Leitsatz (redaktionell)

Kein Handlungsermessen hinsichtlich des Zwei-Jahres-Rahmens des AFG § 47 Abs 3 S 2:

1. Das Wort "soll" in AFG § 47 Abs 3 letzter Satz räumt der Verwaltung kein Handlungsermessen ein. Diese Vorschrift bestimmt lediglich den Regelfall der Dauer einer Umschulungsmaßnahme. Der BA wird sodann die Befugnis eingeräumt, im Rahmen des AFG § 39 durch Anordnung die von diesem Regelfall abweichenden Ausnahmen in zeitlicher Hinsicht festzulegen. Damit wurde es ihr aber nicht gestattet, den durch AFG § 47 festgelegten Rechtsanspruch auf Förderung in einen Ermessensanspruch umzuwandeln, ihn also in seinem Grundcharakter abzuändern.

2. Der Lehrgang an einem Institut für pharmazeutisch-technische Assistenten stellt keine förderungsfähige Bildungsmaßnahme iS des AFG § 41 dar.

 

Normenkette

AFG § 47 Abs. 3 S. 2, §§ 39, 41 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1971 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Schulung der Klägerin in der Lehranstalt für pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) in der Zeit vom 1. Oktober 1969 bis 30. September 1971 zu fördern.

Die 1951 geborene Klägerin erlernte nach Abschluß ihrer mittleren Reife an der Städtischen Realschule in D vom 1. September 1967 bis zum 31. August 1969 den anerkannten Anlernberuf einer Apothekenhelferin. Im Anschluß an ihre Abschlußprüfung im Juni 1969, die sie mit gut bestanden hat, übte sie die erlernte Tätigkeit im September 1969 ganztags und von Oktober 1969 bis Januar 1970 halbtags aus. Vom 1. Oktober 1969 bis 30. September 1971 besuchte sie mit Erfolg die PTA-Lehranstalt in Duisburg. Nach der dort geltenden Prüfungsordnung wird für die Ausbildung zum PTA zugelassen, wer eine abgeschlossene Realschulbildung oder eine andere gleichwertige Ausbildung nachweist. Der PTA-Lehrgang dauert zwei Jahre und schließt mit einer theoretischen Prüfung ab. Daran anschließend folgt noch eine halbjährige praktische Ausbildung mit einer entsprechenden Abschlußprüfung.

Den Antrag der Klägerin vom 23. Januar 1970, ihre Teilnahme an dem vorgenannten PTA-Lehrgang als Fortbildungsmaßnahme zu fördern, insbesondere Unterhaltsgeld zu gewähren, lehnte die Beklagte im Bescheid vom 14. April, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1970, ab. In den Bescheiden wird ausgeführt: Die von der Klägerin begehrte Bildungsmaßnahme sei eine übliche Berufsausbildung; sie könne nur ausnahmsweise dann als Fortbildung angesehen und gefördert werden, wenn neben der abgeschlossenen Berufsausbildung noch eine mindestens einjährige Berufspraxis vorliege.

Mit Urteil vom 24. September 1970 hat das Sozialgericht (SG) Duisburg die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin "die Beihilfe zur beruflichen Fortbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren".

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 4. November 1971 die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das LSG hielt den Anspruch der Klägerin auf Förderung des PTA-Lehrgangs als Fortbildungsmaßnahme deshalb nicht für gegeben, weil es sich hierbei nicht um eine Maßnahme i. S. des § 41 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) handele. Zu diesem Lehrgang würden Teilnehmer ohne jede berufliche Ausbildung und Erfahrung zugelassen. Es fehle somit an der nach § 41 Abs. 1 AFG erforderlichen Zugangsvoraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer angemessenen Berufserfahrung. Auch nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (AFuU 1969) sei eine dieser Bedingungen eine notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Merkmals einer Fortbildungsveranstaltung. Der PTA-Lehrgang baue jedoch nur auf mittlerer Reife oder entsprechendem Allgemeinwissen auf. Er knüpfe sonach nicht an das nach § 41 AFG erforderliche Berufswissen an.

Das LSG führt in den Entscheidungsgründen weiter aus, daß es nicht zu entscheiden gehabt habe, ob der streitbefangene Besuch der PTA-Lehranstalt etwa als Umschulungsmaßnahme gefördert werden könnte. Abgesehen davon, daß die rechtskundig vertretene Klägerin ihr Prozeßbegehren ausdrücklich auf eine Fortbildungsförderung beschränkt habe, fehle es bezüglich einer Umschulungsförderung noch an den erforderlichen Verwaltungsentscheidungen. Insoweit käme gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU eine Ermessensausübung der Beklagten in Betracht, die vom Gericht nicht ersetzt werden könnte.

Gegen das am 23. Dezember 1971 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Januar 1972 die zugelassene Revision eingelegt und am 14. Januar 1972 und am 27. Januar 1972 begründet.

Die Klägerin rügt die Verletzung sachlichen Rechts und führt hierzu insbesondere aus: Es sei zwar zuzugeben, daß die Abgrenzung zwischen Ausbildung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz (AFöG) und Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach dem AFG nicht einfach sei. Die Gewährung von BAB sei aber den Leistungen des AFöG vorrangig.

Im übrigen habe das LSG den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Die Beklagte fördere nämlich den Besuch eines Drittels aller Schülerinnen der PTA-Anstalt als Fortbildungsmaßnahme und setze dies auch entgegen dem Urteil des LSG weiter fort. Alle diese Schülerinnen hätten die gleiche Ausbildung wie die Klägerin. Dies hätte das LSG aufklären müssen. Hier setze die unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Schulbesuchs zwischen LSG, Beklagter und Klägerin ein. Wenn das LSG annehme, es handele sich überhaupt nicht um Fortbildung, weil die Voraussetzungen des § 41 AFG fehlten, so unterliege es einem rechtlichen Denkfehler. Es vermenge nämlich die Zugangsvoraussetzungen der PTA-Anstalt mit den gesetzlichen Vorschriften über die Fortbildung. Damit habe es den Sinn des § 41 AFG verkannt. Es sei nämlich völlig ausgeschlossen, die Zugangsvoraussetzungen eines Instituts als gesetzliche Voraussetzungen des § 41 AFG zu behandeln. Für Apothekenhelferinnen, die vor 1969 nicht die Möglichkeit gehabt hätten, sich sofort nach dem Schulbesuch zur PTA ausbilden zu lassen, sei die PTA-Lehranstalt eine echte förderungswürdige Fortbildungsmaßnahme i. S. des AFG. Hier sei auch § 2 Abs. 3 AFuU 1969 anwendbar.

Anders als das LSG vertrete die Beklagte somit die richtige Auffassung, daß es sich um eine förderungswürdige Fortbildungsmaßnahme handele. Sie - die Beklagte - habe somit auch zutreffend die Zahlung an die anderen ehemaligen Apothekenhelferinnen nicht eingestellt. Nicht gedeckt sei jedoch die Auffassung der Beklagten, daß eine Fortbildung nur dann vorliege, wenn die Lehrgangsteilnehmerin vor dem Schulbesuch eine Berufspraxis von einem Jahr erworben habe. Diese Bedingung habe die Beklagte willkürlich aufgestellt, es fehle insoweit jede gesetzliche Grundlage. Wenn die Beklagte bei Apothekenhelferinnen den Besuch der PTA-Lehranstalt grundsätzlich als Fortbildungsmaßnahme fördern will, so müsse sie das bei allen tun, die vor Errichtung dieser Anstalt den Helferinnenberuf ergriffen hätten. Eine unterschiedliche Behandlung sei nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Duisburg vom 24. September 1970 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Sie bringt dazu insbesondere vor: Dem PTA-Lehrgang fehle es an den nach § 41 AFG erforderlichen Zugangsvoraussetzungen. Im übrigen erfolge die Förderung der Teilnahme an solchen Lehrgängen nach den Bestimmungen des AFöG und des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAFöG). Es handele sich um übliche Berufsausbildung. Dies ergebe sich auch aus der Verordnung vom 2. November 1970 (BGBl I 1504), die aufgrund der Ermächtigung des § 2 Abs. 2 AFöG als förderungsfähige Auszubildende auch die Schüler von PTA-Lehranstalten bezeichne. Die Beklagte habe im Rahmen einer Sonderregelung die Förderung von PTA ausnahmsweise zugelassen, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine angemessene Berufserfahrung von einem Jahr vorgelegen habe. Diese Bedingung verstoße nicht gegen § 41 Abs. 1 AFG oder § 7 Abs. 1 AFuU 1969. Sie sei jetzt auch in § 2 Abs. 8, § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 aufgenommen. Aufgrund der Neufassung der AFuU 1971 werde jedoch die Teilnahme an PTA-Lehrgängen im Rahmen der beruflichen Fortbildung von der Beklagten im ganzen Bundesgebiet nicht mehr gefördert.

Beide Beteiligte sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend hat das LSG entschieden, daß die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen kann, ihre Teilnahme am PTA-Lehrgang als berufliche Fortbildung zu fördern (§ 41 AFG). Diesem Lehrgang fehlt es nämlich an dem nach § 41 Abs. 1 AFG erforderlichen Charakter einer Fortbildungsmaßnahme. Es mag zwar zutreffen, daß die Heranbildung der Klägerin zur PTA inhaltlich den Erfordernissen entspricht, die § 41 Abs. 1 erster Halbsatz AFG aufstellt, insbesondere daß sie einen beruflichen Aufstieg ermöglicht. Dies reicht jedoch für die Einordnung einer Bildungsmaßnahme als berufliche Fortbildung nicht aus. Vielmehr verlangt das Gesetz zwingend das Vorliegen bestimmter Zugangsvoraussetzungen in bezug auf ein bestimmtes berufliches Wissen des Teilnehmers, und zwar entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung. Dies hat der Senat bereits im Urteil vom 5. Juni 1973 (BSG 36, 48) entschieden. Er hat dort ausgeführt: "Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, daß die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht nur als eine auf den Teilnehmer bezogene - subjektive - Förderungsvoraussetzung (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 AFuU 1969) zu verstehen ist. Sie muß vielmehr generell eine objektive Voraussetzung für die Teilnahme an einer Maßnahme sein, wenn diese als berufliche Fortbildung förderungsfähig sein soll (so auch Weber/Paul, AFG, § 41 Anm. 1; Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 41 Anm. 5; Hoppe, ZfS 1972, 172, 175; unbestimmt: Krebs, AFG, § 41 Rdnr. 3; Zekorn, BABl 1969, 337, 339; Barnofski, BABl 1971, 109, 112 ff.; a. A.: Hoppe/Berlinger, Förderung der beruflichen Ausbildung, AFG, § 41 Anm. 2 b). Diese sich aus dem Wortlaut des AFG ergebende Auslegung entspricht auch dem Willen und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Das folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte. Das Tatbestandsmerkmal einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer angemessenen Berufserfahrung als Teilnahmevoraussetzung für eine Fortbildungsmaßnahme wurde nämlich durch den Ausschuß für Arbeit des Deutschen Bundestages ausdrücklich mit der Begründung eingefügt, es solle klargestellt werden, daß als berufliche Fortbildung i. S. des AFG nur Maßnahmen anzusehen sind, die als Zulassungsvoraussetzung für den Regelfall - je nach Fortbildungsziel - eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufspraxis oder beides zusammen verlangen (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit, zu BT-Drucks. V/4110 S. 9 - zu § 40 -). Es genügt somit nach den objektiven Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 AFG für eine Fortbildungsförderung nicht, daß die beim Teilnehmer an einer Maßnahme vorhandene Berufsausbildung und gewonnenen Berufskenntnisse sich vorteilhaft auf die Fortbildungsmaßnahme auswirken, sondern die Teilnahme an der Maßnahme selbst muß von der Voraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder angemessenen Berufspraxis abhängen."

Nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG § 163 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) wird für den PTA-Lehrgang, den die Klägerin besucht hat, weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine angemessene Berufserfahrung als zwingende Zugangsvoraussetzung verlangt, sondern lediglich eine Realschulbildung oder Entsprechendes. Damit erfüllt diese Maßnahme nicht die Voraussetzungen, von deren Vorliegen nach § 41 Abs. 1 AFG die Förderung einer beruflichen Fortbildung abhängig ist.

Zutreffend hat es das LSG auch abgelehnt, dem von der Klägerin erhobenen Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer beruflichen Umschulung stattzugeben. Allerdings trifft die Auffassung des LSG nicht zu, daß es insoweit noch an der bislang nicht getroffenen Ermessensentscheidung der Beklagten fehle. Dem LSG ist zwar einzuräumen, daß der Gebrauch des Wortes "soll" in § 47 Abs. 3 letzter Satz AFG auf ein Handlungsermessen der Verwaltung hindeuten könnte. Von Rechts wegen ist dies jedoch nicht der Fall. Diese Vorschrift bestimmt lediglich den Regelfall der Dauer einer Umschulungsmaßnahme. Der Beklagten wird sodann die Befugnis eingeräumt, im Rahmen des § 39 AFG durch Anordnung die von diesem Regelfall abweichenden Ausnahmen in zeitlicher Hinsicht festzulegen. Damit wurde es ihr aber nicht gestattet, den durch § 47 AFG festgelegten Rechtsanspruch auf Förderung in einen Ermessensanspruch umzuwandeln, ihn also in seinem Grundcharakter abzuändern. Die Beklagte geht im übrigen selbst davon aus, daß auch in der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 AFuU Merkmale eines Rechtsanspruchs auf Förderung umschrieben worden sind, wie ihre Regelung in § 9 AFuU zeigt (vgl. auch BSG vom 28.2.1974 - 7 RAr 27/72 -). Die klageabweisende Entscheidung des LSG kann sonach im Ergebnis nicht beanstandet werden, weil der Klägerin schon aus Rechtsgründen der Anspruch auf Förderung ihres Besuchs der PTA-Anstalt auch als Umschulung nicht zusteht. Der Senat sieht sich trotz der insoweit einschränkenden Entscheidungsbegründung des LSG nicht an einer sachlichen Entscheidung gehindert (vgl. BSG 5, 276, 279 sowie BSG vom 13.12.1972 - 7 RAr 43/69 - SozR Nr. 2 zu § 1 der 14. DVO/AVAVG vom 30.1.1962 mit weiteren Nachweisen), weil das LSG die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen hat.

Der PTA-Lehrgang der Klägerin kann deshalb nicht als Umschulung gefördert werden, weil die Klägerin zuvor nicht drei Jahre berufstätig gewesen ist. Diese in § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU 1969 in Ausfüllung von § 47 Abs. 1 AFG bestimmte Voraussetzung hat der Senat ebenfalls bereits im Urteil vom 5. Juni 1973 (BSG 36, 48) als Voraussetzung für den Anspruch auf Umschulungsförderung anerkannt. Der Senat hat hierzu ausgeführt: "Da sich aus § 47 Abs. 1 AFG allein noch keine Abgrenzung zwischen Umschulung und Berufsausbildung ergibt, war es notwendig, in der nach § 39 AFG erlassenen Anordnung - hier § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU 1969 - eine Regelung zu schaffen, die die Funktion hat, die Umschulung von der Berufsausbildung abzugrenzen, und auch den weiteren Zweck erfüllt, den Mißbrauch von Förderungsmitteln zu verhindern. Die in § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU 1969 als Voraussetzung für die Förderung einer Umschulung geforderte mindestens dreijährige voraufgegangene (anderweitige) Berufstätigkeit erfüllt diese Abgrenzungsfunktion. Sie entspricht dem Sinn und Zweck der Umschulungsmaßnahme und hält sich im Rahmen des § 39 AFG. Vor der Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme soll nämlich der Arbeitsuchende bereit gewesen sein, in seinem bisherigen Beruf zu arbeiten, um die bestehenden Berufschancen zunächst kennenzulernen und ausschöpfen zu können. Erst wenn die gewonnene Erfahrung ergibt, daß die Sicherung oder Verbesserung der beruflichen Beweglichkeit den Übergang in eine andere geeignete Tätigkeit erfordert, soll er einer Umschulung zugeführt werden. Anderenfalls könnte er nach einer Kurzausbildung oder gar ohne Ausbildung nach kurzer Berufstätigkeit Umschulungsmittel (§ 44 i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 2 AFG) in Anspruch nehmen, die erheblich umfangreicher sein können als diejenigen einer Berufsausbildung nach § 40 AFG i. V. m. § 12 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (AA) vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213)."

An dieser Rechtsauffassung wird ebenfalls festgehalten. Da die Klägerin die Bedingung einer dreijährigen Berufstätigkeit vor Beginn der Maßnahme auch unter Anrechnung ihrer Anlernzeit nicht erfüllt hat (vgl. BSG aaO), wobei es dahinstehen kann, ob diese Anlernzeit überhaupt unter den Begriff der Berufstätigkeit in diesem Sinne fällt, und es nach dem festgestellten Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, die bei der Klägerin zu Beginn des PTA-Lehrgangs eine Ausnahme von diesem Regelfall hier rechtfertigen können, trifft die Entscheidung des LSG jedenfalls im Ergebnis auch für die Förderung des Lehrgangs als Umschulung zu.

Der Lehrgang der Klägerin kann auch nicht aus § 40 AFG als Ausbildung gefördert werden. Dies ergibt sich daraus, daß es sich hierbei nicht um eine berufliche Ausbildung in einem Betrieb oder in einer überbetrieblichen Einrichtung handelt, ebenso nicht um einen Grundausbildungs- oder Förderungslehrgang oder um eine andere berufsvorbereitende Maßnahme dieser Art, wie es § 40 AFG voraussetzt.

Die Klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, daß die Beklagte in anderen, vergleichbaren Fällen Förderungsmittel bewilligt hätte. Denn eine Verwaltungsübung, die dem Gesetz nicht entspricht, gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl. BSG 7, 75, 78; 15, 10, 14; SozR Nr. 2 zu § 1 der 14. DVO/AVAVG vom 30.1.1962).

Nach dem AFG steht der Klägerin ein Anspruch auf Förderung des Lehrgangs somit nicht zu. Die Revision muß daher zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647898

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