Leitsatz (amtlich)
1. Eine nach Inkrafttreten des GKAR errichtete Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Kassenärzten darf nicht im Rahmen der Verteilung der von den Krankenkassen an die KÄV gezahlten Gesamtvergütungen unter die Kassenärzte erfolgen.
2. Mit dem Wirksamwerden des GKAR bildete § 2 Abs 2 S 5 der Satzung der KÄV Deutschlands keinesfalls mehr eine Rechtsgrundlage für eine von einer KÄV errichtete Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Kassenärzten.
3. GKAR Art 4 § 1 Abs 2 S 2 schützt nur bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehende Versorgungseinrichtungen von Kassenärzten. Abweichend von dem Grundsatz des RVO § 368f Abs 1, daß die Gesamtvergütung unter die Kassenärzte zu verteilen ist, darf die Versorgung im Rahmen einer sogenannten erweiterten Honorarverteilung durchgeführt werden, wenn eine vor dem GKAR erlassene landesrechtliche Regelung dies bestimmt hatte.
Normenkette
RVO § 368f Abs. 2 S. 5 Fassung: 1932-01-14; KARG Art. 4 § 1
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. November 1965 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Hamburg hatte in den von ihrer Abgeordnetenversammlung am 22. Oktober 1953 beschlossenen Richtlinien, die mit Wirkung vom 1. Juli 1954 geändert wurden, ihren Mitgliedern unter gewissen Voraussetzungen eine Mindesteinnahme an Kassenhonorar garantiert. In besonders begründeten Ausnahmefällen konnte diese Mindesteinnahme auch gewährt werden, wenn die Kassenzulassung wegen Invalidität ruhte. Ein Rechtsanspruch auf die Mindesteinnahme war ausdrücklich ausgeschlossen. Diese durfte nur widerruflich gewährt werden. Die Richtlinien sahen ferner vor, daß eine Nachprüfung spätestens bei Inkrafttreten einer Altersversorgung der Kassenärzte zu erfolgen hätte.
Die nach Inkrafttreten des Gesetzes über Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (GKAR) von der Vertreterversammlung der beklagten KÄV beschlossene, von der Aufsichtsbehörde am 17. August 1956 genehmigte Satzung bestimmt in § 2 Abs. 4 Unterabs. 2, daß die KÄV Hamburg im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) Maßnahmen treffen kann, "die der Erhaltung der Arbeitskraft der Ärzte und der Vorsorge für deren Alter und Hinterbliebene dienen". Am 20. August 1956 hat die Vertreterversammlung der Beklagten die Errichtung einer Alters- und Witwenversorgung grundsätzlich gebilligt. Um die Jahreswende 1956/1957 hat sie den HVM entsprechend geändert. Dieser sieht wiederum eine Mindesteinnahme bei Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit sowie einen Honorarzuschuß bei zeitlicher Berufsunfähigkeit und ferner vor, daß berufsunfähige ehemalige Kassenärzte sowie Hinterbliebene von Kassenärzten an der Verteilung der kassenärztlichen Gesamtvergütungen "beteiligt" werden können. Über die Höhe dieser Honorarbeteiligungen sowie deren Voraussetzungen ist in den "Ergänzungen zum Honorarverteilungsmaßstab" Näheres bestimmt. Diese Leistungen werden gemäß § 7 HVM vor der Verteilung des Honorars an die abrechnenden Kassenärzte aus den von den Krankenkassen an die Beklagte gezahlten Gesamtvergütungen gezahlt.
Der Kläger übt als Nachfolger seines im Jahre 1949 verstorbenen Vaters seit 1958 in Hamburg-Harburg eine kassenärztliche Allgemeinpraxis aus. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1961 hat er gebeten, ihn von der Versorgungseinrichtung der Beklagten freizustellen, weil er als Praxisnachfolger für den Unterhalt seiner Mutter und seines jüngsten Bruders, für die von den ärztlichen Körperschaften Hamburgs keine Unterstützung gewährt werde, aufkommen müsse. Er hat Einwendungen gegen die rechtlichen Grundlagen und die Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung der Beklagten erhoben.
Der Vorstand der Beklagten hat durch Beschluß vom 19. Dezember 1961 den Antrag des Klägers abgelehnt. Widerspruch, Klage und Berufung waren ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. März 1962, Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. September 1963, Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Hamburg vom 18. November 1965).
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt:
Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei gegeben, weil über die Rechtsgrundlagen eines von einer KÄV eingerichteten Versorgungswerks zu entscheiden sei. Das Versorgungswerk der Beklagten sei ordnungsgemäß beschlossen worden. Die rechtlichen Grundlagen für seine Errichtung im Rahmen des HVM seien gegeben. Gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz der Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) vom 27. Januar 1941 habe diese Maßnahmen treffen können, die der Erhaltung der Arbeitskraft der Ärzte und ihrer wirtschaftlichen Sicherstellung dienten und die den Familienstand der Ärzte berücksichtigten. Hierunter seien auch Hilfsmaßnahmen bei Berufsunfähigkeit und Alter zu verstehen.
Die Satzung der KVD habe nach 1945 im Bereich des Stadtstaates Hamburg, in dem damals eine selbständige KÄV gebildet worden sei, bis zum Erlaß der Landessatzung im Jahre 1956 weiter gegolten. § 2 der Satzung der KVD sei gemäß Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR in dem Sinne "unberührt" geblieben, als auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Versorgungswerke auf Grund der weiter geltenden Vorschriften hätten geschaffen werden können. Weitere Rechtsgrundlage für die Versorgungseinrichtung der Beklagten sei § 2 Abs. 4 Unterabs. 2 der am 17. August 1956 genehmigten Satzung. Der Senat hätte allerdings Bedenken, diese Satzung als alleinige Rechtsgrundlage für das Versorgungswerk der Beklagten anzusehen, wenn nicht bereits die Satzung der KVD aus dem Jahre 1941 die Rechtsgrundlage dafür geschaffen hätte, weil die Neuerrichtung einer solchen Versorgungseinrichtung durch Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR nicht gedeckt sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Revisionskläger hat nur noch geltend gemacht, daß das Versorgungswerk der Beklagten einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage ermangele. Es bestünden Bedenken, ob die Satzung der KVD ordnungsgemäß erlassen worden sei und ob sie nach 1945 weiter gegolten habe, da sie inhaltlich zu einem erheblichen Teil demokratischen Grundsätzen widerspreche. Aber selbst wenn einzelne Teile dieser Satzung, wie § 2 Abs. 2, zunächst in Kraft geblieben seien, so könne aus dieser Bestimmung nur die Ermächtigung der Beklagten zur Gewährung einer Mindestgarantie, nicht aber zur Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung hergeleitet werden.
Die Beklagte ist der Meinung, daß § 2 Abs. 2 der Satzung der KVD, der gemäß Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR immer noch gelte, nichtrevisibles Recht sei, da diese Bestimmung als nach der Kapitulation im Bezirk des Landes Hamburg originär entstandenes Landesrecht betrachtet werden müsse. Das GKAR habe die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung den freiberuflich tätigen Ärzten übertragen. Der freiberuflich tätige Kassenärztestand könne jedoch angesichts der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse ohne eine Altersversorgung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage nicht erhalten bleiben. Aus diesem Grunde sei die Beklagte verpflichtet, zumindest berechtigt, eine Altersversorgung für ihre Mitglieder einzurichten.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen sowie der Entscheidungen der Beklagten festzustellen, daß er nicht verpflichtet sei, Abzüge bei der Honorarverteilung zu Gunsten der Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Kassenärzten gegen sich gelten zu lassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die - durch Zulassung statthafte (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) - Revision ist begründet.
Gegen die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs bestehen keine Bedenken. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Kassenarzthonorar des Klägers Beträge zu Gunsten des von ihr errichteten Versorgungswerks einzubehalten. Da nach § 7 des HVM der Beklagten die Versorgungszahlungen aus den von den Krankenkassen an die Beklagte gezahlten Gesamtvergütungen bestritten werden und dadurch die Auszahlungsquoten der Mitglieder der Beklagten sich entsprechend mindern, liegt ein nach den §§ 368 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu beurteilender Rechtsstreit vor, zu dessen Entscheidung die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit berufen sind (§ 51 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Zusammensetzung des Senats in dieser Streitsache bestimmt sich nach § 40 Abs. 1, § 33 Satz 2, § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG, da es sich um eine Angelegenheit der kassenärztlichen Selbstverwaltung handelt (siehe auch BSG 21, 114, 116).
Der Senat hat zunächst geprüft, ob nach dem jetzt geltenden Kassenarztrecht die Beklagte eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in der von ihr im Jahre 1956 geschaffenen Form durchführen darf. Er hat dies verneint.
Die Vorschriften in § 368 f Abs. 1 RVO (in der Fassung des Art. 1 GKAR) über die Verteilung der von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die KÄV'en gezahlten Gesamtvergütungen unter die Kassenärzte lassen die Einbeziehung einer kassenärztlichen Altersversorgung im Rahmen der Honorarverteilung, wie dies seitens der Beklagten geschehen ist, nicht zu. Nach § 368 f Abs. 1 Satz 2 RVO ist die Gesamtvergütung "unter die Kassenärzte" zu verteilen. Ihnen stehen gleich die an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Ärzte (§ 368 a Abs. 8 Satz 3, § 368 c Abs. 2 Nr. 13; § 30 Abs. 5 ZO-Ärzte). Die Verteilung der Gesamtvergütung hat also an die Ärzte zu erfolgen, die für die versicherte Bevölkerung behandelnd tätig geworden sind. Die KÄV hat die Gesamtvergütung nach bestimmten Maßstäben zu verteilen; aus § 368 f Abs. 1 Satz 3 - 4 RVO geht ebenfalls deutlich hervor, daß die Gesamtvergütung dazu bestimmt ist, an die Kassenärzte weitergegeben zu werden. § 368 f Abs. 1 Satz 2 - 4 schließt insoweit an das frühere Recht an (§ 3 der Verordnung über die kassenärztliche Gesamtvergütung vom 19. Dezember 1933, RGBl I 1103; § 368 e Abs. 1 Satz 1 RVO in der vor Inkrafttreten des GKAR geltenden Fassung). Diese Ansicht wird auch im Schrifttum vertreten (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, S. 633). Es kann dahinstehen, ob der von Hess/Venter (Handbuch des Kassenarztrechts, Bd. I S. 347) vertretenen Meinung, daß die Zahlung einer Rente aus der Gesamtvergütung an ehemalige Kassenärzte, die wegen ihres Alters auf die Zulassung verzichtet und damit die Betreuung der Versicherten durch einen jüngeren leistungsfähigen Arzt ermöglicht hätten, ohne besondere gesetzliche Grundlage im Rahmen der Honorarverteilung als zulässig angesehen werden müsse, gefolgt werden kann, weil diese Frage - unter Berücksichtigung der durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geläuterten Rechtsauffassung (vgl. BVerfG 11, 30) - angesichts der sogenannten Liberalisierung der Zulassung gegenstandslos geworden ist. Ob eine KÄV in Einzelfällen bei Notlagen ehemaligen Kassenärzten und deren Hinterbliebenen Unterstützungen - zeitlich begrenzt, unter Widerrufsvorbehalt und ohne Rechtsanspruch - gewähren darf, braucht vorliegendenfalls ebenfalls nicht entschieden zu werden. Ein Versorgungswerk, das - wie dies seitens der Beklagten geschieht - im Rahmen der Honorarverteilung Leistungen laufend, wenn auch nicht ausdrücklich mit Rechtsanspruch gewährt und dadurch der kassenärztlichen Gesamtvergütung, aus der die Honoraransprüche der Kassenärzte befriedigt werden sollen, nicht unerhebliche Beträge entzieht, findet jedenfalls in § 368 f Abs. 1 RVO keine Rechtsgrundlage.
Der Ansicht der Beklagten, sie sei zur Durchführung einer Altersversorgung schon allein auf Grund ihres gesetzlichen Auftrags, die kassenärztliche Versorgung sicherzustellen, zumindest berechtigt, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Sollte eine Alterssicherung der freiberuflich tätigen Ärzte Hamburgs in einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung aus solchen Erwägungen als notwendig angesehen werden, so wäre die beigeladene Hansastadt (nachdem - wie noch dargelegt werden wird - der Bundesgesetzgeber die KÄV'en nicht ermächtigt hat, diese Aufgabe zu übernehmen) rechtlich in der Lage, etwa nach Art der Bayerischen Ärzteversorgung (Bay. GVBl 1923, 255), die sich inzwischen mehrere Bundesländer zum Vorbild genommen haben (siehe BVerfG 10, 354, 367), ein im wesentlichen alle Ärzte umfassendes Versorgungswerk zu errichten.
§ 2 Abs. 4 Unterabs. 2 der jetzt geltenden Satzung der Beklagten widerspricht daher dem geltenden Recht und ist somit - trotz Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde - rechtsunwirksam.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Freie und Hansestadt Hamburg keine Norm geschaffen, die es der Beklagten gestatten würde, eine Versorgungseinrichtung für ihre Mitglieder zu schaffen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob sie dafür die Gesetzgebungszuständigkeit besitzt. Die Entscheidung dieser Frage hinge davon ab, ob die Altersversorgung von Kassenärzten zum Gebiet der "Sozialversicherung" im Sinne von Art. 74 Nr. 12 des Grundgesetzes (GG) und damit zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehört (vgl. BVerfG 11, 105, 112) oder ob es sich hier um eine berufsständische Pflichtversorgung öffentlich-rechtlicher Art handelt, für die die Länder ihre Zuständigkeit nach Art. 70 GG in Anspruch nehmen (vgl. auch BVerfG 12, 319, 323).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann § 2 der Satzung der KVD nicht als ausreichende Rechtsgrundlage für ihre Versorgungseinrichtung angesehen werden. Die am 31. Oktober 1933 auf Grund des § 8 der Verordnung über die KVD vom 2. August 1933 (RGBl I 567) erlassene Satzung (AN 1933, S. IV, 450) ist am 27. Januar 1941 neu gefaßt worden und in dieser Neufassung am 15. Februar 1941 in Kraft getreten (AN S. II, 104). Neben der - im Vordergrund stehenden - Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen konnte diese Satzung nach § 9 der Verordnung vom 2. August 1933 "auch andere Aufgaben ... zulassen". Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 der Satzung der KVD regelte diese die Verteilung von Gesamtvergütungen und sonstigen an sie gezahlten Honoraren. Satz 5 bestimmte, daß die KVD hierbei einen Ausgleich der Vergütungen der Ärzte im Reich oder in Teilen des Reiches herbeiführen und Mittel zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung verwenden sowie Maßnahmen treffen konnte, "die der Erhaltung der Arbeitskraft der Ärzte und ihrer wirtschaftlichen Sicherstellung dienen und die den Familienstand der Ärzte berücksichtigen" sollten. Unter "Sicherstellung der ärztlichen Versorgung" kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Kassenarztrechts (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der KVD, § 368 Abs. 1 RVO der jetzt geltenden Fassung) nur die ärztliche Versorgung der gegen Krankheit Versicherten und ihrer Angehörigen verstanden werden. Ob, wie das LSG angenommen hat, als Maßnahme, welche - unter Berücksichtigung des Familienstandes - der Erhaltung der Arbeitskraft der Ärzte und ihrer wirtschaftlichen Sicherstellung dienen sollte, auch die Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung anzusehen ist, kann indessen dahingestellt bleiben. Die Verordnung vom 2. August 1933 und damit auch deren § 9, der die Rechtsgrundlage für § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD gewesen ist, hat im übrigen "als bisherige Vorschrift des Bundes- oder Landesrechts über das Kassenarztrecht" gemäß Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 1 GKAR spätestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes seine Rechtswirksamkeit verloren (Jantz/Prange, Das gesamte Kassenarztrecht, Anm. I/1 zu Art. 4 § 1 GKAR).
Auch § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD ist spätestens seit dem Wirksamwerden der Satzung der Beklagten im Jahre 1956 nicht mehr geltendes Recht gewesen. Es kann daher vorliegendenfalls unentschieden bleiben, ob diese Bestimmung gemäß Art. 125 Nr. 1 GG partielles Bundesrecht oder, wie die Beklagte meint, nach 1945 originäres Landesrecht geworden ist. Als partielles Bundesrecht ist sie, da der Gesetzgeber des GKAR - wie noch ausgeführt werden wird - über eine Altersversorgung von Kassenärzten keine bundesrechtliche Regelung getroffen hat, nach dem bereits erwähnten Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 1 GKAR mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtsunwirksam geworden. Ist § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD dagegen Landesrecht geworden, das nach 1945 weiter angewendet worden ist, ist er spätestens seit Inkrafttreten der von der Beklagten im Jahre 1956 beschlossenen Satzung nicht mehr in Geltung (Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 GKAR).
Auch wenn man, wie das LSG, davon ausgeht, daß § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD eine Ermächtigung zur Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung enthält, dieser Bestimmung somit eine über den Inhalt einer Satzungsnorm hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Jantz/Prange aaO, Anm. II/2 zu Art. 4 § 1 GKAR, S. 8), kann nicht angenommen werden, daß diese Bestimmung neben der im Jahre 1956 von der Beklagten beschlossenen Satzung weiter gegolten hat. Diese Annahme lassen Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Übergangsvorschrift des Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR nicht zu.
Eine in verschiedenen Entwürfen des GKAR vorgesehen gewesene Ermächtigung der KÄV'en , satzungsgemäß - auch im Rahmen der Honorarverteilung - Maßnahmen zu beschließen, die eine ausreichende Versorgung der Kassenärzte und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Erwerbsunfähigkeit und des Todes gewährleisten, ist nicht Gesetz geworden, nachdem der Bundesrat erfolgreich den Vermittlungsausschuß angerufen hatte (vgl. hierzu im einzelnen: Jantz/Prange, aaO, Anm. II/1 zu Art. 4 § 1 GKAR; Hess/Venter, aaO, S. 341 ff). Der Vermittlungsausschuß hatte - ebenso wie der Bundesrat und ein Unterausschuß des Rechtsausschusses des Bundestags - die Kompetenz des Bundes zum Erlaß von Vorschriften über eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Kassenärzten verneint. Er hatte stattdessen der Übergangsvorschrift des Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR noch eine Vorschrift über "landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte" hinzugefügt. Durch diese Vorschrift ist aber die möglicherweise in § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD gegeben gewesene Ermächtigung zur Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung von Kassenärzten nicht aufrecht erhalten werden. Nach Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 1 GKAR sind vielmehr mit dem Wirksamwerden dieses Gesetzes die bisherigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften über das Kassenarztrecht außer Kraft getreten, soweit in den folgenden Vorschriften nichts Abweichendes bestimmt ist. Der nachfolgende Satz 2 schreibt vor, daß landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt bleiben. Die Fassung "unberührt bleiben" läßt - für sich allein betrachtet - verschiedene Auslegungen zu (vgl. auch BVerfG 11, 192, 200 bis 201). Die beiden Sätze des Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR können indessen, da sie in einem Abs. miteinander verbunden sind, nur in einem bestimmten Zusammenhang verstanden werden. Satz 1 dieses Absatzes stellt auf das bisherige Bundes- und Landesrecht in Kassenarztrechtsangelegenheiten ab; es verliert mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts grundsätzlich seine Geltung. Der daran anschließende Satz, der landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte "unberührt" läßt, kann sonach nur dahin ausgelegt werden, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKAR bereits vorhanden gewesene Versorgungswerke für Kassenärzte (vgl. zB § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 22. Dezember 1953, GVBl Hessen S. 206, sowie § 34 der Satzung der KÄV Hessen und die darauf beruhenden Grundsätze über die erweiterte Honorarverteilung) weiter bestehen bleiben sollen (ebenso Jantz/Prange aaO, Anm. II/1 am Ende zu Art. 4 § 1 GKAR). Die rechtliche Bedeutung des Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR liegt nun gerade darin, daß er vor Inkrafttreten des GKAR errichtete Altersversorgungswerke, deren Versorgungsleistungen an ehemalige Kassenärzte und deren Hinterbliebene (wie zB im Lande Hessen) - entgegen dem Verbot des § 368 f Abs. 1 Satz 2 - 4 RVO - mit der Honorarverteilung gekoppelt sind, weiterbestehen läßt. § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD, der - unter vielen möglichen Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherstellung der Kassenärzte - allenfalls die Ermächtigung zur Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung erteilt hat, sollte nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR nicht als Ermächtigungsnorm neben § 368 f Abs. 1 RVO (in der Fassung des GKAR) bestehen bleiben und damit im Widerspruch zu dieser Vorschrift fernerhin die Errichtung von Versorgungseinrichtungen ermöglichen; es sollten nur schon bestehende Versorgungswerke erhalten bleiben.
Die Fassung "unberührt bleiben" in Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR schließt nicht aus, daß die bei Inkrafttreten des GKAR bereits bestehenden "landesrechtlichen Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte" auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vom Landesgesetzgeber abgeändert werden können (BVerfG 11, 192, 200). Das LSG ist rechtsirrtümlich davon ausgegangen, daß § 2 Abs. 2 Satz 5 der Satzung der KVD eine solche Regelung darstelle. Es hat aber nicht geprüft, ob die von der Abgeordnetenversammlung der KÄV Hamburg im Jahre 1953 beschlossenen "Richtlinien über die Gewährleistung einer Mindesteinnahme für Kassenärzte" als landesrechtliche Regelung im Sinne des Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR anzusehen sind. Die Entscheidung dieser Frage wird davon abhängen, ob das von der Beklagten im Jahre 1956 geschaffene Versorgungswerk eine Neuerrichtung oder die Änderung einer bereits bestehenden Versorgungseinrichtung gewesen ist.
Da das Berufungsgericht diese für die Entscheidung rechtserhebliche Frage nicht geprüft hat, ist die Revision begründet. Der Senat hat es nicht für tunlich gehalten, in der Sache selbst zu entscheiden. Er hat Zweifel, ob es sich bei jenen Richtlinien um eine der Verwaltung der KÄV erteilte Ermächtigung oder um autonomes Recht der KÄV Hamburg gehandelt hat, ob er also diese Richtlinien seiner Entscheidung zugrunde legen könnte. Da allenfalls eine Regelung des Landesrechts vorliegen würde, hat es der Senat als gerechtfertigt angesehen, daß das LSG diese Frage prüft und entscheidet. Er hat deshalb nach § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG entschieden, wie geschehen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Urteil des Berufungsgerichts vorbehalten.
Fundstellen