Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
II
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG, weil das Verfahren vor diesem Gericht an einem vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel leidet.
Die Klage ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß er einen weiteren Rechtsstreit gegen die BfA mit dem Ziele führt, nach § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht befreit zu werden. Der Kläger begehrt in diesem Rechtsstreit eine Verurteilung der beklagten BA dahingehend, diese solle die Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwaltskammer auch dann tragen, wenn der Kläger nicht nach § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht befreit werden könne. Dieses Klageziel kann nicht in dem Prozeß gegen die BfA erreicht werden.
Das LSG hat die notwendige Beiladung des Versorgungswerks (§ 75 Abs. 2 SGG) unterlassen. Damit leidet das Berufungsverfahren an einem in der Revisionsinstanz fortwirkenden Mangel, der vom BSG nicht beseitigt werden kann (§ 168 SGG), ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG vgl. insbesondere SozR 1500 § 75 Nrn. 1, 21, 49, 51, 56; SozR 3 1500 § 75 Nr. 2).
Nach § 75 Abs. 2, 1. Fall SGG sind Dritte zum Rechtsstreit beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die zu erwartende Entscheidung zugleich in die Rechtssphäre des Dritten unmittelbar eingreift (BSGE 11, 262, 265; 46, 232, 233 = SozR 2200 § 658 Nr. 3; SozR 1500 § 75 Nr. 49). Würde dieser nicht am Rechtsstreit beteiligt werden, so würde die Rechtskraft der Entscheidung ihn nicht binden (§ 141 Abs. 1 SGG), und es könnte ihm gegenüber später anders entschieden werden. Um dies zu vermeiden, ist er zum Rechtsstreit beizuladen (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 24. Juni 1981 SozR 1500 § 75 Nr. 36;
vom 15. Februar 1989 SozR 5425 § 2 Nr. 1 und vom 21. Februar 1990 SozR 3 1500 § 75 Nr. 2).
Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 25. April 1991 (SozR 3 4100 § 166b Nr. 1) in einem vergleichbaren Fall bereits entschieden hat, ergibt sich auch im vorliegenden Rechtsstreit die Notwendigkeit der Beiladung des Versorgungswerks nach § 75 Abs. 2, 1. Fall SGG aus § 166b Abs. 1 AFG. Nach dieser Vorschrift trägt die BA u.a. die Beiträge zur Versorgungseinrichtung für Empfänger von Alg oder Alhi, die nach § 7 Abs. 2 AVG befreit sind, bis zu der Höhe, in der sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten hätte, wenn der Leistungsempfänger nicht von der Versicherungspflicht befreit worden wäre, höchstens jedoch bis zur Höhe des vom Leistungsempfänger aufgrund der Satzung der Versorgungseinrichtung geschuldeten Beitrags (Satz 1). Der Leistungsempfänger wird insoweit von der Verpflichtung befreit, Beiträge zu dieser Einrichtung zu entrichten (Satz 2).
"Trägt" also die BA die Beiträge, so wird der Empfänger von Alg oder Alhi "insoweit" von der eigenen Verpflichtung zur Beitragszahlung frei. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist das "Tragen der Beiträge" in § 166b Abs. 1 Satz 1 AFG dahingehend zu verstehen, daß auf die rechtliche Verpflichtung und nicht auf das tatsächliche Zahlen der Beiträge abzustellen ist. Sind die Voraussetzungen des Satzes 1 der genannten Vorschrift erfüllt, so tritt die daran in Satz 2 geknüpfte Wirkung unabhängig vom Zeitpunkt der Beitragszahlung ein. Der Empfänger von Alg oder Alhi ist von seiner Verpflichtung, Beiträge zu entrichten, befreit, sobald die entsprechende Pflicht der Beklagten beginnt (so auch Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl. Rdnr. 20 zu § 166b; Schelter, Komm zum AFG, Rdnr. 9 zu § 166b; aA Schiekel/Grüner/Dalichau, Komm zum AFG, Anm. II 3 zu § 166b ohne nähere Begründung).
Damit aber würde, falls der Kläger obsiegte, die Entscheidung über den Rechtsstreit einen Schuldnerwechsel herbeiführen, nämlich die Beitragspflicht des Klägers gegenüber dem Versorgungswerk für die fragliche Zeit ausschließen und an deren Stelle die der Beklagten treten lassen. Somit griffe eine positive Entscheidung über die Beitragspflicht der Beklagten unmittelbar in die Rechtssphäre des Versorgungswerks ein und könnte daher ihm gegenüber auch nur einheitlich ergehen. Entsprechendes gilt, wenn die Beitragspflicht der Beklagten verneint würde. Dann nämlich hätte die Entscheidung gegenüber dem Versorgungswerk die Wirkung, daß ihm nur gegen den Kläger, nicht aber gegen die Beklagte Beitragsansprüche zustünden. Ohne Beiladung könnte sich die Beklagte aber nicht auf die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils berufen, falls das Versorgungswerk von ihr die Beiträge verlangte.
Die Verpflichtung der Beklagten zur Beitragsleistung bliebe auch bei einer etwaigen Beitragszahlung durch den Kläger unberührt; denn er hätte für die fragliche Zeit ohne Rechtsgrund geleistet und könnte die Beiträge zurückerstattet verlangen (so auch Schelter, a.a.O., Rdnr. 9 zu § 166b; Schiekel/Grüner/Dalichau, a.a.O., Anm. II 3 zu § 166b).
Eine notwendige Beiladung der BfA ist dagegen nicht erforderlich. Zwar könnte sie vom Ausgang des Rechtsstreits insoweit betroffen werden, als sie möglicherweise für die Zeit, in der der Kläger Alg oder Alhi bezogen hat, Beiträge für Ausfallzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 112a AVG von der Beklagten erhalten hat und diese im Falle des Obsiegens des Klägers der Beklagten nach § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) erstatten müßte. In einem etwaigen Rechtsstreit zwischen BA und BfA über die Erstattung der Beiträge wäre jedoch der Streitgegenstand ein anderer als der im vorliegenden Verfahren, denn die hier den Streitgegenstand bildende Frage, ob die BA die Mitgliedsbeiträge des Klägers zum Versorgungswerk für die Zeit vom 6. August bis 31. Dezember 1984 zu tragen hat, wäre in einer zwischen BA und BfA geführten Erstattungsstreitigkeit nur Vorfrage. Die im vorliegenden Rechtsstreit zu erwartende Entscheidung greift somit nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der BfA ein und muß ihr gegenüber nicht einheitlich ergehen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 25. April 1991 a.a.O.).
Die unterbliebene notwendige Beiladung des Versorgungswerks mußte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG führen. Nach dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 18. Januar 1990 (BSGE 66, 144, 146, 147 = SozR 3 5795 § 6 Nr. 1) zieht dieser Verfahrensfehler zwar dann keine Zurückverweisung an die Vorinstanz nach sich, wenn aus der Sicht des Revisionsgerichts die Klage in jedem Fall abgewiesen werden muß. Letzteres konnte der Senat nicht eindeutig bejahen.
Da somit ohne Beiladung des Versorgungswerks in der Sache nicht entschieden werden kann, ist diese nunmehr vom LSG nachzuholen.
Das LSG wird bei einer erneuten Entscheidung auch darüber zu befinden haben, ob einschließlich des Revisionsverfahrens außergerichtliche Kosten zu erstatten sind.12 RK 42/91
BSG
Fundstellen