Leitsatz (redaktionell)
Zu den unveränderten "Verhältnissen", die bei Prüfung des Versorgungsanspruchs im Rahmen einer Neufeststellung nach BVG § 62 zu übernehmen sind, gehört auch der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der früher festgestellten Tatsachen als Grundlage des Versorgungsanspruches. Wenn bei einer Entscheidung über die Minderung der Erwerbsfähigkeit ein besonderes berufliches Betroffensein berücksichtigt wurde, ist bei dem nach BVG § 62 Abs 1 S 1 gebotenen Vergleich von diesem Bewertungsfaktor der Minderung der Erwerbsfähigkeit, soweit seine Voraussetzungen geblieben sind, auszugehen.
Außerdem ist der damals angewandte Maßstab zur Beurteilung des Berufsschadens auch der neuen Feststellung des Versorgungsanspruches zugrunde zu legen.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1966-12-28
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Mai 1970 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der 1915 geborene Kläger war nach dem Besuch der Volksschule von 1929 bis 1930 in einer kaufmännischen Lehre, die er wegen Betriebsauflösung nicht beendete. Er arbeitete von 1931 bis 1934 als Posthelfer und anschließend bis 1939 bei der Firma K & Co. in S, und zwar nach einer Auskunft ihrer Rechtsnachfolgerin, der Firma W D P, G & Co., S (D), zunächst als Steinbrucharbeiter, wurde dann im Betrieb als Maschinist ausgebildet und zählte zum Facharbeiterstamm. Während seines Kriegsdienstes, den der Kläger von 1939 bis 1945 leistete, wurde er 1942 verwundet. Er ist seit 1947 als Amtsbote und Vollziehungsbeamter bei der Amtsverwaltung N in W beschäftigt. Seit 1962 wird er nach der Vergütungsgruppe VII des Bundesangestelltentarifes (BAT) bezahlt.
1952 gewährte der Beklagte dem Kläger Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. und anerkannte die Schädigungsfolgen "geringe Bewegungseinschränkung der Schulter und des Ellenbogengelenks und Lähmung des Speichennerven nach in ausr. Stellung verheiltem Oberarmschußbruch rechts". Nach erfolglosem Einspruch verurteilte das Oberversicherungsamt (OVA) D den Beklagten am 15. Oktober 1953, dem Kläger Rente nach einer MdE um 50 v.H. zu zahlen, weil er nach seinen glaubhaften Angaben als Amtsbote, der netto monatlich DM 343,- einschließlich des Kindergeldes für zwei Kinder ausgezahlt erhalte, mindestens DM 100,- netto weniger als in seinem früheren Beruf eines Maschinisten verdiene und als Amtsbote keinen wirtschaftlich und ideell gleichwertigen Beruf habe. Zudem sei der Kläger in diesem Beruf hinsichtlich der Schreibfähigkeit erheblich behindert. Der gegen das Urteil eingelegte Rekurs wurde zurückgenommen.
Das Versorgungsamt (VersorgA) holte von der Firma D eine Auskunft vom 28. April 1967 über die tariflichen Stundenlöhne eines Maschinisten ab 1964 ein, außerdem über das Einkommen des Klägers seit dieser Zeit eine Auskunft der Amtsverwaltungs N vom 8. Dezember 1967. Durch Bescheid vom 2. Januar 1968 stellte das VersorgA die MdE auf 40 v.H. ab 1. Januar 1964 neu fest, weil das Einkommen des Klägers seit 1964 erheblich höher sei als das eines Maschinisten und ein sozialer Abstieg nicht mehr bestehe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 12. Juli 1968). Das Sozialgericht (SG) Dortmund vernahm im anschließenden Rechtsstreit verschiedene Zeugen über die Berufsaussichten des Klägers bei der Firma K & Co. und verurteilte den Beklagten am 14. April 1969 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, dem Kläger weiterhin Rente nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG), das die Personalakte des Klägers beizog, wies durch Urteil vom 13. Mai 1970 (Breithaupt 1971, 52) die Berufung des Beklagten zurück. Es führte aus: Die Neufeststellung des Versorgungsanspruches nach § 62 BVG sei nicht berechtigt, weil sich die Verhältnisse, die dem Urteil des OVA zugrunde gelegen hätten, nämlich ein besonderes berufliches Betroffensein bei einer Einkommensminderung von mindestens 20 v.H., nicht nachträglich wesentlich geändert hätten. Das VersorgA habe den angefochtenen Bescheid auf unzutreffende Voraussetzungen für den Einkommensvergleich gestützt. Da die frühere Arbeitgeberin des Klägers nicht mehr existiere, sei das Einkommen, das der Kläger als Maschinist ohne die Schädigungsfolgen vermutlich verdiente, nicht - wie im angefochtenen Bescheid - durch eine Auskunft der Rechtsnachfolgerin der früheren Arbeitgeberin, sondern nach den vom Statistischen Bundesamt bekanntgegebenen Durchschnittsverdiensten der Arbeiter in der Industrie Steine und Erden zu ermitteln; diese für einen Einkommensverlust im Sinne des § 30 Abs. 3 und 4 BVG maßgebenden Durchschnittsverdienste seien dann zum Vergleich heranzuziehen, wenn der frühere Arbeitgeber des Beschädigten nicht mehr existiere und anders nicht mit Sicherheit entschieden werden könne, ob der Beschädigte nach § 30 Abs. 2 BVG besonders beruflich betroffen sei. Der Kläger sei als ausgebildeter Maschinist in die Leistungsgruppe 1 der Arbeiter einzustufen. Das statistische Durchschnittseinkommen eines Maschinisten von DM 878,73 DM zum 1. April 1964 und von DM 1.117,- im Juli 1968 sei rd. um 10 v.H. höher als das tatsächliche Einkommen des Klägers, von dem der erhöhte Ortszuschlag und das Kindergeld für zwei Kinder abgezogen werden müßten und das mithin im April 1964 DM 808,- und im Juli 1968 DM 999,- erreicht habe. Eine solche Einkommensminderung genüge nicht, um eine einmal wegen besonderen beruflichen Schadens früher festgestellte MdE herabzusetzen. Eine anerkannte wirtschaftliche Einbuße könne sich nachträglich im Sinne des § 62 BVG nur dadurch ändern, daß der Beschädigte einen sozial gleichwertigen Beruf erreicht habe und deshalb auch die in der Zeit nach der Schädigung eingetretenen Nachteile ausgeglichen seien. Der wirkliche wirtschaftliche Schaden des Klägers sei nach alledem höher als mit 10 v.H. zu bewerten. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Mit der Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 30 Abs. 2 und des § 62 BVG, hilfsweise verfahrensrechtliche Verstöße gegen § 128 Abs. 1 Satz 1 und des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Höhe des wirtschaftlichen Schadens im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG sei nicht nach statistischen Durchschnittsverdiensten, was das LSG auch nicht näher begründet habe, sondern im Einzelfall möglichst genau zu ermitteln, da das Gesetz - anders als beim Berufs- und Witwenschadensausgleich (§ 30 Abs. 3 und 4, § 40a BVG) - hierbei eine pauschalierte Berechnung nach einem Durchschnittseinkommen nicht vorsehe. Durch die Auskunft der Firma D sei der mutmaßliche Arbeitsverdienst des Klägers individuell und auch genauer festgestellt worden als an Hand von Durchschnittsverdiensten einer bestimmten Arbeitnehmergruppe im ganzen Bundesgebiet. Weil der letzte Beschäftigungsbetrieb des Klägers vor der Schädigung wirtschaftlich gesehen weiterhin bestehe, der Arbeitsplatz eines Maschinisten ihm dort erhalten geblieben sei, fehlten die Voraussetzungen für eine sachgerechte Ermittlung des wirtschaftlichen Schadens im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG an Hand von Durchschnittsverdiensten (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 8. Juli 1969 - 9 RV 788/67).
Soweit das LSG davon ausgegangen sei, das mutmaßliche Einkommen lasse sich nicht sicher genug durch Auskünfte der Firma D ermitteln, habe es § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG verletzt; außerdem habe es die für seine Überzeugung leitenden Gründe nicht mitgeteilt. Verschiedene Umstände sprächen gerade dafür, daß der Kläger ohne die Schädigung in seinem früheren Beschäftigungsbetrieb arbeitete.
Entgegen der Ansicht des LSG hätten sich die Verhältnisse, die für das Urteil des OVA maßgebend gewesen seien, infolge Wegfalls der früheren Einkommenseinbuße (Urteil des BSG vom 16. Juli 1968 - 9 RV 610/67) bis auf einen unwesentlichen Teil derart geändert, daß die angefochtene Neufeststellung berechtigt sei. Für den Kläger als Angestellten des öffentlichen Dienstes mit einer Zusatzversorgung komme auch eine Verschlechterung der Altersversorgung nicht in Betracht; diese könne im übrigen allenfalls später im Rahmen des § 30 Abs. 2 BVG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung der Urteile des LSG und des SG die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Streitsache an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger hält die Bemessung der wirtschaftlichen Schädigung nach den amtlich ermittelten Durchschnittsverdiensten für zutreffend, weil nicht auszuschließen sei, daß er ohne die Schädigungsfolgen in anderen Steinbrüchen oder gleichartigen Betrieben als Maschinist oder Betriebsleiter Arbeit gefunden hätte. Dazu habe er bisher nichts vorgetragen, weil dieser Tatbestand für ihn nicht als erheblich zu erkennen gewesen sei. Das LSG habe auch nicht § 62 BVG verletzt. Soweit der Beklagte verfahrensmäßig unzureichende Feststellungen beanstande, sei die Rüge nicht ausreichend substantiiert. Den Hilfsantrag stelle er für den Fall von Verstößen gegen § 30 Abs. 2 und § 62 BVG, damit Feststellungen über seine weiteren beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten getroffen werden könnten. § 128 SGG sei nicht verletzt, weil das LSG aufgrund seiner Rechtsauffassung die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Vergleichseinkommen berücksichtigt habe. Im übrigen verweise er auf die Bescheinigung des D vom 18. Juli 1969 über den höheren Maschinistenlohn bei übertariflicher Arbeitszeit.
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG). Sie ist auch im Sinne einer Zurückverweisung erfolgreich.
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Neufeststellung der Beschädigtenrente wäre nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG idF des 3. Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) berechtigt, wenn in den Verhältnissen, die für die letzte vorausgegangene Entscheidung über den Rentenanspruch des Klägers maßgebend waren, nachträglich eine entsprechende wesentliche Änderung eingetreten wäre.
Als "wesentlich" in diesem Sinne wäre eine nachgewiesene Veränderung anzusehen, die die MdE um wenigstens 10 v.H. und dementsprechend die Grundrente (§ 31 Abs. 1 BVG) verringerte (BSG 23, 192, 193; BSG SozR Nr. 35 zu § 62 BVG). Das gilt zumal dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - mit der Neufeststellung die Schwerbeschädigteneigenschaft, d.h. der Rentenanspruch nach einer MdE von 50 v.H. (§ 10 Abs. 2 BVG), verloren geht; denn von dieser Rechtsstellung hängen verschiedene weitere Versorgungsleistungen nach dem BVG und sonstige rechtliche Vergünstigungen ab. Davon ist das LSG mit Recht ausgegangen. Das LSG hat außerdem zutreffend der Prüfung, ob eine "wesentliche Änderung" eingetreten ist, das rechtskräftige Urteil des OVA vom 15. Oktober 1953 zugrunde gelegt, das die MdE mit 50 v.H. um 10 v.H. höher als im allgemeinen Erwerbsleben (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs.1 BVG in der 1950 bis 1953 geltenden Fassung) bewertet hatte, weil der Beruf des Amtsboten, den der Kläger nach der Schädigung ergriffen hat, seinem früher ausgeübten Beruf eines Maschinisten "ideell und wirtschaftlich" nicht gleichwertig und weil der Kläger besonders wirtschaftlich betroffen und durch die Schädigungsfolge in der Schreibfähigkeit besonders behindert sei. Das LSG hat schließlich mit Recht nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG geprüft, ob diese berufliche Schädigung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs.2 BVG (in der damaligen Fassung) nicht mehr besteht und daher nach der für den vorliegenden Fall im wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 30 Abs. 2 BVG in der seit 1964 geltenden Fassung des 2.NOG vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85; BSG 15, 208; 26, 213, 215) die Höhe der Grundrente nicht mehr bestimmen kann. Für den nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG gebotenen Vergleich hat das LSG dem früheren Einkommensverlust den für die Zeit ab 1964 festzustellenden Unterschied zwischen dem tatsächlichen Amtsbotengehalt des Klägers, abzüglich des "Kindergeldes" und des "erhöhten Ortszuschlages" für zwei Kinder, und dem durch das Statistische Bundesamt für das Bundesgebiet ermittelten Durchschnittslohn der männlichen Facharbeiter (Leistungsgruppe 1) in der Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie der Steine und Erden gegenübergestellt.
Bei diesen beiden Vergleichen einerseits nach § 62 Abs. 1 BVG und andererseits nach § 30 Abs. 2 BVG, die zugunsten des Klägers ausgefallen sind, hat das LSG aber die Bindungswirkung des OVA-Urteils nicht genügend beachtet und deshalb auch keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen über die Umstände, die den Lohn des Klägers als Maschinisten 1953 bestimmt hätten und damals für sein Angestelltengehalt maßgebend waren, getroffen. Auf die Auffassung des Beklagten, das LSG hätte nicht das statistisch ermittelte Durchschnittseinkommen der Facharbeiter der Industrie der Steine und Erden zum Vergleich heranziehen dürfen, weil der Kläger ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich weiterhin im D in S tätig wäre, kommt es bei der bisher festgestellten Sachlage nicht an. Hier geht es nicht um eine erstmalige Vergleichsberechnung nach § 30 Abs. 2 BVG, bei der jenes Vergleichseinkommen außer Betracht liegen könnte. Vielmehr ist der ab 1964 vorzunehmende Einkommensvergleich (§ 30 Abs. 2 BVG) von der Vergleichsberechnung, die das OVA angestellt hatte, abhängig, weil die damaligen rechtserheblichen Verhältnisse den heutigen gegenüberzustellen sind. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der Versorgungsanspruch allein entsprechend dem Ausmaß der nachgewiesenen Änderung neu festzustellen; dabei ist die letzte rechtsverbindliche Entscheidung (§ 77 SGG) ungeachtet ihrer Richtigkeit mit den zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen vergleichsweise heranzuziehen und insoweit nicht zurückzunehmen, als sich diese Umstände nicht geändert haben und die Entscheidung nicht rechtswidrig geworden ist (BSG 19, 15, 16 bis 17; 19, 77, 78 bis 79; 26, 213, 215). Für den Vergleich nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG sind alle Umstände, die für die frühere Feststellung maßgebend und damit rechtserheblich waren, zu berücksichtigen.
Zu den unveränderten "Verhältnissen", die bei der Prüfung des Versorgungsanspruchs für die Zeit ab Januar 1964 bindend zu übernehmen sind, gehört auch der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der früher festgestellten Tatsachen als Grundlage des Versorgungsanspruches, die Beurteilungsgrundlage. Der Maßstab für die Bestimmung des rechtlich verwerteten Sachverhalts, nach dem zuletzt über den Versorgungsanspruch befunden worden war, kann sich - außer im Falle einer Rechtsänderung (BSG 15, 208 f) - nicht nachträglich ändern. Wenn das OVA bei der im Urteilstenor enthaltenen Entscheidung über die MdE des Klägers ein besonderes berufliches Betroffensein des Klägers berücksichtigt hatte, ist bei dem nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG gebotenen Vergleich von diesem Bewertungsfaktor der MdE (BSG 22, 82, 83 bis 84; 23, 188, 190), soweit seine Voraussetzungen unverändert geblieben sind, auszugehen (BSG 19, 15, 16 bis 17; 19, 77, 79). Außerdem ist der damals angewandte Maßstab zur Beurteilung des besonderen Berufsschadens auch der neuen Feststellung des Versorgungsanspruches zugrunde zu legen. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG können und dürfen nur vergleichbare Verhältnisse einander gegenübergestellt werden. Soweit sie meßbar sind, zB. Einkommensbeträge, ist eine nachträgliche Änderung ihres Ausmaßes nach denselben Bemessungsmaßstäben zu ermitteln, die zu der früheren Entscheidung geführt haben, die mitsamt den zugrunde gelegten Tatsachen für die frühere Feststellung "maßgebend" waren (BSG 13, 230, 231). Die neue Entscheidung darf nicht nach anderen rechtserheblichen Gesichtspunkten getroffen werden als denjenigen, die bei der früheren berücksichtigt wurden.
Was zu diesen vergleichbaren "Verhältnissen" zu rechnen ist, muß mit allen verfügbaren Erkenntnismitteln geklärt werden, bevor die Prüfung möglich ist, ob sie sich nachweislich wesentlich geändert haben (vgl. zu den dem § 62 BVG entsprechenden §§ 608 und 1293 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung aF: BSG 7, 295, 299 f; BSG, Breithaupt 1964, 21). Das OVA hatte seiner Entscheidung über den wirtschaftlichen Schaden des Klägers einen monatlichen Einkommensverlust von DM 100,- netto zugrunde gelegt und war dabei von einem monatlichen Amtsbotengehalt des Klägers von netto DM 343,- (mit zwei Kindern) ausgegangen. Aus welchen Tatsachen es im übrigen auf den festgestellten Schaden schloß, ist mit Ausnahme einer Feststellung über die Behinderung des Klägers (Schreibfähigkeit) seinem Urteil nicht zu entnehmen. Insbesondere fehlen einerseits weitere Einzelheiten über den Beruf, den der Kläger wegen der Schädigungsfolgen nicht ausüben kann, zB. der über das zu erzielende Brutto- und Nettoeinkommen, über den Arbeitsplatz, andererseits über die einzelnen Berechnungsgrundlagen des Amtsbotengehaltes. Das OVA hatte sich allein auf die "glaubhaften Einlassungen" des Klägers über seine Einkommen als Amtsbote und über den Unterschiedsbetrag gestützt. Auch das Urteil des LSG enthält nichts genaues darüber, nach welchem Vergleichseinkommen, das der Kläger ohne die Schädigungsfolgen erzielen würde, der Minderverdienst 1953 errechnet wurde. Das LSG hat lediglich als Tatsachen, die die Revision nicht angegriffen hat und die daher für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG), einen Einkommensunterschied von DM 100,- netto angenommen und diesen Betrag mit mindestens 20 v.H. des sonst erzielten Verdienstes bewertet. Zu den "Verhältnissen", die für die Entscheidung des OVA maßgebend waren, gehören aber außerdem weitere Umstände, nach denen sich die verwerteten Einkommensbeträge richteten und die zugleich mit diesen für die Vergleichsgrundlage wesentlich waren. Hierzu rechnet auf der einen Seite, ob der Kläger damals den angenommenen Verdienst als Maschinist auf einem Arbeitsplatz im D in S, den er bis 1939 inne hatte, oder auf einem anderen, auf den er nach dem Krieg bei einer weiteren Beschäftigung im selben Betrieb versetzt worden wäre, oder als Durchschnittsverdienst für Maschinisten auf dem Arbeitsmarkt - auch außerhalb dieses Betriebes - erzielt hätte. Das Urteil des OVA erwähnt nicht einmal die frühere Beschäftigung des Klägers im D S. Auch das LSG hat nicht festgestellt, auf welchem Arbeitsplatz oder auf welchen Arbeitsplätzen der Lohn erzielt worden wäre, der netto um DM 100,- höher als das Gehalt des Klägers gewesen sein soll.
Das OVA kann die vom Statistischen Bundesamt laufend ermittelten Durchschnittsverdienste der männlichen Industriearbeiter, die das LSG seiner Vergleichsberechnung zugrunde gelegt hat, nicht berücksichtigt haben; denn diese werden erst seit dem Gesetz über die Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 (BGBl I 429) in der für § 30 Abs. 3 und 4 BVG maßgebenden Weise erhoben (vgl. § 30 Abs. 7 BVG, § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG - DVO - vom 30. Juli 1961 - BGBl I 1115 - und die fortlaufenden Fassungen; Bekanntmachung der Leistungsgruppen im Bundesversorgungsblatt - BVBl - 1960, 151). Falls das OVA mit dem Maschinistenlohn, von dem es ausgegangen ist, das Durchschnittseinkommen von Facharbeitern der Industrie der Steine und Erden auch außerhalb des D S seinem Urteil zugrunde gelegt hätte, wäre es im Rahmen der zu beachtenden Bindungswirkung sachgerecht, nach dem gleichen Maßstab das seit 1964 maßgebende Durchschnittseinkommen aus den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen. Nach diesen Werten wird zwar kraft Gesetzes allein der Einkommensunterschied, von dem der Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG, mithin eine andere Leistung (BSG 29, 208) abhängt, bemessen. Diese Durchschnittsverdienste eignen sich aber auch als brauchbares Beweismittel für die Feststellung eines wirtschaftlichen Schadens, der ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG bedingt, falls nach dem Sachverhalt des Einzelfalles nicht genügend dafür spricht, daß der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen seinen Beruf an einem bestimmten Arbeitsplatz oder bei einem bestimmten Arbeitgeber ausüben würde (Urteil des BSG vom 8. Juli 1969 - 9 RV 788/67, auszugsweise veröffentlicht in BSG 30, 21, 23 und BVBl 1970, 35). Ob der Kläger den vom OVA angenommenen Maschinistenlohn 1953 in seiner früheren Stellung im D verdient hätte, muß durch eine Befragung der jetzigen Betriebsleitung geklärt werden, wobei der letzte Arbeitsplatz des Klägers vor dem Kriegsdienst genau beschrieben werden sollte.
Auf der anderen Seite ist für die Vergleichsberechnung nach § 30 Abs. 2 BVG ab 1964 gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG verbindlich, daß 1953 in der Vergütung des Klägers von netto DM 343,- Kinderzuschläge für zwei Kinder nach der ausdrücklichen Feststellung des OVA enthalten waren und wohl auch ein entsprechend erhöhter Wohnungsgeldzuschuß enthalten gewesen sein wird (§ 12 der Allgemeinen Tarifordnung für Angestellte im öffentlichen Dienst; §§ 4, 6, 10 der Tarifordnung A für Angestellte im öffentlichen Dienst - TO.A - in der damaligen Fassung; vgl. zur ähnlichen Bemessung der Beamtenbesoldung: BSG 29, 139, 143 f). Zu den Verhältnissen, die der Entscheidung des OVA zugrunde lagen, gehört auch die Bemessung des Angestelltengehaltes mit oder ohne solche Familienzuschläge, wie es dem regelmäßig ohne entsprechende Zulagen gewährten Maschinistenlohn nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs.2 BVG aF gegenübergestellt wurde. Diese Bestimmungsgrößen des Vergleichslohnes sind auch dann verbindlich, wenn das OVA sie zu Unrecht mit dem Maschinisten-Nettolohn verglichen hatte. Das hat das LSG nicht beachtet, als es ohne Rücksicht auf die Bindung an das rechtskräftige Urteil bei dem Vergleich nach § 30 Abs. 2 BVG von den Bruttobezügen des Klägers das "Kindergeld" und den für zwei Kinder "erhöhten Ortszuschlag" abgezogen hat. Durch die Vergleichsberechnung des OVA war bindend entschieden, daß weiterhin nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG das Gehalt des Klägers unter Einbeziehung der Sozialzuschläge für den neuen Einkommensvergleich heranzuziehen ist. Die Art und Weise, wie die vom OVA vorausgesetzten Bemessungsgrößen die wirtschaftliche Lage des Klägers und die Höhe seines Einkommensverlustes bestimmten, hat sich nicht nachträglich verändert. Keinesfalls können ohne eine Bindung an jene Berechnungsweise entsprechend der für den Berufsschadensausgleich geltenden Vorschrift des § 10 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG iVm § 2 Abs. 1 Nr. 9 der DVO zu § 33 BVG idF vom 9. November 1967 (BGBl I 1140) die Kinderzuschläge und die nach den Kindern bemessene Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses bei dem tatsächlichen Einkommen des Klägers außer Betracht bleiben, wenn dies mit dem Verdienst eines Maschinisten zu vergleichen ist. Die Bindung an die Vergleichsmaßstäbe des OVA ist auch nicht dadurch beseitigt worden, daß sich durch die spätere Einführung von Kindergeld für Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes (Kindergeldgesetz vom 13. November 1954 - BGBl I 333) deren Einkommenslage im Verhältnis zu den Angestellten mit Vergütungen nach TO.A/BAT verändert hat.
Mit dem Einkommensbetrag von netto DM 343,-, der Kinderzuschläge für zwei Kinder umfaßt haben soll, stand bei der Anwendung der TO.A, die das OVA wie das LSG unterlassen haben, fest, in welcher Höhe außer dieser Familienzulage auch ein erhöhter Wohnungsgeldzuschuß gewährt wurde, wenn von der Dienstzeit und von der Vergütungsgruppe des Klägers ausgegangen wird. Die unbekannten Einzelteile der Gesamtvergütung kann das LSG an Hand der Personalakten oder durch eine Auskunft der Amtsverwaltung ermitteln. Ebenso kann es feststellen, ob mit dem Betrag von DM 343,-, von dem der Kläger behauptete, es handele sich um das "ausgezahlte" Entgelt, das Nettogehalt gemeint war, das um DM 100,- netto unter dem Maschinistenlohn gelegen haben soll. Ob dieser Lohn 1953 auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder durchschnittlich erzielt wurde, läßt sich mit Hilfe jener Bestimmungsgrößen aufklären. Dem Revisionsgericht ist eine solche Sachaufklärung verwehrt. Es darf die entscheidungserheblichen Tatsachen, soweit sie das LSG nicht bereits festgestellt hat, nicht den im Berufungsverfahren beigezogenen Akten entnehmen (BSG SozR Nr. 9 zu § 163 SGG). Ohne die fehlenden Tatsachenfeststellungen läßt sich nichts genaues über die dem Urteil des OVA zugrunde gelegte Berechnungsweise allein aus der veröffentlichten TO.A schließen.
Nachdem das LSG die noch erforderlichen Feststellungen über die Einkommensunterschiede im Januar 1953 und seit Januar 1964 getroffen hat, wird es bei den nach § 62 Abs.1 Satz 1 BVG und § 30 Abs. 2 BVG gebotenen Vergleichen zusätzlich zu berücksichtigen haben, daß das OVA ein besonderes berufliches Betroffensein des Klägers auch wegen eines "ideellen" Schadens angenommen hatte. Dabei wird zu prüfen sein, ob ein damit anscheinend gemeinter sozialer Abstieg des Klägers als selbständiger Schadenstatbestand (vgl. BSG 10, 69, 70, 71) inzwischen ausgeglichen ist, etwa unter dem Einfluß der Einkommensentwicklung (vgl. zB. BSG, BVBl 1960, 51), oder aber weiterhin gesondert bewertet werden muß (BSG 26, 213, 216). Schließlich wäre auch zu berücksichtigen, ob der Kläger weiterhin als Amtsbote beim Schreiben erheblich behindert ist, wie das OVA angenommen hatte, und ob er deshalb besonders beruflich betroffen ist, weil er als Maschinist Aufstiegsmöglichkeiten gehabt hätte, die in seinem jetzigen Beruf nicht bestehen.
Dagegen erscheint es schon nach dem bisher bekannten Sachverhalt bedenklich, mit dem LSG eine weitere Schädigung in der Altersversorgung zu berücksichtigen. Eine solche hatte das OVA nicht mitbewertet. Sie läßt sich auch erst später feststellen, wenn sie eintritt, wobei die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ins Gewicht fallen wird. Die vom LSG zitierten Urteile des BSG (SozR Nr. 8 zu § 30 BVG und 10 RV 107/58 vom 25. Juni 1959, Bericht in Versorgungsbeamter 1959, H.11, Rspr. Nr. 37) betreffen andere Sachverhalte als der vorliegende Fall.
Aufgrund des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme wird - gegebenenfalls unter Beachtung der Grundsätze über die Beweislast - darüber zu entscheiden sein, ob die angefochtene Neufeststellung berechtigt ist oder nicht. Da noch offen ist, wie die Vergleichsberechnung ausfallen wird, hatte der Senat nicht schon über die bisher streitige Frage zu entscheiden, ob eine Einkommensminderung von 10 v.H. - gegenüber der vom OVA festgestellten und der üblicherweise für eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG geforderten Differenz von 20 v.H. (BSG 29, 139, 144 f; vgl. auch BSG, Breithaupt 1966, 150, 152 f; BSG, Urteil vom 26. September 1968 - 10 RV 438/66) - ausreicht, um den Fortfall eines besonderen beruflichen Betroffenseins infolge einer wesentlichen Änderung anzunehmen. Bedenklich erscheint die Ansicht des LSG, eine wesentliche Änderung sei in einem Fall wie dem vorliegenden so lange nicht anzunehmen, als nicht der wirkliche Verdienst des Beschädigten den des vergleichbaren Nichtbeschädigten übersteigt. Außerdem ließe sich eine wesentliche Änderung ohne die erforderlichen tatsächlichen Veränderungen nicht unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 25. April 1961 - 11 RV 1340/60 (BSG 14, 172) verneinen. Denn nach diesem Urteil wird sich an der Feststellung, ein Beschädigter sei besonders beruflich betroffen, allgemein dadurch nichts ändern, daß er wegen alters- oder aus anderen nicht wehrdienstbedingten Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben könnte. Dies berührt gerade nicht die Änderung der Verhältnisse, auf denen die letzte Feststellung des Versorgungsanspruchs beruht.
Nach alledem mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen