Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 5. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt. Nach seinen Angaben zu Beginn des jetzigen Verfahrens beschäftigte er in seiner Kanzlei ab dem 15. März 1992 fünf Angestellte, die bei Ersatzkassen gemeldet waren. Vier davon waren sozialversicherungsfrei mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von unter zehn Wochenstunden. Im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall begehrt der Kläger, ihn in das Umlageverfahren nach § 10 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) einzubeziehen. Sein diesbezüglicher Antrag wurde von der am Kanzleisitz örtlich zuständigen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Hannover, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit Bescheid vom 13. November 1992 unter Hinweis darauf abgelehnt, daß das Umlageverfahren nur die Belastungen durch die Entgeltfortzahlung an Arbeiter ausgleiche; die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1994 zurück.
Klage und Berufung, mit denen sich der Kläger vor allem auf Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und Art 119 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) berief, hatten ebenfalls keinen Erfolg (Urteile vom 12. September 1995 und vom 5. Februar 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Zurückweisung der Berufung vor allem damit begründet, daß die Beschränkung des Arbeitgeberausgleichs auf die Entgeltfortzahlung an Arbeiter weder Angestellte im allgemeinen noch weibliche Angestellte im besonderen mittelbar oder unmittelbar diskriminiere. Arbeitgeber hätten zwar unter Umständen für weibliche im Vergleich zu männlichen Angestellten zusätzliche Aufwendungen für mutterschaftsbedingte Erkrankungen; typisch sei ein solcher Sachverhalt aber nicht, so daß der Gesetzgeber auch nicht gehalten sei, ihn eigens zu berücksichtigen. Durch den fehlenden Ausgleich bedingte Nachteile von weiblichen gegenüber männlichen Angestellten bei der Einstellung seien nicht belegt. Auch die Differenzierung zwischen Kleinbetrieben mit Arbeitern und solchen mit Angestellten sei nicht verfassungswidrig. Die rechtliche Annäherung zwischen diesen beiden Personengruppen zwinge den Gesetzgeber bisher nicht, die jeweiligen Arbeitgeber bei der Erstattung für die Entgeltfortzahlung gleich zu behandeln. Bedenken gegen den Ausschluß eines möglicherweise schutzbedürftigen Personenkreises aus der Entgeltfortzahlungsversicherung würden dadurch ausgeräumt, daß nach § 19 LFZG die Gründung einer freiwilligen Ausgleichskasse zulässig sei, der auch Arbeitgeber beitreten könnten, die nur Angestellte beschäftigen.
Mit seiner Revision macht der Kläger weiterhin eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG geltend. Er ist der Meinung, das LSG habe der in den vergangenen Jahren veränderten Situation von Arbeitern und Angestellten im Arbeitsleben nicht ausreichend Rechnung getragen. Arbeiter würden in zunehmendem Umfang im Dienstleistungsbereich und nicht mehr nur im Produktionsbereich eingesetzt; bei Angestellten sei die Entwicklung umgekehrt. Die Zahlen über den Krankenstand in den verschiedenen Kassenarten sprächen für häufigeren krankheitsbedingten Arbeitsausfall bei den Angestellten als bei den Arbeitern. Insgesamt sei die Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben im Blick auf das Risiko von Arbeitsausfall und Entgeltfortzahlung bei der Beschäftigung von Angestellten gleich wie bei der Beschäftigung von Arbeitern. Die Grenzen einer zulässigen Typisierung seien wegen der Zahl der von den dargestellten Verschiebungen betroffenen Arbeitnehmern überschritten. Die Möglichkeit der Gründung einer eigenen Ausgleichskasse bestehe nur theoretisch und sei jedenfalls vom Kläger allein nicht zu realisieren. Durch den Ausschluß der Angestellten würden Frauen mittelbar diskriminiert, weil sie häufiger – insbesondere schwangerschaftsbedingt – krank seien als Männer. Arbeitgeber von Kleinbetrieben würden daher Angestelltentätigkeiten eher Männern übertragen als Frauen, weil sie das Risiko der Entgeltfortzahlung alleine tragen müßten.
Der Kläger beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verurteilen, seine Beteiligung am Arbeitgeberausgleich für die krankheitsbedingte Entgeltfortzahlung an seine Angestellten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Den Zahlen über den Krankenstand bei verschiedenen Kassenarten könne entnommen werden, daß Arbeiter häufiger krank seien als Angestellte, wenn man berücksichtige, daß der niedrigere Krankenstand bei Arbeiterersatzkassen nur eine geringe Zahl von Versicherten betreffe und daß der Krankenstand bei den Innungskrankenkassen durch die verstärkte soziale Kontrolle in Kleinbetrieben gesenkt werde.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist nicht begründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist die Teilnahme des Klägers am Arbeitgeberausgleich, soweit sie durch § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 LFZG hinsichtlich der vom Kläger beschäftigten Angestellten ausgeschlossen ist. Damit wird nicht nur eine Leistung iS von § 54 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verlangt, denn die begehrte Teilnahme hat nach § 14 LFZG gleichzeitig die Umlagepflicht zur Folge. Insofern zielt der Rechtsstreit auf die Feststellung eines kraft Gesetzes entstehenden Versicherungsverhältnisses, ähnlich wie es beim Streit um die Sozialversicherungspflicht der Fall ist. Mangels ausdrücklichen Antrags auf rückwirkende Durchführung des Arbeitgeberausgleichs bezieht sich das Rechtsschutzbegehren des Klägers auf die Zukunft. Für den Fall der künftigen Teilnahme am Ausgleichsverfahren verpflichtet das Gesetz die Ausgleichskasse in § 10 Abs 2 Satz 1 LFZG zum Erlaß eines Feststellungsbescheids, der sich deshalb auch als Mittel zur verwaltungsverfahrensrechtlichen Umsetzung des Klagebegehrens anbietet. Die Klage ist richtigerweise als Verpflichtungsklage auf Erlaß eines Bescheids nach § 10 Abs 2 Satz 1 LFZG zu verstehen. Auch wenn der Kläger einräumt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine derartige Feststellung nicht vorliegen, kann er auf diesem Wege die verfassungsrechtliche Überprüfung der Vorschriften erreichen, die ihn vom Arbeitgeberausgleich ausschließen; bei einer Beurteilung als verfassungswidrig würde er im Wege der verfassungskonformen Auslegung in das Umlageverfahren einbezogen oder das Verfahren wäre – nach Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) – bis zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung auszusetzen (vgl BVerfGE 82, 126, 155 f).
Die am Kanzleisitz des Klägers zuständige AOK ist die richtige Beklagte, denn sie ist die zuständige Pflichtkasse für die beim Kläger beschäftigten Angestellten. Wie den unangegriffenen Feststellungen des LSG zu entnehmen ist, hat es bis zur mündlichen Verhandlung in den mit dem Kläger bestehenden Beschäftigungsverhältnissen keine für die Entscheidung wesentliche Änderung gegeben, so daß für das Revisionsverfahren weiterhin von einer unter zwanzig liegenden Arbeitnehmerzahl und von der Ersatzkassenmitgliedschaft der Angestellten auszugehen ist. Für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 begründete dies die Zuständigkeit der Beklagten nach § 10 Abs 3 Halbs 2 LFZG, denn bei einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw ohne die Mitgliedschaft in einer Ersatzkasse wären die Angestellten des Klägers Pflichtmitglieder der für den Beschäftigungsort zuständigen AOK nach § 173 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der damals geltenden Fassung gewesen. Anhaltspunkte für eine abweichende Zuständigkeit nach den damaligen §§ 174 bis 179 SGB V lagen nicht vor. Obwohl die früheren starren Zuständigkeitsregeln zum 1. Januar 1996 durch weitgehende Wahlrechte der Versicherten ersetzt wurden, hat sich dadurch im Ergebnis nichts geändert. § 10 Abs 3 Halbs 2 LFZG weist zwar seitdem eine unbeabsichtigte Lücke auf, denn die zuständige Kasse ist nicht mehr eindeutig zu bestimmen: Neben der AOK kommen nach § 173 Abs 2 Nr 4 bis 6 SGB V in der seit 1. Januar 1996 geltenden Fassung verschiedene Kassen in Betracht, die nach § 10 Abs 1 Satz 1 LFZG auch zur Durchführung des Arbeitgeberausgleichs zugelassen sein können. Diese Lücke kann aber ausgefüllt werden, indem die früheren, außer Kraft getretenen Vorschriften weiter angewandt werden, bis der Gesetzgeber § 10 LFZG an die neue Rechtslage im Krankenversicherungsrecht angepaßt haben wird.
Daß die Beschäftigung von Angestellten nach geltendem Recht nicht zur Teilnahme am Arbeitgeberausgleich berechtigt, wird vom Senat ebensowenig wie von den Beteiligten in Zweifel gezogen. § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 LFZG erfaßt nach seinem eindeutigen Wortlaut, aber auch nach seiner Entstehungsgeschichte nur die Entgeltfortzahlungsansprüche von Arbeitern und Auszubildenden. Mit der Verweisung auf diese Vorschrift in § 14 Abs 2 Satz 1 LFZG ist klargestellt, daß sich auch die Umlagepflicht nur auf diesen Personenkreis bezieht.
Die Entgeltfortzahlungsversicherung des Arbeitgebers wurde im selben Gesetz geschaffen, in dem allen Arbeitern ein unabdingbarer arbeitsrechtlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die ersten sechs Wochen einer Arbeitsverhinderung durch Krankheit eingeräumt wurde (LFZG vom 27. Juli 1970, BGBl I 946). Zwischen den beiden Neuregelungen bestand auch ein innerer Zusammenhang. Frühere Versuche, die Entgeltfortzahlung auf Arbeiter auszudehnen und dadurch die Privilegierung von Angestellten im Arbeitsrecht abzubauen, waren ua daran gescheitert, daß keine Möglichkeit gesehen wurde, die damit einhergehenden finanziellen Belastungen des Arbeitgebers in angemessener Weise aufzufangen (vgl Protokolle der 156. und 157. Sitzung des Bundestagsausschusses für Sozialpolitik vom 2. und 3. Mai 1957, 2. Legislaturperiode). Insofern war der Arbeitgeberausgleich von Anfang an mit der Einführung der Entgeltfortzahlung speziell für Arbeiter verknüpft. Der entsprechende Aufwand des Arbeitgebers für Angestellte bot 1970 keinen Anlaß mehr zu einer besonderen Entlastungsmaßnahme, denn für diese bestand bereits seit etwa vier Jahrzehnten eine unabdingbare Fortzahlungspflicht im Krankheitsfall (insbesondere durch § 616 Abs 2 BGB in der bis 31. Mai 1994 geltenden Fassung).
Es trifft zwar zu, daß der Zusammenhang des Arbeitgeberausgleichs mit der Entgeltfortzahlung an Arbeiter zum 1. Januar 1986 in zwei Punkten gelockert wurde. Einerseits wurde der Krankenlohn an Auszubildende auch dann einbezogen, wenn diese zu Angestelltenberufen ausgebildet wurden (§ 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 LFZG idF des Art 6 des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 26. April 1985, BGBl I 710); insoweit hat der Senat verfassungsrechtliche Bedenken eines ebenfalls klagenden Rechtsanwalts wegen angeblicher Unklarheiten der gesetzlichen Regelung mit Urteil vom 12. März 1996 zurückgewiesen (BSG SozR 3-7860 § 14 Nr 3). Andererseits wurde die Unterscheidung zwischen Arbeiter- und Angestelltenberufen auch bei der Ausdehnung des Ausgleichs auf Leistungen im Rahmen des Mutterschutzes fallengelassen (§ 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 und 3 LFZG aaO). Bei dieser gesetzgeberischen Entscheidung ging es jedoch erklärtermaßen darum, Einstellungshemmnisse für Auszubildende und junge Frauen zu verringern (BT-Drucks 10/2102 S 18 ≪Auszubildende≫ und S 37 ≪Mutterschaft≫), also um eine beschäftigungspolitisch motivierte Vergünstigung für die Arbeitgeber des angesprochenen Personenkreises. Maßgebend war nicht etwa die Annahme, die früher in Kleinbetrieben mit Arbeitern für unzumutbar gehaltene Belastung habe sich mittlerweile auf die Auszubildenden und auf die Leistungen wegen Mutterschaft ausgedehnt, so daß die davon betroffenen Arbeitgeber ebenfalls abgesichert werden müßten. Infolgedessen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß mit dieser Gesetzesänderung die ursprüngliche Annahme aufgegeben worden sei, die unbedingte Entgeltfortzahlung gerade an Arbeiter verursache bei Kleinbetrieben eine unzumutbare Belastung, die eine Zwangsumlage rechtfertige.
Die Beschränkung des Arbeitgeberausgleichs auf die Entgeltfortzahlung an erkrankte Arbeiter und Auszubildende verstößt nach Überzeugung des Senats nicht gegen höherrangiges Recht. Prüfungsmaßstab ist Art 3 Abs 1 GG, der es dem Gesetzgeber verbietet, Gruppen von Normadressaten unterschiedlich zu behandeln, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Im Rahmen des infolgedessen erforderlichen Vergleichs von Lebenssachverhalten ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art 3 Abs 1 GG verbietet es ihm nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer acht zu lassen (BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7 mwN). Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es zwar grundsätzlich zulässig, zwischen Arbeitern und Angestellten zu differenzieren; für verschieden lange Kündigungsfristen gibt es jedoch keinen sachlichen Grund (BVerfGE 82, 126 = AP Nr 28 zu § 622 BGB; vgl auch BVerfGE 62, 256 = AP Nr 16 zu § 622 BGB). Auch können durchschnittlich häufigere Fehlzeiten bei Arbeitern ohne Untersuchung ihrer Ursachen eine auf Fehlzeiten gestützte Kürzungsmöglichkeit beim 13. Monatsgehalt nicht rechtfertigen, wenn dieses an Angestellte immer ungekürzt gezahlt werden muß (BVerfG NJW 1998, 591 = BB 1997, 2330).
Die derzeitige Form des Umlageverfahrens hat anders als in den beschriebenen Fällen keine unterschiedlichen Rechte von Angestellten und Arbeitern im Arbeitsverhältnis zur Folge; infolgedessen kann offenbleiben, ob sich der Kläger als Arbeitgeber auf einen diesbezüglichen Gleichheitsverstoß berufen könnte. Die angegriffene Regelung wirkt sich bei ähnlich liegenden Lebenssachverhalten insofern unterschiedlich aus, als Arbeitgeber mit bis zu 20 Arbeitnehmern durch Personalausfälle wegen Krankheit bei der Beschäftigung von Arbeitern anders belastet werden als bei Angestellten. Während ihnen das Risiko, trotz des Ausfalls Arbeitsentgelt zahlen zu müssen, bei den Arbeitern gegen die Entrichtung von Pflichtbeiträgen zu einer Zwangsversicherung weitgehend abgenommen wird, können sie es in bezug auf die Angestellten nur dann auf eine größere Gemeinschaft abwälzen, wenn sie sich mit den anderen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zusammenschließen (§ 19 Abs 1 LFZG). Sieht man wegen der damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten von dieser zuletzt genannten Möglichkeit ab, besteht der hier zu beurteilende Vorteil darin, daß sich beim Arbeiter der wesentliche Teil der durch die Entgeltfortzahlung zu erwartenden finanziellen Belastung als Versicherungsbeitrag in einem festen Rechnungsposten niederschlägt, während die fragliche Belastung bei einem Angestellten für den Arbeitgeber in voller Höhe unberechenbar bleibt. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Vorteils hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die nicht alle in dieselbe Richtung wirken. Beispielsweise kann eine große Zahl von Beschäftigten (nahe 20) die Umverteilung der Arbeit erleichtern und die Einstellung einer Aushilfskraft vermeiden helfen, andererseits jedoch das Risiko eines kumulierten Personalausfalls erhöhen. Gleichzeitig hängt die Einschätzung von der Art des Betriebes ab: Stehen strikte Termingeschäfte im Vordergrund oder werden ausschließlich hochspezialisierte Fachkräfte eingesetzt, hat die anderweitige Absicherung der Entgeltfortzahlungspflicht einen besonders hohen Wert. Auch das Krankheitsrisiko spielt eine Rolle: In der Arbeitnehmerschaft relativ häufig auftretende kurze Krankheitszeiten sind in der voraussichtlichen Belastung für den einzelnen Betrieb statistisch eher kalkulierbar als nur sporadisch auftretende lange Ausfälle, die eine Vorsorge mit nur betrieblichen Mitteln praktisch ausschließen. Dazu kommen weitere Aspekte wie der Anteil der Lohnkosten an den Gesamtkosten, das Lohnniveau im Verhältnis zu anderen Betrieben und die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Aushilfskräfte. Wegen dieser Vielfalt von Faktoren kann sich die Gesamtbewertung des Arbeitgeberausgleichs als Vor- oder Nachteil von Betrieb zu Betrieb und von Wirtschaftszweig zu Wirtschaftszweig stark unterscheiden.
Bezieht man außerdem die denkbaren Nebenwirkungen in die Betrachtung ein, wird die Beurteilung noch schwieriger. Der Gesetzgeber selbst hat 1985 eine Veränderung des Einstellungsverhaltens der Arbeitgeber von Kleinbetrieben beabsichtigt, als er das Umlageverfahren auf die Entgeltfortzahlung an Auszubildende und die Leistungen wegen Mutterschutzes ausgedehnt hat. Daneben kommen Einflüsse auf die innere Betriebsstruktur, auf Tätigkeitsbeschreibungen, auf die Festlegung der Personalstärke und auf Kündigungsentscheidungen in Betracht, um nur einige Gesichtspunkte zu nennen. Bei einem so komplexen Bild von Bedingungen und Wirkungen ist es nicht möglich, das Umlageverfahren vorbehaltlos als Vergünstigung einzuordnen. Immerhin waren die von der Entgeltfortzahlung an die Arbeiter seinerzeit (1970) betroffenen Arbeitgeber zumindest im Ergebnis von einer für sie vorteilhaften Regelung überzeugt, sonst wäre sie damals nicht gefordert worden. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß sich in den bisher vom BSG zum Arbeitgeberausgleich entschiedenen 14 Revisionsverfahren die klagenden Arbeitgeber in drei Fällen gegen die Umlagepflicht als solche gewandt haben – offenbar, weil sie die Institution insgesamt für sich eher als nachteilig beurteilt haben (vgl BSGE 36, 16 = SozR Nr 1 zu § 10 LFZG; BSG SozR 7860 § 10 Nr 1; BSG SozR 3-7860 § 14 Nr 3). Entsprechend der keineswegs eindeutigen Interessenlage wurde der Bescheid der Ausgleichskasse über die Teilnahme am Ausgleich für den Arbeitgeber rechtlich als teilweise begünstigend und teilweise belastend beurteilt (BSG SozR 7860 § 10 Nr 3).
Da sich demnach der eindeutig festzustellende Vorteil des Ausgleichsverfahrens für den Arbeitgeber auf die Kalkulierbarkeit eines Teils seiner Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung beschränkt, sind auch außerhalb des Status der jeweiligen Arbeitnehmer keine Gesichtspunkte erkennbar, die den Ausschluß von Kleinbetrieben mit Angestellten als verfassungswidrig erscheinen lassen. Die Art der hier gerügten Ungleichbehandlung erfordert keine besonders gewichtigen sachlichen Unterschiede, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu werden. Im Hinblick auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Ungleichbehandlung und rechtfertigendem Grund wären deutliche Sachverhaltsunterschiede vor allem dann zu fordern, wenn sich die Ungleichbehandlung auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten auswirken würde (BVerfGE 82, 126, 146 mwN). Damit stimmt überein, daß dem Gesetzgeber bei der Schaffung und genaueren Abgrenzung von Solidargemeinschaften ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen ist. Dessen Grenzen sind nur dann überschritten, wenn die getroffene Regelung als willkürlich angesehen werden muß (BVerfGE 44, 70, 90 = SozR 5420 § 94 KVLG Nr 2 S 2; neuerdings bestätigt durch BVerfG NJW-RR 1999, 134 = AnwBl 1998, 162; vgl auch BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Dabei bestimmt der zu regelnde Gegenstand, ob dem Gesetzgeber eine engere oder weitere Einschätzungsprärogative zusteht; personenbezogene Differenzierungen, die sich auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken können, engen den gesetzgeberischen Spielraum am weitesten ein (BVerfG vom 2. März 1999 – 1 BvL 2/91 = ZIP 1999, 410, 415 f = NJW 1999, 1535, 1536 mwN).
Nach diesen Kriterien ist die Ausgestaltung des Arbeitgeberausgleichs keinen engen verfassungsrechtlichen Grenzen unterworfen, denn die Beschränkung des Umlageverfahrens auf die Entgeltfortzahlung an Arbeiter wirkt sich auf die Grundfreiheiten nicht aus. Das von einem Angestellten ausgehende Entgeltfortzahlungsrisiko schränkt die unternehmerische Freiheit (Art 2 Abs 1 GG) nicht wesentlich stärker ein als die durch einen Arbeiter veranlaßte Umlagepflicht. Außerdem knüpft der Vorteil des Ausgleichsverfahrens im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht an personenbezogenen Merkmalen, sondern an der Art der eingegangenen Beschäftigungsverhältnisse an.
Unter diesen Umständen vermag allein die unterschiedliche historische Entwicklung der Entgeltfortzahlung an Arbeiter einerseits und an Angestellte andererseits die Andersbehandlung von Kleinbetrieben mit Angestellten verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. Wie bereits dargestellt, ging es im Jahre 1970 darum, einerseits der schon lange erhobenen Forderung der Arbeiterschaft auf Angleichung ihrer Rechtsstellung an diejenige von Angestellten zu entsprechen, ohne andererseits damit die Existenz einer Vielzahl von Arbeitgebern, insbesondere in kleinen Handwerksbetrieben, zu gefährden. Ein entsprechender Lastenausgleich war damals für Kleinbetriebe mit Angestellten wegen der schon jahrzehntelang bestehenden Entgeltfortzahlung nicht veranlaßt. Auch die zwischenzeitliche Entwicklung zwingt nicht zur Erweiterung des Umlageverfahrens. Zwar kann die fortgeltende Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten im Rahmen des LFZG in Anbetracht der sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Angleichung im Erwerbsleben kaum noch als zeitgemäß angesehen werden; indessen wäre daraus ein verfassungsrechtliches Gebot zur Ausdehnung des Ausgleichsverfahrens auf die Angestellten oder zur Einschränkung bei den Arbeitern nur abzuleiten, wenn speziell in Bezug auf das Entgeltfortzahlungsrisiko eine deutliche Verschiebung des Schutzbedürfnisses von den einbezogenen zu den ausgeschlossenen Arbeitgebern festzustellen wäre. Trotz aller Annäherungen sprechen jedoch alle Anzeichen gegen eine im Verhältnis zu den Arbeitern wesentlich gewachsene finanzielle Belastung von Kleinbetrieben durch die Entgeltfortzahlung an Angestellte, wie sie vom Kläger behauptet wird. Einzuräumen ist zwar, daß ein genauer Nachweis durch das Fehlen von einschlägigen Daten über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von Angestellten in Kleinbetrieben erschwert ist. Das Festhalten des Gesetzgebers am bisherigen Umlagesystem kann auf (verfassungs-)rechtlicher Ebene jedoch nicht beanstandet werden, solange nicht auszuschließen ist, daß auch bei den hier in Rede stehenden Arbeitgebern Arbeiter häufiger und länger arbeitsunfähig krank sind als Angestellte.
Genau darauf weisen die verfügbaren Daten jedoch hin. Bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Arbeitern wird schon seit Jahren unverändert eine gegenüber Angestellten erhöhte Arbeitsunfähigkeit beobachtet. Das betrifft in der Regel sowohl die Häufigkeit (jährliche Fälle auf hundert Versicherte) als auch die Dauer (Tage auf einen Versicherten). Während auf 100 Arbeiter durchschnittlich im Jahr zwischen 105 und 144 Arbeitsunfähigkeitsfälle kommen, ist dieselbe Quote bei den entsprechenden Erhebungen im Angestelltenbereich um mindestens 20% niedriger; ebenso ist die für Angestellte gemeldete Zahl von Arbeitsunfähigkeitstagen jeweils um mindestens 30% niedriger als die für einen Arbeiter durchschnittlich im Jahr gemeldeten 13 bis 23 Tage. Das gilt ebenso für Gegenüberstellungen der Mitglieder aller Ersatzkassen für Arbeiter bzw Angestellte (Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik 1996, 457; 1997, 467; 1998, 452) wie nach dem im Revisionsverfahren beigezogenen Material der Gmünder Ersatzkasse für die Jahre 1990 bis 1995, deren Mitglieder einschließlich der freiwillig Versicherten zu knapp 70% aus Arbeitern und zu knapp 25% aus Angestellten bestanden. Auch die Meldungen der Betriebs- und Innungskrankenkassen halten sich in dem dargestellten Rahmen; gerade bei den letzteren müssen die Erhebungen von vielen Kleinbetrieben mit eingeflossen sein. Einzuräumen ist zwar, daß Unternehmen wie dasjenige des Klägers (Rechtsanwälte, Ärzte) im ausgewerteten Zahlenmaterial nicht getrennt erfaßt sind; da Anhaltspunkte für spezifische Veränderungen in diesem Bereich gegenüber 1970 nicht erkennbar sind, erscheinen detailliertere Erhebungen als die globalen Zahlen der Ersatzkassen für Angestellte jedoch nicht erforderlich, nachdem diese die von den anderen Kassenarten mitgeteilten Beobachtungen bestätigen. Unter dem Gesichtspunkt der besonderen Schutzbedürftigkeit ist eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, die Belastung durch die Entgeltfortzahlung auch bei den Angestellten durch eine Pflichtversicherung aufzufangen, demnach nicht zu begründen. Denn im typischen Fall deutet alles darauf hin, daß der Arbeitgeberausgleich in bezug auf Arbeiter eine größere Belastung des Arbeitgebers auffängt als er es im Hinblick auf Angestellte tun würde, so daß eine Ausdehnung unter Berufung auf das Gleichbehandlungsgebot nicht beansprucht werden kann.
Soweit der Kläger mit dem möglichen Einstellungsverhalten von Arbeitgebern argumentiert, um eine Benachteiligung speziell der weiblichen Angestellten durch den Ausschluß aus der Entgeltfortzahlungsversicherung nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 LFZG zu begründen, greifen seine Einwände ebenfalls nicht. Prüfungsmaßstab ist Art 3 Abs 2 GG (Gleichberechtigung von Mann und Frau) und Art 119 EGVtr (Diskriminierungsverbot); letztere Bestimmung ist für den hier interessierenden Bereich durch Art 3 Abs 1 der Richtlinie des Rates (EWGRL) 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen vom 9. Februar 1976 (Amtsbl Nr L 39/40) näher konkretisiert worden. Danach ist jede Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei den Bedingungen des Zugangs – einschließlich der Auswahlkriterien – zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen – unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig – und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung verboten. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen Anforderungen und den Bestimmungen des Grundgesetzes ist nicht auszumachen. Die gemeinsame Prüfung ergibt, daß höherrangiges Recht durch die angegriffene Differenzierung nicht verletzt ist.
Dabei kann der näheren Ausgestaltung des Arbeitgeberausgleichs nicht jede Wirkung auf das Einstellungsverhalten der Arbeitgeber von vornherein abgesprochen werden; sonst müßten die bereits beschriebenen Änderungen zum 1. Januar 1986 bei Auszubildenden und Frauen im Mutterschutz für die damit beabsichtigte Beschäftigungsförderung grundsätzlich ungeeignet gewesen sein. Die behaupteten häufigeren und längeren Krankheitszeiten bei weiblichen Angestellten sind jedoch weder für alle Beschäftigtengruppen noch für alle Kassenarten belegt, so daß zweifelhaft ist, ob wirklich von einer Benachteiligung ausgegangen werden kann. Selbst wenn sich aus detaillierterem Zahlenmaterial eine generell höhere Fehlzeitenquote bei den weiblichen Angestellten belegen und sich daraus eine Benachteiligung bei der Stellensuche ableiten ließe, wäre der Gesetzgeber damit noch nicht zur Ausdehnung des Arbeitgeberausgleichs auf die Angestellten verpflichtet. Denn abgesehen von der Frage, ob der Arbeitgeber oder vielmehr nur die in ihren Beschäftigungschancen möglicherweise beeinträchtigten Arbeitnehmerinnen aus diesen Zusammenhängen Rechte herleiten könnten, werden Frauen und Männer durch das Umlageverfahren nicht ungleich behandelt – es geht vielmehr darum, mit Hilfe einer Ausdehnung des Umlageverfahrens die Auswirkungen der Unterschiede im Krankenstand auf das Einstellungsverhalten der Arbeitgeber durch eine gleichmäßigere Lastenverteilung zu neutralisieren. Insofern macht der Kläger einen Anspruch auf (mittelbare) Frauenförderung geltend, der in diesem Fall allerdings nicht durch eine eigentlich gleichheitswidrige Besserstellung aller Arbeitnehmerinnen, sondern auf dem Umweg über die Bildung einer besonderen Solidargemeinschaft aller Betriebe mit einer geringen Zahl von Arbeitnehmern erreicht werden soll.
Eine solche Förderungsmaßnahme kann weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich beansprucht werden. Das Vorhandensein einer entsprechenden Einrichtung für Arbeiter und die damit bereits früher in Verbindung gebrachte beschäftigungspolitische Zielsetzung lassen den geforderten gesetzgeberischen Eingriff zwar wenig intensiv erscheinen. Ein entsprechendes Gebot ist den übergeordneten Bestimmungen dennoch nicht zu entnehmen. In der EWGRL 76/207 wird zwischen der Verhinderung oder Beseitigung geschlechtlich diskriminierender Bestimmungen einerseits und Maßnahmen zum Schutz der Frau bzw zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen andererseits ausdrücklich unterschieden: Während Art 3 Abs 2, Art 4 und Art 5 Abs 2 EWGRL 76/207 die Mitgliedstaaten zur Beseitigung diskriminierender Vorschriften verpflichtet, wird hinsichtlich besonderer Förderungsmaßnahmen in Art 2 Abs 3 und 4 lediglich klargestellt, daß sie durch die Richtlinie nicht verboten sind. Im deutschen Verfassungsrecht gelten ähnliche Grundsätze. Zwar ist die Pflicht des Staates, die Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, im Jahre 1994 ausdrücklich als Art 3 Abs 2 Satz 2 in das Grundgesetz aufgenommen worden; damit ist das in Art 3 Abs 2 Satz 1 GG bereits enthaltene Gleichberechtigungsgebot jedoch nur klargestellt worden (BVerfGE 92, 91, 109 mwN). Es handelt sich lediglich um eine Legitimationsgrundlage für den Ausgleich tatsächlicher Nachteile (vgl Osterloh in Sachs, Grundgesetz, Art 3 RdNr 261 f mwN), aus der sich infolgedessen grundsätzlich keine subjektiven Rechte auf Förderung ableiten lassen. Ein Anspruch im Sinne des klägerischen Begehrens würde im übrigen bedeuten, daß der Gesetzgeber durch Art 3 Abs 2 GG oder durch die erwähnten europarechtlichen Vorschriften an der Abschaffung des bisherigen Arbeitgeberausgleichs gehindert wäre, was mit dem schon erörterten weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bildung von Solidargemeinschaften nicht vereinbar wäre.
Da bereits das LSG dem klägerischen Begehren nicht stattgegeben hat, ist auch die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
NWB 1999, 4242 |
NZA 1999, 1208 |
SGb 1999, 350 |
SozSi 2000, 28 |
ZAuR 1999, 127 |