Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzzeitigkeit (Geringfügigkeit) iS von AFG § 102. Beitragszahlung allein nicht anspruchsbegründend. Nichtstun der Einzugsstelle ist kein Verwirkungshandeln. Beratungspflicht der Einzugsstelle
Orientierungssatz
1. Für die Frage der Geringfügigkeit einer Beschäftigung kommt es auf die voraussichtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses an, also auf die Merkmale und Umstände, wie sie bei Beginn der Beschäftigung vorliegen. Bestehen vertragliche Vereinbarungen, hinsichtlich der Arbeitszeit, so ist ihnen zu entnehmen, ob die Beschäftigung geringfügig ist (vgl BSG vom 1978-08-01 7 RAr 12/77 = SozR 4100 § 102 Nr 4).
2. Von Woche zu Woche schwankende oder wechselnde Arbeitszeiten innerhalb einer einheitlichen Arbeitszeitvereinbarung, als deren Durchschnitt sich eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden ergibt, verändern deshalb die Beitragsfreiheit der Beschäftigung insgesamt grundsätzlich nicht.
3. Die fehlerhafte Entrichtung von Beiträgen begründet keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung, wenn es an der anwartschaftsbegründenden (versicherungs- bzw beitragspflichtigen) Beschäftigung mangelt (vgl BSG 1978-11-30 12 RK 6/76 = BSGE 47, 194).
4. Nichtstun, also Unterlassen der Einzugsstelle, kann ein schutzwürdiges Vertrauen nur dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewußt und planmäßig erachten darf (vgl BSG vom 1978-11-30 12 RK 6/76 = BSGE 47, 194).
Normenkette
AFG § 102 Abs 1 S 1 Fassung: 1974-12-21, §§ 168, 169 Nr 6 Fassung: 1969-06-25; BGB § 242 Fassung: 1896-08-18; AFG § 176 Abs 1 S 2, §§ 182, 104
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1931 geborene Klägerin, die verheiratet ist und eine heranwachsende Tochter hat, war ab Juli 1968 als Stationshilfe in der D-Klinik GmbH in B R beschäftigt. Es handelte sich um eine Teilzeitbeschäftigung mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Arbeitszeit von 85 Stunden. Im Dezember 1975 erhielt die Klägerin hieraus ein Brutto-Monatsentgelt von 707,40 DM. Die Arbeitgeberin kündigte den Arbeitsvertrag zum 9. Januar 1976. Daraufhin meldete sich die Klägerin am 3. Dezember 1975 beim Arbeitsamt arbeitslos und beantragte Alg ab 10. Januar 1976. Sie gab dazu an, wegen häuslicher Verpflichtungen täglich nur 4 1/2 Stunden, und zwar in der Zeit zwischen 7.00 und 12.00 Uhr, arbeiten zu können.
Durch Bescheid vom 29. Januar 1976 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, daß sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Die Beschäftigung in der D-Klinik sei nämlich in den letzten drei Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geringfügig gewesen; sie habe im Wochendurchschnitt weniger als 20 Stunden betragen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. April 1976).
Durch Urteil vom 29. März 1977 hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 29. August 1978 die Entscheidung des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg ab 10. Januar 1976 für die Dauer von 312 Tagen zu zahlen. Das LSG hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin erfülle alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach § 100 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Insbesondere sei sie verfügbar im Sinne von § 103 AFG und erfülle die Anwartschaftszeit im Sinne von § 104 AFG. Der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung stehe es nicht entgegen, daß sich die Klägerin nur für eine Tätigkeit an sechs Wochentagen in der Zeit von 7.00 bis 12.00 Uhr zur Verfügung gestellt habe. Insoweit handele es sich um marktübliche Teilzeitbeschäftigungen, für deren Beschränkung die Klägerin sich auf häusliche Bindungen berufen dürfe.
Die Voraussetzungen für die Erfüllung der Anwartschaftszeit seien nach dem Wortlaut des § 104 AFG zwar nicht erfüllt. Hierfür sei es erforderlich, daß der Arbeitslose in der Rahmenfrist 26 Wochen oder sechs Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Im vorliegenden Falle umfasse die Rahmenfrist den Zeitraum vom 10. Januar 1973 bis 9. Januar 1976. Die Klägerin habe in diesem Zeitraum nicht nur ununterbrochen gearbeitet, sondern auch Versicherungsbeiträge zur Beklagten abgeführt. Diese Beiträge seien seitens der Arbeitgeberin sogar schon seit 1. Juli 1968 gezahlt worden. Aus den Angaben der vom SG gehörten Zeugen und der Arbeitgeberin der Klägerin ergebe sich allerdings, daß für den in die Rahmenfrist fallenden Zeitraum vom 1. Juni 1974 bis 9. Januar 1976 eine monatliche Arbeitsleistung von 85 Stunden vertraglich vereinbart worden war, in der davorliegenden Zeit eine solche von 82 Stunden bzw in der vor der Rahmenfrist liegenden Zeit ab 1968 eine solche von zunächst 75 Stunden. Wenn die Beklagte aus der vereinbarten monatlichen Arbeitszeit der Klägerin auf eine unter 20 Stunden liegende Wochenarbeitszeit geschlossen habe und damit auf Kurzzeitigkeit im Sinne von § 102 AFG, so sei dies zwar zutreffend, rechtfertige jedoch gleichwohl nicht die Verweigerung der begehrten Leistung.
Nach § 102 Abs 1 Satz 1 AFG sei eine Beschäftigung immer dann kurzzeitig, wenn sie auf weniger als 20 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflege oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt sei. Die erstere Alternative liege hier zwar nicht vor; der von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung sei es eigentümlich gewesen, daß die Arbeitsvertragspartner im voraus gerade nicht genau anzugeben vermochten, welche Arbeitszeit die Klägerin in jeder einzelnen Woche benötigen würde, um ihre Reinigungsarbeiten in der Klinik ordnungsgemäß zu erledigen. Der Natur der Sache nach habe es sich also nicht um eine Beschäftigung gehandelt, die auf weniger als 20 Stunden wöchentlich beschränkt zu sein pflege. Andererseits habe die Klägerin nicht in Abrede stellen können, daß nach der am 1. Juni 1974 getroffenen Vereinbarung eine Arbeitsleistung von 85 Stunden monatlich vereinbart worden und danach keine abändernde Regelung zwischen ihr und der Arbeitgeberin getroffen worden sei. Infolgedessen sei es unerheblich, ob die Klägerin zeitweise tatsächlich länger gearbeitet habe oder nicht.
Dies schließe es jedoch nicht aus, daß die Beklagte nach nahezu acht Jahren andauernder unbeanstandeter Annahme von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen das Recht verwirkt habe, sich gegenüber der Klägerin zum Zwecke der Verweigerung ihrer Leistungspflicht auf das Fehlen der Anwartschaftszeit zu berufen. Zwar habe die Beklagte diese Beiträge nicht selbst eingezogen. Hierfür seien nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vielmehr die sogenannten Einzugsstellen zuständig gewesen. Aus den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften ergebe sich aber, daß sich die Beklagte der Einzugsstellen wie eines gesetzlichen Vertreters im Sinne der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bediente. Deshalb müsse derjenige, dessen Beitragspflicht infrage stehe, darauf vertrauen können, daß sich die Bundesanstalt für Arbeit (BA) das Verhalten der für sie tätigen Einzugsstelle zurechnen lassen müsse. Wenn demgemäß die Einzugsstellen über lange Jahre unberechtigt Beiträge einzögen und an die BA abführten, so könne sich die Beklagte nicht zum Nachteil des Beschäftigten darauf berufen, sie selbst träge an diesem jahrelangen Fehlverhalten kein Verschulden, weil sie nach organisatorischer Regelung des Einzugsverfahrens praktisch nie selbst das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragspflicht prüfe. Entscheidend sei, daß dem Bürger, die mit der Einziehung beauftragten Krankenkassen als gesetzliche Beauftragten der Beklagten erschienen und daß sie auch rechtlich als deren Vertreter anzusehen seien. Dies wirkte sich auch auf das zwischen dem Bürger und dem Versicherungsträger bestehende Sozialrechtsverhältnis aus, aufgrund dessen eine konkrete Beratungs- und Betreuungspflicht bestehe, wie insbesondere das Sozialgesetzbuch zeige. Ein solches habe hier zwischen der Klägerin und der Einzugsstelle aufgrund der Tatsache bestanden, daß für sie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und von der Einzugsstelle auch entgegengenommen worden seien. Zumindest in Zweifelsfällen der vorliegenden Art sei die Einzugsstelle verpflichtet zu prüfen, ob eine Beitragspflicht des Arbeitnehmers vorliege und habe hierüber gegebenenfalls durch Verwaltungsakt (§ 182 AFG) zu entscheiden. Diese Prüfungspflicht sei im vorliegenden Falle nicht erfüllt worden. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben führe dies dazu, daß sich die Beklagte auf das Fehlen einer beitragspflichtigen Beschäftigung nicht berufen könne. Dadurch, daß die Beklagte acht Jahre Beiträge angenommen habe, ohne das Vorliegen einer Beitragspflicht zu prüfen, könne sie die Unwirksamkeit der Beitragsentrichtung nicht mehr geltend machen.
Zwar könne bloßer Zeitablauf die Verwirkung noch nicht begründen; hier lägen jedoch besondere Umstände vor, die die verspätete Geltendmachung oder Ausübung des Rechts mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar sein ließe. Es müsse berücksichtigt werden, daß die Klägerin angesichts des vertrauensvollen und entgegenkommenden Verhältnisses zwischen ihr und der Arbeitgeberin jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, eine geringfügige Erhöhung der bislang bestehenden Arbeitszeitvereinbarung zu verabreden und dadurch einen auch nach Ansicht der Beklagten wirksamen Versicherungsschutz herbeizuführen. Es erscheine glaubhaft, daß sie dies auch unverzüglich getan hätte, wenn sie darauf hingewiesen worden wäre oder erkannt hätte, daß trotz Beitragsentrichtung eine noch geringfügige Beschäftigung vorliege. Es könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie der Annahme gewesen sei, sie werde für insgesamt 90 Stunden im Monat bezahlt. Daß diese Bezahlung in Wirklichkeit auf eine pauschale Zuschlagsgewährung für Feiertagsarbeit zurückzuführen gewesen sei, habe die Klägerin an Hand der Abrechnung der Arbeitgeberin nicht erkennen können. Eine Abwägung des vorliegenden Falles zwischen öffentlichen und privaten Interessen führe deshalb dazu, daß das Vertrauensverhältnis zwischen der Arbeitsverwaltung und ihren Partnern nicht durch grob unbillige Entscheidungen beeinträchtigt werden dürfe und die Beklagte deshalb nicht geltend machen könne, die Klägerin habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 100, 104 AFG. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus: Der erkennende Senat habe bereits entschieden, daß die Frage, ob Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden sind oder nicht, für den Anspruch auf Alg unerheblich sei. Diese Beurteilung habe sich auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten des AFG nicht geändert, auch nicht durch das Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches. Das LSG überspanne die Anforderungen hinsichtlich des Umfangs und der Tragweite von Aufklärungs- und Beratungspflichten. Ein Sozialrechtsverhältnis von der Intensität, wie es das LSG verlange, könne zwischen Einzugsstelle einerseits und Arbeitgeber andererseits, der gemäß § 176 Abs 1 AFG Beitragsschuldner sei, nicht angenommen werden. Noch ferner liege dieses für das Verhältnis zwischen Einzugsstelle und Arbeitnehmer. Die seit Jahren beobachtete Praxis der Aufklärung und Unterrichtung der Arbeitgeber und der Öffentlichkeit in Fragen der Beitragspflicht und -freiheit müsse vielmehr als auch den Ansprüchen des Sozialgesetzbuches genügend angesehen werden. Hinsichtlich des Umfanges der Betriebsprüfungen, die seitens der Einzugsstellen bei den Arbeitgebern vorgenommen werden, sei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 - zu verweisen. Das bedeute, daß vorliegend ein Fehlverhalten der Einzugsstelle nicht angenommen werden könne, sondern allenfalls eine Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Fürsorgepflicht der ehemaligen Arbeitgeberin gegenüber der Klägerin. Der Arbeitgeberin hätte es oblegen, die ihr zugänglich gemachten Informationen über Fragen der Beitragspflicht und -freiheit zu Gunsten der Klägerin zu nutzen.
Das Institut der Verwirkung sei vorliegend nicht anwendbar. Dabei könne offen bleiben, ob eine Verwirkung von Rechten im Verhältnis zwischen Einzugsstelle und Beitragszahler überhaupt denkbar sei; jedenfalls gelte die Vorschrift des § 278 BGB nur für Vertreter und Erfüllungsgehilfen innerhalb bestehender Schuldverhältnisse. Das Verhältnis zwischen der kraft Gesetz tätig werdenden Einzugsstelle und dem Sozialversicherungsträger sei jedoch öffentlich-rechtlich ausgestaltet, wie auch das BSG entschieden habe. Der Anspruch der Klägerin wäre im Falle der Aufgabe der zitierten Rechtsprechung der erkennenden Senats allenfalls dann zu bejahen, wenn die Einzugsstelle durch Bescheid über die Beitragspflicht der Klägerin entschieden hätte und dieser Bescheid von der Beklagten nicht oder erfolglos angefochten worden wäre; dies folge auch § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Allein dadurch, daß die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) für die Beklagte Beiträge eingezogen habe, hätte sie weder der Klägerin noch der Beklagten gegenüber einen Verwaltungsakt im Sinne des § 182 Abs 1 AFG erlassen, weil es sich bei dem Beitragseinzug lediglich um ein schlichtes Verwaltungshandeln handele. Gegebenenfalls müsse insoweit an eine Zurückverweisung der Sache gedacht werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29. August 1978
aufzuheben, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil
des SG Heilbronn vom 29. März 1977 zurückzuweisen und zu
entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten
sind,
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Beide Beteiligte sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg; denn sie hat nicht die Anwartschaftszeit nach § 100 Abs 1 iVm § 104 AFG erfüllt. Nach diesen Bestimmungen besteht ein Anspruch auf Alg ua nur, wenn der Arbeitslose in den letzten drei Jahren vor Eintritt der für den Anspruch maßgeblichen Arbeitslosigkeit (Rahmenfrist, § 104 Abs 2 und 3 AFG) mindestens 26 Wochen oder sechs Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat (§ 104 Abs 1 AFG). Diese Voraussetzung lag im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung und Antragstellung der Klägerin nicht vor.
Die Klägerin war zwar in der für sie danach maßgeblichen Rahmenfrist vom 10. Januar 1973 bis 9. Januar 1976 mehr als 26 Wochen oder sechs Monate beschäftigt. Diese Beschäftigung hatte jedoch nicht Beitragspflicht zur BA im Sinne des § 168 AFG begründet; denn sie war als geringfügige Beschäftigung beitragsfrei nach § 169 Nr 6 AFG. Durch sie konnte somit auch nicht die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg erfüllt werden (§ 104 Abs 1 AFG).
Für den Begriff der geringfügigen Beschäftigung verweist § 169 Nr 6 AFG auf § 102 AFG, der hier in der Fassung anzuwenden ist, die er durch das Einführungsgesetz zum Einkommensteuerreformgesetz vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) erhalten hat. Das Wort "geringfügig" wurde zwar ab 1. Juli 1977 durch das Wort "kurzzeitig" ersetzt (vgl Art II § 9 Nr 1, § 21 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23. Dezember 1976 - BGBl I 3845 - SGB 4). Daraus ergab sich jedoch keine sachliche Änderung des § 102 AFG (BSG SozR 4100 § 102 Nr 3).
Geringfügig nach § 102 Abs 1 AFG ist eine Beschäftigung, die auf weniger als 20 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Das LSG hat angenommen, daß für die Beschäftigung der Klägerin in der Rahmenfrist zwar nicht die erste Alternative des § 102 Abs 1 AFG galt, jedoch die zweite, nämlich die Beschränkung der Arbeitszeit durch Arbeitsvertrag auf weniger als 20 Stunden wöchentlich. Es ist hierzu auf Grund folgender Feststellungen gelangt: Der von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung war es einerseits eigentümlich, daß die Arbeitsvertragspartner im voraus nicht genau anzugeben vermochten, welche Arbeitszeit die Klägerin in jeder einzelnen Woche benötigen würde, andererseits war seit 1. Juni 1974 eine monatliche Arbeitszeit von 85 Stunden arbeitsvertraglich vereinbart, davor eine solche von 82 Stunden und zeitweise noch weniger. Eine längere Arbeitszeit als monatlich 85 Stunden ist zu keiner Zeit vereinbart worden, auch wenn die Klägerin zeitweise tatsächlich mehr als 85 Stunden gearbeitet haben sollte. Die vereinbarte Arbeitszeit von 85 Stunden monatlich war von den Vertragspartnern von Anfang ihrer Vereinbarung an zur Bewältigung der Arbeitsaufgaben der Klägerin als ausreichend angesehen worden. Diese Feststellungen sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden, so daß der Senat hiervon auszugehen hat (§ 163 SGG). Die Schlußfolgerungen des LSG, daß danach jedenfalls von einer arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit von wöchentlich weniger als 20 Stunden auszugehen sei und demgemäß die Beschäftigung der Klägerin insgesamt geringfügig war im Sinne von § 102 Abs 1 AFG, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß es für die Frage der Geringfügigkeit einer Beschäftigung auf die voraussichtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses ankommt, also auf die Merkmale und Umstände, wie sie bei Beginn der Beschäftigung vorliegen (BSGE 13, 98, 100 = SozR Nr 1 zu § 75 AVAVG aF; BSG SozR 4100 § 102 Nrn 3 und 4). Bestehen vertragliche Vereinbarungen, hinsichtlich der Arbeitszeit, so ist ihnen zu entnehmen, ob die Beschäftigung geringfügig ist (BSG SozR 4100 § 102 Nrn 3 und 4). Ein davon abweichender tatsächlicher Ablauf der Beschäftigung kann, in rückwirkender Betrachtung, nur dann ergänzend berücksichtigt werden, wenn im voraus weder aus der Natur der Sache noch aus vertraglichen Vereinbarungen eine Klärung über das Ausmaß der Beschäftigung möglich war (BSGE 13, 98, 101); beruht die Beurteilung einer Beschäftigung auf einer Schätzung ihrer voraussichtlich zu erwartenden Umstände und Merkmale, kann eine endgültige Abänderung dieser Verhältnisse von da an - aber nicht rückwirkend - auch eine von der früheren abweichende Beurteilung rechtfertigen (BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO). Derartige Sachverhalte lagen nach den Feststellungen des LSG bei der Klägerin aber nicht vor, da von Anfang an eine vertragliche Vereinbarung der von beiden Partnern erwarteten Arbeitszeit - letzten Endes 85 Stunden monatlich - getroffen worden und diese zu keinem Zeitpunkt geändert worden war. Hiervon muß deshalb ausgegangen werden.
Es ist ferner nicht zu beanstanden, wenn das LSG die Auffassung der Beklagten bestätigt hat, daß aus der vereinbarten monatlichen Arbeitszeit von 85 Stunden auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von weniger als 20 Stunden zu schließen war. Dies ergibt sich schon aus dem Wesen der notwendigerweise vorausschauenden Betrachtung bei der Frage, ob eine Beschäftigung beitragspflichtig ist oder nicht. Von Woche zu Woche schwankende oder wechselnde Arbeitszeiten innerhalb einer einheitlichen Arbeitszeitvereinbarung, als deren Durchschnitt sich - wie hier - eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden ergibt, verändern deshalb die Beitragsfreiheit der Beschäftigung insgesamt grundsätzlich nicht (vgl Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Anm 5 zu § 102; entsprechend BSG SozR Nrn 6 und 9 zu § 1228 RVO; siehe auch Nr 2.1.1 der Richtlinien der Bundesverbände der Kranken- und Rentenversicherung und der BA für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen und geringfügigen selbständigen Tätigkeiten vom 23. Mai 1977 - ANBA Beilage zu Nr 7/1977 - in der Fassung vom 17. Oktober 1978 - DOK 1979, 49 ff - abgedruckt bei Hennig/Kühl/Heuer, aaO, Erläuterung zu § 8 SGB 4, Anlage 1 - Seite E 44 ff -). Infolgedessen kommt es auch im vorliegenden Falle für die einheitliche Beurteilung der Beitragspflicht der mit 85 Monatsstunden vereinbarten Beschäftigung der Klägerin nicht darauf an, ob sie in der einen oder anderen Woche mehr oder weniger als 20 Stunden gearbeitet hat. Im Durchschnitt lag die Wochenarbeitszeit der Klägerin stets unter 20 Stunden, wobei es keinen Unterschied macht, ob man vom Jahresdurchschnitt ausgeht (vgl BSGE 18, 222 = SozR AVAVG § 75 Nr 7) oder die von der Beklagten gewählte - für die Klägerin günstigere - Möglichkeit der Bezugnahme auf einen Drei-Monats-Zeitraum (85 x 3 : 13) wählt.
Entgegen der Auffassung des LSG ändert sich an der fehlenden Anwartschaft der Klägerin für den Anspruch auf Alg als Folge der Beitragsfreiheit ihrer Beschäftigung in der Rahmenfrist (§ 169 Nr 6 AFG) nichts dadurch, daß für die Klägerin auf Grund dieser Beschäftigung während fast acht Jahren Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden sind. Nach der gesetzlichen Regelung in der Arbeitslosenversicherung hängt die Anwartschaft als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg nicht von der Entrichtung von Beiträgen ab, sondern allein von dem Tatbestand einer ihrer Art nach die Anwartschaft begründenden Beschäftigung (vgl §§ 100, 104 AFG; § 74, 85 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -). Das BSG hat deshalb sowohl zum AVAVG als auch zum AFG in Übereinstimmung mit der gesamten Literatur hierzu stets entschieden, daß die fehlerhafte Entrichtung von Beiträgen den Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht begründet, wenn es an der anwartschaftsbegründenden (versicherungs- bzw beitragspflichtigen) Beschäftigung mangelt (vgl BSG SozR Nr 3 zu § 66 AVAVG; BSGE 13, 98, 101; 44, 193, 197; Urteil des Senats vom 4. September 1979 - 7 RAr 57/78 - mwN; vgl auch BSGE 47, 194, 200). Hiervon abzugehen, besteht angesichts der klaren gesetzlichen Regelung kein Anlaß. Die genannte Regelung der §§ 100, 104 AFG ist im übrigen durchaus sinnvoll; denn sie will gerade dem Schutz der Arbeitnehmer gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit dienen, indem sie diese vor den Nachteilen einer Nichtentrichtung der fälligen Beiträge bewahrt. Der irrtümlichen, ja sogar der bewußt fehlerhaften Beitragsentrichtung trägt das Gesetz durch die Erstattungsregelung in § 186 AFG Rechnung, deren zeitliche Begrenzung (vgl jetzt § 27 SGB 4) allgemeinen Grundsätzen des Sozialversicherungsrechts entspricht.
Die Beklagte war auch nicht aus anderen Gründen gehindert, sich für die Ablehnung der Leistungsgewährung auf die fehlende Anwartschaftszeiterfüllung zu berufen. Das LSG hat angenommen, die Beklagte habe dieses "Recht" verwirkt. Es erscheint zweifelhaft, ob bei der dargestellten Gesetzes- und Rechtslage das Institut der Verwirkung überhaupt herangezogen werden kann, um einen nicht bestehenden Rechtsanspruch zu begründen. Er würde die Verwaltung nämlich nicht nur ohne, sondern sogar entgegen gesetzlicher Grundlage verpflichten, Leistungen zu erbringen, also gesetzwidrig zu handeln. Dies zuzulassen hat das BSG selbst bei positiv falschen Auskünften der Verwaltung, die keine Bindungswirkung besitzen, abgelehnt, den Betroffenen vielmehr auf Schadensersatzansprüche verwiesen (vgl BSGE 25, 219). Auch bei sonstigem Verwaltungsfehlverhalten wird unter bestimmten Voraussetzungen lediglich ein Schadensersatz gewährender Folgenbeseitigungs- oder Herstellungsanspruch angenommen, wenn dieser durch gesetzmäßige Amtshandlung zu verwirklichen ist (vgl BSG vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 47/77 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit des Verwirkungseinwandes in Fällen der vorliegenden Art bedarf jedoch keiner Entscheidung; denn selbst wenn eine Alg-Gewährung trotz fehlender Anwartschaft überhaupt auf Verwirkung gestützt werden könnte, fehlte es hier an den Voraussetzungen eines solchen Tatbestandes. Deshalb kann es ebenso unentschieden bleiben, ob der weitere rechtliche Ausgangspunkt des LSG zutrifft, daß die Beklagte als der zuständige Versicherungsträger für das Verhalten der Einzugsstelle entsprechend § 278 BGB einzustehen habe (zur Rechtsstellung der Einzugsstelle gegenüber dem Versicherungsträger vgl BSGE 15, 118, 122 ff; 47, 194, 197, jeweils mwN). Das Rechtsinstitut der Verwirkung von Rechten als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gilt zwar auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 47, 194, 196 mwN). An das Vorliegen eines Verwirkungsverhaltens sind aber grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, und zwar um so mehr, je eindeutiger die Wirkungen und Grenzen von Rechten im Gesetz selbst umschrieben sind. Für den Anspruch auf Alg ist dabei besonders zu beachten, daß - wie schon ausgeführt - seine Entstehung von der Leistung von Beiträgen ausnahmslos abgekoppelt worden ist. So könnte sich die Beklagte nicht etwa auf die Verwirkung des Anspruchs auf Alg berufen, weil Beiträge nicht entrichtet wurden, wenn die Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die anwartschaftsbegründende beitragspflichtige Beschäftigung im Sinne von § 104 AFG vorliegen. Als Ausgleich für zu Unrecht entrichtete Beiträge sieht das AFG lediglich den Beitragserstattungsanspruch vor. In dieser Situation könnte eine Verwirkung des Leistungsverweigerungsrechts (die eigentlich eine Leistungsverweigerungspflicht ist unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) allenfalls dann angenommen werden, wenn die Beklagte selbst in Gestaltung des zwischen ihr und dem Beschäftigten bestehenden Sozialrechtsverhältnisses Umstände geschaffen hätte, die die Berufung auf eine abweichende Rechtslage zur unzulässigen Rechtsausübung machen würde (sofern in solchen Fällen Ansprüche nicht bereits aus der Bindungswirkung des § 77 SGG gegeben sind). Davon kann hier aber keine Rede sein; hier geht es lediglich um das Verhalten der Einzugsstelle, und zwar darum, ob diese Betreuungs- und Beratungspflichten verletzt habe, die ihr gegenüber der Klägerin oblagen.
Selbst wenn man unterstellt, daß die beitragsrechtlichen Beziehungen zwischen der Einzugsstelle und dem Arbeitgeber als Beitragsschuldner (§§ 176 Abs 1 Satz 2, 182 AFG) in der Weise auf die Beziehungen zum Arbeitnehmer (Beschäftigten) ausstrahlen, daß auch zu ihm ein die Einzugsstelle verpflichtendes Rechtsverhältnis entsteht, und wenn die BA insoweit für Fehlverhalten entsprechend § 278 BGB und unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung einzustehen hätte, traf die Einzugsstelle im Falle der Klägerin keine entsprechende haftungsbegründende Beratungspflicht.
Für die Einzugsstelle vollzieht sich der Beitragseinzug regelmäßig als schlichtes Verwaltungshandeln, ohne daß sie durch Verwaltungsakt über die Versicherungs- oder Beitragspflicht, auch nicht über die Beitragshöhe entscheidet. Der Arbeitgeber berechnet die Beiträge der bei ihm Beschäftigten selbst und führt sie an die Einzugsstelle ab, die sie regelmäßig ungeprüft entgegennimmt (vgl BSGE 41, 297 = SozR 2200 § 1399 Nr 4 mwN; vgl auch BSG SozR Nr 2 zu § 1399 RVO). Bloßes Nichtstun der Einzugsstelle in Bezug auf diesen Vorgang stellt kein Verwirkungsverhalten dar. Dies hat das BSG sehr eingehend bereits zu der Frage entschieden, ob deswegen das Recht der Einzugsstelle zur Nachforderung von zu Unrecht nicht entrichteten Beiträgen gegenüber dem Arbeitgeber verwirkt sein kann. Vielmehr muß ein konkretes Verhalten der Einzugsstelle hinzukommen, welches bei dem Beitragsschuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, daß eine Beitragsforderung nicht bestehe oder nicht geltend gemacht werde (vgl BSGE 47, 194, 196 ff). Nichtstun, also Unterlassen, kann danach ein schutzwürdiges Vertrauen nur dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewußt und planmäßig erachten darf (vgl BSGE 47, 194, 197 im Anschluß an die Entscheidung des erkennenden Senats in BSG SozR 4100 § 40 Nr 17). Der 12. Senat des BSG (vgl BSGE 47, 194, 197) hat es sogar abgelehnt, aus der Nichtbeanstandung von unterlassenen Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstelle im Betrieb des Beitragsschuldners ein Verwirkungsverhalten zu folgern.
Um so weniger gilt dies für das Unterlassen einer Beratung oder von Hinweisen durch die Einzugsstelle an einzelne Beschäftigte in Bezug auf die Beitragspflicht ihrer Beschäftigung, wenn hierfür kein sie verpflichtender Anlaß besteht. Dem LSG ist zwar darin beizupflichten, daß die Beratungs- und Betreuungspflicht der Sozialversicherungsträger gegenüber den Berechtigten eine zunehmende Bedeutung erlangt hat, die nicht zuletzt in den Regelungen des SGB - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015 - SGB 1 -) ihren Ausdruck gefunden haben. Wie die Regelungen in §§ 14 ff SGB 1 zeigen, besteht jedoch nicht schlechterdings eine Beratungspflicht im Einzelfall von Amts wegen. Regelmäßig wird hierfür eine Initiative der Beratungsbedürftigen zu verlangen sein; allenfalls kann auch ohne diese ein Tätigwerden des Leistungsträgers dann zur Pflicht erwachsen, wenn das Bedürfnis hierfür klar erkennbar ist (vgl Burdenski/v Maydell/Schellhorn, Kommentar zum SGB 1, RdNr 23 zu § 14 SGB 1). Dem entspricht die Rechtsprechung des BSG zu den Hinweispflichten der Leistungsträger (vgl BSGE 41, 126, 128; 42, 224, 227; 46, 124, 126; 47, 194, 198). Danach besteht diese ohne einen von dem Versicherten herbeigeführten Anlaß nur, wenn sie für den Leistungsträger nach den ihm bekannten tatsächlichen Umständen klar zu Tage liegen; eine schlichte Garantiehaftung wird abgelehnt (vgl auch BSG vom 10. Dezember 1979 - 12 RK 47/77 - und die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 11. März 1976 - 7 RAr 152/74 - AuB 1976, 217, vom 4. September 1979 - 7 RAr 115/78 - und vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 31/79 -).
Eine weitergehende Pflicht trifft auch nicht die Einzugsstelle, immer unterstellt, aus deren Verletzungen könnte überhaupt die Leistungspflicht der BA als Folge eines Verwirkungsverhaltens erwachsen. Es würde, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, eine Überspannung dieser Beratungspflichten bedeuten, wollte man annehmen, daß die Einzugsstelle in jedem Einzelfall verpflichtet wäre, von sich aus die Frage der Beitragspflicht des Beschäftigungsverhältnisses ohne äußeren Anlaß und nur zu dem Zweck der Ausübung der Beratung der Beschäftigten zu prüfen. Aus der bloßen Entgegennahme der Gesamtbeiträge vom Arbeitgeber für alle in seinem Betrieb Beschäftigten erwächst eine solche Veranlassung auch dann nicht, wenn dies über einen langen Zeitraum hinweg geschieht. Insoweit bedarf es besonderer Umstände, die der Einzugsstelle die Besonderheiten eines Einzelfalles objektiv erkennbar machen, um eine Beratungspflicht auszulösen. Anhaltspunkte dafür, daß solche Umstände im vorliegenden Falle gegeben waren, bestehen nach den Feststellungen des LSG jedoch nicht. Infolgedessen konnte die Klägerin das Verhalten der Einzugsstelle - Entgegennahme der Beiträge - auch nicht als ein planmäßiges und bewußtes Verhalten in dem Sinne auffassen, daß diese damit die Beitragspflicht ihrer Beschäftigung in der D-Klinik positiv bestätigen wolle, ja sogar in dem Sinne, daß ihr demzufolge hieraus auch die Anwartschaftszeiterfüllung für einen Anspruch auf Alg gegenüber der Beklagten im Falle der Arbeitslosigkeit erwachsen sollte (vgl BSGE 47, 194, 198, 199).
Eine andere Frage, und in diesem Verfahren nicht zu entscheiden, ist es, ob die Arbeitgeberin der Klägerin dieser gegenüber ihre Fürsorgepflichten verletzt hat und der Klägerin deshalb zum Schadenersatz verpflichtet ist oder ob sich die Klägerin für ihren Anspruch auf Rückerstattung der zu Unrecht erbrachten Beiträge (§ 186 AFG) gegenüber der Verjährungseinrede der Beklagten, sollte sie erhoben werden, auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung berufen könnte.
Der Anspruch der Klägerin auf Alg läßt sich auch nicht darauf gründen, daß die Beklagte im Rahmen des sogenannten sozialrechtlichen Schadensersatzanspruches verpflichtet wäre, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die Klägerin nach rechtzeitiger Aufklärung ihre Beschäftigung durch Vereinbarung einer längeren Arbeitszeit beitragspflichtig im Sinne des § 186 AFG gemacht hätte (Herstellungsanspruch). Insoweit fehlt es, wie bereits dargestellt wurde, an einem den Schadensersatzanspruch voraussehenden pflichtwidrigen Verhalten des Versicherungsträgers, hier in Form der Versäumung einer von Rechts wegen bestehenden Beratungspflicht (vgl dazu im einzelnen BSG vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 47/77 - mwN), deren Folgen durch eine Amtshandlung ausgeglichen werden könnten (vgl BSGE 32, 60, 70; 41, 126, 127; 41, 260, 262; 47, 194, 200).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi). Da ihre Beschäftigung - wie dargestellt wurde - im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung vom 3. Dezember 1975 nach § 102 AFG geringfügig (kurzzeitig) war, konnte sie damit keinen Anspruch auf Alhi begründen, wie es sonst auch bei fehlender Beitragspflicht allein durch eine entlohnte Beschäftigung möglich ist. Die eindeutige Bestimmung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Satz 2 AFG schließt davon jedoch geringfügige (kurzzeitige) Beschäftigungen im Sinne von § 102 AFG aus. Das SG hat deshalb zu Recht die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Auf die Revision der Beklagten muß infolgedessen das zusprechende Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen