Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Kläger und der Beigeladenen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Juli 1973 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit verpflichtet ist, den Klägern Kindergeld zu gewähren oder ob die Voraussetzungen des Ausschlußtatbestandes nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) vorliegen.
Die Kläger sind als Arbeiter bei der Beigeladenen, der „Nassauisches Heim”– Siedlungsbaugesellschaft mbH, die aufgrund des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen – Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) – als gemeinnützig anerkannt ist, beschäftigt. Gesellschafter der Beigeladenen sind überwiegend Gebietskörperschaften wie das Land Hessen sowie hessische Städte, Gemeinden und Landkreise, auch die Nassauische Heimstätte und die Wetzlarer Wohnungsgesellschaft. Auf die Arbeitsverhältnisse der Kläger findet der zwischen der Beigeladenen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirksleitung Hessen, abgeschlossene Betriebstarifvertrag (BTV) vom 16. Januar 1969, der rückwirkend ab 1. Januar 1968 in Kraft getreten ist, in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Dieser Tarifvertrag regelt die Arbeitsbedingungen der Kläger in 33 Paragraphen selbständig, d. h. ohne Bezugnahme auf die für Arbeitnehmer des Bundes (oder eines Landes) geltenden Tarifverträge. In zwei Anlagen sind ferner Vereinbarungen getroffen worden über Tätigkeitsmerkmale der technischen Arbeitnehmer (Angestellte) sowie über die Haushaltszulage.
Nachdem die Beklagte zunächst die Kindergeldanträge der Kläger zu 1) bis 3) 1964 abgelehnt hatte, gewährte sie den Klägern auf ihre Widersprüche hin 1969 Kindergeld bis einschließlich Dezember 1967, im übrigen wies sie die Widersprüche unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zurück. Dem Kläger zu 4) entzog die Beklagte durch Bescheid vom 2. April 1969 das Kindergeld ab Januar 1968 und forderte das bis Februar 1969 ausgezahlte Kindergeld von 1.050,– DM: zurück. Der Widerspruch des Klägers zu 4) blieb erfolglos. Den Klagen der Kläger zu 1) bis 4) hat das Sozialgericht (SG) entsprochen (Urteile vom 3. Juli 1970) und die Beklagte jeweils verurteilt, an die Kläger ab 1. Januar 1968 Kindergeld zu zahlen. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) nach Verbindung der vier Klageverfahren und nach Beiladung der „Nassauisches Heim”-Siedlungsbaugesellschaft mbH die Urteile des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die Arbeitgeberin der Kläger, nämlich die Beigeladene, sei eine Unternehmung, die zum öffentlichen Dienst im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zu rechnen sei. Die Gesellschaft sei kapitalmäßig ganz überwiegend mit Geldern der öffentlichen Hand ausgestattet und erfülle im Rahmen der staatlichen Wohnungspolitik unter kapitalmäßiger Beteiligung der öffentlichen Hand Aufgaben der Daseinsvorsorge, zu der der Bau und die Betreuung von Kleinwohnungen und damit die Schaffung von Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung gehöre. Die Erfüllung der der Beigeladenen übertragenen öffentlichen Aufgaben werde von dem Aufsichtsrat überwacht, dessen Mitglieder mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit bei einer Öffentlichen Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts diesem Organ der Beigeladenen angehörten und deshalb mit Beendigung ihrer öffentlichen Tätigkeit aus dem Aufsichtsrat ausscheiden müßten (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen). Die Beigeladene erfülle mithin jedenfalls von ihrer Funktion her Aufgaben der Daseinsvorsorge und sei dadurch, daß ihre Gesellschaft öffentliche Mittel zu ihrer Erfüllung erhalte, verpflichtet, ihren Arbeitnehmern einen dem übrigen öffentlichen Dienst vergleichbaren sozialen Schutz zu gewähren. Die Tatsache, daß die Beigeladene aufgrund des WGG als gemeinnützig anerkannt sei, sei allerdings für die Anwendung, des § 7 BKGG ohne Bedeutung. Allein der Umstand, daß die Beigeladene als eine Unternehmung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum öffentlichen Dienst im Sinne dieser Vorschrift rechne, reiche aus, die Kläger als Arbeitnehmer der Beigeladenen vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen. Weitere Ausführungen dazu, ob der BTV der Beigeladenen eine den Tarifverträgen, die für die Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes gelten, vergleichbare tarifvertragliche Regelung sei, bedürfe es daneben nicht. Aus der Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ergebe sich, daß der zweite Halbsatz der Vorschrift lediglich der Umschreibung diene, was als Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zu verstehen sei und er keine selbständige Bedeutung gegenüber dem ersten Halbsatz habe. Die Beigeladene müsse bei dieser Sachlage Ersatzkindergeld nach § 7 Abs. 6 BKGG zahlen; dies müsse sie trotz der vorgetragenen Bedenken (Auswirkung auf die Mieten der Sozialwohnungen) in Kauf nehmen. Aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. Mai 1967 – 1 BvL 18/65 – ergebe sich nichts gegenteiliges.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger und die Beigeladene die zugelassene Revision eingelegt. Sie sind der Auffassung, daß die Beigeladene nicht dem öffentlichen Dienst zugerechnet werden könne. Die Tatsache, daß öffentliche Gebietskörperschaften neben anderen juristischen Personen Gesellschafter der privatrechtlich – nämlich in Form einer GmbH – organisierten Beigeladenen seien, besage nichts. Die öffentliche Hand besitze bei vielen Unternehmen der Privatwirtschaft Gesellschafteranteile (Veba, VW), ohne daß dies auch nur als Indiz für die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG gewertet werden könne. Das LSG verkenne ferner, daß es sich bei der Beigeladenen nicht um ein Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge handele. Zwischen den Mietern und der Gesellschaft bestünden allein privatrechtliche Verträge, eine Monopolstellung habe die Gesellschaft nicht inne; auch sei sie nicht verpflichtet, Mietverträge mit jedem Mieter, der bestimmte Voraussetzungen erfülle, abzuschliessen. Die Beigeladene sei kein Versorgungsbetrieb, sie finanziere ihre Lohn- und Gehaltszahlungen weder unmittelbar noch mittelbar aus öffentlichen Haushaltsmitteln. Der BTV stelle gegenüber dem Bundesangestelltentarifvertrag keine vergleichbare tarifliche Regelung dar, wie das SG überzeugend dargelegt habe.
Die Kläger und die Beigeladene beantragen,
das Urteil des Hessischen LSG vom 25. Juli 1973 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen die Urteile des SG Frankfurt (Main) vom 3. Juli 1970 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Kläger und der Beigeladenen als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
sie als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, die hier strittigen Rechtsfragen seien vom 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits durch eine Reihe von Urteilen entschieden worden. Von diesen Urteilen sei das LSG nicht abgewichen, es habe sich sogar demjenigen vom 30. Januar 1973 ausdrücklich angeschlossen. Deswegen seien die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht gegeben. Wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folge, wäre die Revision mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des 7. Senats zumindest unbegründet.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen der Kläger und der Beigeladenen sind zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Entscheidung des LSG über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden, anderenfalls würde die zur Entlastung des BSG getroffene Regelung des Gesetzgebers, der eine Möglichkeit zur Anfechtung der Entscheidung des LSG über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision, insbesondere eine Nichtzulassungsbeschwerde wie jetzt nach neuem Recht (vgl. § 160a des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes –SGG– vom 30. Juli 1974 –BGBl I 1625–) bewußt im SGG nicht vorgesehen hat, auf einem Umweg zunichte gemacht werden (vgl. BSG in SozR Nr. 175 zu § 162 SGG mit zahlreichen weiteren Nachweisen; BSG 6, 70, 71). Entgegen der Annahme der Revision sind im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß sich das LSG bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Revision von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, zumal sich der vorliegende Fall von der bisherigen Rechtsprechung des 7. Senats dadurch unterscheidet, daß es sich hier – anders als in BSG, SozR Nr. 12 zu § 7 BKGG, ferner in BSG 35, 156 und auch bei der Entscheidung vom 7. August 1974 – 7 RKg 13/73 – nicht um Arbeitnehmer der Nassauischen Heimstätte, sondern der „Nassauisches Heim”-Siedlungsbaugesellschaft handelt; auch bestehen im vorliegenden Fall – wiederum anders als bei der Nassauischen Heimstätte – nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), die Gesellschafter der Beigeladenen nur überwiegend und nicht ausschließlich aus Gebietskörperschaften. Außerdem ist das LSG von der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG abgewichen – vgl. dazu weiter unten.
Die Revisionen der Kläger und der Beigeladenen sind auch im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG wird Kindergeld nicht gewährt, wenn eine Person, bei der das Kind nach § 2 Abs. 1 BKGG berücksichtigt wird, Arbeitnehmer einer Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung ist und auf ihr Arbeitsverhältnis Tarifverträge, die für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes gelten oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen angewandt werden. Nach der Rechtsprechung des 7. Senats sind Unternehmungen im Sinne der vorgenannten Bestimmung Betriebe, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, aber zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne gerechnet werden können. Dazu zählen solche Unternehmungen, die Aufgaben der Daseinsvorsorge, nämlich Aufgaben der Verwaltung im funktionellen Sinne, erfüllen (vgl. BSG 35, 156, 159 mit weiteren Nachweisen sowie neuerdings das unveröffentlichte Urteil des 7. Senats vom 7. August 1974 – 7 RKg 13/73). Dazu rechnet alles, was von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen bestimmte Personengruppen in den Genuß nützlicher, d. h. gemeinnützigen Zwecken dienender Leistungen zu versetzen (BSG aaO SozR Nr. 14 zu § 7 BKGG –Aa 30–). Nach dieser Rechtsprechung erfüllen Gesellschaften des Privatrechts, die „Organ der staatlichen Wohnungspolitik” im Sinne des § 28 WGG vom 29. Februar 1940 (RGBl 1940 I 437) sind, Aufgaben der Daseinsvorsorge und gehören deshalb zu den Unternehmungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG (BSG 35, 156). Dieser Auffassung schließt sich der nunmehr allein für das Kindergeldrecht zuständige 80 Senat im wesentlichen an.
Im vorliegenden Fall hat das LSG zwar nicht festgestellt, daß die Beigeladene ebenso wie die Nassauische Heimstätte GmbH als Staatliche Treuhandstelle für Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen Organ der staatlichen Wohnungswirtschaft im Sinne von § 28 WGG und in Verbindung mit der Anerkennung als gemeinnützig durch die Finanzbehörden anerkannt worden sei (vgl. BSG in SozR Nr. 3 zu § 7 BKGG), sondern nur, daß sie kapitalmäßig ganz überwiegend mit Geldern der öffentlichen Hand ausgestattet ist. Dies hindert jedoch nicht, die Beigeladene als Unternehmung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG anzusehen.
Die Anerkennung als Organ der staatlichen Wohnungspolitik nach § 28 WGG hat nach Absatz 1 dieser Vorschrift nur zur Folge, daß diese Unternehmen die gleiche Rechtstellung wie ein als gemeinnützig anerkanntes Wohnungsunternehmen erhalten, und als gemeinnützig im Sinne des WGG ist die Beigeladene nach den Feststellungen des LSG anerkannt. Daß der Anerkennung als gemeinnützig im vorgannten Sinne eine gewisse Indizwirkung zukommt, hat der 7. Senat in seinem Urteil vom 27. September 1968 (SozR Nr. 3 zu § 7 BKGG Bl. Aa 6) dadurch deutlich gemacht, daß er auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen und betont hat, daß solche Unternehmungen von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG erfaßt werden. Die Anerkennung als gemeinnützig setzt nämlich u. a. voraus, daß das Wohnungsunternehmen Wohnungen nur zu angemessenen Preisen überlassen darf, und die Angemessenheit des Preises ist in Durchführungsvorschriften geregelt (§ 7 Abs. 2 WGG). Außerdem muß es sich satzungsgemäß und tatsächlich mit dem Bau von Kleinwohnungen im eigenen Namen befassen oder diese betreuen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WGG). Schon daraus ergibt sich – entgegen der Ansicht der Revision –, daß ihr Tätigkeitsbereich anders als bei vielen Unternehmen der Privatwirtschaft, in denen die öffentliche Hand Gesellschafteranteile oder dergl. besitzt, nicht nur gewissen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen, sondern daß auch der Zweck ihrer Tätigkeit auf eine im öffentlichen Interesse liegende Förderung des Baues „gesunder und preiswerter Wohnstätten” (vgl. Präambel des Gesetzes vom 29. Februar 1940) gerichtet ist. Hinzu kommt, daß die Beigeladene ganz überwiegend mit öffentlichem Kapital arbeitet, das ihr ihre Gesellschafter, die entweder Körperschaften des öffentlichen Rechts sind oder Jedenfalls von ihrer Funktion her Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen – wie z. B. die Nassauische Heimstätte als staatliche Treuhandstelle für das Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen – zur Verfügung stellen.
In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß nach S. 7/8 des LSG-Urteils die Erfüllung der der Beigeladenen übertragenen öffentlichen Interessen dienenden Aufgaben von einem Aufsichtsrat überwacht wird, dem Mitglieder mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit bei einer öffentlichen Behörde oder Körperschaft des Öffentlichen Rechts angehören, und daß diese nach Beendigung ihrer öffentlichen Tätigkeit aus dem Aufsichtsrat ausscheiden müssen (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen). Gegen die Annahme eines Unternehmens privatwirtschaftlicher Art spricht schließlich auch, daß die Verträge über die Vermietung von Wohnungen der Beigeladenen nach einem von der zuständigen obersten Landesbehörde genehmigten Muster abzuschließen sind und die Miete nach den vom gemeinnützigen Wohnungsunternehmen anzuwendenden Verwaltungsgrundsätzen unter Beachtung der Vorschriften den Verordnung zur Durchführung des WGG (DVO) vom 24. November 1969 (BGBl 2141/42) sowie nach den jeweils gültigen Berechnungsverordnungen festgesetzt wird (vgl. §§ 12 bis 14 der DVO). Nach alledem handelt es sich bei der Beigeladenen um eine in der privatrechtlichen Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Unternehmung, die Aufgaben der Daseinsvorsorge, d. h. Aufgaben der Verwaltung im funktionellen Sinne erfüllt und deshalb zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne – entsprechend der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG – zu rechnen ist. Entgegen der Auffassung der Revision erfüllen nicht nur die in der Begründung zum Regierungsentwurf eines BKGG (BT-Drucks. IV/818 S. 16) erwähnten „Verkehrs- und Versorgungsbetriebe der Gemeinden” Aufgaben der Daseinsvorsorge, was nach Auffassung des Senats keiner näheren Begründung bedarf; sie sind deshalb aaO ausdrücklich auch nur „in erster Linie” erwähnt worden.
Der 7. Senat hat weiter zutreffend entschieden (vgl. BSG 35, 156, 160 sowie Urteil vom 7. August 1974 – 7 RKg 13/73), daß die Einbeziehung des mit der Beigeladenen vergleichbaren Unternehmens, nämlich der Nassauischen Heimstätte GmbH, in den Kreis der Unternehmungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt, weil die Gesellschaft nicht den Gesellschaften des privaten Rechts gleichgestellt werden kann, bei denen Körperschaften, Anstalten oder andere Träger des öffentlichen Rechts nicht oder nicht maßgebend beteiligt sind. Bei diesen ist nämlich die Zahlung des Kindergeldes aus Mitteln der öffentlichen Hand nicht ohne weiteres gewährleistet. Daraus ergeben sich aber – wirtschaftlich betrachtet – trotz gleicher Unternehmensart unterschiedliche Sachverhalte, die vom Gesetz auch unterschiedlich behandelt werden dürfen. Damit ist die getroffene Entscheidung sachgerecht, weil doppelte Leistungen der öffentlichen Hand vermieden werden. Dies trifft, wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, auch auf die Beigeladene zu.
Somit war der Rechtsauffassung des LSG insoweit zuzustimmen. Dieses hat nun allerdings in dem angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten, allein der Umstand, daß die Beigeladene als eine „Unternehmung” im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne gerechnet werden müsse, reiche aus, die Kläger als Arbeitnehmer der Beigeladenen vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen. Das LSG meint, es bedürfe deshalb keiner weiteren Ausführungen, ob der BTV der Beigeladenen, der am 1. Januar 1968 in Kraft getreten ist, eine mit den Tarifverträgen, die für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes gelten, vergleichbare tarifvertragliche Regelung sei. Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat nicht bei.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des 7. Senats (BSG 35, 156, 161 ff. – SozR Nr. 14 Bl. Aa 30 zu § 7 BKGG) ist davon auszugehen, daß neben der ersten Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG –„Unternehmung”– auch die zweite –„vergleichbare tarifvertragliche Regelung”– gegeben sein muß. Das folgt daraus, daß nach dem Gesetzestext neben der im weiteren Sinne öffentlichen „Unternehmung” noch eine mit der Bundes- oder Landesregelung „vergleichbare tarifvertragliche Regelung” vorliegen muß; die Notwendigkeit dieser weiteren Prüfung ergibt sich sonach schon aus dem in dieser Hinsicht klaren Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG. Durch dieses weitere Erfordernis hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß es auch Unternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG geben kann, die keine „vergleichbare tarifliche … Regelung” getroffen haben und deren Arbeitnehmer deshalb gerade nicht von dem Bezug von Kindergeld nach dem BKGG ausgeschlossen sind. Durch eine entsprechende eigenständige Tarifgestaltung könnte sonach durchaus dem Anliegen der Beigeladenen (möglichst niedrige Mieten für Sozialwohnungen) Rechnung getragen werden. Die Tarifverhältnisse müssen sonach festgestellt und auf ihre Vergleichbarkeit mit Bundes- oder Landesregelungen geprüft werden. Die Bezugnahme des LSG für seine gegenteilige Meinung auf die Entscheidung des 7. Senats vom 20. November 1970 (BSG 32, 98) geht fehl. Hier hat das BSG unter näherer Darlegung der Gründe entschieden, es sei geboten, den § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG, soweit dort von einer vergleichbaren tarifvertraglichen Regelung gesprochen werde, über seinen zu engen Wortlaut hinaus auch auf Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im weiteren Sinne anzuwenden, bei denen sich die sinngemäße Anwendung besoldungsrechtlicher Vorschriften über Kinderzuschläge nicht erst durch eine Verweisung auf eine auf das Besoldungsrecht weiter verweisende tarifvertragliche Regelung, sondern durch eine direkte Verweisung auf das Besoldungsrecht im Einzelarbeitsvertrag ergebe (S. 101 unten). Mit dieser Entscheidung hat das BSG nicht etwa ausgesprochen, daß es auf eine vergleichbare tarifvertragliche Regelung nicht ankomme, sondern nur, daß kein sachlicher Grund dafür ersichtlich sei, der es rechtfertigen könnte, Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes Kindergeld zu gewähren, obwohl ihnen nach der einzelvertraglichen Abrede bereits Kinderzuschläge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zustehen.
Die weitere Begründung des LSG, daß die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen auf das Einzelarbeitsverhältnis nicht das Kriterium des Ausschlusses vom Bezug des Kindergeldes sein könne, zeige sich auch bei den übertariflich entlohnten Arbeitnehmern von Unternehmungen, die auf die Arbeitsverhältnisse ihrer sonstigen Arbeitnehmer die Tarifverträge, welche für die Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes gelten oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen anwenden, vermag ebenfalls nicht zu über zeugen. Denn § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG kann auch auf übertariflich entlohnte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse durch Sondervertrag außerhalb des Tarifrechts geregelt sind, entsprechend angewendet werden, so daß es nicht zu Doppel Zahlungen der öffentlichen Hand – einmal durch die Unternehmung aufgrund des Einzelvertrages, zum anderen durch die Beklagte nach § 1 BKGG – kommt, wenn dieser Einzelvertrag eine vergleichbare tarifvertragliche Regelung enthält. Entscheidend für eine solche ist die Gesamtregelung, die sich aus einem inhaltlichen Vergleich des Einzelarbeitsvertrages mit einem Tarifvertrag des Bundes oder eines Landes ergibt. Es kommt mithin nicht auf eine Übereinstimmung in allen Einzelheiten an. § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG fordert nicht eine Gleichheit, sondern lediglich Vergleichbarkeit der Vertragsinhalte. Einzelne Unterschiede schließen die Vergleichbarkeit nicht aus, wenn der für den öffentlichen Dienst typische Charakter der Gesamtregelung erhalten bleibt (BSG 35, 156, 161). Die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne wird allerdings im wesentlichen nur an solchen tarifvertraglichen Bestimmungen offenbar, die den öffentlichen Dienst kennzeichnen. Irgendwelche besonderen Regelungen gehen dieser Indizwirkung ab, sie sind deshalb als Vergleichsfaktoren von untergeordneter Bedeutung (BSG aaO 162). Von entscheidender Bedeutung bleibt nur die Bemessung der Vergütung nach Vergütungsgruppen, Lebensalterstufen oder des Lohnes nach Lohngruppen, Dienstzeitstufen und Ortslohnklassen, insbesondere aber auch die Frage, ob Ortszuschläge, Sozialzuschläge, Krankenbezüge, Beihilfen und Unterstützungen, Sterbegeld und Übergangsgeld gewährt und sonstige Vergünstigungen eingeräumt werden (vgl. dazu BSG 35, 161, 162 sowie Urteil vom 7. August 1974 – 7 RKg 13/73); das kann auch bei übertariflich entlohnten Arbeitnehmern der Fall sein.
Die vom LSG für seine gegenteilige Ansicht weiter herangezogene Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG vermag für die Frage, ob ein Ausschlußtatbestand für die Gewährung von Kindergeld vorliegt, gleichfalls nicht dazu zu führen, allein auf die Tatsache, ob eine Unternehmung im Sinne der genannten Vorschrift vorliegt, abzustellen und auf die Prüfung der Vergleichbarkeit zu tarifvertraglichen Regelungen zu verzichten. Wenn das LSG hierzu auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines BKGG (Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode IV/818 S. 16) hinweist, in dem ausgeführt worden ist, daß den Bundesangestelltentarif nur solche Arbeitgeber anwenden werden, die sich selbst als Teil der öffentlichen Verwaltung ansehen, so kann dieser Hinweis schon deshalb die Entscheidung des LSG nicht stützen, weil die Beigeladene den Bundesangestelltentarif gerade nicht anwendet, was somit eher zu einer Verneinung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG führen müßte. Soweit darüber hinaus allgemeine Folgerungen aus dieser amtlichen Begründung gesogen werden sollten, ist zu berücksichtigen, daß es sich insoweit lediglich um eine unverbindliche Prognose handelt, die hinter dem Gesetzeswortlaut zurückzutreten hat. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG 1, 299, 312; 11, 126, 129, 130; 24, 1, 15) ist maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift der in dieser zum Ausdruck kommende objektive bzw. objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den er hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist hingegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte kommt nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können. In § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ist aber durch das Wort „und” zwischen Unternehmung und dem Hinweis auf die vergleichbaren tariflichen Regelungen deutlich gemacht, daß beide gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen. Darüber hinaus konnte sich auch die oben genannte „Prognose” sinngemäß nicht auch auf solche Fälle beziehen, in denen die Einordnung des Unternehmens in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG im Einzelfall – wie hier – gerade streitig ist.
Daß auf die Prüfung und Würdigung der in der strittigen Vorschrift ausdrücklich genannten „Tarifverträge” und „vergleichbaren tarifvertraglichen Regelungen” nicht verzichtet werden kann, ergibt sich schließlich auch aus der Vorschrift des § 7 Abs. 6 BKGG, auf die sich das LSG mehrfach bezogen hat und auf die es die Kläger zwecks Erhalts eines „Ersatzkindergeldes” verweisen will. Denn auf diese Ersatzleistung besteht nur dann ein Anspruch, wenn die Arbeitgeber auf die Arbeitsverhältnisse nicht die für Beamte geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften über Kinderzuschläge oder Hegelungen anwenden, die den besoldungsrechtlichen Vorschriften „mindestens entsprechen”. Diese durch Art. 1 Nr. 6 des Änderungsgesetzes zum BKGG vom 5. April 1965 (BGBl I 222) auf Arbeitgeber im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ausgedehnte Vorschrift (vgl. Sixtus-Haep „Die Kindergeldgesetze und ihre Anwendung”, 4.Aufl., Stand Mai 1973, Anm. 21 zu § 7 BKGG) setzt voraus, daß in der „vergleichbaren” tarifvertraglichen Regelung eines der unter § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG fallenden Unternehmen die Kinderzuschläge eine gegenüber den Tarifverträgen des Bundes oder der Länder ungünstigere Regelung erfahren haben. Für diesen Fall billigt der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Leistungen in Höhe des Kindergeldes gegenüber seinem Arbeitgeber zu (BSG in SozR. Nr. 3 zu § 7 BKGG; BVerfG in SozR Nr. 61 zu Art. 3 GG). Ob sonach ein Anspruch nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ausgeschlossen und deshalb u.U. ein solcher nach § 7 Abs. 6 BKGG gegeben ist, ergibt sich insbesondere aus den im Einzelfall getroffenen tariflichen Regelungen. Diese müssen also festgestellt und erst danach kann entschieden werden, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG erfüllt sind.
Das LSG hat nun – von seinem Standpunkt aus zu Recht –keine Feststellungen hinsichtlich der Vergleichbarkeit des BTV mit Tarifverträgen des Bundes oder der Länder angestellt, insbesondere hat es keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Vergütung nach Vergütungs- oder Lohngruppen, Lebensalterstufen, Dienszteitstufen, Ortslohnklassen bemessen wird und ob Ortszuschläge, Sozialzuschläge, Beihilfen usw. (vgl. dazu BSG 35, 161, 162) gewährt werden; auch die Frage, ob ein erweiterter Kündigungsschutz besteht und ob eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung eingerichtet ist, spielt hierbei eine Rolle (BSG aaO 162). Hingegen ist – anders als bei § 7 Abs. 6 BKGG – hier nicht darauf abzustellen, ob eine entsprechende Regelung über Kinderzuschläge getroffen worden ist, denn einer solchen Auslegung steht schon der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen. Insoweit wird auch auf die BSG-Entscheidung in SozR Nr. 3 zu § 7 BKGG verwiesen, in der diese Auslegung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (vgl. SozR Nr. 61 zu Art. 3 GG B. Ab 51, wo bestätigt wurde, daß § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG nur auf eine vergleichbare tarifvertragliche Gesamtregelung und nicht auch auf eine vergleichbare Kinderzuschlagsregelung abstelle) näher begründet wurde. Dahingehende Feststellungen hat das LSG nicht getroffen. Da der erkennende Senat diese Feststellungen nicht nachholen kann, war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Sollten dessen Feststellungen ergeben, daß den Klägern Kindergeld nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht zusteht, so könnte gegen die daraus etwa resultierende Anwendung des § 7 Abs. 6 BKGG nicht eingewandt werden, damit würden in unzumutbarer Weise die Mieten für die Sozialwohnungen erhöht werden müssen. Denn der Anspruch der Arbeitnehmer der Siedlungsbaugesellschaft auf Kindergeld ist gegenüber diesem Anliegen unter Würdigung aller hier maßgeblichen Gesichtspunkte mindestens als gleichrangig anzusehen. Insoweit wird auch auf den Beschluß des BVerfG in SozR Nr. 61 aaO verweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Unterschriften
Dr. Maisch, Thomas, Schroeder-Printzen
Fundstellen