 16. Dezember 1970 den vom Kläger erhobenen Anspruch nach Berücksichtigung einer Ausfallzeit ab Oktober 1914 übergangen, denn hierüber sei in dem Urteil offenbar nicht entschieden worden. An sich liege hier ein Fall des § 140 Abs. 1 SGG vor. Die ergänzende Entscheidung sei aber nicht binnen eines Monats nach der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beantragt worden; daher müsse davon ausgegangen werden, daß der Anspruch des Klägers insoweit abgewiesen worden sei. Schließlich sei die Erklärung des Vertreters der Beklagten im Termin am 16. Dezember 1970 auch unter Vorbehalt abgegeben worden; der gleiche Richter sei in seiner späteren Entscheidung am 16. August 1972 nicht von einem Vergleich ausgegangen. Auch könne sich die Verwaltung nicht in einem Vergleich oder Anerkenntnis verpflichten, etwas zu tun, was dem objektiven Recht eindeutig widerspreche. Für den Fall, daß entgegen der von ihr vertretenen Ansicht ihre Bindung an den Rentenfeststellungsbescheid vom 23. Februar 1968 bzw. an die Erklärung ihres Terminvertreters vom 16. Dezember 1970 bejaht werden sollte, stelle sich die Frage, ob es sich bei dem Verlangen des Klägers nicht um eine unzulässige Rechtsausübung (Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben - § 242 Bürgerliches Gesetzbuch) handle, wenn er eine ihm günstige formale Rechtsposition ausnütze, obwohl das materielle Recht dem geltend gemachten Anspruch eindeutig entgegenstehe.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG ist zu den Ergebnis gekommen, daß die Beklagte bei der Festsetzung des Knappschaftsruhegeldes des Klägers im Ausführungsbescheid vom 8. Juli 1971 die Zeit vom 1. Oktober 1914 bis zum 3. November 1916 nicht als Ausfallzeit berücksichtigen mußte. Diesen Ergebnis ist - wenn auch mit einer anderen Begründung - zuzustimmen.
Das vorliegende Verfahren richtet sich gegen den Ausführungsbescheid vom 8. Juli 1971, durch den dem Kläger eine laufende Rentenleistung von monatlich 820,10 DM zugesprochen wurde. Der Kläger macht geltend, der Ausführungsbescheid entspreche nicht dem Ergebnis des vorangegangenen, durch ein Teilanerkenntnis oder Teilvergleich und dem Urteil des SG vom 16. Dezember 1970 rechtskräftig abgeschlossenen vorhergehenden Verfahrens. Mit dieser Begründung ist die erneute Anfechtung eines Ausführungsbescheids möglich.
Als Ausfallzeit kann nach § 57 Nr. 4 a des Reichsknappschaftsgesetzes - RKG - (= § 1259 Abs. 1 Nr. 4 a RVO = 36 Nr. 4 a Angestelltenversicherungsgesetz) nur eine nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegende abgeschlossene, nicht versicherungspflichtige oder versicherungsfreie Lehrzeit anerkannt werden, der Kläger vollendete aber das 16. Lebensjahr erst am 4. November 1916. Die Beklagte hatte also im Bescheid vom 23. Februar 1968 die streitige Zeit irrtümlich als Ausfallzeit anerkannt. Als dieser Fehler erkannt worden war, hatte die Beklagte in einen weiteren Bescheid vom 18. Oktober 1968 die Rente ohne diese Ausfallzeit festgesetzt, aber aus Gründen der Besitzstandswahrung die monatliche Rente in der bisherigen Höhe von 576,60 DM monatlich weitergezahlt. Dieser Bescheid war gemäß § 96 SGG Gegenstand des bereits beim SG anhängigen Verfahrens geworden. Das Urteil des SG enthält keinen Ausspruch darüber, ob die Beklagte die Rente ohne die Berücksichtigung der streitigen Zeit als Ausfallzeit unter der Voraussetzung neu festsetzen konnte, daß dem Kläger zur Wahrung des Besitzstandes die Rente in der bisher gezahlten Höhe weitergewährt wurde. Offensichtlich ging das Gericht mit den Beteiligten bei seiner Entscheidung davon aus, daß diese Frage durch die vom Vertreter der Beklagten im Termin am 16. Dezember 1970 abgegebene Erklärung erledigt sei. In dem jetzt gegen den Ausführungsbescheid vom 8. Juli 1971 anhängig gemachten Rechtsstreit ist lediglich zu prüfen, ob die Beklagte nach der von ihrem Vertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 1970 abgegebenen Erklärung verpflichtet ist, die streitige Zeit als Ausfallzeit zu berücksichtigen. Wenn das LSG in den Gründen des mit der Revision angefochtenen Urteils ausführt, die Beklagte habe im Bescheid vom 18. Oktober 1968 die neue Berechnung durchführen können, sie sei aber verpflichtet gewesen, den bisherigen Rentenbetrag - wie auch geschehen - weiteraugewahren, so entsprechen diese Ausführungen zwar der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, jedoch war das in diesem Verfahren nicht mehr zu prüfen, denn das gegen den Bescheid vom 18. Oktober 1968 anhängig gewesene Verfahren war bereits rechtskräftig abgeschlossen.
Die Beklagte konnte trotz der von ihrem Vertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 1970 abgegebenen Erklärung in dem Ausführungsbescheid vom 8. Juli 1971 die Rentenbezüge des Klägers festsetzen, ohne die Zeit vom 1. Oktober 1914 bis zum 3. November 1916 als Ausfallzeit zu berücksichtigen. Hierzu kann dahingestellt bleiben, ob ein wirksames Teilanerkenntnis oder ein wirksamer Teilvergleich schon deshalb nicht angenommen werden kann, weil die Sitzungsniederschrift vom 16. Dezember 1970 keine Annahme- oder Zustimmungserklärung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers enthält, denn aus dem Wortlaut der Erklärung ergibt sich, daß sich der Vertreter der Beklagten noch nicht völlig und endgültig binden wollte. Aufgrund dieser Erklärung war jedenfalls hinsichtlich der damals unter der laufenden Nr. 1 geltend gemachten streitigen Ausfallzeit das anhängige Verfahren bei der Verkündung des nachfolgenden Urteils am 16. Dezember 1970 noch nicht endgültig abgeschlossen. Die Beklagte hat mit der in der Sitzungsniederschrift festgehaltenen Erklärung die vor der Vollendung des 16. Lebensjahres liegende Lehrzeit des Klägers noch nicht verbindlich und abschließend als Ausfallzeit anerkannt. In dieser Erklärung machte die Beklagte die Anerkennung vielmehr vom Ergebnis einer Prüfung abhängig, die noch durchzuführen sie sich ausdrücklich Vorbehalten und in Aussicht gestellt hatte. Die solchermaßen an das Ergebnis zukünftigen Handelns gebundene Erklärung erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an einen gerichtlichen (Teil-) Vergleich oder ein gerichtliches (Teil-)Anerkenntnis mit Rücksicht auf ihren den Rechtsstreit abschließenden Charakter zu stellen sind. Es ist deshalb auch nicht richtig, daß der Kläger davon ausgeht, die vom Vertreter der Beklagten abgegebene Erklärung stelle einen Vollstreckungstitel dar. Aus einer derartigen Erklärung konnte noch nicht vollstreckt werden.
Allerdings hat der Vertreter der Beklagten mit der von ihn im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung zugesagt, daß die Beklagte die streitige Ausfallzeit anerkennen werde, sofern sie sich nicht mit Beitragszahlungen überschneide, und wenn er diese Frage in seinem Büro Anhand der Akten überprüft habe. Die Überprüfung ergab, daß keine Überschneidung der streitigen Zeit mit Beitragszeiten vorlag, so daß nunmehr darüber zu entscheiden ist, welche Rechtsfolgen sich aus dieser Zusage ergeben. In Übereinstimmung mit dem Beschluß der II. Abteilung des 44. Deutschen Juristentages (Band II S. D 107 der Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages in Hannover) ist der Senat der Ansicht, daß eine Behörde, die zu bestimmten hoheitlichen Maßnahmen befugt ist, auch berechtigt ist, Zusagen zu geben, die sich auf diese künftige Maßnahme beziehen (vorweggenommene Zukunftsbindung). Er ist aber auch der Ansicht, daß eine derartige Zusage grundsätzlich nicht verbindlich ist, wenn die zugesagte Maßnahme offensichtlich gegen geltendes Recht verstoßen würde (so auch BSG 23, 248, 252). Ein uneingeschränkter Vertrauensschütz des durch eine Zusage Begünstigten würde zwar zur Folge haben, daß jede Zusage eingehalten werden muß. Dies würde aber bei einem Verstoß gegen geltendes Recht dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung widersprochen. Sowohl der Grundsatz des Vertrauensschutzes als auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung leiten sich aus dem Verfassungsgrundsatz der Rechtsstaatlichkeit ab, wobei aber hier der Vertrauensschutz in einem Spannungsverhältnis zu den gesetzwidrigen Folgen steht, die sich aus der Erfüllung der Zusage ergeben würden. Verstößt eine solche Zusage wie hier offensichtlich gegen geltendes Recht, muß nach Ansicht des Senats der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Vorrang vor dem Vertrauensschutz haben, so daß eine solche Zusage nicht verbindlich ist. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kann es dahingestellt bleiben, ob eine Behörde im Einzelfall gleichwohl ausnahmsweise für eine danach nicht verbindliche Zusage einzustehen hat, weil Treu und Glauben dies erfordern; denn es sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, denen zufolge es Treu und Glauben erfordern könnte, daß die Beklagte ausnahmsweise für die nichtverbindliche Zusage einzustehen hat. Die Folgen der Nichteinhaltung der Zusage sind für den Kläger nicht besonders schwerwiegend, denn ein Schaden ist ihm dadurch nicht entstanden; er hat trotz Nichteinhaltung der Zusage das erhalten, was ihm gesetzlich zustand. Außerdem mußte den Beteiligten bei Abgabe der Zusage aus dem vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bekannt sein, daß etwas zugesagt wurde, was offensichtlich gegen geltendes Recht verstieß.
Deshalb war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen