Leitsatz (redaktionell)
Ein nach RVO § 183 Abs 2 erschöpfter Krankengeldanspruch lebt nach Ablauf der 3-Jahres-Frist unabhängig davon wieder auf, ob ununterbrochen Arbeitsunfähigkeit oder zwischenzeitlich Arbeitsfähigkeit bestanden hat.
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Januar 1967 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist bei der beklagten Ersatzkasse versichert. Er hat für die Zeit vom 5. Dezember 1960 bis 1. Oktober 1961 mit 301 Tagen, vom 4. Oktober bis 20. Dezember 1961 mit 78 Tagen und vom 19. Januar bis 4. Februar 1962 mit 17 Tagen für insgesamt 396 Tage und außerdem für die Zeit vom 3. Oktober 1962 bis 1. März 1963 für weitere 150 Tage, also insgesamt in der Zeit vom 5. Dezember 1960 bis 1. März 1963 für 78 Wochen Krankengeld oder entsprechende Ersatzleistungen bezogen. Vom 4. November 1963 bis 31. Januar 1964 war der Kläger abermals arbeitsunfähig. Bis zum 15. Dezember 1963 erhielt der Kläger Arbeitslohn.
Mit Bescheid vom 3. Januar 1964 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bestehe für die derzeitige Erkrankung kein Anspruch auf Krankenhauspflege oder Zahlung von Krankengeld. Der Anspruch sei durch die Gewährung von Leistungen für insgesamt 78 Wochen erschöpft. Ein neuer Anspruch könne nur entstehen, wenn nach Ablauf der Dreijahresfrist am 5. Dezember 1963 eine erneute Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei. Durch Bescheid vom 24. Januar 1964 stellte die Beklagte weiter fest, der Kläger habe für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit die vollen Beiträge zu entrichten. Der Kläger zahlte diese und erhob erfolglos Widerspruch. Auf die Klage hin verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, dem Kläger ab 16. Dezember 1963 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zu gewähren und ihm die für diese Zeit gezahlten Beiträge zu erstatten.
Die zugelassene Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Urteil vom 13. Januar 1967 im wesentlichen zurück. Es führte aus, der Anspruch für die Folgezeit entfalle bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit über die 78. Woche hinaus nicht, es trete lediglich eine Unterbrechung des Zahlungsanspruchs ein. Der Anspruch lebe bei ununterbrochen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit ohne weiteres mit dem Beginn des neuen Dreijahreszeitraums, gerechnet vom Beginn dieser Arbeitsunfähigkeit, wieder auf. Dies auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Dreijahreszeitraums nicht dauernd fortbestehe, sondern durch eine Zeit der Arbeitsfähigkeit unterbrochen werde. Deswegen beginne die neue Dreijahresfrist grundsätzlich am 5. Dezember 1963 wieder, Krankengeld sei aber mit Rücksicht darauf, daß der Kläger bis zum 15. Dezember 1963 Arbeitsentgelt bezogen habe, erst ab 16. Dezember zu gewähren.
Die Beklagte hat die - zugelassene - Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es werde im Schrifttum auch eine andere Meinung als die in dem angefochtenen Urteil vertreten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Urteil vom 13. Januar 1967 aufzuheben und den Bescheid vom 3. Januar 1964 idF des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1963 wieder herzustellen.
Der Kläger ist nicht vertreten.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden.
II
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 17 Nr. 21 Buchst. b der Versicherungsbedingungen der Beklagten, der für alle Versicherten gilt, wird das Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für höchstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, so wird die Leistungsdauer nicht verlängert. Diese Satzungsbestimmung entspricht dem § 183 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Gesetzes vom 12. Juli 1961. Es ist daher gerechtfertigt, sie ebenso wie die genannte Gesetzesvorschrift auszulegen.
Wie der Senat bereits in dem der Beklagten bekannten Urteil vom 28. April 1967 - 3 RK 12/66 - (SozR Nr. 17 zu § 184 RVO) entschieden hat, kann eine Krankenkasse, die innerhalb von drei Jahren bis 78 Wochen Krankenhauspflege wegen derselben Krankheit gewährt hat, die weitere Gewährung von Krankenhauspflege nach Ablauf von drei Jahren nicht deswegen verweigern, weil die Krankenhauspflegebedürftigkeit ununterbrochen fortbestanden hat. Der Senat hat in dem genannten Urteil weiter entschieden, daß dieses auch für die Gewährung von Krankengeld gelte.
Hat die Wiedergewährung des Krankengeldes nach Ablauf der drei Jahre bei Fortdauer derselben Krankheit selbst dann zu erfolgen, wenn der Versicherte ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen ist, muß dieses um so mehr für diejenigen Fälle gelten, in denen - wie hier - keine dauernde Arbeitsunfähigkeit des Versicherten vorgelegen hat, sondern die Zeit der Arbeitsunfähigkeit durch eine Zeit der Arbeitsfähigkeit unterbrochen worden ist. Daß der Versicherte nach Ablauf der in § 183 Abs. 2 RVO genannten Dreijahresfrist erst eine Zeitlang arbeitsfähig gewesen sein muß, um einen Anspruch auf weitere Gewährung von Krankengeld zu erwerben, entspricht weder dem Zweck dieser Vorschrift noch den Vorstellungen des Gesetzgebers, wie der Senat in der zitierten Entscheidung näher dargelegt hat.
Mit Recht hat daher das LSG auch für den von ihm unterstellten Fall, daß der Kläger wegen derselben Krankheit, für die er seit 6. Dezember 1960 für 78 Wochen Krankengeld oder Ersatzleistungen bezogen hatte, beim Einsetzen der zweiten Dreijahresphase - 5. Dezember 1963 - arbeitsunfähig war, den Anspruch des Klägers auf weitere Gewährung von Krankengeld für dem Grunde nach gegeben erachtet. Zutreffend hat das LSG weiterhin berücksichtigt, daß der Kläger bis zum 15. Dezember 1963 sein Gehalt fortgezahlt erhielt und der Anspruch auf Krankengeld deshalb ruhte (§ 17 Nr. 17 Satz 4 der Versicherungsbedingungen = § 189 Abs. 1 RVO). Die Verurteilung zur Weitergewährung des Krankengeldes vom 16. Dezember 1963 an entsprach daher der Rechtslage.
Ebenso ist den Vorinstanzen in der Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Beitragserstattung zu folgen. Mit dem Anspruch auf Krankengeld korrespondiert das Recht auf Beitragsfreiheit (§ 10 Nr. 2 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen = § 383 Abs. 1 Satz 1 RVO).
Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen