Beteiligte
Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben -Landesversorgungsamt- |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. März 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für ein Automatikgetriebe zu erstatten.
Bei dem 1926 geborenen Kläger sind als Schädigungsfolgen ua eine Bombensplitterverletzung am linken Fuß mit Amputation im Lisfranc'schen Gelenk sowie eine dadurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 vH anerkannt. In dem Führerschein des Klägers befindet sich die Eintragung „Die Fahrerlaubnis berechtigt nur zum Führen von Personenkraftwagen mit Vollautomatik”. Für entsprechend ausgerüstete Personenkraftwagen (Pkw) hat der Kläger in der Vergangenheit mehrmals Zuschüsse erhalten. Im Februar 1995 erwarb der Kläger einen neuen Pkw Marke Nissan Micra LX. Gegen einen Aufpreis von 2.665,00 DM war dieser zusätzlich mit einem Automatikgetriebe und einer Servolenkung ausgestattet. Das Automatikgetriebe war nur im Paket mit einer Servolenkung erhältlich gewesen. Nach der damaligen Preisliste der Firma Nissan hätte die Servolenkung in diesem Pkw-Typ allein 895,00 DM gekostet.
Unter dem 10. März 1995 beantragte der Kläger die Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Kfz. Mit Bescheid vom 28. März 1995 und Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1995 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Sozialgericht Hannover hat den Beklagten mit Urteil vom 17. September 1996 verurteilt, dem Kläger 1.770,00 DM zu erstatten. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben (Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen vom 27. März 1998). Zur Begründung seines Urteils hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, es bestünden keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe gekauft hätte. Dafür spreche, daß hier nur eine weitere Sonderausstattung – die Servolenkung – in dem Paket gewesen sei, diese nur rund 1/3 des Gesamtpreises ausgemacht habe und überdies auch allein erhältlich gewesen wäre.
Mit der vom Bundessozialgericht zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung der § 11 Abs 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und des § 27 der Orthopädie-Verordnung (OrthV). Er macht unter Hinweis auf die Urteile des Senats vom 29. September 1993 (9 RV 12/93 = BSGE 73, 142 ff = SozR 3-3100 § 11 Nr 1; 9 RV 17/93; 9/9a RV 13/92 und 9 RV 5 /93) geltend, der schädigungsbedingte Zwang zur Beschaffung sei im vorliegenden Fall nicht nachweisbar; zudem liege keine „Änderung” von Motorfahrzeugen iS von § 11 Abs 3 Satz 1 Nrn 1 und 4 BVG vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. März 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 17. September 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
II
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Automatikgetriebe, da dieses sowohl eine Sonderausstattung iS von § 27 Abs 1 OrthV als auch eine „Änderung” iS des § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG darstellt.
Nach § 27 Abs 1 Nr 2 iVm § 22 Abs 1 OrthV vom 4. Oktober 1989 (BGBl I S 1834) idF der Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl I S 3009) werden als Ersatzleistungen iS des § 11 Abs 3 BVG die Kosten für die Sonderausstattung eines Motorfahrzeugs mit einem automatischen Getriebe oder einer ähnlichen Vorrichtung bis zu 2.100,00 DM übernommen. Voraussetzung ist gemäß § 27 Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz OrthV ua, daß der Beschädigte das Fahrzeug besitzt und daß die Sonderausstattung den Auflagen und Einschränkungen entspricht, unter denen die Fahrerlaubnis erteilt ist. Vorausgesetzt wird dabei, daß die Auflagen bzw Einschränkungen der Fahrerlaubnis auf einer der Heilbehandlung zugänglichen Gesundheitsstörung beruhen, dh also entweder auf einem Schädigungsleiden iS des § 10 Abs 1 Satz 1 BVG oder aber auf einem Leiden, für das der Beschädigte als Schwerbeschädigter nach § 10 Abs 2 iVm Abs 7 und 8 der Bestimmung Anspruch auf Heilbehandlung hat (vgl § 11 Abs 3 Satz 1 BVG).
Der Senat hat in seinem Urteil vom 29. September 1993 - 9 RV 12/93 - (BSGE 73, 142, 143 = SozR 3-3100 § 11 Nr 1) bezweifelt, ob „die Praxis der Versorgungsverwaltung”, Änderungskosten bei Motorfahrzeugen immer dann zu übernehmen, wenn der Beschädigte ein Kfz nach seiner Fahrerlaubnis nur mit besonderen Bedienungseinrichtungen führen kann und darf, eine gesetzliche Grundlage besitzt (vgl insoweit § 31 SGB I). Der Senat hat in der genannten Entscheidung insbesondere in Frage gestellt, ob eine solche gesetzliche Grundlage in § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG gefunden werden könne. Die damals erhobenen Bedenken läßt der Senat fallen. Für die in § 27 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 OrthV vorgesehene Kostenübernahme für die Sonderausstattung mit einem automatischen Getriebe oder einer ähnlichen Vorrichtung enthält § 24a Buchst a iVm § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG eine ausreichende gesetzliche Grundlage.
Zwar ermächtigt die erstgenannte Vorschrift die Bundesregierung nur dazu, durch eine Verordnung „Art, Umfang und besondere Voraussetzungen … der Ersatzleistungen (§ 11 Abs 3) näher zu bestimmen”, und stellt der Wortlaut des § 11 Abs 3 BVG in Satz 1 Nr 1 sowohl für die „Beschaffung” und „Instandhaltung” als auch für die „Änderung” von Motorfahrzeugen darauf ab, daß diese Maßnahmen „anstelle bestimmter Hilfsmittel” erfolgen. Diese Einschränkung bezieht sich aber nach ihrem Sinn und nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nur auf die „Beschaffung” und „Instandhaltung” der fraglichen Motorfahrzeuge, nicht aber auf deren „Änderung”.
Die Bezuschussung des Erwerbs und der Instandhaltung von Motorfahrzeugen setzt eine erhebliche Verminderung des Gehvermögens voraus. Stark gehbehinderte Beschädigte haben in der Regel einen Anspruch auf ein Hilfsmittel zum Ausgleich ihres geminderten Gehvermögens. Deshalb konnte ursprünglich ein Zuschuß nur gewährt werden, wenn der Beschädigte Anspruch auf die Versorgung mit einem Krankenfahrstuhl (Rollstuhl) für den Straßenverkehr hatte; außerdem bot sich die Leistungseinschränkung an, wenigstens im Regelfall den Zuschuß zur Beschaffung eines Motorfahrzeugs nicht neben, sondern nur an Stelle der Versorgung mit einem Krankenfahrstuhl zu gewähren. Dies ist auch heute noch die Grundvorstellung der entsprechenden Vorschriften der OrthV (vgl § 23 Abs 2 und § 26 Abs 2 Satz 1 OrthV). Dagegen verursachen Änderungen an Motorfahrzeugen, die durch schädigungsbedingte (bzw – bei wirtschaftlich bedürftigen Schwerbeschädigten – durch andere Leiden bedingte) Behinderungen notwendig werden, im Regelfall niedrigere Kosten und führen daher auch nur zu niedrigeren Zuschüssen als im Falle des Erwerbs eines Kfz. Zudem setzen solche Änderungen schon begrifflich keine Beeinträchtigung des Gehvermögens, sondern nur eine solche beim Bedienen eines Kfz voraus. Es ist möglich, aber nicht notwendig, daß insoweit auch Beeinträchtigungen einer körperlichen Grundfunktion vorliegen, die durch Hilfsmittel (zB – wie im Falle des Klägers – durch orthopädisches Schuhwerk) teilweise ausgeglichen werden können. Aber auch soweit Personen, die danach nur ein „geändertes” Kfz bedienen können, Anspruch auf Hilfsmittel haben, ist eine Verknüpfung der entsprechenden Zuschüsse mit der Hilfsmittelversorgung nicht sinnvoll. Wegen der Verschiedenartigkeit der Hilfsmittel läßt sich eine sinnvolle Relation zwischen den Kosten der in Betracht kommenden Hilfsmittel und der Höhe der Zuschüsse nicht herstellen. Außerdem kann bei diesem Personenkreis das (geänderte) Motorfahrzeug typischerweise eine körperliche Grundfunktion nicht ganz oder teilweise ersetzen, wie dies bei Gehbehinderten der Fall ist. Schon aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß die Worte „anstelle eines Hilfsmittels” in § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG nicht auf die beschädigtengerechte „Änderung” eines Motorfahrzeugs zu beziehen sind. Gegen diese Auslegung spricht auch nicht die in § 11 Abs 3 Satz 3 BVG enthaltene Regelung, wonach Empfänger einer Pflegezulage mindestens der Stufe III einen Zuschuß nach Satz 1 Nr 1 dieses Absatzes auch dann erhalten können, wenn er nicht „anstelle eines Hilfsmittels” beantragt wird. Denn auch diese Regelung bezieht sich nur auf Zuschüsse zur Beschaffung und zur Instandhaltung eines Motorfahrzeugs.
Dementsprechend hat auch der Verordnungsgeber der OrthV und der Vorläuferverordnung die Gewährung von Zuschüssen zur Änderung von Motorfahrzeugen – anders als die Bezuschussung von deren Erwerb und Instandhaltung – bewußt nicht an die Bedingung geknüpft, daß der Beschädigte bestimmte Hilfsmittel nicht in Anspruch genommen hat. Während in § 23 Abs 2 OrthV die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung eines Motorfahrzeugs grundsätzlich davon abhängig gemacht wird, daß der Beschädigte keinen Rollstuhl für den Straßengebrauch in Anspruch genommen hat, und auch in § 26 Abs 2 Satz 1 OrthV die Gewährung von Zuschüssen für die Instandhaltung von Motorfahrzeugen an das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Zuschuß nach § 23 OrthV, insbesondere dessen Abs 2, gebunden ist, enthält § 27 Abs 2 OrthV diese Einschränkung nicht. Die Bezuschussung einer Sonderausstattung setzt nur voraus, daß der Beschädigte das Fahrzeug besitzt und daß die Sonderausstattung den Auflagen und Beschränkungen entspricht, unter denen die Verkehrsbehörde die Fahrerlaubnis erteilt hat. Auf § 23 Abs 2 OrthV wird in § 27 Abs 2 Satz 2 OrthV bewußt nicht verwiesen. Das entspricht im wesentlichen dem früheren Rechtszustand: In dem mit „Voraussetzungen für Ersatzleistungen” überschriebenen § 5 der Verordnung der Bundesregierung zur Durchführung des § 13 BVG vom 6. Juni 1961 (BGBl I S 669 = BVBl 1961, S 82 - DVO) waren folgende Regelungen enthalten: Zuschüsse für die Beschaffung eines Motorfahrzeugs konnten nach § 5 Abs 1 DVO anstelle eines handbetriebenen Krankenfahrzeugs für den Straßengebrauch („anstelle dieses Hilfsmittels”), Zuschüsse für die Instandhaltung nach § 5 Abs 2 DVO „anstelle von sonst notwendigen Instandsetzungskosten an einem handbetriebenen Krankenfahrzeug für den Straßengebrauch” gewährt werden. Dagegen war die in § 5 Abs 3 DVO geregelte Kostenübernahme für Änderungen der Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte eines Motorfahrzeugs insoweit nur an die Voraussetzung geknüpft, daß „sich das Fahrzeug im Besitz des Beschädigten befindet und die Änderungen von der Verkehrsbehörde zur Auflage gemacht und in den Führerschein eingetragen worden sind” (§ 5 Abs 3 Nr 1 Satz 1 DVO).
Diese Leistungsvoraussetzungen, die seither im wesentlichen unverändert geblieben sind, fand der Gesetzgeber vor, als er im Rahmen des 2. Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I S 85) erstmalig „Ersatzleistungen” „in Ergänzung” zu der Hilfsmittelversorgung vorsah, wobei er – in § 13 Abs 1 Satz 2 BVG aF – die noch heute in der Nachfolgevorschrift (§ 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG) enthaltenen Worte „anstelle bestimmter Hilfsmittel” verwendete, und zugleich eine entsprechende Verordnungsermächtigung schuf. Die nachträgliche Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Gewährung von Ersatzleistungen hatte sich deswegen als notwendig erwiesen, weil § 13 Abs 5 BVG idF des Gesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl I S 453) die Bundesregierung nur zum Erlaß von „Vorschriften über Art und Umfang der Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln …” ermächtigt hatte. Nach Satz 2 des § 13 Abs 1 BVG idF des 2. NOG konnten „zur Ergänzung der orthopädischen Versorgung” und zu dem „in Satz 1 genannten Zweck” (dh um den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern und die Folgen der Schädigung zu erleichtern) Zuschüsse zu den Kosten der Beschaffung, Instandhaltung und Änderung von Motorfahrzeugen anstelle bestimmter Hilfsmittel gewährt werden. Diese – im BVG bis dahin nicht ausdrücklich vorgesehenen – Leistungen wurden in Anlehnung an den Sprachgebrauch der DVO als „Ersatzleistungen” bezeichnet (vgl §§ 2 und 5 DVO). Diese neue Leistungsart wurde zugleich in die nunmehr in § 13 Abs 6 BVG idF des 2. NOG enthaltene Ermächtigungsvorschrift aufgenommen. Dadurch sollte der bisherige Leistungsrahmen nicht verkürzt, sondern seine gesetzliche Grundlage „gesichert”, dh nachträglich geschaffen werden. Das ergibt sich aus den Materialien zum 2. NOG. So heißt es in der Amtlichen Begründung zu § 13 des Regierungsentwurfs (BR-Drucks 189/63): „Der neu eingefügte Absatz 1 soll die Rechtsgrundlage der bisher schon in § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 13 BVG vorgesehenen und der bisher im Unterstützungswege gewährten Ersatzleistungen sichern” und in bezug auf § 13 Abs 6 des Entwurfs: „Die Ermächtigung ist wegen der Einführung der Ersatzleistungen neu gefaßt worden” (vgl dazu auch den Bericht der Abgeordneten Bals und Reichmann BT-Drucks IV/1831 S 3 „zu Nr 11 ≪§ 13≫”).
Aufgrund der neuen Ermächtigung wurde bald darauf die DVO mit VO vom 30. Oktober 1964 (BGBl I S 835) geändert und anschließend neu bekanntgegeben (BGBl I S 843). Ihre hier interessierenden Regelungen fanden im wesentlichen unverändert, jedenfalls ohne Leistungsverkürzung, Eingang in die §§ 22 f OrthV. Auch die Ermächtigungsgrundlage wurde nur redaktionell geändert. Insbesondere wurde die Bestimmung über die Ersatzleistungen aus § 13 Abs 1 Satz 2 BVG in den neuen § 11 Abs 3 BVG - und die Ermächtigungsvorschrift aus § 13 Abs 6 in § 24a Buchst a BVG „überführt” (vgl 3. NOG vom 28. Dezember 1966, BGBl I S 750). Seither ist das BVG mehrfach geändert worden, nicht jedoch hinsichtlich der hier interessierenden Ermächtigungsvorschriften.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Gesetzgeber des 2. NOG für die ihm bekannten Regelungen der DVO, welche hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen im wesentlichen bereits die heute gültige Regelung für die „Ersatzleistungen” hinsichtlich der Zuschüsse für Motorfahrzeuge enthielten, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage schaffen wollte und – bei richtiger Auslegung – auch geschaffen hat. Er hat bisher keinen Anlaß gesehen, die Regelung über den Inhalt der „Ersatzleistungen” abzuändern, oder sonst erkennen lassen, daß die Auslegung seiner Ermächtigungsvorschrift durch den Verordnungsgeber auf einem Mißverständnis oder einer Überschreitung der Ermächtigungsnorm beruhte. § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG als Nachfolgevorschrift des § 13 Abs 1 Satz 2 BVG idF des 2. NOG ist daher so auszulegen, daß der Gesetzgeber damit auch eine gesetzliche Ermächtigung für diejenigen Bestimmungen der DVO bzw des § 27 OrthV über die Möglichkeit von Zuschußgewährungen für die Änderung von Motorfahrzeugen geschaffen hat, welche die Gewährung von Zuschüssen unabhängig davon vorsahen, ob der Beschädigte daneben bestimmte Hilfsmittel in Anspruch nimmt oder nicht.
Der Verordnungsgeber hat sich mit dieser Regelung auch innerhalb der in § 11 Abs 3 BVG angesprochenen Zielsetzung des § 10 Abs 1 Satz 1 BVG gehalten. Nach dieser Bestimmung wird Beschädigten Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt … worden sind, gewährt, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben, die Folgen der Schädigung zu erleichtern oder um die Beschädigten möglichst auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern. Die fragliche Regelung der DVO und der OrthV entspricht noch dem in dieser weitgehenden Bestimmung iVm § 11 Abs 3 BVG genannten Zweck, dem Beschädigten über die Versorgung mit Hilfsmitteln hinaus soziale Leistungen mit dem Ziel seiner Eingliederung in die Gesellschaft und der Erleichterung der Schädigungsfolgen zuzuwenden.
Bei dem vom Kläger im Rahmen eines Ausstattungspakets beschafften Automatikgetriebe handelt es sich um eine Sonderausstattung iS des § 27 Abs 1 Nr 2 OrthV und um eine Änderung eines Motorfahrzeugs iS des § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG, die durch ein Schädigungsleiden bedingt war. Hier unproblematisch und nicht unter den Beteiligten streitig ist es, daß die Ausstattung mit einem Automatikgetriebe aus medizinischen Gründen erforderlich war. Dies hat im übrigen allein die Straßenverkehrsbehörde, die die Fahrerlaubnis des Beschädigten unter Einschränkungen und Auflagen erteilt, zu prüfen (§ 27 Abs 2 Satz 1 OrthV). Dem Versorgungsträger verbleibt – bei Nichtschwerbeschädigten wie dem Kläger – lediglich die Prüfung der Frage, ob gerade ein Schädigungsleiden die Auflagen und Einschränkungen im Führerschein erforderlich machte. Indessen ist auch diese Anspruchsvoraussetzung hier zu Recht außer Streit, da die Vorinstanzen unangegriffen davon ausgegangen sind, daß die im Führerschein des Klägers enthaltene Auflage auf der anerkannten Schädigungsfolge (Amputation des linken Fußes im Lisfranc'schen Gelenk) beruht.
Die Beteiligten streiten nur darüber, ob es sich bei der vom Kläger erworbenen Automatik um eine „Sonderausstattung” iS der OrthV bzw um eine „Änderung” iS des § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG handelt. Diese Frage ist zu bejahen. Gemeint ist in § 27 OrthV einerseits die fabrikmäßige Sonderausstattung (iS des § 11 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BVG: „Änderung ab Fabrik”), andererseits der – in der Regel wesentlich aufwendigere – nachträgliche Einbau einer Sonderausstattung oder eines Zusatzgeräts (vgl dazu im einzelnen Fehl bei Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl, RdNr 114 zu § 13 BVG). Von einer Sonderausstattung (ab Fabrik) kann allerdings nur die Rede sein, wenn in der betreffenden Fahrzeugklasse nicht ohnehin die Überzahl der Fahrzeuge serienmäßig mit der betreffenden Ausstattung ausgerüstet ist. Das ergibt sich aus dem Begriff der Sonderausstattung. Vom Vorliegen dieser Voraussetzung kann hier aber unbedenklich ausgegangen werden, weil es allgemein bekannt ist, daß Autohersteller Klein- und Mittelklassewagen noch nicht überwiegend mit Automatikgetrieben ausstatten.
Nach dem Sinn der Vorschrift über die Ergänzungsleistungen wird ferner vorausgesetzt (§ 11 Abs 3 iVm § 10 Abs 1 BVG), daß der zu bezuschussende Kostenaufwand des Beschädigten nicht auf ein Verhalten zurückgeht, das sich äußerlich nicht von dem eines Unbeschädigten unterscheidet, sondern daß das Schädigungsleiden oder das sonstige Leiden, für das der Beschädigte nach § 10 Abs 2 und Abs 7 f BVG Anspruch auf Heilbehandlung hat, zu einem Mehraufwand geführt hat. Im Fall des Klägers, der Anspruch auf Heilbehandlung nur nach § 10 Abs 1 BVG genießt, muß gerade das Schädigungsleiden den Mehraufwand verursacht haben. Dies ist nur dann feststellbar, wenn der vom Beschädigten erworbene Fahrzeugtyp vom Fahrzeughersteller auch ohne Getriebeautomatik angeboten wird, dh für den Beschädigten eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Schaltgetriebe und einer Getriebeautomatik besteht (so zu Recht Fehl, aaO RdNr 120 mwN). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
In seiner bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 29. September 1993 (aaO) hat der Senat einen solchen Mehraufwand allerdings verneint. Dort war der Kläger aber nicht erkennbar durch seine Schädigungsfolge, für die er Anspruch auf Heilbehandlung hatte, veranlaßt worden, das bereits serienmäßig mit einer Getriebeautomatik ausgestattete Fahrzeug zu erwerben. Dazu heißt es in der Entscheidung vom 29. September 1993: „Wie alle Ansprüche aus dem Versorgungsrecht sind auch Zuschüsse zu den Änderungskosten eines Kfz davon abhängig, daß die Schädigungsfolgen wesentliche Ursache für den Mehraufwand sind … Das Merkmal „wesentlich” verlangt eine Wertung, die nur auf objektiv feststellbare Umstände gestützt werden kann. Diese Umstände müssen typischerweise auf eine schädigungsbedingte Veranlassung schließen lassen … Bei serienmäßiger Ausstattung des Kfz mit Automatik gelingt die Wertung des schädigungsbedingten Motivanteils als wesentlich nicht, weil Beschädigte und ein großer Teil von Nichtbeschädigten und Nichtbehinderten sich hier beim Kauf eines bereits beschädigungsgerecht ausgestatteten Kfz nach den äußeren Umständen ununterscheidbar gleichförmig verhalten. Dasselbe gilt, wenn die Automatik – wie hier – Teil eines Pakets von Zusatzausstattungen ist, die nicht sämtlich zum Ausgleich der Schädigungsfolgen erforderlich sind …” An dieser Entscheidung, die im Einklang mit der Amtlichen Begründung der OrthV in BR-Drucks 434/89 S 36 steht, ist grundsätzlich festzuhalten. In der Amtlichen Begründung heißt es zu § 27 OrthV: „Durch das Wort „Sonderausstattung” in Absatz 1 wird klargestellt, daß diese Kosten nur bei fabrikmäßiger Sonderausstattung mit Aufschlag auf den Listenpreis oder bei späterem Einbau übernommen werden können. Bei Beschaffung eines ausschließlich mit automatischem Getriebe erhältlichen Fahrzeugs liegt ein behinderungsbedingter Mehraufwand nicht vor.”
In seinem ebenfalls am 29. September 1993 ergangenen unveröffentlichten Urteil (9 RV 17/93) hatte der Senat über die Bezuschussung eines Mehraufwands für eine Getriebeautomatik zu entscheiden, die im Rahmen eines Ausstattungspakets angeboten worden war, aber nur in der Weise, daß nicht nur die Automatik selbst, sondern auch die übrigen Bestandteile des Pakets (insbesondere die Servolenkung) nicht einzeln erhältlich waren. Diesen Fall hat der Senat seinerzeit demjenigen gleichgestellt, daß ein ganzer Fahrzeugtyp nur mit der benötigten Automatik angeboten wurde und deswegen die Zuschußfähigkeit der gesamten Paketausstattung verneint. Im vorliegenden Fall wurde dagegen der vom Kläger nicht benötigte Bestandteil des Pakets (Servolenkung) einzeln angeboten, wenn auch nicht die – schädigungsbedingt allein benötigte – Automatik. Gleichwohl läßt sich ein Vergleich zu dem Fall ziehen, daß ein Fahrzeugtyp mit der benötigten Getriebeautomatik zwar nicht ab Werk gegen einen Aufschlag auf den Listenpreis geliefert wird, wohl aber in zwei Versionen, die sich nur durch die Ausstattung der einen Version mit der benötigten Sonderausstattung (Getriebeautomatik) unterscheiden. Der Senat hätte in einem solchen Fall keine Bedenken, die beschädigungsgerechte Version einem „geänderten” oder „mit Sonderausstattung versehenen” Motorfahrzeug gleichzustellen und den (fiktiven) Aufpreis für die „Änderung” durch Vergleich der beiden Versionen des Fahrzeugtyps zu ermitteln. Denn auch in diesem Fall könnte der Beschädigte zwischen einem Fahrzeug, das seiner Behinderung entsprechend ausgestattet ist, und einem sonstigen Fahrzeug, das bis auf die behindertengerechte Ausstattung mit diesem Fahrzeug identisch ist, wählen (vgl dazu auch das Rundschreiben des Bundesarbeitsministeriums vom 7. November 1995 - VI 3 - 52222-5 BABl 1/1996 S 88). Daraus folgt: Der Erwerb eines Fahrzeugs mit einem Paket, das außer der benötigten Sonderausstattung noch eine weitere Sonderausstattung enthält, ist auch dann durch das Leiden des Beschädigten wesentlich verursacht und die Sonderausstattung („Änderung”) dient der gesellschaftlichen Eingliederung des Beschädigten, wenn die übrigen nicht benötigten Bestandteile des Pakets vom Hersteller für denselben Fahrzeugtyp gegen bezifferten Aufpreis auch für sich angeboten werden. So liegt der Fall hier. Die vom Kläger benötigte Automatik wurde zwar nur im Paket, die nicht benötigten übrigen Bestandteile des Pakets (hier Servolenkung) wurden aber vom Hersteller auch für sich getrennt angeboten. Da sich der – an sich sonst nicht einzeln ausgewiesene – Preis für die benötigte Sonderausstattung durch Subtraktion der nicht benötigten Paketbestandteile von dem Preis des Gesamtpakets ermitteln läßt, ist der schädigungsbedingte Mehraufwand auch ohne Schwierigkeiten feststellbar.
§ 22 OrthV und § 11 Abs 3 BVG räumen dem Versorgungsträger grundsätzlich einen Ermessensspielraum ein, weil es sich bei ihnen um „Kann-Leistungen” handelt (vgl Fehl bei Wilke, aaO, RdNr 96 zu § 13 BVG). Im vorliegenden Fall ist jedoch nur eine Entscheidung richtig, nämlich die Gewährung des Zuschusses in der auf die vorstehend dargestellte Weise errechneten Höhe. Denn das Ermessen des Beklagten war, wovon die Vorinstanzen, ohne daß der Beklagte dies beanstandet hätte, offenbar stillschweigend ausgegangen sind, auf Null reduziert (vgl dazu Mrozynski, SGB I, 2. Aufl, RdNr 46 zu § 39). Durch die bis ins einzelne gehenden Regelungen der §§ 22 ff OrthV, insbesondere des § 27 Abs 1 und 2 iVm dem vom Bundesminister für Arbeit herausgegebenen Rundschreiben vom 7. November 1995 hat sich der Versorgungsträger so stark gebunden, daß er nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Leistungsablehnung gelangen konnte. Unter diesen Umständen ist auch die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG), und nicht etwa die Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 2 und 3 SGG) als geeigneter Rechtsbehelf anzusehen (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6 Aufl RdNrn 28a, 31, 39 zu § 54; BSG SozR 1200 § 48 Nr 12 S 63; BSGE 57, 127, 133 = SozR 1200 § 48 Nr 9 S 40).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
BSGE, 75 |
br 2000, 185 |
SozSi 2000, 107 |