Leitsatz (amtlich)
1. Die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten wegen Fehlens des Revisionsantrags hat nicht die Unzulässigkeit der Revision der nach SGG § 75 Abs 1 S 2 beigeladenen Bundesrepublik Deutschland zur Folge.
2. Bei Anwendung des KOV-VfG § 47 ist der dem Rechtsverhältnis zwischen Versorgungsverpflichteten und Versorgungsberechtigten innewohnende Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten.
Läßt die Versorgungsbehörde, nachdem sie von der Änderung der Einkommensverhältnisse des Versorgungsberechtigten durch diesen Kenntnis erhalten hat, eine unangemessen lange Frist verstreichen, ohne die Versorgungsbezüge neu festzustellen, so kann dies das "Wissenmüssen" des Empfängers im Sinne des KOV-VfG § 47 Abs 2 für die Zeit nach Ablauf dieser Frist bis zur Neufeststellung der Bezüge ausschließen.
Bei der hier nach zu treffenden Feststellung sind sowohl die Verhältnisse der beteiligten Versorgungsbehörde wie auch die Person des Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Inhalt des Empfangsbekenntnisses (VwZG § 5) ist (SGG § 118 Abs 1 i Vm ZPO § 418 Abs 2).
2. Eine Beschränkung der verfahrensrechtlichen Stellung des nach SGG § 75 Abs 1 Beigeladenen ergibt sich nur für die Antragstellung (§ 75 Abs 4).
3. Die nach SGG § 75 Abs 1 S 2 im Berufungsverfahren beigeladene Bundesrepublik ist berechtigt, selbständig Revision einzulegen, deren Zulässigkeit für sich zu prüfen ist.
4. Ein Rückforderungsbescheid ist ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung.
Die Rechtmäßigkeit der Rückforderung, die in vor dem 1955-04-01 ergangenen Bescheiden ausgesprochen worden ist, richtet sich nach KOV-VfG § 47.
Normenkette
SGG § 75 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1953-09-03; KOVVfG § 47 Abs. 2 Fassung: 1955-05-02; SGG § 75 Abs. 4 Fassung: 1953-09-03; VwZG § 5; SGG § 118 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 418 Abs. 2; BGB § 242
Tenor
Die Revision des beklagten Landes wird als unzulässig verworfen .
Die Revision der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland wird zurückgewiesen .
Die Beklagte und die beigeladene Bundesrepublik haben als Gesamtschuldner der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten .
Von Rechts wegen .
Gründe
Die Klägerin erhält Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) . Sie bezieht ferner Witwenrente aus der Angestelltenversicherung (AV . ) ihres verstorbenen Ehemannes in Höhe von monatlich 40 . -- DM ab 1 . Oktober 1950 , von 48 , 30 DM ab 1 . Juni 1951 und von 36 , 20 DM ab 1 . August 1952 . Außerdem bezieht sie Invaliden-(JV . )-Rente aus eigener Versicherung in Höhe von monatlich 59 . 10 DM seit 1 . Juli 1952 . Das Versorgungsamt (VersorgA . ) H ... hat im BVG-Umanerkennungsbescheid vom 15 . Oktober 1951 die AV-Witwenrente von 40 . -- DM bzw . 48 , 30 DM angerechnet und Versorgungsausgleichsrente in Höhe von 40 , -- DM ab 1 . Oktober 1950 , in Höhe von 32 , -- DM ab 1 . Juni 1951 gewährt . In der am 30 . März 1953 bei der Post abgegebenen Jahresbescheinigung hat die Klägerin erstmals die Gewährung von JV . -Rente aus eigener Versicherung , deren Höhe und die Höhe der infolge der JV . -Rente gekürzten Witwenrente aus der Invalidenversicherung (JV . ) angegeben . Mit Bescheid vom 8 . Dezember 1953 hat das VersorgA . unter Anrechnung der Witwenrente aus der JV . ab 1 . August 1952 die Ausgleichsrente entzogen und 629 . -- DM überzahlte Versorgungsrente für die Zeit vom 1 . August 1952 bis 31 . Dezember 1953 von der Klägerin zurückgefordert .
Das Landesversorgungsamt (LVersorgA . ) Hamburg hat den Widerspruch der Klägerin gegen die Rückforderung zurückgewiesen . Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG . ) Hamburg mit Urteil vom 25 . Juli 1955 die Beklagte verurteilt , die für die Zeit vom 1 . September bis 31 . Dezember 1953 zuvielgezahlte Rente von insgesamt 148 , -- DM bei der Rückforderung außer Ansatz zu lassen . Im übrigen hat es die Klage abgewiesen .
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt . Das Landessozialgericht (LSG . ) Hamburg hat die Bundesrepublik Deutschland , vertreten durch den Bundesminister für Arbeit (BMA . ) beigeladen . Mit Urteil vom 11 . Januar 1956 hat das LSG . das Urteil des SG . abgeändert und die Beklagte verurteilt , bei der Rückforderung nur 111 . -- DM für die Zeit vom 1 . Oktober bis 31 . Dezember 1953 außer Ansatz zu lassen . Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen . Es hat ausgeführt , die Berufung sei zulässig , weil die Berufungsausschließungsgründe des § 144 Abs . 1 Nr . 1 und des § 148 Nr . 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gegeben seien . Die Einkommensangaben in der Jahresbescheinigung seien als Anzeige der Einkommensänderung aufzufassen .§ 47 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren (VerwVG) der Kriegsopferversorgung (KOV . ) vom 2 . Mai 1955 sei nicht anzuwenden , weil der der Rückforderung zugrunde liegende Tatbestand und der angefochtene Bescheid noch unter der Herrschaft des früheren Verfahrensrechts verwirklicht worden seien . Die Klägerin könne sich für die Zeit vom Beginn des JV . -Rentenbezugs im Juli 1952 bis zur Anzeige in der Jahresbescheinigung im März 1953 nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen , weil sie durch Unterlassen der Anzeige über den JV . -Rentenbezug bis zur Abgabe der Jahresbescheinigung selbst gegen diesen Grundsatz verstoßen habe . Die Beklagte ihrerseits habe insoweit gegen Treu und Glauben verstoßen , als sie die überzahlte Versorgungsrente über einen Zeitraum von 6 Monaten hinaus seit Abgabe der Jahresbescheinigung zurückfordere . Der Verpflichtung des Versorgungsberechtigten , Einkommensänderungen anzuzeigen , stehe die Pflicht der Beklagten gegenüber , die Anzeige in angemessener Frist auszuwerten . Im Hinblick auf die Arbeitshäufung bei der Beklagten infolge Durchführung der BVG-Novelle und gleichzeitiger Auswertung aller Jahresbescheinigungen seien 6 Monate eine angemessene Frist , um dem Versorgungsberechtigten einen Neufeststellungsbescheid zu erteilen . Diese Frist habe am 30 . März begonnen und am 30 . September 1953 geendet . Die Rückforderung der Rentenüberzahlung für die späteren Monate - Oktober bis Dezember 1953 - verstoße jedoch gegen Treu und Glauben . Revision ist zugelassen .
Die Bundesrepublik , vertreten durch den BMA ., hat Revision eingelegt und beantragt , das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid abzuweisen . Die Beklagte hat gleichfalls Revision eingelegt , ohne einen Revisionsantrag zu stellen .
Die Revision der Bundesrepublik rügt , daß das LSG .§ 47 VerwVG nicht angewandt habe . Gemäß § 52 VerwVG seien alle noch nicht bindend oder rechtskräftig entschiedenen Rückforderungsansprüche nach § 47 VerwVG zu beurteilen . Die Klägerin habe zumindest wissen müssen , daß sie die Kriegsopferrente nach Bewilligung der JV . -Rente zum Teil zu Unrecht bezogen habe .§ 47 VerwVG stelle eine besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar , neben dem der allgemeine Gedanke von Treu und Glauben nicht mehr herangezogen werden könne . Die Entscheidung nach Abs . 4 des § 47 VerwVG , ob die Rückforderung eine besondere Härte bedeute , sei eine Ermessensentscheidung . Ein Ermessensfehler der Verwaltungsbehörde liege nicht vor . Die Klägerin habe die Einkommenserhöhung nicht freiwillig mitgeteilt , sondern erst auf Anfrage in der Jahresbescheinigung , vorher sei sie acht Monate untätig gewesen . In solchen Fällen könne nur ein sehr langes Warten der Verwaltungsbehörde das böswillige Verhalten des Anzeigepflichtigen mildern . Darin , daß der Neufeststellungsbescheid erst neun Monate nach Abgabe der Jahresbescheinigung erteilt worden sei , könne hier keine besondere Härte erblickt werden .
Die Beklagte führt in ihrer Revisionsbegründung aus , es sei eindeutig , daß sie mit der Revision die Aufhebung des Berufungsurteils in Gänze beantragt habe . Darin sei die Stellung eines bestimmten Antrags zu erblicken . Ihre übrigen Ausführungen entsprechen dem Revisionsvorbringen der Beigeladenen .
Die Klägerin hat beantragt , die Revision der Beklagten als unzulässig zu verwerfen und die der Bundesrepublik als unbegründet zurückzuweisen .
Die Revision ist infolge Zulassung statthaft (§ 162 Abs . 1 Nr . 1 SGG) .
Die Revision des beklagten Landes ist nicht zulässig , weil innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision kein bestimmter Antrag gestellt wurde (§ 164 Abs . 1 Satz 1 , Abs . 2 Satz 1 SGG; BSG . 1 S . 47 und 50) . Es genügt nicht , daß in der Revisionsschrift keine Beschränkung der Revision auf bestimmte Streitpunkte vorgenommen wurde , ebensowenig kann aus dem Fehlen einer solchen Beschränkung in Verbindung mit dem angefochtenen Urteil entnommen werden , die Beklagte fechte das Urteil in vollem Umfange an . Das Bundessozialgericht (BSG . ) hat bereits entschieden , daß die wesentlichen Teile der notwendigen Erklärung in der Revisionsschrift selbst zum Ausdruck kommen müssen , damit eine Auslegung möglich ist . Fehlt ein wesentlicher Teil , so kann er nicht dadurch ersetzt werden , daß auf Umstände außerhalb der Revisionsschrift zurückgegriffen wird (BSG . vom 24 . 5 . 1955 in SozR .SGG § 164 Da 3 Nr . 14) . Nur wenn die Revisionsschrift die ausdrückliche Erklärung enthält , daß das Urteil "in vollem Umfange" angefochten werde , kann darin im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Urteil noch ein Revisionsantrag mit genügend bestimmtem Inhalt gesehen werden (BSG . 1 S . 98) . Die Beklagte hat aber der Revisionseinlegung nichts hinzugefügt , was als bestimmter Antrag gewertet werden könnte . Die Revision der Beklagten war daher wegen Fehlens des bestimmten Antrags als unzulässig zu verwerfen .
Die Revision der beigeladenen Bundesrepublik ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden . Der Zulässigkeit dieser Revision steht nicht entgegen , daß die Revision der Beklagten infolge Formmangels nicht zulässig ist . Das BSG . hat bereits entschieden , daß die nach § 75 Abs . 1 Satz 2 SGG am Berufungsverfahren als Beigeladene beteiligte Bundesrepublik berechtigt ist , selbständig gegen das Urteil eines Landessozialgerichts Revision einzulegen und daß die Zulässigkeit ihrer Revision für sich zu prüfen ist (BSG . 2 S . 289) . Es hat ferner in Band 3 S . 142 [157] ausgesprochen , daß ein Beigeladener , auch ohne daß eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs . 2 SGG vorliegt , jedenfalls dann selbständig Rechtsmittel einlegen kann , wenn die Entscheidung ein eigenes Recht des Beigeladenen betrifft oder mitbetrifft . Im gleichen Sinne hat der 3 . Senat des BSG . in seinem Urteil vom 4 . Dezember 1958 - 3 RK 7/58 - darauf hingewiesen , daß der Rechtsschutz des nach § 75 Abs . 1 SGG Beigeladenen unvollkommen wäre , wenn er nicht aus eigenem Recht gegen ein Urteil , das ihn nach § 141 Abs . 1 SGG bindet , Rechtsmittel einlegen könnte . Eine Beschränkung der verfahrensrechtlichen Stellung des nach § 75 Abs . 1 SGG Beigeladenen ergibt sich nur für die Antragstellung , Abs . 4 a . a . O .
Nach § 75 Abs . 4 SGG kann der Beigeladene innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen . Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen , wenn eine Beiladung nach § 75 Abs . 2 SGG vorliegt . Der Senat konnte dahingestellt lassen , ob die in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung nach Abs . 1 Satz 2 a . a . O . beigeladene Bundesrepublik abweichende Sachanträge nach Abs . 4 stellen kann oder ob die Beschränkung in der Antragstellung auch für sie gilt , da die Ausnahmevorschrift nur den Beigeladenen nach Abs . 2 nennt . Im vorliegenden Fall liegt jedenfalls ein Abweichen der Anträge im Sinne des Gesetzes nicht vor . Der Sachantrag der Revision der Bundesrepublik geht auf Abweisung der Klage in vollem Umfang; die volle Anerkennung des Rückforderungsanspruchs ist ihr Prozeßziel . Das gleiche Prozeßziel verfolgt , wie sich aus ihrem Vorbringen ergibt , die Beklagte , auch wenn sie einen für das Revisionsverfahren genügenden Antrag nicht gestellt hat . Der Sachantrag der beigeladenen Bundesrepublik weicht somit in seinem Inhalt von dem Prozeßbegehren der Beklagten nicht ab . Auch § 75 Abs . 4 SGG steht somit der Zulässigkeit der Revision der Beigeladenen nicht entgegen .
Die Beigeladene ist durch das angefochtene Urteil beschwert; denn die Bundesrepublik ist als Trägerin der Versorgungslast gemäß Art . 120 Grundgesetz (GG) in ihren Interessen berührt , wenn der Rückforderungsanspruch der Beklagten eingeschränkt wird .
Die Revision der beigeladenen Bundesrepublik ist daher zulässig . Sie ist jedoch nicht begründet .
Die Berufung war zulässig , weil es sich bei dem Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde nicht um einmalige Leistungen oder um Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume handelt (§ 144 Abs . 1 Nr . 1 , § 148 Nr . 2 SGG; BSG . 3 S . 234) .
Das LSG . hat mit der Minderung des Rückforderungsanspruchs von 629 . -- DM um 111 . -- DM die Rückforderung in Höhe von 518 , -- DM für begründet erklärt . Die Klägerin hat dagegen nicht Revision eingelegt , sondern nur die Zurückweisung der Revision der Beklagten beantragt . Demnach ist nur noch über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung des Restbetrages von 111 . -- DM zuviel gezahlter Rente für die Zeit vom 1 . Oktober bis 31 . Dezember 1953 zu entscheiden .
Streitig ist , ob der Sachverhalt nach dem vor Inkrafttreten des VerwVG (1 . 4 . 1955) geltenden Recht zu beurteilen ist , weil der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid vor dem 1 . April 1955 erlassen wurden , oder ob § 47 VerwVG anzuwenden ist .
Der angefochtene Bescheid ist , soweit er die Rückforderung der Überzahlung gegen die Klägerin ausspricht , ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung . Aufhebungs-Anfechtungs)-klagen gegen derartige Verwaltungsakte sind grundsätzlich nach dem Recht zu beurteilen , das im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gegolten hat (vgl . NJW . 58 S . 1065 Abschn . II 2 a) . Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG . ) hat in seiner Entscheidung Bd . 1 S . 35 [36] ausdrücklich unerörtert gelassen , inwieweit Ausnahmen von diesem Grundsatz erforderlich sind , wenn das neue Gesetz auf die Zeit vor seinem Inkrafttreten zurückwirkt . In dem Urteil vom 14 . November 1957 (JZ . 58 S . 320) hat das BVerwG . bei einer Anfechtungsklage seiner Entscheidung das Recht , das erst nach Erlaß der angefochtenen Verwaltungsverfügung geschaffen wurde , zugrunde gelegt , weil es den Sachverhalt erfaßt hat (s . dazu auch JZ . 58 S . 301 und NJW . 58 S . 1065 Abschn . II 2 d) . Das BSG . hat bereits entschieden , daß die materiell-rechtlichen Vorschriften des § 47 Abs . 1 und 2 VerwVG alle am 1 . April 1955 , dem Tage des Inkrafttretens der VerwVG , anhängigen Rückforderungsfälle ergreifen (BSG . 3 S . 234 und BSG . 6 S . 11 für Abs . 3 des § 47; ferner BSG . 7 S . 8) . Dementsprechend ist bei Aufhebungsklagen gegen Verwaltungsakte , die vor dem 1 . April 1955 ergangen sind und mit denen die Versorgungsbehörde überzahlte Rente zurückfordert , die Rechtmäßigkeit der Rückforderung nach § 47 VerwVG zu beurteilen . Das LSG . hat § 47 VerwVG verletzt , da es diese Vorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht angewandt hat . Auf dieser Gesetzesverletzung beruht das Urteil (§ 162 Abs . 2 SGG) . Das Urteil des LSG . unterliegt daher der Aufhebung . Die Entscheidung des LSG . stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar .
Rechtsgrundlage für die Neuberechnung der Versorgungsrente der Klägerin und die Feststellung einer Überzahlung ist § 61 Abs . 4 Satz 3 und § 62 Abs . 1 BVG . Die Rückforderung war somit nach Abs . 1 und 2 des § 47 VerwVG zu beurteilen , weil dem angefochtenen Bescheid eine Änderung der Verhältnisse (§ 62 BVG) nach Erlaß des Bescheids vom 15 . Oktober 1951 zugrunde liegt .
Nach § 47 Abs . 1 VerwVG sind zu Unrecht empfangene Leistungen zurückzuerstatten . Soweit die Überzahlung auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse beruht (§ 62 BVG) , kann der zu Unrecht gezahlte Betrag nur zurückgefordert werden , wenn der Empfänger wußte oder wissen mußte , daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge im Zeitpunkt der Zahlung nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden oder wenn die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse vertretbar ist (§ 47 Abs . 2 VerwVG) .
Das LSG . hat festgestellt , daß die Beklagte die Klägerin im Bescheid vom 15 . Oktober 1951 ausdrücklich darauf hingewiesen hat , daß sie jede Änderung ihres Einkommens der Beklagten anzuzeigen habe . In diesem Bescheid ist ferner vermerkt , daß unrechtmäßig empfangene Versorgungsbezüge zurückgezahlt werden müssen . Der Erhebungsbogen zur Ausgleichsrente , den die Klägerin am 9 . September 1951 unterschrieben hat und in dem die JV . -Rente von 48 , 30 DM angegeben ist , enthält einen vorgedruckten Text , wonach dem Unterzeichnenden bekannt ist , daß er jede Änderung seiner Verhältnisse unverzüglich anzeigen müsse und daß er wisse , daß unrechtmäßig empfangene Versorgungsbezüge zurückzuzahlen sind . Die Beklagte hat mit diesen Hinweisen in den Vordrucken alles ihr zumutbare und mögliche unternommen , um die Klägerin über ihre Anzeigepflicht zu belehren (§ 13 SVD 27 , § 84 Abs . 3 BVG) . Die Klägerin mußte daraus entnehmen , daß Einkommenserhöhungen auch zur Änderung der Ausgleichsrente führen können . Sie mußte daher bei den folgenden Zahlungen der Versorgungsrente wissen , daß ihr die Versorgungsbezüge seit Gewährung der JV-Rente aus eigener Versicherung möglicherweise nicht mehr in der bisherigen Höhe zustanden (BSG . 7 S . 8 [15]) .
Bei monatlicher , laufender Fortgewährung einer zu hohen Rente entsteht grundsätzlich jeden Monat ein weiterer Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde in Höhe des jeweils monatlich zuviel gezahlten Betrags , wenn der Empfänger beim Empfang der Zahlung wissen muß , daß ihm die Rente nicht in dieser Höhe zusteht . Es kann aber der Fall eintreten , daß der Empfänger bei Erhalt einer Zahlung nicht mehr wissen muß , daß ihm die Rente nicht in dieser Höhe zusteht . Die Minderung der Ausgleichsrente bei Einkommenserhöhung ergibt sich zwingend aus dem Gesetz (§ 60 Abs . 2 Satz 2 , 2 . Halbsatz , § 61 Abs . 4 Satz 3 BVG i . d . F . vom 1 . 7 . 1957) . Die Versorgungsbehörde ist daher verpflichtet , unter Abänderung des bisherigen Bescheids einen neuen Bescheid zu erlassen , der die veränderte Sach- und Rechtslage zum Ausdruck bringt (§ 62 BVG) , und ihre Leistungen dieser anpaßt . Der Empfänger der Rente darf damit rechnen , daß die Versorgungsbehörde dieser Verpflichtung nachkommt . Wenn er daher nach gewisser Zeit seit der Mitteilung seiner Einkommensänderung keinen Neufeststellungsbescheid und auch keine anderweitige Nachricht der Versorgungsbehörde erhält , können die Umstände des Einzelfalles ergeben , daß von einem bestimmten Zeitpunkt ab beim Empfänger von einem "Wissenmüssen" davon , daß ihm die laufend unverändert gezahlten Versorgungsbezüge nicht mehr in der bisherigen Höhe zustehen , nicht mehr gesprochen werden kann . Dann ist eine Rückforderung der weiter erfolgenden Überzahlungen nach § 47 Abs . 2 Halbs . 1 VerwVG ausgeschlossen .
Der Senat hatte zu prüfen , welche Zeitspanne der Versorgungsbehörde in solchen Fällen zuzubilligen ist , während der eine Verletzung ihrer Verpflichtung zum Erlaß eines Neufeststellungsbescheides noch nicht angenommen werden kann . Dabei sind sowohl der das Verhältnis zwischen dem versorgungsverpflichteten Staat und dem versorgungsberechtigten Bürger beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben als auch die besonderen gesetzlichen Bestimmungen heranzuziehen . Die Entscheidung hat auch die Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen . Ein in Rechtsangelegenheiten Ungewandter wird möglicherweise die Lage weniger übersehen und bezüglich des Weiterbezugs zeitlich früher gutgläubig werden können als ein Berechtigter , dem das Verfahren vor den Versorgungsämtern vertraut ist . Andererseits wird die Erteilung eines entsprechenden Zwischenbescheides durch die Versorgungsbehörde regelmäßig eine Annahme des Versorgungsberechtigten , daß mit einer Kürzung nicht mehr zu rechnen sei , ausschließen . Einen Anhaltspunkt für die Angemessenheit des Zeitraums , innerhalb dessen die Versorgungsbehörde einen Bescheid zu erlassen hat , bietet die Sechsmonatsfrist des § 88 Abs . 1 SGG , vor deren Ablauf eine Vornahmeklage nicht erhoben werden kann (vgl . dazu auch Mellwitz in SGb . 1957 S . 63) . Ferner bestimmt das BVG eine gleichlange Frist für den Versorgungsberechtigten bei Anmeldung eines Anspruchs auf höhere Rente wegen Minderung des Einkommens (§§ 60 Abs . 1 Satz 3 , 61 Abs . 4 Satz 2 BVG) . Es liegt nahe , der Versorgungsbehörde bei Rentenminderung regelmäßig die gleiche Frist für die Neuberechnung und Rückforderung der zuviel gezahlten Beträge zuzubilligen .
Das LSG . hat vorliegend , allerdings ohne § 47 VerwVG anzuwenden , aber insoweit ohne Rechtsirrtum , eine Frist von sechs Monaten seit Eingang der Jahresbescheinigung beim VersorgA . als angemessen und ausreichend für die Neufeststellung der Rente angesehen . Das Wissenmüssen der Klägerin von einer noch zu erwartenden Kürzung der Rente entfiel mit dem Ablauf der sechs Monate , weil das VersorgA . innerhalb dieser Frist nicht neu berechnete und auch keinen Zwischenbescheid erteilte .
Die Klägerin hat sich schon im Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid darauf berufen , daß sie bereits seit Mai 1953 bei Erhalt der weiteren zu hohen Ausgleichsrente gutgläubig gewesen sei . Der Senat konnte ihr insoweit nicht folgen , als sie ein Wissenmüssen schon für die Zeit unmittelbar nach Mitteilung ihrer Einkommensänderung bestreitet . Einer Gutgläubigkeit zu dieser Zeit stehen die mehrfachen Hinweise der Versorgungsbehörde , daß der Versorgungsberechtigte verpflichtet ist , Einkommensänderungen unverzüglich mitzuteilen , entgegen . Die besonderen Verhältnisse der Klägerin , wie ihr Alter , ihre bescheidene soziale Lage , ihre Rechtsungewandtheit , zusammen mit dem Schweigen der Versorgungsbehörde bis Dezember 1953 haben jedoch den Senat zu dem Schluß kommen lassen , daß ein Wissenmüssen nach Ablauf von sechs Monaten , also ab Oktober 1953 , nicht mehr als gegeben anzusehen ist . Nach § 47 Abs . 2 Halbsatz 1 VerwVG kann daher die Beklagte die überzahlte Rente insoweit nicht mehr zurückfordern . Unabhängig vom Wissen oder Wissenmüssen des Versorgungsberechtigten kann nach § 47 Abs . 2 Halbsatz 2 VerwVG der zu Unrecht gezahlte Betrag dann zurückgefordert werden , wenn die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist . Das LSG . hat festgestellt , daß die Klägerin eine Altersrente von 64 . 10 DM und eine Witwenrente von 40 . 20 DM bezieht . Diese Feststellungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin reichten aus , um dem Senat die Entscheidung über den noch strittigen Rückforderungs-Anspruch auch nach § 47 Abs . 2 Halbsatz 2 VerwVG zu ermöglichen . Die Einkünfte der Klägerin liegen wenig über den Fürsorgerichtsätzen . Bei dieser Sachlage brauchte nicht noch im einzelnen erörtert zu werden , unter welchen Voraussetzungen die Rückforderung "wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist" . Jedenfalls ist sie im Hinblick auf das Alter und die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht vertretbar , weil die Einkünfte die Fürsorgerichtsätze nur gering übersteigen und die Klägerin bei ihrem Alter nicht imstande ist , weiteres Einkommen zu erwerben .
Die Revision des Beigeladenen war daher nicht begründet . Sie war nach § 170 Abs . 1 SGG zurückzuweisen .
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .
Fundstellen