Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Neufeststellung. Umanerkennung ohne ärztliche Untersuchung gemäß § 86 Abs 3 BVG. wesentliche Änderung der Verhältnisse. maßgeblicher Zeitpunkt der Änderung
Orientierungssatz
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 21.1.1960 - 8 RV 549/58 = BSGE 11, 236; BSG vom 17.8.1961 - 8 RV 269/60 = BSGE 15, 26 = SozR Nr 12 zu § 62 BVG; BSG vom 22.2.1962 - 8 RV 701/60; BSG vom 9.7.1963 - 9 RV 674/62; BSG vom 10.1.1963 - 10 RV 763/60 = SozR Nr 20 zu § 62 BVG; BSG vom 12.2.1958 - 11/9 RV 948/55 = BSGE 7,8; BSG vom 22.4.1959 - 11/8 RV 295/57; BSG vom 22.3.1963 - 11 RV 664/60; BSG vom 24.4.1963 = 11 RV 804/62 = SozR Nr 24 zu § 62 BVG) richtet sich bei der Umanerkennung ohne ärztliche Untersuchung gemäß § 86 Abs 3 BVG die Frage, ob und seit wann eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 62 BVG eingetreten ist, nach dem Zeitpunkt, zu dem der nach früherem Versorgungsrecht erteilte Bescheid ergangen ist.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1, § 86 Abs. 3
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 20.06.1962) |
SG Hannover (Urteil vom 08.06.1960) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle vom 20. Juni 1962 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger bezog auf Grund der Sozialversicherungsdirektive (SVD) 27 (Bescheid vom 21. Februar 1949) Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. wegen " verschwartender Gasbrust rechts nach Lungendurchschuß". Maßgebend war das Gutachten des Vertragsarztes, Facharztes für Lungenkrankheiten Dr. R, vom 1./4. Dezember 1948. Zu einem Antrag auf Gewährung einer Heilstättenkur vom November 1950 erstattete der Vertragsarzt Dr. R das Gutachten vom 1. Februar 1951, in dem er die Schädigungsfolge als "Rippenfellschwarte rechts nach Lungendurchschuß" bezeichnete und weiterhin eine MdE um 50 v. H. annahm. Durch den Umanerkennungsbescheid vom 5. April 1952 übernahm das Versorgungsamt (VersorgA) - ohne eine weitere ärztliche Nachuntersuchung - die bisherige Rente und " verschwartende Gasbrust rechts nach Lungendurchschuß" als Schädigungsfolge.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1955 stellte das VersorgA auf Grund des Gutachtens des Vertragsarztes, Facharztes für innere Krankheiten Dr. D, vom 15./27. Dezember 1954 die Rente gemäß § 62 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) neu fest, bezeichnete die Schädigungsfolgen als "Brustfellverschwartung rechts nach Lungendurchschuß" und setzte die MdE vom 1. August 1955 an mit 30 v. H. fest. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Beweis erhoben, ua durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für innere Medizin und für Lungenkrankheiten Dr. Sch vom 19. Februar 1960, und hat durch Urteil vom 8. Juni 1960 unter Abänderung der Verwaltungsbescheide den Beklagten verurteilt, Rente nach einer MdE um 50 v. H. zu zahlen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sich der Zustand des Klägers zwar gegenüber dem im Dezember 1948 erhobenen Befund geändert, die Erwerbsfähigkeit aber nicht gebessert habe.
Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Im Urteil vom 20. Juni 1962 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umanerkennungsbescheid vom 5. April 1952 sei ohne Nachuntersuchung erteilt worden, weil das Gutachten des Sachverständigen Dr. R vom 1. Februar 1951 zwar vor der Bescheiderteilung eingeholt, bei ihr aber erkennbar nicht verwertet worden sei. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die ursprünglich von Dr. R im Gutachten vom 1./4. Dezember 1948 beschriebene und im Bescheid nach der SVD 27 vom 21. Februar 1949 festgestellte Gesundheitsstörung " verschwartende Gasbrust rechts" schon zur Zeit der Erstfeststellung nach dem BVG nicht mehr vorhanden gewesen und der Verschwartungsprozeß schon Anfang 1951 abgeschlossen gewesen sei. Entgegen der Rechtsprechung des 8. und 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) sei es in den Fällen, in denen der Umanerkennungsbescheid ohne Nachuntersuchung erteilt worden sei, nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, die für die Bescheiderteilung nach früherem Recht - hier der SVD 27 - maßgebend gewesen seien, sondern Vergleichsgrundlage für die Frage, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten, sei der Umfang der Schädigungsfolgen zur Zeit der Erteilung des Umanerkennungsbescheides. Daher sei nicht das Gutachten des Sachverständigen Dr. R vom Dezember 1948 mit den ärztlichen Feststellungen des Dr. D vom Dezember 1954 zu vergleichen, sondern es komme auf den zur Zeit der Umanerkennung vorhandenen Befund an. Nach dem insoweit ausreichenden Gutachten des Dr. Sch vom Februar 1960 sei aber eine wesentliche Änderung der Verhältnisse in der Zeit seit der Umanerkennung bis zur Neufeststellung zu verneinen. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt,
die Entscheidungen des Sozialgerichts Hannover in Hannover vom 8. Juni 1960 und des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle vom 20. Juni 1962 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Er rügt mit näherer Begründung eine unrichtige Anwendung des § 62 BVG, weil nach der Rechtsprechung des BSG von dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R vom Dezember 1948 auszugehen sei.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist zulässig und auch begründet.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Umanerkennungsbescheid vom 5. April 1952 ohne ärztliche Nachuntersuchung nach § 86 Abs. 3 BVG erteilt worden ist. Denn maßgebend ist nicht, daß Dr. R den Kläger vor diesem Bescheid untersucht hat, sondern ob sein Gutachten vom 1. Februar 1951 für die Umanerkennung verwertet worden ist (BSG in SozSich 1959 Rechtsprechung Nr. 1019; BSG SozR BVG § 86 Bl. Ca 9 Nr. 11). Das Berufungsgericht hat zutreffend berücksichtigt, daß das Gutachten des Dr. R nicht für die Erteilung des Umanerkennungsbescheides, sondern für die Entscheidung über einen Antrag auf Gewährung einer Badekur eingeholt ist und daß es eine andere Bezeichnung der Schädigungsfolgen enthält als der Bescheid nach der SVD 27 und der Umanerkennungsbescheid. Aus diesen Tatsachen hat das LSG ohne Rechtsverstoß gefolgert, daß der Umanerkennungsbescheid ohne ärztliche Nachuntersuchung gemäß § 86 Abs. 3 BVG erteilt worden ist.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die " verschwartende Gasbrust rechts", die auf Grund der Untersuchung vom Dezember 1948 im Bescheid nach der SVD 27 und in dem ohne ärztliche Nachuntersuchung erteilten Umanerkennungsbescheid als Schädigungsfolge festgestellt worden war, bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. D nicht mehr bestanden hat. Diese Feststellung ist für das BSG bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile des 8. Senats in BSG 11, 236 ff; 15, 26 ff und Urteil vom 22. Februar 1962 - 8 RV 701/60 -; Urteil des 9. Senats vom 9. Juli 1963 - 9 RV 674/62 -; Beschluß des 10. Senats vom 8. Juni 1960 - 10 RV 1159/59 - und Urteil dieses Senats vom 10. Januar 1963 (SozR BVG § 62 Bl. Ca 19 Nr. 20); Urteil des 11. Senats in BSG 7, 8 ff und Urteile dieses Senats vom 22. April 1959 - 11/8 RV 295/57 -, vom 22. März - 11 RV 664/60 - und 24. April 1963 - SozR BVG § 62 Bl. Ca 21 Nr. 24 -) richtet sich bei der Umanerkennung ohne ärztliche Untersuchung gemäß § 86 Abs. 3 BVG die Frage, ob und seit wann eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 62 BVG eingetreten ist, nach dem Zeitpunkt, zu dem der nach früherem Versorgungsrecht erteilte Bescheid ergangen ist. Die Erwägungen, die das LSG veranlaßt haben, in dem angefochtenen Urteil von der Rechtsprechung des BSG abzuweichen, sind nicht stichhaltig. Vielmehr hat die Bindungswirkung des Umanerkennungsbescheides vom 5. April 1952 die Neufeststellung der Rente nach § 62 Abs. 1 BVG durch den Bescheid vom 1. Juni 1955 nicht ausgeschlossen. Der Senat folgt dem Urteil des 11. Senats vom 24. April 1963 (SozR BVG § 62 Bl. Ca 21 Nr. 24) in vollem Umfang. Dort ist ausgeführt:
Nach den §§ 77 SGG, 24 Abs. 1 VerwVG ist, soweit durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist, ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird; die Bindung der Verwaltungsbehörde tritt mit der Zustellung oder dem Zugang des Bescheides ein (§ 24 Abs. 2 VerwVG). Abgesehen von dem Fall der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist damit jeder Verwaltungsakt von der Bekanntgabe an zunächst einmal wirksam, d. h. die "Regelung", die er für ein bestimmtes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis trifft, "gilt", sie ist zwischen den Beteiligten "maßgebend"; es kommt nicht darauf an, ob der Sachverhalt, von dem die Verwaltung ausgegangen ist, der Wirklichkeit entspricht und ob die rechtlichen Schlußfolgerungen, die sie in dem Verwaltungsakt daraus gezogen hat, zutreffen. Diese materielle Bindung ist ... nicht gleichzusetzen mit der Rechtskraft eines Urteils; die Verwaltung ist nicht - wie dies für die Partei gilt, die ein materiell unrichtiges Urteil, das rechtskräftig geworden ist, beseitigen will - darauf angewiesen, daß die unrichtige Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren durch ein gerichtliches Urteil aufgehoben wird, sie darf den materiell unrichtigen Verwaltungsakt selbst aufheben, d. h. zurücknehmen oder widerrufen, soweit sie durch "Gesetz" dazu ermächtigt ist. Die materielle Bindung des Verwaltungsakts beruht auch nicht auf einer "Vermutung der Richtigkeit und Rechtmäßigkeit" des Verwaltungsakts (vgl. dazu Bachof, Juristenzeitung 1957, 437, Abschnitt C II 4, 5; Reissmüller , Juristenzeitung 1959, 646), sie dient vielmehr dem Interesse der Beteiligten an der Rechtssicherheit (vgl. auch Urteil des BSG vom 21. September 1962, MDR 1963, 254 = DÖV 1963, 182). Der ... Senat hat in dem Urteil BSG 7, 8 ff, 12 nicht - wie das LSG offenbar meint - gesagt, daß eine "Vermutung der Richtigkeit oder Rechtsmäßigkeit" eines bindend gewordenen Verwaltungsakts bestehe; in dem Urteil ist vielmehr gesagt, die Ermächtigung zu einer "Neufeststellung" der Rente in § 62 Abs. 1 BVG sei nur für den Fall erteilt, daß die Verhältnisse, die bei Erlaß des früheren Bescheides in Wirklichkeit vorgelegen haben, sich nachweislich und wesentlich geändert haben; der Gesetzgeber sei dabei von dem Regelfall ausgegangen, daß die Versorgungsverwaltung nach dem Grundsatz der Amtsermittlung (§ 12 VerwVG) die Verhältnisse vor der Feststellung prüfe, ihr Verwaltungsakt deshalb im Regelfall bei seinem Erlaß rechtmäßig sei. Wenn die Verwaltung dies ausnahmsweise nicht oder nur unvollständig getan hat, wenn also subjektiv für sie andere als die tatsächlich gegebenen Verhältnisse bei der Feststellung maßgebend gewesen sind, so ist der Bescheid objektiv unrichtig, es spricht keine "Vermutung" für seine Richtigkeit, er ist aber, wenn er bindend geworden ist, trotzdem zwischen den Beteiligten "in der Sache" maßgebend. Die Verwaltung kann einen solchen Bescheid nicht nach § 62 Abs. 1 BVG rechtswirksam zurücknehmen, sie kann ihn nur zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen des § 41 VerwVG vorliegen.
Auf die Verhältnisse, die bei Erlaß eines Bescheides in Wirklichkeit vorgelegen haben, kommt es aber für die Entscheidung darüber, ob später die Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 BVG eingetreten sind, dann nicht an, wenn - in Abweichung vom Regelfall - die Verwaltung ausnahmsweise durch Gesetz ermächtigt gewesen ist, in einem Bescheid eine "Regelung" zu treffen ohne Rücksicht darauf, wie die Verhältnisse zur Zeit des Erlasses dieses Bescheids tatsächlich sind. Eine solche Ermächtigung ergibt sich aus § 86 Abs. 3 BVG. Wie sich aus den Verhandlungen des 26. Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen des Deutschen Bundestags ergibt (vgl. Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, Protokoll der 35. Sitzung vom 4. Oktober 1950 S. 97 1), ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß zur Feststellung des Versorgungsanspruchs nach dem BVG in aller Regel eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich sei; weil dies aber bei der großen Zahl der Versorgungsfälle zeitlich nicht in allen Fällen durchführbar gewesen ist, hat er, um eine Unterbrechung in der Zahlung der laufenden Bezüge zu vermeiden, die Versorgungsverwaltung ermächtigt, von einer ärztlichen Untersuchung vor dem Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" abzusehen; sie hat bei der Feststellung der Rente nach dem BVG ausnahmsweise die Verhältnisse zugrunde legen dürfen, die bei Erlaß der Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften bestanden haben, sie hat die damaligen Verhältnisse als maßgebend für die Feststellung der Rente nach dem BVG ansehen dürfen. Wenn eine spätere Untersuchung ergeben hat, daß diese Verhältnisse nicht mehr vorliegen, so hat die Versorgungsverwaltung bis 30. September 1954, wenn sie den "Umanerkennungsbescheid" als rechtswidrig hat zurücknehmen wollen, ausnahmsweise nicht nachweisen müssen, daß - vor oder nach dem Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" - eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist, von denen bei der Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften ausgegangen worden ist; bis zu diesem Zeitpunkt ist die Versorgungsverwaltung nach § 86 Abs. 3 BVG ermächtigt gewesen, den "Umanerkennungsbescheid" schon dann zurückzunehmen, wenn sie nach seinem Erlaß die Überzeugung erlangt hat, dieser Bescheid entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die Vorschrift des § 86 Abs. 3 BVG, die eine klare Ausnahme zu dem Regelfall des § 62 Abs. 1 BVG ist, besagt nicht, daß die Versorgungsverwaltung den "Umanerkennungsbescheid", den sie ohne vorhergehende "Nachuntersuchung" erlassen hat, nach dem 30. September 1954 nur dann zurücknehmen darf, wenn nach dem Erlaß des "Umanerkennungsbescheides " eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist. Soweit das LSG meint, die Versorgungsverwaltung habe ein "Risiko" eingegangen, wenn sie nicht bis spätestens 30. September 1954 eine Nachuntersuchung durchgeführt habe, der Gesetzgeber habe "offenkundig gewollt", daß sie eine Neufeststellung nach dem 30. September 1954 nur dann rechtswirksam vornehmen könne, wenn die Änderung in den Verhältnissen nach dem Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" eingetreten sei, kann dieser Auffassung nicht zugestimmt werden. Sinn und Zweck des § 86 Abs. 3 BVG haben nicht darin bestanden, den Beschädigten auch über den 30. September 1954 hinaus Versorgungsbezüge zu gewährleisten, die ihnen wegen einer Änderung der Verhältnisse nicht mehr zustehen, es ist auch nicht beabsichtigt gewesen, der Versorgungsverwaltung ein "Risiko" aufzuerlegen; die Funktion dieser Vorschrift hat allein darin bestanden, eine rasche "Überleitung" der Versorgungsbezüge zu ermöglichen und die "Umstellung" der Bescheide auf das Recht des BVG zunächst einmal so einfach wie möglich zu gestalten. Es hat deshalb auch nicht die Absicht bestanden, auszuschließen, daß die Versorgungsverwaltung auch nach dem 30. September 1954 den "Umanerkennungsbescheid" nach § 62 Abs. 1 BVG jedenfalls für die Zukunft dann zurücknehmen darf, wenn sie den Nachweis erbringen kann, daß die in dem "Umanerkennungsbescheid" festgestellte Rente den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht, weil eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist, die für die Feststellung in diesem Bescheid maßgebend gewesen sind. Der "Umanerkennungsbescheid" ist "in der Sache" insoweit nicht bindend, weil auch er die Verhältnisse zugrunde legt, die für die Feststellung in dem Bescheid nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften maßgebend gewesen sind und nicht die Verhältnisse, die bei seinem Erlaß bestanden haben, diese Verhältnisse sind für den "Umanerkennungsbescheid" nicht maßgebend. Es ist deshalb daran festzuhalten (vgl. BSG 11, 236 ff, 242; 15, 26 ff, 28), daß insoweit die "Regelung", die in der Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften getroffen worden ist, mit dem "Umanerkennungsbescheid" zu einer Einheit verschmolzen ist. Zwar ist der Bescheid nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften vom Inkrafttreten des BVG an zwischen den Beteiligten nicht mehr "maßgebend" (vgl. BSG 4, 21, 23); ebenso wie nach der Übergangsvorschrift des § 85 BVG ein "Bestandteil" der Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften, nämlich die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung "Bindungswirkung" hat (vgl. hierzu Urteil des BSG in SozR Nr. 17 zu § 85 BVG) und deshalb in die Entscheidung nach dem BVG übernommen werden muß, darf aber die Versorgungsverwaltung, wenn sie einen "Umanerkennungsbescheid" ohne ärztliche Nachuntersuchung erlassen hat, eine andere "Regelung" der früheren Entscheidung, nämlich die Bewertung des Grades der MdE, nach § 86 Abs. 3 BVG in den "Umanerkennungsbescheid" übernehmen. In beiden Fällen wird damit eine "Regelung" des früheren Bescheides "Bestandteil" des "Umanerkennungsbescheides", wenngleich die "Maßgeblichkeit" dieser "übernommenen" Regelung vom Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" an nur noch auf diesem Bescheid beruht. Haben die Verhältnisse, die bei Erlaß der Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen gewesen sind, schon bei Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" nicht mehr bestanden, so ist die Rechtswidrigkeit des "Umanerkennungsbescheides" eine Folge davon, daß der frühere Bescheid im Zeitpunkt der Umanerkennung rechtswidrig gewesen ist. Der "Umanerkennungsbescheid" hat keine "novierende Kraft" in dem Sinn, daß es ... nach dem 30. September 1954 für eine Neufeststellung nur noch darauf ankommt, wie die Verhältnisse tatsächlich bei Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" gewesen sind ... Deshalb kann der Zeitpunkt, in dem der "Umanerkennungsbescheid" erlassen ist, nicht herangezogen werden zum Vergleich dafür, ob eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Es kommt daher in diesen Fällen für die Anwendung des § 62 Abs. 1 BVG nicht darauf an, ob die wesentliche Änderung in den Verhältnissen vor oder nach dem Erlaß des "Umanerkennungsbescheides" eingetreten ist.
Da sich dies unmittelbar aus den Vorschriften des BVG ergibt, besteht für den ... Senat kein Anlaß zu prüfen, ob und inwieweit die Rechtslage, die nach der Rechtsprechung des Reichsversorgungsgerichts zu § 57 des Reichsversorgungsgesetzes hinsichtlich der nach § 2 des Altrentnergesetzes ohne Nachuntersuchung erlassenen "Umanerkennungsbescheide" bestanden hat, dieselbe gewesen ist, wie die Rechtslage, die nach § 62 Abs. 1 BVG hinsichtlich der nach § 86 Abs. 3 BVG ohne ärztliche Nachuntersuchung ergangenen Bescheide besteht (vgl. insoweit BSG 11, 236 ff).
Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen. Er weist nur noch darauf hin, daß dem Versorgungsrecht von jeher die Rentenfeststellung ohne Ermittlung der derzeitigen Schädigungsfolgen nicht fremd gewesen ist, was zu einer anderen als der sonst üblichen Vergleichsbasis bei einer Neufeststellung der Rente wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse geführt hat.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich hiernach folgendes: Da die Rente des Klägers durch den "Umanerkennungsbescheid" vom 5. April 1952 ohne ärztliche Nachuntersuchung unter Übernahme des bisher anerkannten Grades der MdE festgestellt worden ist, sind auch für die Feststellung in dem "Umanerkennungsbescheid" die Verhältnisse maßgebend gewesen, welche dem Bescheid vom 21. Februar 1949 nach der SVD 27 zugrunde gelegen habe, also die Verhältnisse bei der Untersuchung des Klägers im Dezember 1948. Diese Verhältnisse haben bei der Nachuntersuchung am 15./27. Dezember 1954 insoweit nicht mehr bestanden, als eine " verschwartende Gasbrust rechts" nicht mehr bestand, sondern nunmehr eine "Brustfellverschwartung rechts" vorlag. Der Bescheid vom 5. April 1952, der ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, ist mithin bei Erlaß des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Bezeichnung der Schädigungsfolgen unrichtig gewesen. Ob er auch hinsichtlich der angenommenen Höhe der MdE unrichtig gewesen ist und hat zurückgenommen werden können, ist nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht ersichtlich. Infolgedessen beruht die angefochtene Entscheidung auf der unrichtigen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und kann nicht aufrechterhalten werden. Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif, weil keine hinreichenden Feststellungen vorliegen. Infolgedessen war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen