Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme von Bescheiden in der knappschaftlichen RV
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach SGG § 77 werden nur solche Verwaltungsakte bindend, die auf einem Verwaltungsakten gesetzlich geregelt ist; soweit es an einer gesetzlichen Regelung des Rücknahmerechts fehlt, können rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte allgemein mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden.
2. Der dem Versicherten in RKG § 137 S 2 ausdrücklich zugebilligte Vertrauensschutz läßt die rückwirkende Aufhebung eines Bescheides, in dem der Träger der Knappschaftsversicherung zu Unrecht anerkannt hat, für die Durchführung der RV zuständig zu sein, selbst dann nicht zu, wenn der Bescheid den Rentenversicherungsträgern, in deren Rechtssphäre er eingreift, nicht bekannt geworden ist.
Normenkette
SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; RKG § 137 S. 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 09.12.1965) |
SG Köln (Entscheidung vom 31.10.1962) |
Tenor
Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3) bis 59) sowie die Anschlußrevision der Beigeladenen zu 2) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Dezember 1965 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Revisionsinstanz sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin ist eine seit 1920 bestehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter je zur Hälfte einige Braunkohlenbergwerksgesellschaften einerseits und die A S u. Co. Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft der Industriegewerkschaft Bergbau mbH andererseits sind. Gegenstand und Zweck des Unternehmens sind nach dem Gesellschaftsvertrag die Einrichtung und Verwaltung sowie Förderung und Betreuung des Baues von Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues für Wohnungsberechtigte im Kohlenbergbau (R Braunkohlenrevier), insbesondere die Errichtung und verwaltungsmäßige und finanzielle Betreuung und Förderung von Eigenheimen und Kleinsiedlerstellen und von Eigentumswohnungen sowie die Durchführung und Förderung auch sonstiger Wohnungsbaumaßnahmen im R Braunkohlenrevier im Rahmen der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Gegenstand und Zweck der Gesellschaft sind ferner die Verwaltung des Bergmannssiedlungsvermögens nach den Bestimmungen des Bergmannssiedlungsgesetzes.
Auf Antrag des Betriebsrats der Klägerin wurden deren Arbeitnehmer im Einverständnis mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse bei der B Knappschaft, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vom 1. Juni 1950 an knappschaftlich versichert. Auf Veranlassung des Bundesversicherungsamts (BVA) stellte die Knappschaft mit Bescheid an die Klägerin vom 29. September 1958 fest, daß die im Betrieb der Klägerin beschäftigten Arbeiter und Angestellten vom 1. Juni 1957 an nicht mehr der Versicherungspflicht nach dem Reichsknappschaftsgesetz (RKG) unterliegen. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, ihre Arbeitnehmer seien zu Recht knappschaftlich versichert, zumindest aber könne die knappschaftliche Versicherung nicht rückwirkend beseitigt werden, wurde zurückgewiesen.
In dem nachfolgenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Köln die Beigeladenen zu 1) - 59) beigeladen und mit Urteil vom 31. Oktober 1962 die angefochtenen Bescheide der B Knappschaft insoweit aufgehoben, als sie die Zeit bis zur Zustellung des Bescheides vom 29. September 1958 betreffen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht, die Überführung der Arbeitnehmer der Klägerin in die knappschaftliche Versicherung im Jahre 1950 sei ein begünstigender Verwaltungsakt gewesen, durch den diese Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch erworben hätten, dessen rückwirkende Beseitigung wegen der Bindungswirkung aus § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unzulässig sei. Demgegenüber greife für die Folgezeit der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Platz, da die Entscheidung aus dem Jahre 1950 zu Unrecht ergangen sei und den betroffenen Arbeitnehmern kein rechtlicher Nachteil entstehe, wenn sie nunmehr Beiträge an den für sie zuständigen Versicherungsträger entrichteten.
Auf die von der Klägerin und den beigeladenen Arbeitnehmern eingelegten Berufungen hat das Landessozialgericht (LSG) noch die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) K und die Bundesrepublik Deutschland beigeladen. Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat Anschlußberufung eingelegt. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 3) - 59) erstreben eine Fortsetzung der knappschaftlichen Versicherung für die Zeit vom 1. Oktober 1958 ab; die BfA begehrt die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Das LSG hat mit Urteil vom 9. Dezember 1965 die Berufungen und die Anschlußberufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Das LSG ist der Ansicht, die beigeladene Bundesrepublik Deutschland werde in diesem Verfahren nicht durch den Präsidenten des Bundesversicherungsamts, sondern durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vertreten. Jedoch sei in einem Schreiben des BMA vom 24. November 1965 eine hinreichende Vollmacht für den Präsidenten des BVA zu erblicken.
Zur streitigen Sachfrage führt das LSG aus, für die knappschaftliche Versicherung der Arbeitnehmer der Klägerin bestehe keine gesetzliche Grundlage. Jedoch sei eine rückwirkende Änderung der Versicherung für die Zeit vor dem 1. Oktober 1958 nicht zulässig. Aus § 194 RKG ergebe sich das Recht der Knappschaft, durch formlosen Verwaltungsakt die knappschaftliche Versicherungspflicht einer Person festzustellen, wobei auch über die Vorfrage mit zu entscheiden sei, ob der Versicherte in einem knappschaftlichen Betrieb arbeitet. Wenn auch dieser Verwaltungsakt nur gegenüber dem Versicherten und seinem Arbeitgeber ergehen könne, so seien die übrigen Versicherungsträger doch an ihn gebunden; es sei nämlich Sinn und Zweck der Entscheidungsbefugnis nach § 194 RKG, Klarheit über die Streit- oder Zweifelsfragen des Versicherungsverhältnisses herbeizuführen. Zwar sei der Verwaltungsakt vor Inkrafttreten des SGG erlassen worden, jedoch sei § 77 SGG seit dem 1. Januar 1954 hierauf anzuwenden. Die in dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 1958 enthaltene Beanstandung der Beiträge sei rechtswidrig. Aus § 137 Satz 2 RKG ergebe sich, daß der Versicherungsträger Beiträge nicht beanstanden dürfe, wenn er vorher die Gültigkeit des Versicherungsverhältnisses festgestellt habe. Aus § 137 RKG ergebe sich aber auch, daß der Versicherungsträger nicht für alle Zeit an die einmal getroffene Feststellung gebunden sei. Für Zeiträume, für die er ausdrücklich festgestellt habe, daß er nicht der zuständige Versicherungsträger sei, habe er nach § 135 RKG das Recht und die Pflicht, die dennoch an ihn abgeführten Beiträge zu beanstanden und an den zuständigen Versicherungsträger zu überweisen. Für die Zukunft könne also die Knappschaft eine nach § 194 RKG getroffene Feststellung über ihre Zuständigkeit widerrufen. Insoweit sei die Bindungswirkung des § 77 SGG durch die in den §§ 135, 137 RKG enthaltene gesetzliche Regelung eingeschränkt.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Gegen das Urteil haben die Klägerin und die Beigeladenen zu 3) - 59) Revision eingelegt. Sie machen geltend, bei der Überführung in die knappschaftliche Versicherung im Jahre 1950 handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, an den die Beklagte nach § 77 SGG auch für die Zukunft gebunden sei; demgemäß verblieben die beigeladenen Arbeitnehmer für die Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Betrieb der Klägerin in der knappschaftlichen Versicherung. Die Beigeladene zu 2) müsse das Einverständnis der AOK als Einzugsstelle gegen sich gelten lassen; sie habe es jahrelang in Kauf genommen, daß die Beiträge der Angestellten nicht mehr an sie abgeführt wurden und damit das Recht verwirkt, selbständig dagegen vorzugehen.
Schließlich habe die Beklagte im Laufe des Revisionsverfahrens den beigeladenen Arbeitnehmern Ausweise über ihre Versicherungsnummer in den gesetzlichen Rentenversicherungen ausgestellt. Durch diesen neuen Verwaltungsakt sei die Mitgliedschaft in der knappschaftlichen Rentenversicherung bestätigt worden.
Die Klägerin und die Beigeladenen zu 3) - 59) beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu entscheiden,
hilfsweise,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beigeladene zu 2) hat Anschlußrevision eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei berechtigt gewesen, die mit ihrer Zustimmung angetretene knappschaftliche Versicherung der beigeladenen Arbeitnehmer der Klägerin rückwirkend vom 1. Juni 1957 an zu beenden. Obwohl die Gesetze der Rentenversicherung seit jeher eine dem § 137 RKG entsprechende Vorschrift über die Bindung der Versicherungsträger an ihre Anerkenntnisse enthielten, habe bereits das Reichsversicherungsamt (RVA) entschieden, daß Beiträge, die von einem Versicherten zur falschen Versicherung entrichtet wurden, auch dann beanstandet werden können, wenn der Versicherungsträger die Beiträge vorher ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt habe. Bei § 135 RKG handele es sich um eine Sondervorschrift, die derartige Fehlversicherungen abschließend regele, und deren Anwendung nicht durch andere Bestimmungen von allgemeiner Bedeutung ausgeschlossen werde. Die Vorschrift des § 137 RKG sei auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil durch die Beanstandung kein Rentenanspruch "abgelehnt" werde. Allenfalls könne ein Wechsel des für die Feststellung und Zahlung zuständigen Versicherungsträgers eintreten, insoweit genieße der Versicherte jedoch keinen Schutz. Auch binde das Anerkenntnis der Beklagten über das Versicherungsverhältnis nicht die anderen in Betracht kommenden Versicherungsträger; das wäre mit der gleichrangigen Position aller Versicherungsträger als Körperschaften des öffentlichen Rechts unvereinbar. Die Bindungswirkung des Anerkenntnisses im Sinne des § 137 RKG könne daher immer nur die Versicherungspflicht als solche betreffen, während nachträglich festgestellte Fehler in der Versicherungszugehörigkeit regelmäßig im Rahmen des § 135 RKG zu berichtigen seien, ohne daß hierdurch ein Verlust von Beiträgen eintreten könne. Schließlich gebe auch § 77 SGG derartigen Verwaltungsakten keine Bindungswirkung gegenüber anderen Trägern hoheitlicher Gewalt und könne außerdem nicht für Verwaltungsakte aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten gelten. Sie, die Beigeladene zu 2), sei erst durch ihre Beiladung zu diesem Rechtsstreit im Jahre 1959 auf die Fehlversicherung und den Änderungsbescheid der Beklagten hingewiesen worden; sie habe sich sofort gegen diese Fehlversicherung gewandt.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
unter Zurückweisung der klägerischen Revision das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Berufung der beigeladenen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zurückweist und das Urteil des Sozialgerichts dahin abzuändern, daß die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
Die Klägerin und die Beigeladenen zu 3) - 59) beantragen,
die Anschlußrevision der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen und die Anschlußrevision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. In der Annahme von Beiträgen liege nur ein schlichtes Verwaltungshandeln, das nicht die Merkmale eines Verwaltungsaktes und demgemäß auch nicht die Wirkungen aus § 77 SGG habe. Aber auch ein nach § 77 SGG bindender Verwaltungsakt hätte - jedenfalls mit Wirkung vom 1. Oktober 1958 ab - beseitigt werden können.
Für die Beigeladene zu 61) trägt der Präsident des BVA vor, die Bundesrepublik Deutschland werde in dieser Sache von ihm aus eigenem Recht vertreten, ohne daß es dazu einer Zwischenschaltung und einer Vollmacht des BMA bedürfe. Zur Sachfrage ist er der Meinung, § 77 SGG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Änderung der Versicherungszugehörigkeit rechtfertige sich ua schon aus dem Wegfall des § 1 Abs. 2 RKG aF, wonach auch die für mehrere knappschaftliche Betriebe, d.h. für Mitgliedsunternehmen, tätigen Arbeitnehmer knappschaftlich versichert worden wären. Auf Grund dieser Bestimmung seien im Jahre 1950 die Arbeitnehmer der Klägerin in die knappschaftliche Versicherung aufgenommen worden; diese Vorschrift gelte seit dem 1. Juni 1957 nicht mehr. Damit sei auch ein etwa vorliegendes Anerkenntnis der Beklagten hinfällig geworden.
II
Revisionen und Anschlußrevision sind nicht begründet.
Die Vertretungsbefugnis des Präsidenten des BVA für die Beigeladene zu 61) kann nach dem Schreiben des BMA vom 24. November 1965 im vorliegenden Rechtsstreit nicht zweifelhaft sein; es kann daher dahingestellt bleiben, ob er die Beigeladene auch ohne diesen Vertretungsauftrag aus eigenem Recht vertreten könnte.
Das Unternehmen der Klägerin ist kein knappschaftlicher Betrieb im Sinne des § 2 RKG, insbesondere auch - was allein in Frage kommen könnte - keine "Betriebsanstalt oder Gewerbsanlage", die als Nebenbetrieb eines knappschaftlichen Betriebes mit diesem räumlich und betrieblich zusammenhängt. Auch zählen die Arbeitnehmer der Klägerin nicht zu dem in § 1 Abs. 1 Nr. 2 RKG bezeichneten Personenkreis. Ihre knappschaftliche Versicherung war auch nicht etwa nach § 1 Abs. 2 RKG in der bis zum 31. Mai 1957 geltenden Fassung gerechtfertigt. Diese Vorschrift enthält keine Ausdehnung der knappschaftlichen Versicherungspflicht auf Arbeitnehmer bei Unternehmen von der Art der Klägerin, sondern eine Bestimmung des in § 1 Abs. 1 RKG verwandten Arbeitnehmerbegriffs. Sie hat insofern einschränkenden Charakter, als sie die ausschließliche oder überwiegende Beschäftigung der Arbeitnehmer für knappschaftliche Betriebe verlangt; maßgebend bleibt aber nach Abs. 1, daß es sich überhaupt um Arbeitnehmer in knappschaftlichen Betrieben (im Sinne des § 2 RKG) handelt. Die Überführung der Arbeitnehmer der Klägerin in die knappschaftliche Versicherung im Jahre 1950 ist daher zu Unrecht erfolgt.
Demgemäß bleibt zu prüfen, ob die Überführung der Belegschaft der Klägerin in die knappschaftliche Versicherung im Jahre 1950 als bindender Verwaltungsakt ein Verbleiben der Arbeitnehmer in dieser Versicherung in der Zeit vom 1. Juni 1957 bis zum 1. Oktober 1958 oder auch noch darüber hinaus rechtfertigt. Entgegen der Auffassung der Vordergerichte ist dieser Verwaltungsakt nicht nach § 77 SGG bindend geworden. Abgesehen von den möglichen Folgerungen, die sich daraus ergeben könnten, daß er vor dem Inkrafttreten des SGG ergangen ist, und abgesehen davon, daß er unmittelbar belastend in die Rechtssphäre anderer Versicherungsträger eingreift, die ihn möglicherweise noch anfechten konnten und nach Kenntnisnahme auch angefochten haben, bestimmt § 77 SGG, daß ein Verwaltungsakt, wenn der gegen ihn gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, für die Beteiligten in der Sache bindend ist, "soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist". Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. Juli 1969 - 5 RKn 16/66 - (SozR Nr. 63 zu § 77 SGG) ausgeführt hat, muß diese Vorschrift dahin ausgelegt werden, daß die Bindungswirkung nur insoweit eintritt, als das Rücknahmerecht für bestimmte Rechtsgebiete oder Teilrechtsgebiete überhaupt gesetzlich geregelt ist und diese Regelung für den zu entscheidenden Fall keine Rücknahmeermächtigung enthält. Die Sperrwirkung kann dagegen nicht diejenigen Rechtsgebiete oder Teilrechtsgebiete erfassen, für die das Rücknahmerecht überhaupt nicht geregelt worden ist und die der Gesetzgeber bei der getroffenen Regelung des § 77 SGG daher nicht in seinem Blickfeld gehabt haben kann (vgl. BSG 20, 293, 295, 296 und 21, 88, 90, 91). Unter die im VI. Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter "A. Feststellung der Leistungen" in § 1744 geregelte Möglichkeit einer Berichtigung von Bescheiden, die nach § 197 RKG auch für Bescheide der Knappschaften gilt, fällt der Verwaltungsakt aus dem Jahre 1950 nicht, weil durch ihn keine Leistung gewährt wird. Es handelt sich um eine Anerkennung der Versicherungsberechtigung nach § 137 Satz 2 RKG. Da die Regelungen der Knappschaftsversicherung im ganzen für den Versicherten günstiger als die Regelungen der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten sind, ist § 137 Satz 2 RKG dahin auszulegen, daß ein Träger der knappschaftlichen Versicherung, der die Versicherungsberechtigung zu diesem Versicherungszweig anerkannt hat, einen Rentenanspruch aus der Knappschaftlichen Versicherung nicht mit der Begründung ablehnen kann, die Anerkennung sei zu Unrecht erfolgt und demgemäß für die Feststellung der sich aus den erbrachten Beiträgen ergebenden Rentenansprüche ein nichtknappschaftlicher Versicherungsträger zuständig. Im vorliegenden Fall ist zwar noch nicht über die Gewährung einer Rente zu befinden, doch ist der Fall, daß der knappschaftliche Versicherungsträger in einem Bescheid zu erkennen gibt, daß er einen späteren Rentenanspruch aus der knappschaftlichen Versicherung aus solchen Beiträgen ablehnen wird, ebenso wie der in § 137 Satz 2 RKG geregelte Fall zu behandeln. Für solche Verwaltungsakte ist das Rücknahmerecht aber nicht geregelt. Die insoweit vorliegende Gesetzeslücke ist zu schließen, wobei sich, da die RVO keine Rücknahmevorschriften für ähnliche Fälle enthält, die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte anbieten. Diese gebieten die Rücknahme dieses rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes mit Wirkung von der Zustellung des Rücknahmebescheids an (vgl. dazu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, I. Band, 7. Aufl., S. 239 und 248). Von der ex-nunc-Wirkung der Rücknahme kann im vorliegenden Fall auch nicht etwa zu Ungunsten der Versicherten eine ex-tunc-Wirkung mit der Begründung angenommen werden, der begünstigende Verwaltungsakt sei den anderen betroffenen Versicherungsträgern nicht bekannt geworden und daher sei sein Inhalt ihnen gegenüber noch nicht sachlich bindend geworden. § 137 Satz 2 RKG stellt den Schutz des Vertrauens sicher, das ein Versicherter einem derartigen Anerkenntnis gegenüber hinsichtlich der Anrechnung knappschaftlicher Beiträge auf eine Rente aus dieser Versicherung haben kann. Wenn der Verwaltungsakt ohne Wissen des oder der unmittelbar Begünstigten nicht allen Beteiligten bekannt geworden war, dann läßt es der von allen Beteiligten zu beachtende Vertrauensschutz nicht zu, daß das bestehende Anfechtungsrecht der anderen Versicherungsträger, in deren Rechtssphäre das von der Beklagten abgegebene Anerkenntnis belastend eingreift, Beiträge berührt, die in gutem Glauben an das Anerkenntnis der knappschaftlichen Versicherungsberechtigung erbracht worden sind. Das hat für den vorliegenden Fall zur Folge, daß die im Bescheid vom 29. September 1958 erfolgte Rücknahme des im Jahre 1950 zum Ausdruck gebrachten Anerkenntnisses durch die Beklagte dieses Anerkenntnis nur ex nunc zum Erlöschen bringt. Die beigeladenen Arbeitnehmer haben daher erst für die Zeit nach Zustellung des Bescheids vom 29. September 1958 keinen Anspruch mehr auf weitere Zugehörigkeit zur knappschaftlichen Versicherung.
Soweit die Revisionskläger nunmehr ihr Klagebegehren auch auf die während des Verfahrens erfolgte Zuteilung von Versicherungsnummern an Arbeitnehmer der Klägerin durch die Beklagte stützen wollen, kann diesem Vorbringen keine Bedeutung für die hier zu treffende Entscheidung beigemessen werden. Es bedarf hierzu keiner Erörterung, ob und inwieweit dieses neue tatsächliche Vorbringen in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist; jedenfalls kann eine solche Maßnahme nicht als Anerkenntnis oder Bestätigung der knappschaftlichen Versicherungspflicht angesehen werden. Nach § 135 Abs. 1 Satz 2 RKG (entspr. § 142 Abs. 1 Satz 2 RVO, § 143 Abs. 1 Satz 2 AVG) sind bei Streit über die Versicherungszugehörigkeit bis zur Entscheidung die Beiträge an den bisherigen Versicherungsträger zu entrichten. Aus rein technischen Maßnahmen, die der bisherige Versicherungsträger während dieser Zeit auf Grund seiner vorläufigen Zuständigkeit trifft, können keine Schlüsse auf die ja gerade im Streit befindliche Zugehörigkeit gezogen werden.
Da somit die vorinstanzlichen Urteile im Ergebnis nicht zu beanstanden sind, waren die eingelegten Revisionen und die Anschlußrevision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zu einer - von der Beklagten angeregten - Anwendung des § 192 SGG sah der Senat keinen Anlaß.
Fundstellen