Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ermittlung des Konvergenzbetrags im Risikostrukturausgleich auch bei bundesweit oder länderübergreifend tätigen Krankenkassen ohne länderspezifische Morbiditätsdaten. endgültige Regelung über Jahresausgleich 2010 ist Gegenstand des Verfahrens. verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Rechtmäßigkeit der in Art 6 GKV-OrgWG vorgenommenen Änderungen. Rechtsverordnung. Verfassungsmäßigkeit. Zitiergebot. Bestimmtheitsgebot
Leitsatz (amtlich)
Der Konvergenzbetrag im Risikostrukturausgleich ist auch bei bundesweit oder länderübergreifend tätigen Krankenkassen ohne länderspezifische Morbiditätsdaten der Versicherten zu ermitteln.
Orientierungssatz
1. Die einheitliche Entscheidung über den Jahresausgleich für das Jahr 2010 ist als endgültige Regelung (vgl BSG vom 24.01.2003 - B 12 KR 18/02 R = SozR 4-2500 § 266 Nr 2) Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 96 SGG).
2. Die einheitliche Entscheidung über den Jahresausgleich 2010 ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und formell rechtmäßig. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 SGB 10) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des Risikostrukturausgleichs nicht verletzt (vgl BSG vom 24.01.2003 - B 12 KR 19/01 R = BSGE 90, 231 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1).
3. Die in Art 6 GKV-OrgWG vorgenommenen Änderungen der RSAV sind wirksam zustande gekommen. Sie beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage und sind formell rechtmäßig. §§ 33ff RSAV halten sich im Rahmen der zugrundeliegenden Ermächtigung.
4. Der parlamentarische Gesetzgeber verletzte bei seinen Änderungen der RSAV nicht das verfassungsrechtliche Zitiergebot (Art 80 Abs 1 S 3 GG). Denn das Zitiergebot gilt nach seinem Sinn und Zweck nicht, wenn der parlamentarische Gesetzgeber selbst eine Rechtsverordnung erlässt oder ändert (vgl BSG vom 20.05.2014 - B 1 KR 16/14 R - RdNr 24, für BSGE und SozR vorgesehen).
5. § 272 Abs 4 S 1 SGB 5 genügt auch dem Bestimmtheitsgebot aus Art 80 Abs 1 S 2 GG (vgl BSG vom 20.5.2014 - B 1 KR 16/14 R aaO).
Normenkette
GG Art. 80 Abs. 1 Sätze 2-4; SGB 5 § 266 Abs. 6 S. 6, Abs. 7, §§ 267-268, 272 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 4 S. 1 Fassung: 2007-03-26, S. 1 Fassung: 2008-12-15, § 273 Fassung: 2009-07-17; RSAV §§ 29, 31 Abs. 1, 4 S. 1, § 33a Abs. 2-4, §§ 33b, 33c Abs. 1 S. 1, §§ 34, 39, 41 Abs. 5 S. 1; GKV-OrgWG Art. 6; SGB 10 § 20 Abs. 1, § 24 Abs. 1, §§ 33, 35 Abs. 1; SGG § 96
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2010.
Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte KKn-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen KKn. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den KKn nur nach Maßgabe des sich anschließenden RSA zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz taggenau bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst vorläufig als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Sie stehen einer Korrektur lediglich in Folgejahren anlässlich eines Jahresausgleichsbescheids offen. Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds berücksichtigt die jeweilige Risikostruktur der KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Infolge dieses morbiditätsorientierten RSA stellen kranke Versicherte nicht zwangsläufig im versicherungsmathematischen Sinne "schlechte Risiken" dar. In der Übergangsphase sollen KKn in Ländern mit überdurchschnittlich hohen Beitragseinahmen und Ausgaben nach § 272 SGB V zusätzliche Mittel (sog Konvergenzbetrag) über den Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt und hierdurch die Belastungen durch die Verteilungswirkungen des Fonds in jährlichen Schritten von maximal 100 000 000 Euro angeglichen werden. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich in "Festlegungen", handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA). Die Beklagte erläutert hierzu jeweils den Entwurf zu den Festlegungen für den RSA, die sie zu treffen hat (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV), hört hierzu die Betroffenen an, entscheidet über die Festlegungen und veröffentlicht sie.
Die Beklagte regelte für die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen aus dem Gesundheitsfonds (Grundlagenbescheide I/2010 und I/2010 ≪neu≫ vom 13.11.2009 und 23.11.2009). Hiergegen hat die Klägerin beim LSG Klage erhoben. Die Beklagte hat während des Klageverfahrens weitere Abschlagszahlungen bestimmt (Grundlagenbescheide II - IV/2010, Zuweisungsbescheide für die Monate Januar bis Dezember 2010), die Zuweisungen für das Jahr 2010 endgültig festgesetzt und hierfür zusätzlich in einer formal getrennten Entscheidung die Zuweisungen im Jahresausgleich 2009 korrigiert (Jahresausgleichsbescheid 2010, zusätzlich Korrekturbescheid für das Jahr 2009, jeweils vom 16.11.2011). Sie hat mit der Korrektur für das Jahr 2009 den Konvergenzbetrag im Jahresausgleich 2009 von 252 925,77 Euro auf 275 703,57 Euro erhöht und den Konvergenzbetrag für das Jahr 2010 auf 0,00 Euro festgesetzt. Das LSG hat die zuletzt auf die Festsetzung höherer Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 beschränkte Klage abgewiesen (Urteil vom 22.11.2012).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 272 Abs 2 SGB V. Der Jahresausgleichs- und der Korrekturbescheid genügten nicht den formellen Anforderungen an die Amtsermittlung und die Begründung. § 33b RSAV sei mit den in § 272 SGB V gemachten Vorgaben unvereinbar. Der Konvergenzbetrag sei auch deshalb fehlerhaft berechnet, weil die Festlegungen nach § 31 Abs 4 S 1 RSAV die Ausgaben Verstorbener nicht annualisierten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 aufzuheben, die Bescheide vom 16. November 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, höhere Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der klagenden KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG die Klage abgewiesen. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, lehnte es rechtmäßig ab, höhere Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 festzusetzen als geschehen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung.
Gegenstand der rechtlichen Überprüfung ist allein das zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgte Begehren, die Ablehnung höherer Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 (Teilregelung im Jahresausgleichsbescheid 2010 und zugleich im Korrekturbescheid für das Jahr 2009, jeweils vom 16.11.2010) aufzuheben und höhere Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen (dazu 1.). Die Entscheidung der Beklagten ist indes formell (dazu 2.) und materiell (dazu 3.) rechtmäßig.
1. Die Klägerin greift zulässig die einheitliche Entscheidung der Beklagten an, im Jahresausgleich 2010 keine höheren Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 als geschehen festzusetzen (dazu a). Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 56 SGG), zulässig beschränkt auf die Höhe des Konvergenzbetrags (dazu b). Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (dazu c).
a) Gegenstand der Anfechtung sind nur noch die während des Klageverfahrens ergangenen zwei förmlichen Bescheide über den Jahresausgleich 2010 sowie die Korrektur der Zuweisungen für das Jahr 2009 (Bescheide vom 16.11.2011). Sie bilden eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Jahresausgleichsbescheids für das Jahr 2010 (dazu aa). Diese einheitliche Entscheidung über den Jahresausgleich 2010 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und hat die zuvor ergangenen Grundlagen-, Korrektur- und monatlichen Zuweisungsbescheide ersetzt (dazu bb).
aa) Dass die Beklagte trotz der Einkleidung in zwei förmliche Bescheide einheitlich über den Jahresausgleich für das Jahr 2010 entschieden hat, ergibt sich formal bereits daraus, dass der Korrekturbescheid für das Jahr 2009 unter Teil 1d III. ausführt, dass der Korrekturbetrag für Zuweisungen 2009 Teil des Gesamtausgleichsanspruchs bzw der Gesamtausgleichsverpflichtung 2010 gemäß Teil 4 des Bescheids über Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Jahresausgleich 2010 sei und dort fällig gestellt werde. Damit korrespondierend stellt der Jahresausgleichsbescheid für 2010 in Teil 4 bei der Ermittlung des Gesamtausgleichsanspruchs bzw der Gesamtausgleichsverpflichtung 2010 den Korrekturbetrag für Zuweisungen 2009 mit der Ausgleichsverpflichtung in Höhe von 596 919,77 Euro in die Berechnung ein. Materiell-rechtlich ergibt sich die Einheitlichkeit der Bescheide aus § 266 Abs 6 S 6 SGB V und § 41 Abs 5 S 1 RSAV. Hiernach korrigiert das BVA sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen nach Abschluss der Ermittlungen der Werte für den jeweiligen Jahresausgleich - hier des Jahres 2009 - erst bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen, also bei dem nächsten Jahresausgleich - hier für das Jahr 2010. Das BVA erließ den Korrekturbescheid für das Jahr 2009 - entgegen üblicher Praxis - allein aus technischen Gründen getrennt vom Jahresausgleichsbescheid. Die in der einheitlichen Entscheidung über den Jahresausgleich für das Jahr 2010 enthaltene Korrektur von Fehlern der Zuweisungen für das Jahr 2009 tastet den (ursprünglichen) Jahresausgleichsbescheid für das Jahr 2009 jedoch nicht an, sondern führt für das Folgejahr 2010 lediglich zu einem höheren oder niedrigeren Betrag im Rahmen der Ermittlung des Gesamtausgleichsanspruchs oder der Gesamtausgleichsverpflichtung, wie die dargelegten Regelungen zeigen (vgl § 266 Abs 6 S 6 SGB V und § 41 Abs 5 S 1 RSAV). Sie sehen keine Aufhebung oder Abänderung der Jahresausgleichsbescheide für frühere Jahre vor. Insoweit handelt es sich um eine Sonderregelung zu den §§ 44, 45 SGB X. Sie steht einer Einbeziehung (§ 96 SGG) des Korrekturbescheides für das Jahr 2009 in das Gerichtsverfahren über die Festsetzung des Jahresausgleichs für das Jahr 2009 (LSG NRW L 16 KR 88/09 KL, nachgehend B 1 KR 2/14 R) entgegen (BSGE 90, 231 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1, RdNr 40).
bb) Die einheitliche Entscheidung über den Jahresausgleich für das Jahr 2010 ist als endgültige Regelung (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 15 f) Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 96 SGG). Sie hat die zuvor ergangenen - jeweils nur vorläufigen (eingehend dazu BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 11 ff, für BSGE und SozR vorgesehen) - Grundlagen- und Korrekturbescheide sowie die vorläufigen monatlichen Zuweisungsbescheide vollständig ersetzt. Diese haben dadurch ihre Erledigung (§ 39 Abs 2 SGB X) gefunden (BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 10, 16, für BSGE und SozR vorgesehen; vgl entsprechend zur früheren Rechtslage BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 7 ff, 15 f; BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/02 R - Juris RdNr 14 ff).
b) Die Klage ist ohne Vorverfahren (§ 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 56 SGG) zulässig. Gegenstand der Klage ist das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen - speziell höherer Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010 (Teilregelung der einheitlichen Entscheidung über den Jahresausgleich 2010) aufzuheben und höhere Zuweisungen, nämlich höhere Konvergenzbeträge für die Jahre 2009 und 2010, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen (vgl entsprechend BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 9, für BSGE und SozR vorgesehen).
Die Klägerin darf sich auf eine kombinierte Teilanfechtung und -verpflichtung hinsichtlich der Gesamtzuweisung 2010 beschränken. Sie greift zulässig nur die Festsetzung der die Gesamtzuweisung erhöhenden Konvergenzbeträge (§ 272 SGB V iVm §§ 33 ff RSAV) für die Jahre 2009 und 2010 als abtrennbaren Teil der Ablehnung höherer Zuweisungen für das Jahr 2010 an (zu den Verfügungssätzen des Jahresausgleichsbescheids und zu ihrer Teilbarkeit vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 18 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).
c) Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Es bedarf insbesondere keiner echten notwendigen Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen).
2. Die einheitliche Entscheidung über den Jahresausgleich 2010 ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und formell rechtmäßig. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 SGB X) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des RSA nicht verletzt (BSGE 90, 231 = SozR 4-1500 § 266 Nr 1, RdNr 41 ff). Wie das BSG zur Regelung des vor dem 1.1.2009 geltenden RSA entschieden hat, ergibt sich aus den §§ 266, 267 SGB V und nunmehr aus § 268 SGB V und der nach § 266 Abs 7 SGB V erlassenen "Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der GKV" ein mehrstufiges Verfahren für die Erhebung und Verwertung der erforderlichen Daten. Dabei werden diese Daten zunächst von den KKn ermittelt und nach deren Übermittlung an die Spitzenverbände (seit 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn ≪GKV-Spitzenverband≫; § 217f Abs 1 SGB V), die ihrerseits eine Plausibilitäts- und Vollständigkeitsprüfung vornehmen, an das BVA mitgeteilt, welches dann den RSA durchführt. Eine beschränkte Prüfungspflicht zur Sicherung der Datengrundlagen für den RSA ist erst seit 23.7.2009 in § 273 SGB V vorgesehen (idF des Art 15 Nr 11b Gesetz vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 23.7.2009). Die Prüfung erstreckt sich aber nur auf die Einhaltung der Vorgaben des § 268 Abs 3 S 1, 2, 14 SGB V, nicht aber auf weitere Daten, insbesondere nach § 34 RSAV, die für die Berechnung der Konvergenzzuweisung nach § 272 SGB V iVm § 33 ff der RSAV erforderlich und hier im Streit sind. Die seit Einführung des morbiditätsorientierten RSA zum 1.1.2009 vollständig geänderte Systematik in der Finanzsituation der KKn ändert hieran - anders als die Klägerin meint - nichts.
Eine Amtsermittlungspflicht kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass § 273 SGB V erst am 23.7.2009 in Kraft getreten ist. § 273 SGB V bestätigt vielmehr die bisherige Rechtsprechung des BSG und beruht auf der Erkenntnis, dass das BVA bislang keine Möglichkeit hatte festzustellen, ob die von den KKn gemeldeten Daten unter Missachtung der Vorgaben des § 278 Abs 3 S 1 und 14 SGB V erhoben worden und damit als fehlerhaft anzusehen waren. Durch die Regelung des § 273 SGB V sollte deshalb eine erweiterte Plausibilitätsprüfung des BVA an den gemeldeten Daten, vor ihrer Verwendung im RSA, ermöglicht werden (BT-Drucks 16/13428 S 94 zu Nr 11b). Führt der Gesetzgeber eine (partielle) Prüfungsbefugnis des BVA als zur Durchführung des RSA zuständigen Stelle ein, um zu untersuchen, ob die am RSA beteiligten KKn rechtliche Vorgaben eingehalten haben, und um die einheitliche Verwendung der Daten für den RSA sicherzustellen sowie Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, bestätigt dies die Annahme, dass im Übrigen eine Amtsermittlungspflicht hinsichtlich der erhobenen Daten gerade nicht besteht und vor dem 23.7.2009 nur die Möglichkeit existierte, Daten, die erhebliche Fehler aufwiesen, bei der Ermittlung der Risikozuschläge nicht zu berücksichtigen (§ 30 Abs 4 S 4 RSAV idF der 19. RSA-Änderungsverordnung ≪ÄndV≫).
Für einen Verstoß gegen die Begründungspflicht liegt nichts vor. Das BVA teilte in den Bescheiden nebst Anlagen die Rechtsgrundlagen und die generellen Daten (standardisierte Leistungsausgaben) mit und erläuterte die einzelnen Positionen. Es bedurfte keiner weitergehenden kassenindividuellen Begründung wegen der Stellung der Kassen und ihrer Verbände im RSA-Verfahren (vgl eingehend dazu BSGE 90, 231 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1, RdNr 47 f; § 35 SGB X).
3. Die Entscheidung über die Höhe des Konvergenzbetrags ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte berechnete die Höhe des Konvergenzbetrags (§ 272 SGB V) nach den Regelungen der §§ 33a bis c RSAV korrekt, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Das Gesetz verlangt nicht, die den fortgeschriebenen Einnahmen gegenüberzustellenden "Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds" bei bundesweit oder länderübergreifend tätigen KKn nach den länderspezifischen Morbiditätsinformationen der im Land wohnenden Versicherten zu ermitteln, um die Belastung einer KK zu ermitteln (dazu a). Die Vorschriften über den morbiditätsorientierten RSA sind verfassungsgemäß (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 43 ff, für BSGE und SozR vorgesehen). § 33b RSAV ist ermächtigungskonform zustande gekommen und setzt die Vorgaben der Regelung des § 272 SGB V ordnungsgemäß um. § 272 SGB V ist nicht unbestimmt. (dazu b). Die Beklagte war nicht verpflichtet, bei ihrer Ermessensentscheidung über die Festlegungen (§ 31 Abs 4 RSAV) die Leistungsausgaben von im Berichtsjahr Verstorbenen zu annualisieren (dazu c).
a) Nach § 272 SGB V ist bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds sicherzustellen, dass sich in der Konvergenzphase die Belastungen durch die Verteilungswirkungen aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds für die in einem Land tätigen KKn in jährlichen Schritten von jeweils höchstens 100 Millionen Euro aufbauen, bezogen auf alle im Bereich eines Landes tätigen KKn. Die Regelung zielt darauf ab, KKn in Ländern mit (vor Einführung des morbiditätsorientierten RSA) überdurchschnittlich hohen Beitragseinahmen und Ausgaben in der Übergangsphase zusätzliche Mittel über den Gesundheitsfonds zur Verfügung zu stellen. Dadurch soll die Finanzierung der entsprechenden Versorgungsstrukturen in diesen Ländern bei Einführung des Gesundheitsfonds zunächst weitgehend aus den Zuweisungen des Gesundheitsfonds erfolgen können und zugleich eine Anpassung an die neuen Finanzierungsstrukturen ohne Belastungssprünge sichergestellt werden (BT-Drucks 16/10609 S 62). In erster Linie werden danach KKn mit Tätigkeitsschwerpunkt in Bundesländern mit überdurchschnittlichen Ausgabenniveaus und daher bislang überdurchschnittlichen Beitragssätzen entlastet, die unter den Bedingungen des Gesundheitsfonds und dem einheitlichen Beitragssatz künftig Zusatzprämien erheben müssten.
Die überdurchschnittlichen Ausgabenniveaus werden in der Konvergenzphase (teilweise) durch Erhöhung der Zuweisungen aus Mitteln der Liquiditätsreserve nach § 271 Abs 2 SGB V finanziert. Hierfür stellt das BVA für jedes Ausgleichsjahr und für jedes Land die Höhe der fortgeschriebenen Einnahmen der KKn für in einem Land wohnhafte Versicherte den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ohne Berücksichtigung der sich aus § 272 Abs 2 SGB V ergebenden Zuweisungserhöhungen (Konvergenzbetrag) gegenüber (§ 272 Abs 1 S 2 SGB V). Ergibt die Gegenüberstellung nach § 272 Abs 1 S 2 SGB V, dass die Belastungswirkungen in Bezug auf die in einem Land tätigen KKn die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds übersteigen, sind die Zuweisungen an die KKn für deren Versicherte mit Wohnsitz in den jeweiligen Ländern im Jahresausgleich für das jeweilige Ausgleichsjahr so zu verändern, dass dieser Betrag genau erreicht wird.
Die Regelung des § 272 Abs 1 und 2 SGB V enthält insoweit nur die Parameter zur Berechnung des Konvergenzbetrags. Das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben der Absätze 1 und 2, insbesondere zur Bestimmung der Beitragssätze, der Einnahmen und ihrer Fortschreibung und der Zuweisungen, sowie die Festlegung der Abschlagszahlungen regelt die Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V (siehe § 272 Abs 4 SGB V und hierzu §§ 33 ff RSAV). Die Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen erfolgt dabei nach § 33a RSAV. Da § 272 SGB V eine landesbezogene Erhöhung der Zuweisungen ermöglicht, sieht § 33a Abs 2 RSAV zunächst die Ermittlung eines aus den (bereinigten) Beitragssätzen aller in einem Land tätigen KKn nach der Zahl ihrer Mitglieder gewichteten durchschnittlichen Beitragssatzes vor (§ 33a Abs 2 S 2, 3 RSAV). Die Summe der fortzuschreibenden Einnahmen (aller in einem Land tätigen KKn) wird ermittelt, indem die beitragspflichtigen Einnahmen aus Arbeitsentgelt der Mitglieder aller in einem Land tätigen KKn mit dem nach § 33a Abs 2 RSAV ermittelten jeweiligen bundeslandspezifischen Beitragssatz vervielfacht und durch 100 geteilt werden (§ 33a Abs 3 S 1 RSAV). Anschließend wird das Ergebnis mit den Beiträgen nach § 34 Abs 1a S 1 Nr 1 bis 8 und S 6 RSAV für alle in einem Land tätigen KKn zusammengezählt (§ 33a Abs 3 S 2 RSAV). Diese Einnahmen werden schließlich um Ausgleichsansprüche und Ausgleichsverpflichtungen aufgrund des bis 31.12.2008 geltenden RSA und des Risikopools bereinigt und entsprechend der Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der KKn nach § 71 Abs 3 SGB V fortgeschrieben (§ 33a Abs 4 RSAV). Die so ermittelten fortgeschriebenen Einnahmen werden sodann den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an die KKn für ihre in einem Land wohnhaften Versicherten (§ 33b RSAV) gegenübergestellt (§ 33c Abs 1 S 1 RSAV). Dies hat die Beklagte getan.
Die nach § 272 Abs 2 SGB V den fortgeschriebenen Einnahmen aller in einem Land tätigen KKn gegenüberzustellenden Zuweisungen (an alle KKn für ihre in diesem Land wohnhaften Versicherten) aus dem Gesundheitsfonds sind entgegen der Auffassung der Klägerin angesichts des in §§ 266 ff SGB V einheitlich genutzten Begriffs der Zuweisungen nicht unter Berücksichtigung der Morbiditätsinformationen der Versicherten in einem Land zu bestimmen. Eine Berechnung der Zuweisungen unter Berücksichtigung länderspezifischer Morbiditätsinformationen ist vielmehr ausgeschlossen. § 272 Abs 2 SGB V stellt bei überregional oder bundesweit tätigen KKn nicht auf bundeslandspezifische Zuweisungen ab. Für eine derartige Auslegung des Zuweisungsbegriffs besteht kein Anhaltspunkt. Hätte der Gesetzgeber zwischen den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (etwa in § 272 Abs 1 S 1 SGB V oder in § 272 Abs 2 S 2 SGB V) und Morbiditätsinformationen berücksichtigenden - also fiktiven - Zuweisungen für die Versicherten eines Landes (in § 272 Abs 2 S 1) unterscheiden wollen, hätte er dies auch zum Ausdruck gebracht. Soweit nach § 272 Abs 1 SGB V die Höhe der fortgeschriebenen Einnahmen "für die in einem Land wohnhaften Versicherten" ermittelt werden sollen, erstreckt sich diese länderspezifische Beurteilung ersichtlich nicht auf die Ermittlung morbiditätsorientierter Zuweisungen in einem Land, zumal den Einnahmen der KKn für die in einem Land wohnhaften Versicherten reale Werte zugrunde liegen, während bundeslandspezifische Zuweisungen, die aus dem Gesundheitsfonds zu erbringen wären, nicht existieren. Zu berücksichtigen ist insbesondere auch, dass § 33b RSAV (wie auch die übrigen Regelungen zur Umsetzung der Konvergenzklausel) bei der gleichzeitigen Neufassung der Abs 1 bis 3 und des Abs 4 S 1 des § 272 SGB V durch Art 6 Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV (GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426 mWv 1.1.2009) in die RSAV eingefügt worden ist. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die Bestimmung der Zuweisungen in § 33b RSAV nicht im Einklang mit der Regelung in § 272 Abs 1 S 2 SGB V vornehmen wollte.
Die Klägerin kann für ihre Auffassung nichts daraus ableiten, dass § 272 Abs 1 SGB V von "Belastungen" spricht, während in § 272 Abs 2 SGB V Belastungswirkungen genannt werden. Den Begriff der "Belastung" definiert § 272 Abs 1 SGB V zwar nicht ausdrücklich, er ergibt sich aber aus § 272 Abs 1 S 2 iVm § 272 Abs 2 S 1 SGB V. Nach § 272 Abs 1 S 2 SGB V stellt das BVA - wie dargelegt - für jedes Ausgleichsjahr und für jedes Land die Höhe der fortgeschriebenen Einnahmen der KKn für die in einem Land wohnhaften Versicherten (§ 272 Abs 1 S 3 iVm § 33a RSAV) den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ohne Berücksichtigung der Regelung des § 272 SGB V gegenüber. Sind die Zuweisungen geringer als die fortgeschriebenen Einnahmen, liegt eine Belastung vor. Erst wenn sich diese Belastung aber in dem Maße auswirkt, dass sie in Bezug auf die in einem Land tätigen KKn den in § 272 Abs 1 S 1 SGB V genannten Schwellenwert übersteigen, sind die Zuweisungen zu erhöhen. Deshalb spricht § 272 Abs 2 S 1 SGB V von "Belastungswirkungen". Entgegen der Auffassung der Klägerin erwächst daraus keinerlei Vertrauen darauf, dass sich die Konvergenzklausel faktisch länger als nur ein Jahr zu ihren Gunsten auswirkt. Rechtlich nicht fundierter Vertrauensschutz kann es schon im Ansatz nicht rechtfertigen, die Begriffe Belastungen und Zuweisungen contra legem auszulegen.
Die Gesetzeskonzeption ist sachgerecht, bei überregional oder bundesweit tätigen KKn die Zuweisungen auf der Grundlage von den durch das BVA festgesetzten Zuweisungen und nicht losgelöst hiervon fiktiv unter Berücksichtigung der Morbiditätsinformationen der in dem jeweiligen Bundesland Versicherten gesondert zu berechnen. Denn bei der Ermittlung der den Zuweisungen gegenüberzustellenden fortgeschriebenen Einnahmen ist der gewichtete bundeslandspezifische Beitragssatz Multiplikator für die beitragspflichtigen Einnahmen aus Arbeitsentgelt der Mitglieder aller in einem Bundesland tätigen KKn (§ 33a Abs 3 S 1 RSAV). Bei überregional oder bundesweit tätigen KKn mussten diese für ihr gesamtes Tätigkeitsgebiet mit einem einheitlichen Beitragssatz kalkulieren, während die Leistungsausgaben ggf regional unterschiedlich anfielen. Deshalb flossen Mittel aus einem Bundesland ab, wenn der rechnerisch kostendeckende Beitragssatz, den eine KK in einem Land kalkuliert haben würde, geringer war, als der durchschnittliche rechnerische Beitragssatz der KK über alle Bundesländer. Umgekehrt flossen Mittel einem Bundesland zu, wenn der rechnerisch kostendeckende Beitragssatz, den eine KK in einem Land kalkuliert haben würde, höher war als der durchschnittliche rechnerische Beitragssatz der KK über alle Bundesländer. Ist damit der erhobene, nicht aber ein fiktiver bundeslandbezogener Beitragssatz überregional oder bundesweit tätiger KKn entscheidender Faktor zur Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen (vgl Wasem, Buchner, Wille, Länderübergreifende Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger KKn, 3.6.2008, Vorwort S 4), ist es auch folgerichtig und zwingend, die den Einnahmen gegenüberzustellenden Zuweisungen nicht nach den jeweiligen Morbiditätsinformationen der Kassenmitglieder in einem Bundesland fiktiv zu ermitteln. Wollte man der Auffassung der Klägerin folgen, müssten deshalb wegen des unterschiedlichen Kostenniveaus in den Bundesländern, dem mit § 272 SGB V begegnet werden soll, zwingend auch fiktive kostendeckende regionale Beitragssätze ermittelt werden.
Die Auswirkungen von Transferleistungen auf die Übergangsregelung des § 272 SGB V waren dementsprechend auch Gegenstand der Diskussion des die Sechzehnte Verordnung zur Änderung der RSAV (16. RSA-ÄndV vom 20.12.2007, BGBl I 3083, mWv 23.12.2007) betreffenden Rechtsetzungsverfahrens. Schon in dem Verordnungsentwurf vom 9.11.2007 wurde die Bedeutung länderbezogener Transferwirkungen hervorgehoben (BR-Drucks 813/07 S 8 zu Nr 3) und schließlich § 34 RSAV folgender Abs 3 angefügt: "Das wissenschaftliche Gutachten nach § 272 Abs. 4 Satz 2 und 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist bis zum 31. März 2008 fertigzustellen. Gegenstand des Gutachtens ist es insbesondere, die Fragen zur Berechnung und Durchführung der Konvergenzregelung (§ 272 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) zu untersuchen, Verfahrensvorschläge zur Lösung von Umsetzungsfragen zu unterbreiten und die länderbezogenen Transferwirkungen zu quantifizieren."
Die länderübergreifenden Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger KKn waren dann auch Gegenstand der von Wasem, Bucher und Wille im Auftrag der Bundesregierung vorgelegten Sonderauswertung vom 3.6.2008, die den Unterschied im Vergleich zu einer fiktiven Situation aufzeigt, in der KKn verpflichtet wären, für jedes Bundesland einen eigenen ausgabendeckenden Beitragssatz zu kalkulieren. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass "streng regionale" KKn, deren Tätigkeitsbereich sich auf genau ein Bundesland beschränken, wegen der seit 1996 sukzessiv eingeführten Kassenwahlfreiheit ohnehin nicht mehr existieren (Wasem, Buchner, Wille, Länderübergreifende Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger KKn, 3.6.2008, S 10). Selbst wenn diese Studie ausdrücklich darauf hinweist, dass sie die tatsächlichen Transfers nicht sicher abzubilden vermag (Wasem, Buchner, Wille, Länderübergreifende Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger KKn, 3.6.2008, S 29), ist ihr ebenso wie der Gesetzes- und der Verordnungsentwicklung das Zusammenspiel und die Verzahnung von Zuweisungen, Beitragssatz, und fortgeschriebenen Einnahmen zu entnehmen. Wollte man den Begriff der Zuweisungen im Sinne der Klägerin verstehen, würde der gesamte Berechnungsmodus obsolet.
b) Die in Art 6 GKV-OrgWG vorgenommenen Änderungen der RSAV sind wirksam zustande gekommen. Sie beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage (dazu aa) und sind formell rechtmäßig (dazu bb).§§ 33 ff RSAV halten sich im Rahmen der zugrundeliegenden Ermächtigung (dazu cc).
aa) Rechtsgrundlage für den Erlass der hier maßgeblichen Fassung der RSAV ist die sich aus dem GKV-WSG ergebende, mWv 1.1.2009 in Kraft getretene Fassung der Regelung des § 272 Abs 4 S 1 SGB V. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen dann zur Änderung einer Rechtsverordnung in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren berechtigt, wenn bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen ist. Ändert das Parlament wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens bestehende Rechtsverordnungen oder fügt es in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normengebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren (vgl BVerfGE 114, 196, 234 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 93 ff; BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 25, für BSGE und SozR vorgesehen).
§ 272 SGB V ist durch Art 1 Nr 183 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.4.2007) eingeführt worden. Durch das GKV-OrgWG sind die Abs 1 bis 3 und Abs 4 S 1 neu gefasst und detaillierte Vorgaben zur Durchführung der Konvergenzregelung in den §§ 33 bis 33c RSAV getroffen worden. Teilweise auf der Grundlage der Empfehlungen des von der Bundesregierung (vgl § 272 Abs 4 S 2 SGB V idF des GKV-WSG sowie § 34 Abs 3 RSAV idF der 16. RSA-ÄndV) in Auftrag gegebenen Gutachtens (Wasem et al, Gutachten vom 10.4.2008: Umsetzung und empirische Abschätzung der Übergangsregelung zur Einführung des Gesundheitsfonds ≪§ 272 SGB V≫; Sonderauswertung vom 3.7.2008: Die länderübergreifenden Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger KKn) erfolgten durch die Neufassung Änderungen zur Klarstellung und zur Durchführbarkeit der Konvergenzklausel. In Abs 4 S 1 wurde die Verordnungsermächtigung konkretisiert und durch den Verweis auf § 266 Abs 7 SGB V der Adressat klargestellt.
Der Gesetzgeber des GKV-WSG und des GKV-OrgWG musste bei Einführung des Gesundheitsfonds zur Finanzierung der KKn das komplexe, ineinander verschränkte Regelungsgefüge des Gesetzesrechts des SGB V und der RSAV ändern und hierbei auch das Recht der RSAV anpassen. Insoweit erfüllte er die dargestellten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, um im Gesetz selbst (Art 6 GKV-OrgWG) die RSAV zu ändern.
bb) Der parlamentarische Gesetzgeber verletzte bei seinen Änderungen der RSAV nicht das verfassungsrechtliche Zitiergebot (Art 80 Abs 1 S 3 GG). Denn das Zitiergebot gilt nach seinem Sinn und Zweck nicht, wenn der parlamentarische Gesetzgeber selbst eine Rechtsverordnung erlässt oder ändert (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 24, für BSGE und SozR vorgesehen).
cc) § 272 Abs 4 S 1 SGB V genügt auch dem Bestimmtheitsgebot (Art 80 Abs 1 S 2 GG; vgl dazu auch BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen). Nach Art 80 Abs 1 S 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmt werden. Der Gesetzgeber muss also selbst die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (BVerfGE 2, 307, 334; 19, 354, 361 ff; 23, 62, 72). Gemäß § 272 Abs 4 S 1 SGB V regelt die Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben der Abs 1 und 2, insbesondere zur Bestimmung der Beitragssätze, der Einnahmen und ihrer Fortschreibung und der Zuweisungen, sowie die Festlegung der Abschlagszahlungen. Die Vorschrift macht damit deutlich, dass durch die Rechtsverordnung die in § 272 Abs 1 und 2 SGB V genannten Faktoren, die für die Beurteilung der durch die Einführung des Gesundheitsfonds eintretenden Belastungen ("Umsetzung der Vorgaben") erheblich sind, bestimmt werden sollen, die Verordnung also den Berechnungsmodus regeln soll. Welchen Zweck der Gesetzgeber mit der RSAV verfolgt und welche Fragen er geregelt wissen will, steht folglich außer Zweifel. Das Ausmaß und die Grenzen der Ermächtigung ergeben sich dabei aus § 272 Abs 1 und 2 SGB V, auf den § 272 Abs 4 SGB V verweist und der die Bedingungen normiert, unter denen die Erhöhung der Zuweisungen im Jahresausgleich zu erfolgen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind und ua von der Eigenart des geregelten Sachverhalts abhängen, insbesondere auch davon, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl BVerfGE 56, 1, 13; 58, 257, 277 f). Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl BVerfGE 56, 1, 12 f). Deshalb ist es auch unschädlich, wenn die konkrete Bestimmung der maßgebenden Berechnungsgrößen durch Rechtsverordnung erfolgt.
§§ 33 ff RSAV halten sich schließlich im Rahmen der zugrundeliegenden Ermächtigung. Sie regeln insbesondere, wie die fortgeschriebenen Einnahmen und die Zuweisungen zu ermitteln sind und regeln - wie von der Ermächtigung in §§ 272 Abs 4, 266 Abs 7 S 1 Nr 6 SGB V vorgesehen - das Nähere zur Durchführung des Verfahrens. Es ist dabei unschädlich, dass die Ermittlung der Zuweisungen weitgehend auf dem BVA eingeräumten Kompetenzen gemäß § 31 Abs 4 S 1 RSAV iVm § 29 und § 31 Abs 1 RSAV fußt. Dies verstößt weder unmittelbar gegen Art 80 Abs 1 S 4 GG noch gegen die sich insgesamt aus dem GG ergebenden zulässigen Formen der Rechtsetzungsdelegation (BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 27 f, für BSGE und SozR vorgesehen).
c) Die Konvergenzbeträge wurden nicht deshalb fehlerhaft berechnet, weil unter Beachtung der Festlegungen (§ 31 Abs 4 SGB V) die Leistungsausgaben der nach § 30 RSAV gemeldeten Hauptleistungsbereiche versichertenbezogen aufsummiert, durch die Zahl der Versichertentage im Berichtsjahr geteilt und mit der Zahl der Kalendertage des Berichtsjahrs vervielfacht wurden, jedoch die Leistungsausgaben von im Berichtsjahr Verstorbenen abweichend hiervon nicht annualisiert wurden.
Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2010 zugrundeliegenden Festlegungen - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung, wie mit den Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden zu verfahren ist, vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichbescheids traf. Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen Festlegungen sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die Grundlagenbescheide Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzidenter mit zu überprüfen (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 15, für BSGE und SozR vorgesehen).
Entgegen der Auffassung der Klägerin legte die Beklagte rechtmäßig fest, wie die Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden vor Durchführung der Regression auf das Gesamtjahr hochzurechnen sind. Die Beklagte sah rechtmäßig davon ab, die Ausgaben Verstorbener bis zum Abschluss des Rechnungsjahres 2012 zu annualisieren (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 19 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 7361056 |
BSGE 2015, 31 |