Leitsatz (amtlich)
Die Frist für den Antrag auf Kurzarbeitergeld nach § 72 Abs 2 S 4 AFG beginnt in Fällen, in denen der maßgebliche Kurzarbeitszeitraum nach § 72 Abs 2 S 3 iVm § 64 Abs 1 Nr 3 AFG über mehr als ein Kalendermonatsende hinausreicht, einheitlich erst mit Ablauf des letzten Kalendermonats, für den Kurzarbeitergeld beantragt wird. Dasselbe gilt für den Antrag auf anteilige Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 163 Abs 2, § 166 Abs 3 AFG (Fortführung von BSG 14.2.1978 7/12 RAr 73/76 = SozR 4100 § 72 Nr 3).
Normenkette
AFG § 64 Abs 1 Nr 3, § 72 Abs 2 S 3, § 72 Abs 2 S 4, § 163 Abs 2 S 4, § 166 Abs 3 S 3
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 16.03.1984; Aktenzeichen L 7 Ar 234/83) |
SG Osnabrück (Entscheidung vom 11.08.1983; Aktenzeichen S 6 Ar 264/82) |
Tatbestand
Die Klägerin, ein Malerbetrieb, hat keinen Betriebsrat. Sie zeigte am 12. Januar 1982 der Beklagten an, daß in ihrem Betrieb ab 11. Januar 1982 bis voraussichtlich 31. März 1982 die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit wegen Arbeitsausfalles herabgesetzt werde. Nach einer Betriebsprüfung erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 1982 an, daß die in den §§ 63 und 64 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) erfüllt seien. Kug werde deshalb den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern ab 12. Januar 1982 für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 31. März 1982, gewährt. Das Kug sei jeweils für einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen zu beantragen. Der Antrag sei in doppelter Ausfertigung innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten beim Arbeitsamt einzureichen. Die Ausschlußfrist beginne mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage lägen, für die die Leistungen begehrt würden.
Am 30. Juni 1982 beantragte die Klägerin die Auszahlung des Kug und die Erstattung von Beitragszuschüssen zur Kranken- und Rentenversicherung für die Zeit vom 12. Januar bis 31. März 1982. Dem Antrag lagen je eine Abrechnungsliste für den jeweiligen Kalendermonat bei.
Mit Bescheid vom 2. August 1982 wurde der Antrag, soweit er Leistungen für März 1982 betraf, mit der Begründung abgelehnt, daß in diesem Monat nicht für mindestens ein Drittel der im Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 10 vH der Arbeitszeit ausgefallen sei. Diesen Bescheid hat die Klägerin nicht angefochten.
Mit einem weiteren Bescheid vom 2. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1982 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Leistungen für die Zeit vom 12. Januar bis 28. Februar 1982 mit der Begründung ab, die Klägerin habe die dreimonatige Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 AFG nicht eingehalten. Diese sei am 31. Mai 1982 abgelaufen.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 11. August 1983 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Kug sowie anteilige Kranken- und Rentenversicherungsbeitragszuschüsse für die Zeit vom 12. Januar bis 28. Februar 1982 zu gewähren (Urteil vom 16. März 1984). Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin habe die für die Antragstellung maßgebliche Frist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG eingehalten; diese sei erst am 30. Juni 1982 abgelaufen.
Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 14. Februar 1978 (SozR 4100 § 72 Nr 3) zutreffend ausgeführt, daß die Frist für den Antrag auf Kug in Fällen, in denen der maßgebliche Kug-Zeitraum über ein Kalendermonatsende hinausreiche, einheitlich erst mit Ablauf des zweiten Kalendermonats beginne, was auch für den Antrag auf anteilige Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 163 Abs 2 und § 166 Abs 3 AFG gelte. Das müsse auch dann gelten, wenn ein Kurzarbeitszeitraum mehr als zwei Monate umfasse. Der § 72 Abs 2 Satz 4 AFG sei bereits seinem Wortlaut nach dahin zu verstehen, daß für den Fristbeginn lediglich der Ablauf des letzten Kalendermonats maßgeblich ist, in dem (auch) Tage liegen, für die Kug für einen bestimmten, von vornherein vorgesehenen Bezugszeitraum begehrt wird. Dafür spreche auch, daß diese Leistung nach § 72 Abs 2 Satz 3 AFG für den nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG maßgebenden Zeitraum beantragt werden müsse. Der Arbeitgeber habe also hinsichtlich des Umfanges seiner Antragspflicht kein Wahlrecht. Er müsse nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG einen zusammenhängenden Kurzarbeitszeitraum von mindestens vier Wochen zugrunde legen, der mit dem Tage beginne, an dem ein Arbeitsausfall erstmals nach Eingang der Anzeige nach § 64 Abs 1 Nr 4 AFG eintrete. Diese Festlegung des Antragsrechts und der Antragspflicht auf einen nach faktischen Gegebenheiten eingetretenen Zeitraum vernachlässige den Kalendermonat als rechtlichen Maßstab vollständig. Könne danach der maßgebliche Kurzarbeitszeitraum, für den Kug beantragt werden müsse, willkürlich die Grenze eines Kalendermonatsendes überschreiten, dann gebe es keinen Sinn, den Beginn der Antragsfrist an jegliches Ende eines Kalendermonats zu binden, der innerhalb dieser Zeit in Betracht kommen könne.
Der Sinn des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die nach längerer Zeit auftreten könnten, würde auch dann nicht wesentlich beeinträchtigt, wenn die Antragsfrist mit Ablauf des letzten Kalendermonats des Bezugszeitraumes zu laufen beginne und dadurch verlängert würde. Nach § 67 Abs 1 AFG sei die Dauer der Gewährung von Kug ohnehin auf sechs Monate beschränkt. Zu berücksichtigen sei auch, daß eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist die sonst gegebene materielle Rechtsposition erheblich beeinträchtige und ihrem Wesen nach den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit weitgehend zugunsten des Grundsatzes der formalen Rechtssicherheit zurückdränge.
Es bestünden daher keine Bedenken, die Zeit vom 12. Januar bis 31. März 1982, in der im Betrieb der Klägerin kurzgearbeitet worden sei, als einen Kurzarbeitszeitraum anzusehen. Die Klägerin habe schon in ihrer Anzeige vom 12. Januar 1982 die Beklagte darauf hingewiesen, daß die regelmäßige betriebliche wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung vom 11. Januar bis voraussichtlich 31. März 1982 für ihren Betrieb herabgesetzt werde. Die Beklagte habe die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug für die Zeit vom 12. Januar bis 31. März 1982 anerkannt. Dem Antrag vom 30. Juni 1982 auf Auszahlung des Kug sowie der Beitragszuschüsse sei auch nicht zu entnehmen, daß die Klägerin diese Leistungen gesondert für mehrere Kurzarbeitszeiträume beantragen wollte. Zwar habe sie für die Monate Januar bis März 1982 je eine Abrechnungsliste ihrem Antrag beigefügt; die Erstellung dieser Listen sei aber offensichtlich nur aus abrechnungstechnischen Gründen im Hinblick auf die einzelnen Lohnauszahlungszeiträume erfolgt.
Unerheblich sei, daß die Beklagte die Gewährung von Kug und der Beitragszuschüsse für die Zeit vom 1. bis 31. März 1982 abgelehnt habe. Da aufgrund des Antrages der Klägerin und des Anerkennungsbescheides von einem einheitlichen Kurzarbeitszeitraum bis zum 31. März 1982 ausgegangen werden müsse, beginne die Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG am 1. April 1982 und ende am 30. Juni 1982. Die Klägerin habe mithin die Frist für die Beantragung von Kug nicht versäumt.
Da für den Antrag auf anteilige Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen nach §§ 163 Abs 1, 166 Abs 3 AFG die Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG entsprechend gelte und die Klägerin den Erstattungsantrag gleichzeitig mit dem Kug-Antrag gestellt habe, sei die Frist für die Erhebung des Erstattungsanspruches ebenfalls nicht versäumt. Da auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kug und für die Erstattung der anteiligen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge vorlägen, müsse die Berufung der Klägerin Erfolg haben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die sie wie folgt begründet:
Die Auslegung des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG durch das LSG sei mit dem Sinn und Zweck der Ausschlußfrist nicht vereinbar; denn damit werde die Frist in einem unvertretbaren Maße verlängert. Für eine derart extensive Auslegung ergäben sich auch aus dem Urteil des BSG vom 14. Februar 1978 keine Anhaltspunkte. Das BSG habe das von ihm gefundene Ergebnis selbst damit gerechtfertigt, daß durch seine Auslegung die berechtigten Interessen der Beklagten nicht berührt würden, denn "der Sinn des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die nach längerer Zeit auftreten können, wird durch die hiernach mögliche geringfügige Verlängerung der Antragsfrist nicht beeinträchtigt". Das Berufungsgericht könne sich also für seine ausdehnende Auslegung nicht auf die BSG-Rechtsprechung berufen. Die vom LSG vorgenommene Auslegung sei auch mit Sinn und Zweck der Ausschlußfrist nicht vereinbar. Sie mißachte die vom Gesetzgeber bewußt herbeigeführte zeitliche Nähe der Antragstellung zum Kurzarbeitszeitraum. Die Möglichkeit einer Überprüfung und rechtlichen Beurteilung der tatsächlichen (betrieblichen und persönlichen) Voraussetzungen für die Gewährung von Kug im Kurzarbeitszeitraum werde in Frage gestellt; dies gelte um so mehr, als die Auslegung des LSG bezüglich des Endes des Kug-Bezugszeitraumes eine Begrenzung nicht mehr zulasse. Der Begriff "Kug-Bezugszeitraum", wie ihn das LSG verwende, umfasse keine gesetzlich fixierte Größe. Es wäre sicherlich abwegig, bei einer Bezugszeit von einem Jahr und länger (§ 67 Abs 2 AFG) die Ausschlußfrist erst mit Ablauf des letzten Kalendermonats dieses Zeitraumes beginnen zu lassen.
Aber selbst wenn das LSG die abstrakte Bestimmung des Kug-Bezugszeitraumes auf den Sachverhalt des Rechtsstreits begrenzen wolle, sei es inkonsequent; denn es verurteile die Bundesanstalt zur Gewährung von Kug für die Zeit vom 12. Januar bis 28. Februar 1982 und begrenze damit unausgesprochen den Rechtsstreit auf diese beiden Monate. Wollte es diese Zeit als Kug-Bezugszeitraum verstanden wissen, wäre bei der Antragstellung am 30. Juni 1982 die Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG bereits abgelaufen. Wolle das LSG aber - wofür wiederum die Begründung des Urteils spreche - den Monat März in den Kug-Bezugszeitraum einbeziehen, hätte es auch prüfen müssen (§ 103 SGG), ob für diesen Monat noch ein Anspruch auf Kug bestanden habe. Treffe dies nicht zu - hierfür spreche der eingeschränkte Antrag des Arbeitgebers -, sei es unzulässig, den Monat März in den Kug- Bezugszeitraum einzubeziehen, um damit die Begründung für die Wahrung der Ausschlußfrist zu schaffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 16. März 1984 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 11. August 1983 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, der Auffassung der Beklagten, das LSG habe den Rechtsstreit unausgesprochen auf die Zeit vom 12. Januar bis 28. Februar 1982 begrenzt, könne nicht gefolgt werden. Das LSG habe vielmehr zu Recht den Monat März in den Kug-Bezugszeitraum einbezogen, da dies dem Bewilligungszeitraum entspreche.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind, wie das LSG zutreffend erkannt hat, rechtswidrig. Ihren Arbeitnehmern, deren Rechte die Klägerin als Prozeßstandschafterin geltend macht, steht das begehrte Kug, und ihr selbst stehen die Beitragszuschüsse zur Kranken- und Rentenversicherung zu.
Anspruch auf Kug hat gemäß § 65 Abs 1 Satz 1 AFG, wer 1. nach Beginn des Arbeitsausfalles in einem Betrieb, in dem nach § 64 AFG Kug gewährt wird, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung (§ 168 Abs 1 AFG) ungekündigt fortsetzt oder aus zwingenden Gründen aufnimmt und 2. infolge des Arbeitsausfalles ein vermindertes Arbeitsentgelt oder kein Arbeitsentgelt bezieht. Diese Voraussetzungen sind unter den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht streitig. Ihr Vorliegen folgt auch aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG. Streit besteht lediglich darüber, ob die Klägerin den nach § 72 Abs 2 Satz 1 AFG erforderlichen Antrag rechtzeitig, dh vor Ablauf der Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG, gestellt hat. Dasselbe gilt, soweit sie gemäß §§ 163 Abs 2, 166 Abs 3 AFG die Zahlung von Beitragszuschüssen zur Kranken- und Rentenversicherung der Kurzarbeiter aus eigenem Recht begehrt. Auch hier ist lediglich streitig, ob sie diese Erstattung innerhalb der Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG beantragt hat (§ 163 Abs 2 Satz 4, § 166 Abs 3 AFG).
Wie das LSG zutreffend entschieden hat, hat die Klägerin sowohl den Anspruch auf Kug als auch ihre Erstattungsansprüche rechtzeitig erhoben. Mit ihrem Antrag vom 30. Juni 1982 hat sie die hier maßgebliche Frist eingehalten. Diese Frist hat erst mit Ablauf dieses Tages geendet.
Nach § 72 Abs 2 Satz 4 AFG beträgt die Frist für den Antrag auf Kug und entsprechend für die Anträge auf Erstattung von Beitragszuschüssen drei Monate. Sie beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage, für die Kug beantragt ist, liegen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. Februar 1978 (SozR 4100 § 72 Nr 3) ausgeführt hat, läßt der Wortlaut dieser Regelung zwar die Auffassung zu, daß für den Antrag auf Kug als Voraussetzung des Anspruchs stets für jeden Kalendermonat, in dem Kurzarbeit angefallen war, eine gesonderte Ausschlußfrist von drei Monaten, beginnend mit Ablauf des jeweiligen Kalendermonats, gilt. Diese Auffassung ergibt sich hiernach aber weder zwingend aus dem Wortlaut der Vorschrift noch wird sie ihrem Sinngehalt, insbesondere ihrem Bezug zu anderen Regelungen, noch ihrer Entstehungsgeschichte gerecht, was des Näheren ausgeführt wird. Hiernach sei davon auszugehen, daß für den Anspruch auf Kug für einen bestimmten vorgesehenen Kurzarbeitszeitraum nur ein Antrag erwartet wird. Hieran hält der Senat auch im vorliegenden Falle fest. In seinem früheren Urteil hat er daraus die Schlußfolgerung gezogen, § 72 Abs 2 Satz 4 AFG könne dann bereits seinem Wortlaut nach dahin verstanden werden, daß bei der entsprechenden Fallgestaltung - die Tage, für die Kug beantragt wurde, lagen in zwei aufeinander folgenden Kalendermonaten - für den Fristbeginn lediglich der Ablauf des zweiten Kalendermonats maßgeblich sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält das Urteil keine Einschränkung dahin, die Frist könne nur in Fällen wie dem entschiedenen mit Ablauf des zweiten Monats beginnen. Irrig ist auch ihr Rechtsstandpunkt, das Gesetz lasse eine weitere Ausdehnung des Fristbeginns nicht zu.
Gegen diese Auffassung spricht schon der Wortlaut des § 64 Abs 1 Nr 3 AFG. Hiernach ist zwar der Beginn des Kurzarbeitszeitraumes festgelegt, nicht jedoch sein Ende. Dieses wird lediglich dahin eingegrenzt, daß es nicht vor Ablauf eines zusammenhängenden Zeitraumes von mindestens vier Wochen eintreten kann. Bei einem längeren zusammenhängenden Zeitraum tritt mithin das Ende der Kurzarbeitszeit entsprechend später ein. Der Arbeitgeber hat es in der Hand, für welche Zeit er den Antrag auf Kug stellen will. Er kann damit auch bestimmen, wann die Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 AFG beginnt, nämlich mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage liegen, für die das Kug beantragt ist.
Zwar ist der Beklagten einzuräumen, daß damit der Zweck, der mit der Regelung des § 72 Abs 2 Satz 4 AFG verfolgt wird, nachteilig berührt sein kann. Dieser geht dahin, möglichst Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die nach längerer Zeit auftreten können (vgl BT- Drucks V/2291 S 73 zu § 67 Abs 2). Dies ist jedoch nicht entscheidend. Einmal gehen die Beweisschwierigkeiten zu Lasten des Arbeitgebers (§ 72 Abs 3 AFG); zum anderen sieht es der Gesetzgeber bei den hinsichtlich der Beweislage in etwa gleich gelagerten Ansprüchen auf Mehrkostenzuschuß und Schlechtwettergeld als ausreichend an, wenn innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach Ende der Schlechtwetterperiode ein Leistungsantrag gestellt wird (§ 81 Abs 2 und § 88 Abs 2 AFG). Da die Schlechtwetterzeit fünf Monate dauert (§ 75 Abs 2 Nr 2 AFG) und die übliche Bezugsfrist für das Kug sechs Monate umfaßt, widerspricht eine Ausdehnung der Frist für den Antrag auf Kug nicht den Intentionen des Gesetzgebers, zumal da diese letztlich auf eine Verwaltungsvereinfachung hinauslaufen. Dieser ist aber eher damit gedient, wenn der Arbeitgeber das Kug und die Beitragszuschüsse für einen längeren Zeitraum auf einmal beantragt, als wenn er mehrere Anträge zu unterschiedlichen Zeiten stellt. Der Einwand der Beklagten, durch die Ausdehnung der Kurzarbeitsperiode über einen längeren Zeitraum werde die Möglichkeit einer Überprüfung und rechtlichen Beurteilung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug in Frage gestellt, überzeugt daher nicht. Gegen ihn spricht auch, daß das Kug erst gewährt werden darf, wenn der Arbeitsausfall angezeigt worden ist und darüber hinaus vorab geprüft werden muß, ob die Voraussetzungen nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG vorliegen. Auch insoweit besteht eine Schutzvorkehrung gegen die mißbräuchliche Inanspruchnahme des Kug.
Zum anderen kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Frist für die Beantragung des Kug und der Beitragszuschüsse eine Ausschlußfrist darstellt mit der Folge, daß bei ihrer Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann (§ 27 Abs 5 SGB 10). Damit wird, wie das LSG zutreffend erkannt hat, der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zugunsten des Grundsatzes der formalen Rechtssicherheit zurückgedrängt. Der Senat folgt der Auffassung des LSG, daß bei dieser Interessenlage der Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Eintritt der Ausschlußfrist klar und eindeutig bestimmen muß. Fehlt es daran, wie im vorliegenden Falle, dann gebietet es der Grundsatz der Rechtssicherheit, diejenige Auslegung zu wählen, die den Antragsteller in seiner materiellen Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigt. Damit wird auch dem Zweck des Gesetzes entsprochen, der in § 63 Abs 1 Satz 1 AFG zum Ausdruck kommt, nämlich durch die Gewährung von Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer zu erhalten.
Gegen die Auffassung der Beklagten spricht weiter, daß hierdurch bestimmte Lohnabrechnungszeiträume innerhalb der Bezugsfrist des § 67 AFG geschaffen würden, was offensichtlich nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt ist. Er hat die bisherige Regelung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG), das fest begrenzte Zeiträume (Doppelwoche, vier Wochen oder einen Monat) vorsah, für die die Lohnausfallvergütung gewährt wurde und beantragt werden mußte (§ 188 Abs 2, § 122 AVAVG), nicht übernommen. Dagegen wird bei der Anspruchsberechtigung für Schlechtwettergeld (SWG), das eine Spezialform des Kug ist (Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, vor § 63 RdNr 10), auf Lohnabrechnungszeiträume abgestellt (§ 85 Abs 3 AFG). Es hätte daher nahegelegen, daß der Gesetzgeber eine entsprechende Verweisung vorgenommen hätte, wenn er diese Regelung auch für das Kug gewollt hätte. Noch deutlicher kommt dies durch die Einfügung des Absatzes 2a in § 65 AFG durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) zum Ausdruck. Hiernach besteht Anspruch auf Kug nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in dem nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG maßgeblichen Zeitraum die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten. Damit soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks 9/846) eine Saldierung von Ausfallstunden und Überstunden des einzelnen Arbeitnehmers in der Kurzarbeitsperiode nach dem Vorbild der Schlechtwettergeldregelung (§ 85 Abs 3 AFG) vorgeschrieben werden. Hier wird also, was nahegelegen hätte, die Regelung des § 85 Abs 3 AFG nicht übernommen, soweit sie auf Lohnabrechnungszeiträume abstellt. Maßgebend soll vielmehr die Kurzarbeitsperiode sein.
Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, das LSG sei inkonsequent, wenn es unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung die Beklagte zur Gewährung von Kug für die Zeit vom 12. Januar bis 28. Februar 1982 verurteile. Die Beklagte übersieht, daß das LSG nach seinen tatsächlichen Feststellungen davon ausgegangen ist, daß im Betrieb der Klägerin vom 12. Januar bis 31. März 1982 kurzgearbeitet wurde, und daß die Klägerin für diesen Zeitraum die begehrten Leistungen beantragt hat. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebunden, da in bezug auf sie zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden sind. Ihre Behauptung, die Klägerin habe für den Monat März kein Kug beantragt, hält die Beklagte nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht.
Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG ist für die Entscheidung über die Revision davon auszugehen, daß die Klägerin am 30. Juni 1982 beantragt hat, für den Zeitraum, der die Monate Januar, Februar und März 1982 erfaßt, das Kug und die Beitragszuschüsse zu zahlen. Dies hat, wie das LSG richtig erkannt hat, in rechtlicher Hinsicht die Konsequenz, daß der Antrag rechtzeitig gestellt ist. Der § 72 Abs 2 Satz 4 Halbsatz 2 AFG bestimmt ausdrücklich, daß die Frist mit Ablauf des Kalendermonats beginnt, in dem die Tage, für die das Kug beantragt ist, liegen. Das war hier der März 1982. Unerheblich ist, daß für diesen Monat der Antrag abgelehnt worden ist. Es kommt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für die Fristwahrung nicht darauf an, wie über den Antrag entschieden wird, sondern allein darauf, daß er gestellt wurde. Das muß jedenfalls dann gelten, wenn mit dem Antrag Leistungen beansprucht werden, für die das Vorliegen der Voraussetzungen nach §§ 63 und 64 Abs 1 AFG für den betreffenden Zeitraum anerkannt ist und wenn, wie das nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hier der Fall ist, für den Kalendermonat, dessen Ablauf für den Beginn der Ausschlußfrist maßgebend ist, Kug und Beitragszuschüsse geltend gemacht werden.
Dies hat allerdings auch zur Folge, daß die betrieblichen Voraussetzungen des § 64 Abs 1 Nr 3 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des AFKG für den Zeitraum vom 12. Januar bis 31. März 1982 vorgelegen haben müssen. In diesem Zeitraum muß also für mindestens ein Drittel der in dem Betrieb der Klägerin tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils mehr als 10 vH der Arbeitszeit nach § 69 AFG ausgefallen sein und außerdem die gesamte Arbeitszeit der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 3 vH niedriger gewesen sein als die Arbeitszeit nach § 69 AFG. Arbeitszeit iS der Vorschriften über das Kug ist hiernach die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet. Diese Voraussetzungen sind gleichfalls eine Schranke gegen die mißbräuchliche Verlängerung der Antragsfrist. Der Sinn des § 64 Abs 1 Nr 3 AFG ist es, geringfügige Beschäftigungsrisiken nicht der Beklagten aufzuerlegen, sondern dem jeweiligen Arbeitgeber (BT-Drucks 9/846 zu Art 1 Satz 1 Nr 21 - § 64 AFG -). Hiernach richtet sich die Frage, welche Beschäftigung als geringfügig anzusehen ist, ua danach, ob in dem Zeitraum, für den Kug geltend gemacht wird, ein bestimmter Prozentsatz an Arbeitsausfall eingetreten ist. Der Arbeitgeber läuft daher Gefahr, daß er die Voraussetzungen des § 64 Abs 1 Nr 3 AFG nicht erfüllt, wenn vor der Antragstellung längere Zeit keine Kurzarbeit angefallen ist.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, daß für mindestens ein Drittel der Belegschaft der Klägerin, soweit sie aus Arbeitnehmern besteht, die nicht zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, jeweils mehr als 10 vH der betriebsüblichen Arbeitszeit gemäß § 69 AFG ausgefallen ist. Auch die gesamte Arbeitszeit der in dem Betrieb der Klägerin tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer war, soweit diese mitzuzählen sind, in der Zeit vom 12. Januar bis 31. März 1982 mehr als 3 vH niedriger als die Summe der Arbeitszeit gemäß § 69 AFG aller in dem hier maßgeblichen Zeitraum tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer.
Die Revision muß daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen