Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit, zu der ein Versicherter umgeschult worden ist, die er aber nicht ausgeübt hat, kann bei der Bestimmung des Hauptberufs nicht berücksichtigt werden.
2. Auf eine Tätigkeit, zu der der Versicherte umgeschult worden ist, kann er nur dann verwiesen werden, wenn die Umschulung erfolgreich war, wenn der Versicherte gesundheitlich in der Lage ist, diese Tätigkeit auszuüben, und wenn es sich um eine im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten handelt.
3. Die Tätigkeit eines angelernten Schweißers ist eine der Hauertätigkeiten im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben.
Normenkette
RKG § 45 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-05-21, Abs. 2 Fassung: 1957-05-21
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 1967 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist, ob der Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 1960 bis 31. Mai 1966 Anspruch auf Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nach § 45 Abs.1 Nr. 1 und Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) hat.
Der im Jahre 1929 geborene Kläger war vom 27. Oktober 1948 bis zum 30. November 1951 als Schichtlohnschlepper, Gedingeschlepper und Lehrhauer und vom 1. Dezember 1951 bis 31. Dezember 1957 als Hauer tätig. Er mußte die Untertagetätigkeit wegen einer beginnenden Staublungenerkrankung aufgeben. Die Bergbau-Berufsgenossenschaft (BBG) ließ ihn in der Zeit vom 1. Januar 1958 bis zum 2. April 1958 in der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Duisburg auf den Beruf des Schweißers umschulen. Er bestand die Prüfungen als Autogen-Rohrschweißer nach DIN 2471 Gruppe und Untergruppe Ia und als Lichtbogenschweißer nach DIN 4100 (Vorschriften für geschweißte Stahlhochbauten). Nach der Umschulung nahm der Kläger jedoch keine Tätigkeit als Schweißer auf, er arbeitete vielmehr vom 3. April 1958 bis zum 30. Juni 1960 als Platzarbeiter, vom 1. Juli 1960 bis zum 30. November 1960 als angelernter Heildiener und vom 1. Dezember 1960 bis 30. Juni 1966 als Heildiener. Seit dem 1. Juli 1966 ist er Heilgehilfe im Angestelltenverhältnis.
Mit Bescheid vom 12. Mai 1960 lehnte die Beklagte einen vom Kläger am 17. März 1958 gestellten Antrag auf Rente ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Im nachfolgenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Duisburg die Beklagte, dem Antrag des Klägers entsprechend, verurteilt, eine Rente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG ab 1. März 1958 zu zahlen (Urteil vom 21. Februar 1963). Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 6. Juli 1967 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verpflichtung zur Gewährung der Bergmannsrente mit dem 31. Mai 1966 ende. Der Kläger hatte im Berufungsverfahren seinen Antrag auf Gewährung von Bergmannsrente auf die Zeit bis zum 31. Mai 1966 beschränkt.
Zur Begründung seines Urteils führt das LSG aus, der Kläger könne im Rahmen des § 45 Abs. 2 RKG nur auf qualifizierte Übertagearbeiten verwiesen werden. Die Umschulung zum Schweißer habe nicht zur Folge, daß er einem Facharbeiter (gelernten Handwerker) gleichgestellt oder annähernd gleichgestellt werden könne, er müsse vielmehr als Angelernter gelten. Es sei zwar richtig, daß ein zum Schweißer umgeschulter auch als gelernter Facharbeiter gelten könne, wenn er praktisch als Schweißer gearbeitet und einen weiteren Lehrgang mitgemacht habe. Der Kläger könne aber nicht so behandelt werden, als habe er in der dafür durchschnittlich erforderlichen Zeit den Status eines gelernten Schweißers erreicht, denn eine solche hypothetische Berufsentwicklung müsse außer Betracht bleiben. Es komme daher auch nicht darauf an, ob der Kläger wegen der Sehschwäche des linken Auges berechtigt gewesen sei, den Einsatz als Schweißer abzulehnen. Wenn ein angelernter Schweißer einen tariflichen Zuschlag von 10% gegenüber anderen angelernten Handwerkern erhalte, so könne daraus nicht geschlossen werden, daß der angelernte Schweißer in seiner Qualifikation wesentlich über den sonstigen angelernten Handwerkern stehe, zumal der Sachverständige erklärt habe, diese Zulage werde wegen der Qualität der Arbeit, wegen der damit verbundenen Verantwortung (Vertrauenszulage der Zuverlässigkeit) und wegen der mit der Arbeit verbundenen Gefahr gewährt. Wenn auch die Tätigkeit des angelernten Schweißers bei Mitberücksichtigung der Zulage von 10%, der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sei, so sei es doch keine Tätigkeit, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Hauers in knappschaftlich versicherten Betrieben ausgeführt würde. Die Bergmannsrente sei, wie schon ihr Name besage, und wie sich weiter aus dem Begriff der "verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit" ergebe, an dem Berufsbild des Bergmanns ausgerichtet. Den weitesten Verweisungsschutz müsse daher der Hauer genießen. Eine dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht werdende Auslegung des Begriffs "Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG könne daher nicht durch eine isolierte Betrachtung dieses Tatbestandsmerkmals, sondern nur durch eine gebührende Berücksichtigung des Charakters der Bergmannsrente als der Rente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit gewonnen werden. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.
Die Beklagte rügt mit der von ihr eingelegten Revision die unrichtige Anwendung des § 45 Abs. 2 RKG. Nach den in der Zeit vom 1. Oktober 1960 bis zum 31. Mai 1966 gültig gewesenen Lohnordnungen für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau habe der tarifliche Schichtlohn des angelernten Schweißers (Lohngruppe II über Tage) einschließlich des tariflichen Zuschlags von 10%, regelmäßig über dem Lohn der Lohngruppe I unter Tage gelegen, so daß eine im wesentlichen wirtschaftliche Gleichwertigkeit gegeben sei. Die Tätigkeit des angelernten Schweißers sei auch gegenüber dem Hauer eine "Arbeit von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" im Sinne von § 45 Abs. 2 RKG. Man könne in der Regel davon ausgehen, daß Tätigkeiten, die einander im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig seien, auch von Personen mit den wesentlichen gleichwertigen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten verrichtet werden. Das gelte nur dann nicht, wenn die lohnmäßige Heraushebung der Verweisungstätigkeit nicht auf der Würdigung der dafür erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern auf anderen Gründen, z.B. der Gefährlichkeit der Arbeit, besonderer Verschmutzung oder Nässe beruhe. Derartige Arbeitserschwernisse seien aber bei der Schweißertätigkeit nicht so groß, daß sie im wesentlichen Maße für die tarifliche Einstufung maßgebend seien. Zwar ergebe sich aus der Niederschrift über die Verhandlungen vom 13. April 1929 zwischen der Unternehmensvertretung mit den Bergarbeiterverbänden betreffs Neufestsetzung der Lohnordnung, daß für die Schweißer wegen der Gefährlichkeit der Arbeit eine besondere Erhöhung des Lohnes um 10% wünschenswert wäre. Andererseits besage das Protokoll aber auch, die Forderung ergebe sich daraus, daß die Schweißer eine besondere schwierige Arbeit hätten. Die Zulage von 10% sei auf Grund eines Schiedsspruches der Schlichterkammer für den Bezirk Westfalen vom 22. April 1929, dem von den Tarifparteien offenbar zugestimmt worden sei, mit der am 1. Mai 1929 gültigen Lohnordnung für das rheinisch-westfälische Steinkohlenrevier eingeführt worden. Es habe sich um eine besondere Aufwertung gegenüber anderen Handwerkertätigkeiten gehandelt, wie auch aus einem in einer anderen Sache an das LSG gerichteten Schreiben des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau vom 20. April 1965 entnommen werden könne. Danach sei die im Schiedsspruch vorgesehene Zulage lediglich in einer Fußnote vermerkt worden, um eine neue Lohnordnungsnummer und damit Verschiebungen innerhalb der übrigen Positionen der Lohnordnung zu vermeiden. Nach den Ausführungen des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau sei wegen verschiedentlich aufgetretener Zweifel über den rechtlichen Charakter der 10%igen Zulage für Schweißer durch eine Neuformulierung der betreffenden Anmerkung in der ab 1. September 1954 gültigen Lohnordnung klargestellt worden, daß es sich bei der Zulage um eine Erhöhung des Tarifschichtlohnes handelt, der nur zur Vermeidung weiterer Lohngruppen in Prozent ausgedrückt worden sei. Der Unternehmensverband sei nicht der Ansicht, daß diese Zulage heute noch im wesentlichen wegen der Gefährlichkeit der Arbeit erfolge. Dies entspreche auch der allgemein bekannten Tatsache, daß sich die Arbeitsverfahren ständig verbessert haben und damit auch die Gefährlichkeit von Schweißarbeiten geringer geworden sei. Schließlich müsse auch beachtet werden, daß der Schichtlohn auch bei Bleilötern und Kessel-Kupferschmieden um 10% erhöht werde. Bei der Umschulung habe es sich um eine gedrängte Ausbildung in einer Spezialausbildungsstätte gehandelt, welche in verhältnismäßig kurzer Zeit Kenntnisse vermittelt habe, deren Aneignung bei einer betrieblichen Anlernung und Einweisung eine wesentlich längere Zeit in Anspruch genommen hätte.
Aus dem Ziel und Zweck der von einem Sozialversicherungsträger durchgeführten Berufsförderungsmaßnahmen ergebe sich auch, daß von dem Kläger hätte erwartet werden können, er werde im Jahre 1958 nach der erfolgten Umschulung in einem knappschaftlichen Betrieb als Schweißer tätig werden. Hätte er im Jahre 1958 diese Tätigkeit aufgenommen, für die ihm durch die Umschulung die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt worden seien, so hätte er unter Berücksichtigung der ab April 1958 als angelernter Schweißer erworbenen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen und nach Teilnahme an einem weiteren Lehrgang ab 1. Oktober 1960 nicht nur als angelernter Schweißer, sondern sogar als gelernter Schweißer (Lohngruppe I a über Tage der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau zuzüglich 10%) tätig sein können. Von einem Versicherten, der durch einen Träger der Sozialversicherung umgeschult worden sei und hierdurch die Kenntnisse und Fähigkeiten eines angelernten Handwerkers erlangt habe, müsse erwartet werden, daß er die durch die Umschulung geöffnete Möglichkeit des Aufstiegs zum gelernten Handwerker nutze. Selbst ohne Teilnahme an einem weiteren Lehrgang hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die Facharbeitereinstufung - wenn auch einige Jahre später - zu erreichen. Er habe nach erfolgter Umschulung unter Angabe nicht stichhaltiger Gründe zum Ausdruck gebracht, daß er an einer Tätigkeit als Schweißer nicht interessiert sei. Es müsse aber verhindert werden, daß ein Versicherter auf diese Weise selbst die Rentengewährung willkürlich erwirken könne. Schließlich folge die rechtliche Möglichkeit der Beklagten, den Kläger auf die Tätigkeit des Schweißers zu verweisen, aus einer entsprechenden Anwendung des § 46 Abs. 2 letzter Satz RKG, wonach eine Tätigkeit, für die der Versicherte durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit Erfolg ausgebildet oder Umgeschult worden ist, stets zumutbar sei.
Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß im Revisionsverfahren nicht mehr die Gewährung von Bergmannsrente für die Zeit vor dem 1. Oktober 1960 streitig ist, weil die Beklagte insoweit den vom Kläger geltend gemachten Anspruch anerkannt hat.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts sowie das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21. Februar 1963 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, er sei als Schweißer nicht geeignet gewesen. Im übrigen könne ein ehemaliger Hauer auch nach erfolgter Umschulung nicht auf die Tätigkeit eines angelernten Schweißers verwiesen werden, weil diese Tätigkeit nicht der Qualifikation eines Handwerkers - und als solcher werde ein Hauer angesehen - entspreche. Jetzt sei er als Heilgehilfe im Angestelltenverhältnis tätig. Diese wirtschaftliche und soziale Stellung hätte er nie erreicht, wenn er Schweißer geblieben wäre.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist insofern begründet, als der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden muß.
Hinsichtlich der Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 RKG) bestehen keine Zweifel. Der Rechtsstreit hängt also davon ab, ob der Kläger in der in Betracht kommenden Zeit vermindert bergmännisch berufsfähig war, d.h. ob er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte weder imstande war, die von ihm bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit noch andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben auszuüben (§ 45 Abs. 2 RKG).
Da der Kläger auf Veranlassung der Beklagten die Untertagetätigkeit wegen einer beginnenden Staublungenerkrankung aufgeben mußte, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (SozR § 45 RKG Nr. 15, 22 und 23) darauf an, ob er noch imstande war, im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Übertagearbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben zu verrichten.
Bei der Entscheidung dieser Frage ist davon auszugehen, daß die Hauertätigkeit die "bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit" des Klägers im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG ist. Diesen Beruf mußte der Kläger aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Die Tätigkeit eines Schweißers kann dagegen nicht als "bisherige Arbeit" angesehen werden, weil der Kläger sie niemals verrichtet hat. Der Umstand, daß er auf diesen Beruf umgeschult worden ist, spielt bei der Bestimmung des bisherigen Berufs keine Rolle, da es hier nur auf die tatsächlich ausgeübte Arbeit ankommt, die auch für die Entrichtung der Beiträge maßgebend gewesen ist.
Von dem Beruf des Hauers ausgehend war zu prüfen, ob der Kläger noch imstande ist, eine im wesentlichen gleichwertige Tätigkeit von Personen mit gleicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben zu verrichten.
Da mit dem LSG anzunehmen ist, daß der Kläger auf andere Tätigkeiten nicht verwiesen werden kann, drängt sich die Frage auf, ob er auf die Tätigkeit eines Schweißers verwiesen werden kann, nachdem er auf diese Tätigkeit umgeschult worden ist.
Ein Versicherter ist natürlich beruflich fähig, eine Arbeit auszuüben, wenn er vorher erfolgreich auf sie umgeschult worden ist. Eine andere Frage, die dagegen besonders zu prüfen ist, ist, ob er gesundheitlich dazu in der Lage ist. Eine Verweisung auf diese Tätigkeit ist weiterhin nur möglich, wenn es sich um eine im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeit handelt, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt wird. Nicht richtig ist die Ansicht der Beklagten, daß ein Versicherter, der zu einem bestimmten Beruf umgeschult worden ist, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 RKG stets auf diesen verwiesen werden kann. Eine entsprechende Anwendung des § 46 Abs. 2 Satz 3 RKG ist nicht möglich, weil die Frage der Zumutbarkeit in § 45 Abs. 2 RKG keine Rolle spielt; an ihrer Stelle stehen die in dieser Vorschrift genannten Verweisungsvoraussetzungen, auf die es daher alleine ankommt.
Bei der Prüfung, ob die Arbeit des angelernten Schweißers der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig ist, ist bedeutsam, ob der 10%ige Zuschlag, der nach den Lohnordnungen für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau in der streitigen Zeit für angelernte Schweißer zum tariflichen Schichtlohn der Lohngruppe II zu zahlen war, bei der Prüfung der Gleichwertigkeit nach § 45 Abs. 2 RKG mitzuberücksichtigen ist oder nicht. Hierfür kommt es entscheidend darauf an, ob durch diese Vergütung die Tätigkeit der begünstigten Arbeitnehmer wirtschaftlich höher als die Tätigkeit anderer angelernter Arbeiter bewertet wird. Das ist zu bejahen. Dieser Zuschlag wird jedenfalls nicht im wesentlichen zur Abgeltung von Überstunden, Zusatzschichten Sonntagsarbeiten, Nachtarbeiten oder sonstigen Erschwernissen gewährt, sondern er ist vor allem Ausdruck einer höheren Bewertung der Tätigkeit des angelernten Schweißers gegenüber der Tätigkeit anderer angelernter Handwerker, wie der erkennende Senat bereits in einem Urteil vom 10. Oktober 1968 (BSG 28, 240, 243 = SozR § 45 RKG Nr. 29) entschieden hat. Das bedeutet, daß die Tätigkeit des angelernten Schweißers der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig ist.
Die Frage, ob die Tätigkeit eines angelernten Schweißers eine Tätigkeit darstellt, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Hauers in knappschaftlich versicherten Betrieben ausgeübt wird, ist entgegen der Ansicht des LSG zu bejahen. Wie der Senat bereits entschieden hat (SozR § 45 RKG Nr. 22 und 23), ist hierfür letztlich entscheidend, ob die Kenntnisse und Fähigkeiten derjenigen Personen, welche die Vergleichstätigkeit auszuüben pflegen, im wesentlichen den Kenntnissen und Fähigkeiten derjenigen Personen gleichwertig sind, die die frühere Tätigkeit des Versicherten ausüben. Im Endergebnis kann der Versicherte nach § 45 Abs. 2 RKG grundsätzlich auf im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten verwiesen werden, weil in der Regel mit der wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Arbeiten auch die wesentliche Gleichwertigkeit der Kenntnisse und Fähigkeiten der Personen verbunden sein wird, welche die Hauptberufstätigkeit und die Verweisungstätigkeit auszuüben pflegen. Nur in besonders gelagerten Fällen, in welchen nicht nur die Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern auch andere Umstände für die tarifliche Einstufung ausschlaggebend sind, kann eine Einschränkung der Verweisungsmöglichkeiten gegeben sein (SozR § 45 RKG Nr. 23). Solche Umstände sind aber bei einem angelernten Schweißer nicht erkennbar. Somit stellt diese Tätigkeit gegenüber der Hauertätigkeit eine im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeit dar, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben ausgeübt wird.
Im vorliegenden Falle hat nun das LSG gewisse Bedenken anklingen lassen, ob der Kläger wegen einer Sehschwäche des linken Auges gesundheitlich imstande war, den Beruf eines Schweißers, zu dem er erfolgreich umgeschult worden war, auch wirklich aufzunehmen. Es hat diese Frage allerdings dahingestellt sein lassen, weil es nach seiner Rechtsauffassung hierauf nicht ankam. Nach der dargelegten Rechtsauffassung des Senats kommt es aber auf diese Frage entscheidend an. Da sie durch das Revisionsgericht nicht geklärt werden konnte, muß der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1669580 |
BSGE, 103 |