Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob der knappschaftlich versicherte Angestellte einer Bergbauzuliefererfirma - Richtmeister - Hauerarbeiten verrichtet.

 

Normenkette

HaVO § 1 Abs. 1, § 5 Nrn. 3, 1, 7

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 1964 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Revisionsinstanz sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zeit, in der der Kläger als Angestellter von Bergbauzulieferunternehmen tätig gewesen ist, als Zeit der Verrichtung von Hauerarbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellten Arbeiten nach § 49 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) bei der besonderen Wartezeit für die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG zu berücksichtigen ist.

Der am ... 1909 geborene Kläger hatte zunächst längere Zeit im Bergbau und zwar zuletzt als Hauer gearbeitet. Seit dem 1. Mai 1945 arbeitet er bei Bergbauzulieferfirmen für Grubenausbaumittel als Vorarbeiter und seit dem 1. Januar 1948 als Richtmeister im Untertageeinsatz. Die Beklagte lehnte seinen Antrag auf Gewährung der Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres mit der Begründung ab, er habe nicht 180, sondern nur bis zum 24. April 1944 insgesamt 158 Monate Hauerarbeiten oder der Hauerarbeit gleichgestellte Arbeiten (im folgenden kurz: Hauerarbeiten) verrichtet. Die nachfolgende Tätigkeit als Vorarbeiter und Richtmeister sei den Hauerarbeiten nicht gleichgestellt. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, er habe während dieser Tätigkeit auf wechselnden Zechenanlagen die Bergleute in der Handhabung der Erzeugnisse seiner Firma praktisch unterwiesen und dabei wie ein Hauer gearbeitet, blieb erfolglos. Seine Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Bergmannsrente vom 1. Mai 1959 an wurde vom Sozialgericht (SG) abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Die Tätigkeiten des Vorarbeiters und des Richtmeisters seien in der Hauerarbeiten-Verordnung (HaVO) nicht aufgeführt. Eine ausdehnende Anwendung der VO auf nicht ausdrücklich genannte Tätigkeiten sei unstatthaft. Allerdings sei eine Arbeit als hauergleich anzusehen, wenn der Versicherte, abweichend von seiner Berufsbezeichnung, voll die betriebliche Stellung eines der in der HaVO genannten Bergleute gehabt habe. Durch die Beweisaufnahme sei hinreichend geklärt, welcher Art die Tätigkeit des Klägers als Vorarbeiter und Richtmeister gewesen sei. Sie reiche von der allwöchentlichen Arbeitsberichterstattung über die Mitwirkung bei der Aufstellung des Arbeitsplans für die kommende Woche, die Einsatzbesprechung bei der Zeche, das Vertrautmachen der Bergleute mit den neu eingeführten Grubenausbaumitteln und die Überwachung der entsprechenden Arbeiten bis zum Selbst-Zupacken von Fall zu Fall. Dieses Berufsbild decke sich mit keiner der in der HaVO aufgeführten Berufsbezeichnungen. Die vom Kläger in der genannten Zeit ausgeübten Berufe stellten vielmehr Tätigkeiten eigener Art dar, die über den normalen Rahmen eines Zechenbetriebes hinausgingen und deshalb auch besondere Berufsbezeichnungen erforderten.

Es sei schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt als Arbeitnehmer des Bergbaus gelten könne; organisatorisch und tariflich stehe er außerhalb des Bergbaus und habe daher auch die Bergmannsprämie nicht erhalten. Der Kläger sei auch - anders als die in der HaVO aufgezählten Bergleute - auf den einzelnen Anlagen als Betriebsfremder tätig gewesen und habe nach § 5 Abs. 2 der Bergpolizeiverordnung des Oberbergamts Dortmund nicht einmal allein einfahren und nur mit grubenkundiger Begleitung (Steiger, Fahrsteiger u. ä.) die einzelnen Betriebspunkte aufsuchen dürfen.

Auch im unmittelbaren Arbeitszweck - aus der Sicht des Betriebes - unterscheide sich die Tätigkeit des Klägers von den in der HaVO aufgeführten Arbeiten. Sie sei - anders als etwa die der Beschäftigten sogenannter Unternehmerbetriebe - auf ein gutes Abschneiden der von seiner Arbeitgeberin gelieferten Ausbaumittel oder sogar auf die Gewinnung von Kunden ausgerichtet, sei also Kundendienst im weitesten Sinne für eine Bergbauzulieferfirma. Sie diene daher nicht allein dem wirtschaftlichen Zweck des Bergbaubetriebes, wenn auch nicht zu verkennen sei, daß sie für die einzelne Zeche von erheblichem wirtschaftlichen Wert sei. Der Kläger habe somit nie die volle betriebliche Stellung eines der in der HaVO genannten Betriebsangehörigen gehabt.

Die Tätigkeit des Klägers passe auch unter keine Vorschrift der HaVO. Er habe zwar Bergleute mit der Handhabung der Erzeugnisse seiner Firma vertraut gemacht und in diesem Zusammenhang auch den Ausbau der Strecke überwacht, er sei auch zB für die ordnungsgemäße Einbringung und das ordnungsgemäße Rauben der Grubenausbaumittel seiner Firma im Rahmen der von dieser mit den Bergbaubetrieben getroffenen Vereinbarungen verantwortlich gewesen. Die Verantwortung gegenüber der Zeche für den Ablauf der bergbaulichen Arbeit und gegenüber der Bergbehörde für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und die sachgerechte Arbeitsausführung hätten jedoch allein die Aufsichtspersonen der Schachtanlage getragen. Der Kläger habe weder rechtlich noch tatsächlich die Stellung einer Aufsichtsperson im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 HaVO gehabt. Er sei auch nicht etwa Ausbildungssteiger in der Berufsausbildung (§ 5 Nr. 3 HaVO) gewesen. Er habe als Vorarbeiter und Richtmeister auch keine Arbeitertätigkeiten nach den §§ 1 und 3 HaVO verrichtet. Vielmehr habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei ihm, wenn er auch mit zugefaßt habe, doch nicht die körperliche Arbeit, die in diesen Vorschriften angesprochen werde, sondern eine belehrende, einweisende, überwachende und beaufsichtigende Tätigkeit im Vordergrund gestanden. Es verbiete sich auch mit Rücksicht auf die im ganzen verschiedenen Aufgabenbereiche, den Kläger etwa als Meisterhauer oder Ausbildungshauer anzusehen. Auch die außerhalb des Grubenbetriebs von ihm zu leistende Tätigkeit zeige, daß er nicht zu den in den §§ 1 und 3 HaVO aufgeführten Arbeitern gehöre. Er sei nicht Arbeiter, sondern Angestellter gewesen und demgemäß seit dem 1. Januar 1948 als Hilfsmeister eingestuft worden. Im übrigen habe er die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Nr. 1 und 2 HaVO aufgestellten lohnmäßigen Voraussetzungen nicht erfüllt. Er habe nämlich keinen Gedingelohn erhalten, sondern Gehalt bezogen. Dieses Gehalt könne auch nicht etwa als besonders vereinbarter Lohn im Sinne des § 1 Abs. 2 HaVO angesehen werden, weil es nicht an Stelle eines eigentlich angemessenen Gedingelohns, sondern als Vergütung für eine Angestelltentätigkeit - noch dazu nach einem bergbaufremden Tarif - gezahlt worden sei. Da die genannte Tätigkeit des Klägers nicht unter die HaVO falle, sei die erforderliche Anzahl von 180 Kalendermonaten Hauerarbeit nicht erreicht und die besondere Wartezeit daher nicht erfüllt.

Mit der Revision - sie ist vom LSG ausdrücklich zugelassen - wird die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt.

Das LSG habe unter Verletzung des § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in nur teilweiser Wiedergabe der Beweisergebnisse ein Berufsbild des Klägers konstruiert, bei dem es seine Tätigkeit über Tage (Arbeitsplanaufstellung, Berichterstattung) gleichwertig und gleichberechtigt neben die Tätigkeit unter Tage gestellt habe. Es habe dabei nicht gewürdigt, daß der Kläger seine Tätigkeit ganz überwiegend - nämlich an 5 Tagen jeweils während einer ganzen Schicht - unter Tage verrichtet habe.

Daß die Berufsbezeichnung "Richtmeister" in § 1 HaVO nicht ausdrücklich genannt sei, schließe nicht aus, daß dem Kläger die Vergünstigungen nach dieser Bestimmung zugute kommen müßten. Der Grund für diese Vergünstigungen sei der starke körperliche Verschleiß, der zu einer vorzeitigen Leistungsunfähigkeit führe. Der Verordnungsgeber der HaVO habe in § 1 verschiedene Gruppen von Bergleuten zusammengefaßt, deren Tätigkeit offenkundig und ohne daß es einer besonderen Prüfung bedürfe, als Hauertätigkeit anzusehen sei, er habe damit aber keinen numerus clausus schaffen wollen. Vielmehr verrichte Hauerarbeiten auch derjenige, der mit gleicher Tätigkeit bei gleicher körperlicher Belastung und gleichem dadurch verursachten Verschleiß unter anderen Bezeichnungen an den besonders genannten Betriebspunkten arbeite. Daher müsse § 1 Abs. 1 HaVO - zumindest entsprechend - Anwendung finden, wenn die spezifisch bergmännischen Arbeiten eines Versicherten hinsichtlich der Schwere der Arbeit, der ungünstigen Arbeitsplatzbedingungen und der dadurch bedingten besonderen Folgen der Tätigkeit einer der in § 1 Abs. 1 genannten Personen entsprächen und unter Tage gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b HaVO verrichtet würden; eine andere Auslegung führe zu unbilligen Härten und verletze den Grundsatz der versicherungsrechtlichen Gleichbehandlung. Die Rechtsprechung müsse dabei vom Gesetzgeber offengelassene Lücken ausfüllen. Die Tätigkeit des Klägers sei nahezu ausschließlich bergmännischer Art gewesen. Seine Tätigkeit habe wirtschaftlich unmittelbar und vorrangig den Bergbaubetrieben selbst gedient, der Kundendienst sei nur Nebenzweck gewesen. Der Kläger sei auch arbeitsorganisatorisch in vollem Umfange den Revierleitungen unterstellt gewesen. Das LSG habe es versäumt, diese Umstände weiter aufzuklären. Wäre der Kläger nicht von seiner Firma zu den Zechen geschickt worden, so hätten diese selbst derartige Mitarbeiter anstellen müssen. Die Anstellung und Besoldung durch ein anderes Unternehmen sei versicherungsrechtlich hier ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, daß der Kläger im Laufe der Zeit auf verschiedenen Zechen gearbeitet habe. Schließlich hätte die Arbeitgeberin des Klägers, wenn auch vielleicht etwas willkürlich, für ihn eine typisch bergbauliche Berufsbezeichnung wählen können, ohne daß dadurch ein falscher Eindruck entstanden wäre. Es möge zwar zutreffen, daß der Kläger nicht genau eine der in der HaVO aufgeführten Tätigkeiten ausschließlich und vollinhaltlich ausgeübt habe, jedoch ergebe eine Gesamtbetrachtung seiner Tätigkeit, daß sich seine Arbeiten ausschließlich und in vollem Umfang im Rahmen der in der HaVO aufgeführten Arbeiten gehalten hätten.

Da der Kläger regelmäßig während der üblichen Arbeitszeit unter Tage an den in der HaVO genannten besonderen Betriebspunkten praktisch unter gleicher körperlicher Belastung wie die in § 1 Abs. 1 HaVO ausdrücklich aufgeführten Arbeiter tätig gewesen sei, könne ihm der Umstand, daß er darüber hinaus auch noch eine anweisende, belehrende, beaufsichtigende und überwachende Tätigkeit ausgeübt habe, nicht zum Nachteil gereichen. Die Feststellung des LSG, der Kläger habe auch mit "zugefaßt", sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu schwach; die echte Handarbeit habe vielmehr im Vordergrund gestanden. Soweit darüber hinaus seine Tätigkeit den Charakter einer Angestelltentätigkeit gehabe habe, sei § 5 Nr. 1 HaVO anzuwenden. Wenn auch die generelle Aufsicht Aufgabe der Aufsichtspersonen der Schachtanlage gewesen sei, so habe er doch in seinem Teilbereich deren Tätigkeit ergänzt und sie entlastet. Es sei dabei unerheblich, daß er nicht als echte Aufsichtsperson bestellt und anerkannt worden sei, entscheidend sei vielmehr die tatsächlich ausgeübte Beaufsichtigung. Überdies habe der Kläger dabei auch zumindest teilweise die Tätigkeit eines Ausbildungssteigers verrichtet.

Auch die Entlohnung des Klägers stehe der Einordnung seiner Tätigkeit unter die HaVO nicht entgegen. Zunächst sei es sozialrechtlich unerheblich, daß die Richtmeister und Vorarbeiter der Zulieferbetriebe nicht in den Lohn- und Gehaltstarifen des Bergbaus genannt seien. Insoweit müsse die laufende technische Fortentwicklung des Bergbaus berücksichtigt werden. Die Besoldung des Klägers als Angestellter ändere auch nichts daran, daß er überwiegend als Arbeiter tätig gewesen sei; hierfür seien andere Gründe maßgeblich gewesen. Es könne auch nicht darauf ankommen, daß er nicht im Gedinge gearbeitet oder mit einem besonders vereinbarten Lohn im Rahmen des Gedingeverdienstes entlohnt worden sei; maßgeblich sei vielmehr, daß seine Bezüge über dem höchsten Gedingelohn gelegen hätten und zwar wegen der schweren und besonders aufreibenden Arbeit. Eine Einschränkung, die es allein auf die Lohnform abstelle, würde zudem gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßen. Das gleiche müsse für eine unterschiedliche Behandlung in versicherungsrechtlicher Hinsicht gegenüber zecheneigenen Mitarbeitern gelten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 1964 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. April 1960 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 1960 zu verurteilen, ihm die Bergmannsrente ab 1. Mai 1959 zu gewähren,

hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

II

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erstrebte Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG, weil nicht der erforderliche Zeitraum von 180 Kalendermonaten knappschaftlicher Versicherung mit Hauerarbeiten belegt ist (§ 49 Abs. 2 RKG). Entscheidend ist hierfür, daß die Tätigkeit, die der Kläger seit dem 1. Mai 1945 unter den Bezeichnungen Vorarbeiter und Richtmeister bei einer Bergbauzulieferfirma verrichtet, nicht zu den Hauerarbeiten unter Tage oder den diesen gleichgestellten Arbeiten gehört.

Welche Tätigkeiten hierzu gehören, bestimmt die HaVO, die auf Grund der in § 49 Abs. 6 und § 59 Abs. 2 RKG erteilten Ermächtigung vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung erlassen worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u. a. BSG 18, 158; SozR RKG § 59 Nr. 2; SozR HaVO § 5 Nr. 3) ist die Aufzählung der Tätigkeiten in der HaVO, die als Hauerarbeiten oder diesen gleichgestellten Arbeiten gelten, erschöpfend und daher eine ausdehnende Anwendung auf andere Tätigkeiten nicht statthaft, weil der Verordnungsgeber mit dieser Aufzählung bewußt klare und nicht überschreitbare Grenzen hat ziehen wollen (s. a. von Gellhorn in BABl 1958, 566). Der Kläger verkennt insoweit das Wesen dieser Verordnung, wenn er mit der Revision ausführt, in ihr seien nur die "offenkundigen" Hauerarbeiten aufgeführt, ohne daß man damit einen "numerus clausus" habe schaffen wollen. Die HaVO enthält vielmehr einen geschlossenen Katalog der Tätigkeiten, für deren Verrichtung nach geltendem Recht die vorgesehenen Vergünstigungen gewährt werden. Knappschaften und Gerichte können daher nicht prüfen, ob Tätigkeiten, die in der VO nicht aufgeführt sind, es etwa deshalb verdienten, in gleicher Weise begünstigt zu werden, weil sie mit dem gleichen Kräfteverschleiß und der gleichen Gesundheitsgefährdung verbunden sind, wie die ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten. Solche Erwägungen anzustellen, ist Sache des Gesetzgebers bzw. des von ihm hierzu allein ermächtigten Verordnungsgebers. Die Einführung weiterer Tätigkeiten in den Kreis der Hauerarbeiten ist daher für die Gerichte weder im Wege der Analogie noch der Lückenausfüllung möglich.

Es ist allerdings richtig, daß es für die Einordnung der Tätigkeiten eines Versicherten unter die Hauerarbeiten nicht entscheidend auf die vom Arbeitgeber für ihn gewählte Berufsbezeichnung, sondern auf die Art der tatsächlich verrichteten Arbeit ankommt. Der Kläger räumt nun selbst ein, nicht genau eine der in der HaVO aufgeführten Tätigkeiten ausschließlich und vollinhaltlich ausgeübt zu haben, er meint aber, eine Gesamtbetrachtung seiner Tätigkeit ergebe, daß sie sich ausschließlich und in vollem Umfang im Rahmen der in der HaVO aufgeführten Arbeiten gehalten habe. Das würde aber zur Begründung seines Anspruchs nicht genügen. Zwar wäre auch eine "gemischte Hauerarbeit" dergestalt denkbar, daß ein Versicherter in ständigem Wechsel zwei verschiedene typische Hauerarbeiten, beispielsweise als Hauer im Abbau (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HaVO) und als Schachthauer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 HaVO) verrichtet. Von einer gemischten Tätigkeit in diesem Sinne kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn es sich dabei um einen Tätigkeitstyp eigener Art, um ein besonderes "Berufsbild" (hier nicht im Sinne eines individuellen beruflichen Lebenslaufs zu verstehen) handelt. Es geht nicht an, die einem solchen Berufsbild entsprechende Tätigkeit in einzelne Teilverrichtungen und Tätigkeitsmerkmale aufzulösen und diese dann jeweils mit einzelnen Tätigkeitsbestandteilen ganz verschiedenartiger, in der HaVO genannter Tätigkeitstypen zu vergleichen. Auf diese Weise würden nämlich unzulässigerweise doch neue Tätigkeitstypen in den Kreis der Hauerarbeiten eingeführt. Es ist aber allein Sache des hierzu gesetzlich ermächtigten Verordnungsgebers, echte Lücken im Katalog der Hauerarbeiten, die auch bei sachgerechter Auslegung der VO durch Praxis und Rechtsprechung etwa noch verbleiben sollten, als solche festzustellen und zu schließen.

Das LSG hat zutreffend erkannt, daß die Tätigkeit des Klägers als Angestellter einer Bergbauzulieferfirma mit Kundendienstaufgaben ein Berufsbild eigener Art begründet, das sich mit keiner der in der HaVO genannten Tätigkeitstypen deckt. Gegen diese Beurteilung im Ergebnis hat die Revision auch keine erheblichen Einwendungen vorgebracht. Zwar rügt sie, daß das LSG ein "Berufsbild konstruiert" und dabei - zumindest in falscher Verteilung der Gewichte - die Beweisaufnahme nicht in vollem Umfange und nicht richtig gewürdigt habe. Wenn damit ein Verfahrensmangel gerügt werden soll, übersieht der Kläger, daß die "Konstruktion eines Berufsbildes" selbst keine Tatsachenfeststellung, sondern die rechtliche Auswertung von Tatsachenfeststellungen darstellt. Soweit die Feststellung dieser dem Berufsbild zugrunde liegenden Tatsachen angegriffen werden soll, ist das Vorbringen zu unsubstantiiert, um die Rüge eines Verfahrensmangels zu begründen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG). Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Auch bei einer anderen "Verteilung der Gewichte" ist nicht zu leugnen, daß die vom LSG aufgeführten einzelnen Tätigkeitsmerkmale das Berufsbild des Klägers bestimmt haben und daß es sich dabei um ein Berufsbild eigener Art handelt. Er selbst macht mit der Revision geltend, daß seine Tätigkeit sowohl unter § 1 Abs. 1 und § 3 wie auch unter § 5 Nr. 1 und § 5 Nr. 3 HaVO falle. Wenn er dabei betont, daß die körperliche Arbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 HaVO durchaus im Vordergrund gestanden habe, so verkennt er, daß auch diese Vorschrift keine Generalklausel darstellt, wonach etwa jede körperliche Arbeit, die an den dort genannten Betriebspunkten verrichtet wird und die ebenso schwer ist wie die der dort ausdrücklich genannten Bergleute, als Hauerarbeit zu gelten hätte. Vielmehr enthält § 1 Abs. 1 ebenso wie die folgenden §§ 2 - 5 HaVO nur einen Katalog ganz bestimmter Tätigkeitstypen. Die Feststellung des LSG, daß die spezielle Tätigkeit des Klägers nicht in vollem Umfang - auch wenn man von Unwesentlichem absieht - einer dieser Tätigkeitstypen entspricht, ist nicht zu beanstanden. Die Angriffe der Revision hiergegen sind im Ergebnis jedenfalls unerheblich. Das LSG hat nicht näher ausgeführt, in welchem Umfang der Kläger bei Einweisung der Zechenbergleute "mit zugefaßt" hat. Das ist aber auch nicht entscheidend. Denn selbst wenn er ständig dabei körperlich mitgearbeitet haben sollte, ändert das nichts daran, daß seine eigentliche arbeitsvertragliche Aufgabe nicht die Verrichtung dieser körperlichen Arbeit, sondern eine belehrende, einweisende, überwachende und beaufsichtigende Tätigkeit war. Diese arbeitsvertragliche Aufgabe kann aber bei der Bildung eines Berufsbildes nicht außer Betracht bleiben. Das gleiche gilt von der Tätigkeit außerhalb des Grubenbetriebs (Berichterstattung, Planung, Einsatzbesprechungen); mag diese Tätigkeit auch nur einen verhältnismäßig geringen Teil der Gesamtarbeitszeit des Klägers in Anspruch genommen haben, so kann sie doch für die Gesamtwürdigung seines Berufsbildes nicht als nur unwesentlich abgetan werden. Ähnlich verhält es sich mit den weiter vom LSG hervorgehobenen Umständen, daß nämlich der Kläger nicht eigentlicher Arbeitnehmer des Bergbaus gewesen ist und daß er nach einem bergbaufremden Tarif besoldet wurde, daß er ferner nicht ständig für einen bestimmten Betrieb oder eine bestimmte Betriebsgruppe des Bergbaus tätig gewesen ist und daß er auch bei den einzelnen Betrieben nicht unmittelbar in die Betriebsorganisation mit den dort geltenden Über- und Unterordnungsverhältnissen eingegliedert war, sondern als Betriebsfremder galt, der den Einschränkungen nach den Vorschriften der Bergpolizeiverordnung unterlag. Es kann hier dahinstehen, ob und inwieweit solche Umstände - jeweils für sich allein betrachtet - etwa schon einer Einordnung der Tätigkeit des Klägers unter die Hauerarbeiten überhaupt entgegenstehen würden, sie sind jedenfalls geeignet, die Feststellung, daß es sich bei der Tätigkeit des Klägers um ein besonderes, unter den Arbeitertätigkeiten der HaVO nicht aufgeführtes Berufsbild handelt, ergänzend und abrundend zu bestätigen.

Bei dieser Sachlage kann die Frage offen bleiben, ob etwa das Gehalt des Klägers als "besonders vereinbarter Lohn" im Sinne des § 1 Abs. 2 HaVO oder als "Lohn, der mindestens dem höchsten tariflichen Schichtlohn entspricht" angesehen werden könnte.

Der Kläger macht - in offenbarem Widerspruch zu seinem Vorbringen, die körperliche Arbeit habe bei ihm im Vordergrund gestanden - weiter geltend, seine Tätigkeit sei unter die der Aufsichtspersonen nach § 5 Nr. 1, teilweise auch nach § 5 Nr. 3 HaVO, einzuordnen. Sieht man von der Widersprüchlichkeit seines Vorbringens einmal ab und geht man davon aus, seine Tätigkeit sei überwiegend einweisender und beaufsichtigender Art gewesen, so kann der Kläger trotzdem nicht als Steiger oder Fahrhauer im Sinne der genannten Bestimmung angesehen werden. Er hatte weder arbeitsrechtlich noch bergbehördlich die Stellung einer solchen Aufsichtsperson. Er hat auch, wie er selbst vorträgt, nur in einem Teilbereich die betriebseigenen Aufsichtspersonen ergänzt und entlastet, die aber die Verantwortung gegenüber der Zeche und der Bergbehörde allein getragen haben. Damit hat er ganz eindeutig nicht die Tätigkeit eines von § 5 HaVO erfaßten Steigers oder Fahrhauers in vollem Umfange und uneingeschränkt ausgeübt, wie es für eine Gleichstellung nach § 5 Nr. 1 HaVO erforderlich wäre (vgl. BSG in SozR HaVO § 5 Nr. 7). Daß Stellung und Tätigkeit des Klägers nicht denen eines Ausbildungssteigers entsprechen, ergibt sich schon aus der völlig verschiedenen Aufgabenstellung - Kundendienst und bergmännische Berufsausbildung -; außerdem müßte der Kläger, um als Ausbildungssteiger nach § 5 Nr. 3 HaVO anerkannt zu werden, diese Tätigkeit in vollem Umfange verrichtet haben; das behauptet er aber selbst nicht.

Da somit die seinem Berufsbild entsprechende Tätigkeit des Klägers von keiner Vorschrift der HaVO erfaßt wird, kann seine Tätigkeit bei Bergbauzulieferfirmen nicht als Hauerarbeit auf die besondere Wartezeit für die Bergmannsrente angerechnet werden. Soweit die Revision die Verletzung der §§ 103, 106, 128 SGG durch das LSG rügt, fehlt dieser Rüge die erforderliche Substantiierung (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG); die allgemeine Bemerkung, das LSG hätte die sämtlichen Umstände - gemeint sind offenbar diejenigen, die nach Ansicht des Klägers eine Gleichstellung seiner Tätigkeit mit den Hauerarbeiten rechtfertigen - weiter aufklären müssen, ist völlig unzureichend. Das Vorbringen des Klägers ist insoweit zudem unerheblich, weil die Revision von einer nach Ansicht des Senats unrichtigen Auffassung vom Wesen der HaVO ausgeht.

Die Nichtanerkennung der Tätigkeit des Klägers als Hauerarbeit verstößt auch nicht, wie er meint, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG: Denn diese Tätigkeit ist - wie oben ausgeführt - ja eben der Tätigkeit der in der HaVO aufgeführten Bergleute und Aufsichtspersonen nicht gleich. Der Verordnungsgeber hatte nach dem gesetzlichen Ermächtigungsauftrag die der Hauerarbeit entsprechenden Tätigkeiten von den übrigen bergmännischen Tätigkeiten abzugrenzen, wobei er von den durchschnittlichen Verhältnissen ausgehen mußte. Wenn er bei dieser Abgrenzung die Tätigkeit der Angestellten von Bergbau-Zulieferunternehmen, so wie sie der Kläger verrichtet hat, als nicht mehr der Hauerarbeit entsprechend angesehen und sie daher nicht in den Katalog der VO aufgenommen hat, so kann man, selbst wenn man eine andere Regelung für gerechter ansehen wollte, doch jedenfalls nicht sagen, daß er bei dieser Abgrenzung nicht nach sachgemäßen Gesichtspunkten, sondern willkürlich verfahren sei.

Die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 165 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380582

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