Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Hochschulbesuch
Leitsatz (amtlich)
1. Der Streit um das Ruhen eines Anspruchs auf Alg nach AFG § 118 betrifft dann nicht den Beginn der Leistung iS SGG § 147, wenn der angefochtene Bescheid die Dauer des Ruhens in zeitlicher Hinsicht unbegrenzt ausspricht, so daß der Zeitpunkt, von dem ab Leistungen (wieder) zu gewähren sind, nicht feststeht (Abgrenzung zu BSG 1964-09-17 7 RAr 50/63 = BSGE 21, 292).
2. AFG § 118 Abs 2 idF des KVSG ist verfassungskonform dahin auszulegen, daß er die gesetzliche Vermutung dafür aufstellt, daß ein ordentlich Studierender durch den damit verbundenen Besuch der Hochschule der Arbeitsvermittlung nach AFG § 103 nicht zur Verfügung steht mit der Folge, daß sein Anspruch auf Alg ruht. Der einzelne Antragsteller kann diese Vermutung widerlegen, indem er die Tatsache seiner gleichwohl vorhandenen Verfügbarkeit iS von AFG § 103 darlegt und beweist.
Leitsatz (redaktionell)
Der Tatbestand des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist nicht bereits dann erfüllt, wenn der Antragsteller als ordentlich Studierender an einer Hochschule eingeschrieben ist.
Normenkette
AFG § 103 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 118 Abs. 2 Fassung: 1975-06-24; SGG § 147 Fassung: 1958-06-25; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 14 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 28.09.1976; Aktenzeichen VI ARBf 19/76) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 12.04.1976; Aktenzeichen 6 Ar 499/75) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. September 1976 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Oktober 1975 bis zum 31. März 1976.
Der 1946 geborene Kläger war von April 1968 bis März 1972 in dem von ihm zunächst erlernten Beruf als Speditionskaufmann tätig und arbeitete von April 1972 bis Ende März 1975 als Prüfungsassistent in einer H Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungs-Praxis. Mit dem Sommersemester 1973 begann er nach bestandenem Abitur, auf das er sich durch Besuch eines Abendgymnasiums vorbereitet hatte, an der Universität H das Studium der Betriebswirtschaftslehre. Im März 1975 meldete sich der Kläger zur Diplomprüfung und stand seitdem im Examen.
Am 25. März 1975 meldete der Kläger sich bei der Beklagten zum 1. April 1975 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg, wobei er auf das Studium hinwies und angab, mit Rücksicht darauf lediglich 25 Stunden wöchentlich tätig sein zu können. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. April 1975 Alg ab 1. April 1975 für 312 Wochentage. Nach Einstellung der Zahlungen zum 5. Juni 1975 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung auf (Bescheid vom 21. Juli 1975), weil der Kläger nicht als Arbeitnehmer im Sinne von § 101 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) anzusehen sei; die Rückzahlung der bis zum 5. Juni 1975 erbrachten Leistungen machte sie jedoch nicht geltend (Bescheid vom 18. August 1975).
Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Widerspruch des Klägers vom 17. August 1975 hatte zunächst Erfolg (Bescheid vom 20. Oktober 1975); der Kläger erhielt weiterhin Alg. Sodann stellte die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 27. Oktober 1975 für die Zeit ab 1. Oktober 1975 fest, daß der Anspruch des Klägers auf Alg gemäß § 118 Abs 2 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl I, 1536) ruhe, weil er als ordentlicher Studierender eine Hochschule besuche. Gleichzeitig wurde die Entscheidung vom 20. Oktober 1975 über die Zahlung von Alg aufgehoben. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 1975 zurück.
Durch Urteil vom 12. April 1976 hat das Sozialgericht (SG) Hamburg die Klage abgewiesen. Es hat die Berufung nicht zugelassen. Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg mit Urteil vom 28. September 1976 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG insbesondere ausgeführt: Es könne auf sich beruhen, ob der Kläger alle Anspruchsvoraussetzungen des § 100 Abs 1 AFG erfülle, insbesondere während des streitigen Zeitraumes der Arbeitsvermittlung im Sinne des § 103 AFG zur Verfügung gestanden habe; denn der Kläger könne für die Zeit vom 1. Oktober 1975 bis zum 31. März 1976 Alg nicht verlangen, da gemäß § 118 Abs 2 AFG der Alg-Anspruch eines Arbeitslosen während der Zeit ruhe, in welcher er als ordentlicher Studierender eine Hochschule besuche. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger vor, da er schon seit dem 1. April 1973 im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre der Universität Hamburg als ordentlicher Studierender eingeschrieben sei.
Von einem Hochschulbesuch im Sinne des am 1. Oktober 1975 in Kraft getretenen § 118 Abs 2 AFG könne nicht erst dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitslose überhaupt oder in einem bestimmten Ausmaß tatsächlich an den Lehrveranstaltungen teilnehme. Vielmehr sei ein Hochschulbesuch bereits dann anzunehmen, wenn der Arbeitslose - wie beim Kläger der Fall - an einer Universität immatrikuliert und damit Mitglied der Hochschule geworden sei.
Diese Auslegung der Ruhensvorschrift liege nicht nur nach ihrem Wortlaut nahe, der den das Ruhen auslösenden Schulbesuch nicht näher beschreibe, sie entspreche auch dem in der Gesetzessystematik erkennbaren Willen des Gesetzes. Soweit das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG), durch das § 118 Abs 2 in das AFG eingefügt worden sei, die Krankenversicherung dieses Personenkreises und damit die potentiellen Hochschulbesucher näher beschreibe (§ 1 Nr 1 KVSG), werde lediglich auf die Einschreibung abgestellt. Dies stehe im Einklang mit der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck des § 118 Abs 2 AFG. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung werde ausdrücklich gesagt, daß Studenten während der Dauer ihres Studiums keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe (Alhi) erhalten sollten. Die anschließende Bemerkung, daß der Lebensunterhalt der Studenten durch die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gewährt werde, könne nur als generelle Verweisung auf die Ansprüche nach diesem anderen Gesetz verstanden werden. Auch nach Sinn und Zweck des Gesetzes könne es nicht auf den zeitlichen Umfang ankommen, in dem Hochschulveranstaltungen und -einrichtungen tatsächlich besucht würden. § 118 Abs 2 AFG solle ausschließen, daß solche Personen Alg (bzw Alhi) erhielten, die in den Zuständigkeitsbereich des BAföG fielen. Insofern passe die Vorschrift in den Zusammenhang der anderen Regelungen des § 118 AFG, die in Abs 1 wegen vergleichbarer Leistungen ebenfalls das Ruhen des Anspruchs vorsähen. Zwar trete nach § 118 Abs 2 AFG das Ruhen auch ein, wenn Förderungsleistungen nach dem BAföG nicht gewährt würden, doch erkläre sich diese Abweichung durch den gesetzgeberischen Willen, alle - arbeitslose und nicht arbeitslose - Studenten hinsichtlich der Leistungsgewährung gleich zu behandeln. Möge dies auch nicht unmittelbar durch Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) geboten sein, so erweise es sich doch mit Rücksicht auf die der Bundesanstalt für Arbeit (BA) obliegenden Massenverwaltung als praktisch unvermeidlich. Da die Gestaltung des Studiums weitgehend dem Studierenden allein überlassen sei, könnten Feststellungen über den Umfang des jeweiligen Schul- bzw Hochschulbesuchs nur in jedem Einzelfall und damit nur mit einem erheblichen, der Sache nicht angemessenen Verwaltungsaufwand getroffen werden. Demgegenüber lasse sich kein sozialpolitisch gewichtiger Grund finden, der die vom Kläger gewünschte Unterscheidung zwischen arbeitslosen und anderen Studierenden rechtfertigen könnte.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 100, 118 AFG. Er führt dazu aus: Zu Unrecht habe das Berufungsgericht an der Verfügbarkeit des Klägers Zweifel gehegt. Entgegen der Annahme des LSG und ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28. September 1976 ergebe sich, daß der Kläger bereits vor dem allein streitigen Zeitraum ab Oktober 1975 seine Diplomarbeit abgeschlossen hätte. Auch die Tatsache, daß der Kläger im Examen gestanden habe, spreche nicht gegen seine Verfügbarkeit. Der danach bestehende Anspruch auf Alg habe nicht gemäß § 118 Abs 2 AFG geruht. Entgegen der Auffassung des LSG werde eine einschränkende Auslegung der Vorschrift nicht durch ihren Wortlaut gestützt, da nicht allein auf den formalen Akt der Immatrikulation, sondern auch auf den Besuch der Hochschule abgestellt werde. Eine Ruhensanordnung sei in § 118 Abs 2 AFG getroffen worden, weil als gedanklicher Hintergrund unterstellt werde, daß ein ordentlicher Studierender deshalb die Voraussetzungen des § 100 AFG nicht erfüllen könne, da er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Der Kläger habe aber das Merkmal der Verfügbarkeit erfüllt.
Die Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse durch das Tatbestandsmerkmal des Hochschulbesuchs könne nicht in der Weise geschehen, daß bereits die Belegung einer einzigen Vorlesungsstunde als Besuch ausreiche. Vielmehr müsse es sich um den Besuch zum Zwecke eines Studiums handeln, wovon nur gesprochen werden könne, wenn dieses zeitlich ausschließlich oder zumindest überwiegend betrieben werde.
Eine derartige Auslegung decke sich mit derjenigen vergleichbarer Vorschriften. Eine entsprechende Regelung finde sich in der ebenfalls durch das KVSG geänderten Reichsversicherungsordnung - RVO - (§§ 165, 172 RVO). Für die Beurteilung der Frage, ob eine während des Studiums ausgeübte Beschäftigung krankenversicherungsfrei sei, komme es danach entscheidend darauf an, ob das Studium oder die neben dem Studium ausgeübte Beschäftigung im Vordergrund stehe. Nur wenn die wöchentliche Arbeitszeit der Nebenbeschäftigung mindestens 20 Stunden betrage, gehörten Studenten ihrem Erscheinungsbild nach zum Kreis der Beschäftigten mit der Folge, daß sie aufgrund der Beschäftigung der Versicherungspflicht nach § 165 RVO unterlägen. Da die Änderung des § 118 AFG im gleichen Gesetzgebungsverfahren erfolgt sei, müsse nicht zuletzt wegen der vergleichbaren Sachlage davon ausgegangen werden, daß einheitliche Kriterien dafür gälten, ob arbeitende Studierende als Arbeitnehmer oder als Studenten einzuordnen seien.
Soweit das LSG unter Berufung auf Sinn und Zweck der Vorschrift sich darauf beziehe, daß bei seiner Auslegung, wonach es auf den zeitlichen Umfang des Studiums nicht ankomme, die gebotene Gleichbehandlung mit anderen vergleichbaren Leistungen erreicht werde, übersehe es, daß die anderen in § 118 AFG genannten Leistungen gerade nicht als vergleichbar angesehen werden könnten. In diesen zum Vergleich herangezogenen Fällen (Kranken-, Mutterschafts- oder Unterhaltsgeld) fehle es bereits an der Verfügbarkeit. Anders verhalte es sich jedoch bei Studenten, weil hier die Möglichkeit von Studium und Beschäftigung nebeneinander gegeben sei, wozu angesichts unzureichender Ausbildungsförderung häufig ein sozialer Zwang bestehe. Die Auslegung, die das LSG dem § 118 Abs 2 AFG beilege, erkenne dem Kläger einseitige Rechte ab, während ihm korrespondierende Pflichten weiterhin auferlegt blieben. Die Auffassung, daß ein Arbeitnehmer, der als ordentlicher Studierender immatrikuliert sei, die Arbeitslosenversicherung in keinem Fall in Anspruch nehmen dürfte, setze notwendigerweise voraus, daß dieser auch keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten brauche. Der Kläger habe jedoch auch für eine Beschäftigung während des Studiums entsprechende Beiträge leisten müssen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12.4.1976 sowie den Bescheid vom 27.10.1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1.10.1975 bis 31.3.1976 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründung des ihrer Ansicht nach zutreffenden Urteils des Berufungsgerichts Bezug.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet.
Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil für zulässig gehalten, eine Frage, die bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen ist (BSGE 2, 225). Anlaß hierfür besteht deshalb, weil es sich nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig um einen Beginnstreit handelt, für den nach § 147 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Berufung ausgeschlossen ist, wenn sie die Frage betrifft, ob und wie lange das Alg wegen Erhalts von Urlaubsgeld nach § 96 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) ruhe (BSGE 21, 292). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen Beginnstreit im Sinne dieser Entscheidung, also allein um die Frage, von welchem Tage an eine im übrigen unstreitige Leistung gewährt werden darf (BSGE 1, 111, 114; BSG in Breithaupt 1963, 726). Der angefochtene Bescheid spricht nämlich die Dauer des Ruhens in zeitlicher Hinsicht unbegrenzt aus, so daß der Zeitpunkt, von dem ab - zwischen den Beteiligten unstreitig - Leistungen (wieder) gewährt werden sollen, nicht feststeht. Folglich streiten die Beteiligten hier nicht nur darum, ob der Anspruch auch von einem früheren Zeitpunkt an besteht, sondern darum, ob dem Kläger Leistungen überhaupt zu gewähren sind. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß dem Kläger zunächst Alg für 312 Wochentage seit dem 1. April 1975 bewilligt worden war und die Ruhensanordnung den Anspruch des Klägers nicht rückwirkend zu diesem Zeitpunkt, sondern lediglich mit Wirkung vom 1. Oktober 1975 an erfaßt hat. In einem solchen Falle kann nicht von einem Streit um den Beginn einer Leistung gesprochen werden; die Beteiligten streiten vielmehr um die Weitergewährung des bereits bewilligten Alg.
In sachlicher Hinsicht reichen die Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts nicht aus. Insbesondere ergibt sich daraus (noch) nicht, ob der Anspruch des Klägers ab 1. Oktober 1975 nach § 118 Abs 2 AFG in der Fassung des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten vom 24. Juni 1975 (KVSG - BGBl I, 1536) geruht hat. Nach diesen Bestimmung ruht der Alg-Anspruch während der Zeit, in welcher der Arbeitslose als ordentlicher Studierender eine Hochschule oder eine sonstige der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienende Schule besucht.
Entgegen der Auffassung des LSG ist der Tatbestand des § 118 Abs 2 AFG nicht bereits dann erfüllt, wenn der Arbeitslose als ordentlicher Studierender an einer Hochschule eingeschrieben (immatrikuliert) ist; vielmehr muß der tatsächliche Besuch der Hochschule hinzutreten. Das ergibt sich einmal schon aus dem Wortlaut des § 118 Abs 2 AFG. Danach ist zum einen erforderlich, daß der den Anspruch geltend machende Arbeitslose den Status des ordentlichen Studierenden aufweist, zum anderen schreibt das Gesetz den Besuch einer der benannten besonderen Ausbildungseinrichtungen ausdrücklich vor. Das Vorliegen lediglich einer Voraussetzung, sei es, daß der Arbeitslose etwa als Gasthörer, also ohne ordentlicher Studierender zu sein, eine Hochschule besucht oder ein Besuch beispielsweise wegen der Beurlaubung des ordentlichen Studierenden nicht stattfindet, reicht nach dem Wortlaut des § 118 Abs 2 AFG für den Eintritt der Ruhenswirkung nicht aus. Demgegenüber läßt sich nicht die Auffassung vertreten, aus dem Status des ordentlichen Studierenden ergebe sich ohne weiteres der Besuch der Hochschule; denn in diesem Falle wäre das in der Ruhensbestimmung ausdrücklich genannte Tatbestandsmerkmal des Hochschulbesuchs praktisch überflüssig.
Daß erst das Vorhandensein von zwei Voraussetzungen den Ruhenstatbestand erfüllt, wird durch andere mit § 118 Abs 2 AFG im Zusammenhang stehende Bestimmungen erhellt.
Durch das KVSG wurde auch § 165 RVO geändert. Gemäß § 165 Abs 1 Nr 5 RVO sind nunmehr für den Fall der Krankheit versichert "eingeschriebene Studenten der staatlichen und der staatlich anerkannten Hochschulen". Danach wird für die Frage der Versicherungspflicht allein darauf abgestellt, ob jemand eingeschriebener Student einer Hochschule ist oder nicht; dagegen ist aus Gründen eines effektiven Krankenversicherungsschutzes die Versicherungspflicht nicht von einem "Besuch" der Hochschule abhängig gemacht worden. Gerade unter Berücksichtigung dessen, daß derartige schutzwürdige Interessen im Zusammenhang mit der Anwendung der Ruhensvorschrift fehlen, hätte es nahegelegen, wenn der Gesetzgeber - entspräche es seinem Willen, das Ruhen des Anspruchs auf Alg allein von der Einschreibung (Immatrikulation) an einer Hochschule abhängig zu machen - den in § 165 Abs 1 Nr 5 RVO gewählten Wortlaut auch in § 118 Abs 2 AFG gebraucht hätte.
Gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 BAföG vom 26. August 1971 (BGBl I, 1409) wird einem Auszubildenden Ausbildungsförderung geleistet für den "Besuch" von Hochschulen. Von einem Besuch im Sinne dieser Vorschrift ist nicht schon dann auszugehen, wenn der Förderungsmittel begehrende Auszubildende an einer Hochschule immatrikuliert ist, vielmehr wird verlangt, daß von ihm ein "aktives Studium", welches den tatsächlichen Besuch von Hochschulveranstaltungen und -einrichtungen einschließt, betrieben wird. Dies wird durch § 20 Abs 2 BAföG bestätigt, wonach der gewährte Förderungsbetrag für den Kalendermonat bzw den Teil eines Kalendermonats zurückzuzahlen ist, in dem der Auszubildende in zu vertretender Weise die Ausbildung unterbrochen hat. Die Auslegung des Begriffes "Besuch einer Hochschule" im Rahmen des BAföG als eine den Auszubildenden zeitlich faktisch in Anspruch nehmende Tätigkeit (vgl Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - vom 15. Dezember 1977 - 5 C 36.77 -) legt nahe, daß der nur leicht abgewandelte ("... eine Hochschule ... besucht") Wortlaut in § 118 Abs 2 AFG einen entsprechenden Bedeutungsinhalt aufweist. Diese Auslegung der Ruhensbestimmung berücksichtigt, daß auch sonst im AFG - sofern sich an den Besuch einer Bildungseinrichtung Rechtsfolgen knüpfen - allein faktische Gegebenheiten maßgebend sind, formale Gesichtspunkte demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten. So ist beispielsweise der Begriff der Teilnahme im Sinne der Vorschriften über die berufliche Bildung (§§ 33 ff AFG) nur dann erfüllt, wenn der Bildungswillige tatsächlich an der Maßnahme teilnimmt (vgl BSG Urteil vom 22. November 1977 - 7/12 RAr 33/76; Urteil vom 21. Juli 1977 - 7 RAr 42/76; Hennig/Kühl/Heuer, Komm z. AFG § 34 Anm 2). Nicht ausreichend ist die bloße, im Hochschulbereich der Einschreibung in etwa vergleichbare Anmeldung zur Bildungsmaßnahme, ohne daß eine Teilnahme tatsächlich stattfindet.
Entgegen der Auffassung des LSG steht dieser Auslegung des § 118 Abs 2 AFG nicht dessen Entstehungsgeschichte entgegen. In der Begründung des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem die Änderung des § 118 Abs 2 AFG betreffenden § 5a des Entwurfs eines KVSG (BT-Drucks 7/3640) heißt es lediglich, der neue § 118 Abs 2 AFG stelle klar, daß "Studenten - wie nach geltendem Recht - während der Dauer ihres Studiums keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe erhalten" (aaO, S. 8). Daraus kann nicht der Schluß gezogen werden, daß dem Tatbestandsmerkmal des Besuchs einer Hochschule kein selbständiger Inhalt beizumessen ist. Soweit der oa Ausschußbericht an mehreren Stellen von eingeschriebenen Studenten bzw Studierenden spricht, bezieht sich dies zumeist auf die Frage der Versicherungspflicht jenes Personenkreises, eine Frage, die in § 165 Abs 1 Nr 5 RVO im Interesse der Rechtsklarheit und eines lückenlosen Versicherungsschutzes dann auch eindeutig geregelt worden ist. Dagegen läßt sich aus diesen Formulierungen nicht herleiten, daß für die Frage des Ruhens des Alg-Anspruchs das in § 118 Abs 2 AFG zusätzlich zum Merkmal "als ordentlicher Studierender" hinzutretende Merkmal des Besuchs ohne Belang ist. Keinesfalls läßt sich aus der angeführten Begründung des Ausschusses zu § 118 Abs 2 AFG entnehmen, daß allein die formale Einschreibung als Student den Ruhenstatbestand begründen soll. Eindeutig ergibt sich aus ihr lediglich, daß durch die Einfügung des § 118 Abs 2 in das AFG eine das bisher geltende Recht beeinflussende Änderung der Rechtslage nicht eintreten sollte. § 118 Abs 2 AFG soll nach dem Willen des Gesetzgebers das geltende Recht - deklaratorisch - "klarstellen", nicht aber - konstitutiv - ändern. Eine konstitutive Änderung des Rechts würde allerdings eintreten, folge man der vom LSG vertretenen Auslegung des § 118 Abs 2 AFG, denn bis zum Inkrafttreten des KVSG gab es weder eine konkrete Rechtsnorm noch einen aus einem bestimmten gesetzlichen Tatbestandsmerkmal abgeleiteten Rechtssatz des Inhalts, daß Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder Alhi für eingeschriebene Studenten nicht zu gewähren seien. Vielmehr war in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der beschäftigungslose Studierende die Anspruchsvoraussetzungen für entsprechende Leistungen erfüllte. Dies galt sowohl unter der Geltung des AVAVG (vgl BSGE 6, 154ff, auch mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung des RVA; Dräger/Buchwitz/Schönefelder, Komm z. AVAVG § 76 Rdnr 17) als auch nach Inkrafttreten des AFG (vgl BSG in SozR 4100 § 134 Nr 3). Wenn ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Teilnahme an Lehr- und sonstigen Veranstaltungen der Hochschule einzig die Immatrikulation des Arbeitslosen über die Gewährung von Alg entschiede, würde der jedenfalls insoweit klare Wille des Gesetzgebers in sein Gegenteil verkehrt. Sollte jedoch der Ausschuß irrigerweise der Meinung gewesen sein, Studenten hätten nach dem bis dahin geltenden Recht schlechthin weder Anspruch auf Alg noch auf Alhi, weil sie weder arbeitslos noch verfügbar im Sinne der §§ 100 Abs 1, 101, 103 AFG seien, so könnte dies nicht zu der vom LSG vertretenen Auslegung des § 118 Abs 2 AFG führen; denn ein derart angenommener Wille hat in § 118 Abs 2 AFG keinen Niederschlag gefunden (vgl BSGE 23, 275, 276; 37, 163, 169; 41, 229, 233).
Zu einer anderen Beurteilung führt ferner nicht eine an Sinn und Zweck des § 118 Abs 2 orientierte Auslegung. Nach Auffassung des LSG soll § 118 Abs 2 AFG vornehmlich ausschließen, daß solche Personen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit erhalten, die in den Zuständigkeitsbereich des BAföG fallen.
Die in der Begründung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Gesetzesentwurf enthaltene Formulierung (aaO), der Lebensunterhalt der Studenten werde durch Leistungen nach dem BAföG gesichert, rechtfertigt nicht diese Annahme. Gegen sie ist bereits einzuwenden, daß in den Zuständigkeitsbereich des BAföG eben nicht schlechthin jeder eingeschriebene Student fällt, sondern - wie bereits dargelegt - nur derjenige Student, der die Hochschule auch, und zwar tatsächlich, besucht. Nur in diesem Falle wäre, sofern auch noch weitere Voraussetzungen vorliegen, der Lebensunterhalt durch Leistungen der Ausbildungsförderung "gesichert". Vor allem aber spricht folgender Gesichtspunkt gegen das Zweckverständnis des Berufungsgerichts. Nach § 11 Abs 2 BAföG ist auf den Bedarf des Auszubildenden ua sein Einkommen anzurechnen. Zum Einkommen zählen nach § 21 Abs 3 Ziff 4 BAföG in Verbindung mit § 1 Abs 1 der Einkommensverordnung vom 21. August 1974 in der geänderten Fassung vom 16. Juli 1975 (BGBl I, 1924) auch Alg (Ziff 1 Buchst d) und Alhi (Ziff 1 Buchst e). Aus dieser Regelung ergibt sich, daß der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, daß Studierende an Hochschulen nicht allein in den Zuständigkeitsbereich des BAföG fallen, sondern gleichzeitig Leistungen nach dem AFG beziehen können, demzufolge ebenso in den Zuständigkeitsbereich dieses Gesetzes fallen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber des § 118 Abs 2 AFG diese Regelungen verkannt oder übersehen hätte. Wollte man aber - mit dem LSG - die oa Äußerung des Bundestagsausschusses dahin verstehen, daß ordentliche Studierende ohne Rücksicht auf einen Besuch der Hochschule gänzlich von Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Alhi ausgeschlossen sein sollten, er diesen Personenkreis auf Leistungen nach dem BAföG beschränken wollte, so wäre dies wiederum nicht erheblich, weil ein derartiger Wille in § 118 Abs 2 AFG keinen Ausdruck gefunden hat.
Maßgebend für die Bestimmung von Sinn und Zweck des § 118 Abs 2 AFG ist vielmehr der objektivierte Wille des Gesetzes, wie er nicht nur im Wortlaut, sondern auch in der Gesetzessystematik, der Stellung der Vorschrift innerhalb des Gesetzes zum Ausdruck kommt (vgl BSGE 23, 275, 276 mit weiteren Nachweisen).
Die für das Ruhen des Alg-Anspruchs eines arbeitslosen Studenten getroffene Regelung ist systematisch in die allgemeine Ruhensvorschrift des § 118 AFG als Abs 2 neu eingefügt worden. Wird diese Stellung der Vorschrift innerhalb der gesamten Ruhensregelung des § 118 AFG bei der Ermittlung von Sinn und Zweck des Abs 2 berücksichtigt, so kann - in Übereinstimmung mit dem eindeutigen Wortlaut - die Funktion von § 118 Abs 2 AFG nur darin erblickt werden, solche Studenten vom Leistungsbezug auszuschließen, deren Verfügbarkeit durch ein "aktives Studium", dh aber gerade durch den "Besuch" von Lehrveranstaltungen in irgendeiner Weise beeinträchtigt ist. Daß eine solche Beeinträchtigung der Verfügbarkeit bereits allein dadurch hervorgerufen wird, daß ein Arbeitsloser den Status des Mitglieds einer Hochschule, also regelmäßig einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft inne hat, ist hingegen kaum vorstellbar. Nur bei einem an diesem Sinne orientierten Verständnis der Ruhensbestimmung des § 118 Abs 2 AFG läßt sich die Norm systematisch in die Gesamtregelung des § 118 AFG widerspruchslos einordnen. Zwar bezwecken die in den Ziffern 1 bis 4 von § 118 Abs 1 AFG vorgesehenen Ruhenstatbestände vornehmlich, den Doppelbezug zweier gleichzeitig nebeneinander gewährter Lebensunterhaltsersatzleistungen durch öffentliche Träger zu vermeiden (BT-Drucks V/2291 S 57 und S 82 zu § 108; BSG SozR 4100 zu § 118 Nr 3, S 16). Dabei ist jedoch zu beachten, daß durch die Ziffern 1 und 2 in der Regel Personen betroffen sind, die der Arbeitsvermittlung überhaupt nicht im Sinne des § 103 AFG zur Verfügung stehen, während die Ziffern 3 und 4 Personen betreffen, die typischerweise ganz aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und damit regelmäßig ebensowenig verfügbar sind. Wenn demnach Abs 1 für die dort aufgezählten Fälle das Ruhen anordnet, so auch deshalb, weil die erfaßten Personen im Normalfall dem Arbeitsmarkt nicht (mehr) zur Verfügung stehen. § 118 Abs 1 AFG enthält deshalb Elemente eines vermuteten Fehlens oder jedenfalls einer vermuteten Beeinträchtigung der Verfügbarkeit des arbeitslosen Antragstellers (vgl auch BSG SozR 4100 zu § 118 Nr 2, S 7; Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 118, 1; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm z. AFG § 118 Rdnr. 3). Die Anordnung des Ruhens von Ansprüchen auf Alg in diesen Fällen enthält in Anbetracht der Vermutung für das Fehlen einer Anspruchsvoraussetzung eine - neben der Sicherung des Arbeitslosen durch Zahlung anderweitiger öffentlicher Leistungen - zusätzliche Rechtfertigung.
Da nach den Voraussetzungen des § 118 Abs 2 AFG das Ruhen nicht an den Erhalt einer anderen Lebensunterhaltsleistung geknüpft ist, verbleibt ein für die gesamte Regelung, für beide Absätze des § 118 AFG übereinstimmender, die Ruhensbestimmung rechtfertigender Gesichtspunkt nur dann, wenn der Begriff des Besuchs einer Hochschule so verstanden wird, daß erst ein tatsächliches Verhalten, nämlich die Teilnahme an universitären Veranstaltungen, den Besuch ausmacht. Wenn Abs 2 von § 118 AFG das Ruhen des Alg-Anspruchs feststellt, so deshalb, weil nur ein solches aktiv betriebenes Studium in aller Regel die Verfügbarkeit des Studierenden ausschließt, zumindest jedenfalls seine Verfügbarkeit in einem gewissen Umfang beeinträchtigt. Ebenso wie Abs 1 weist der Tatbestand des Abs 2 somit Elemente einer vermuteten Beeinträchtigung der Verfügbarkeit auf.
Folgt mithin aus der Stellung der auszulegenden Vorschrift innerhalb des Gesetzes, daß Abs 2 ebenso wie Abs 1 an bestimmte Sachverhalte typisierende Merkmale anknüpft, indem davon ausgegangen wird, daß ein Hochschulbesuch zumeist dazu führt, daß der ordentliche Student der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht, so wäre es verfehlt, anzunehmen, schon bei formeller Mitgliedschaft an einer Hochschule sei von einem Besuch im Sinne der Ruhensvorschrift auszugehen. Die bloße Einschreibung als ordentlicher Studierender kann nicht den endgültigen Schluß rechtfertigen, der Betreffende stehe der Arbeitsvermittlung uneingeschränkt nicht mehr zur Verfügung. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, daß in der sozialen Wirklichkeit viele Studenten die Möglichkeit ergreifen, auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung von mehr oder weniger langer Dauer auszuüben. Diese Situation besteht jedenfalls in vorlesungsfreien Zeiten, also insbesondere in den Semesterferien, während der sich ein Student - wie der Senat im Urteil vom 21. Juli 1977 (SozR 4100 § 134 Nr 3) ausgeführt hat - die Mittel zum weiteren Studium oder zum Lebensunterhalt verdienen kann und will. Die Beklagte hat zu diesem Zweck, wie gerichtsbekannt ist, insbesondere in den Universitätsstädten besondere Vermittlungsstellen für Studenten eingerichtet.
Dieselbe Situation ergibt sich für Studierende, die ihr Studium ohne Exmatrikulation unterbrochen haben (Beurlaubung) sowie für solche, die faktisch die zur Ablegung der Abschlußprüfung erforderlichen Kenntnisse vollständig erworben haben und lediglich noch auf den Examenstermin warten. Es ist ersichtlich, daß die (fortbestehende) Immatrikulation des beurlaubten Studenten oder des Prüfungskandidaten und damit ihr Status als ordentliche Studierende in diesen Fällen bloß ein formelles Kennzeichen ist, das für die Frage der Verfügbarkeit in keinem erheblichen Zusammenhang steht und ebensowenig Bedeutung hat wie etwa für denjenigen, der tagsüber voll erwerbstätig ist und in seiner freien Zeit an einer Dissertation arbeitet, für die häufig eine formelle Immatrikulation vorgeschrieben ist. Darüber hinaus wäre es nicht mit dem Gleichheitssatz des Art 3 GG zu vereinbaren, den möglicherweise nur aus hochschulrechtlichen Gründen noch immatrikulierten Examenskandidaten hinsichtlich der Frage eines Ruhens des Alg-Anspruchs anders zu beurteilen als denjenigen, der dieselbe Prüfung ablegen will, ohne eingeschrieben zu sein. Es ist im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 118 Abs 2 AFG kein sachlicher Grund erkennbar, ohne Rücksicht auf die gegebene Verfügbarkeit, dem einen Leistungen der Arbeitslosenversicherung zu verweigern und sie dem anderen zu gewähren.
Bereits diese faktische Situation, in der Studenten zu bestimmten Zeiten in erheblicher Zahl in Beschäftigungsverhältnissen stehen oder Beschäftigung suchen, beweist, daß die Immatrikulation an einer Hochschule sich nicht zwangsläufig oder regelmäßig auf die Verfügbarkeit des beschäftigungslosen Studenten auswirkt (vgl BSG in SozR 4100 § 134 Nr 3). Aus diesem Grunde hat die Einschreibung als tatsächliche Grundlage für eine Typisierung auszuscheiden. Entsprechend dem Wortlaut des § 118 Abs 2 AFG ist der eine Typisierung im Sinne einer vermuteten Beeinträchtigung der Verfügbarkeit des ordentlichen Studierenden rechtfertigende Tatbestand vielmehr im tatsächlichen Besuch einer Hochschule, der sich in der Teilnahme an der von der Universität vermittelten Ausbildung manifestiert, zu erblicken. Demnach kann der Sinn der Ruhensvorschrift nicht im Ausschluß von eingeschriebenen Studenten schlechthin liegen - diese haben nicht die Pflicht, sondern das Recht zum Besuch der Hochschulveranstaltungen (§ 18 des Gesetzes über die Universität Hamburg in der Fassung vom 24. April 1973 - HA GVBl 1973, 127; § 3 Abs 4 des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 - BGBl I, 185) -, sondern lediglich von solchen Studierenden, die wegen des Besuchs der Hochschule die Vermutung begründen, daß sie der Arbeitsvermittlung nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen.
Für die Erfüllung des Ruhenstatbestandes des § 118 Abs 2 AFG ist nach alledem nicht ausreichend, daß der Kläger im streitigen Zeitraum als ordentlicher Studierender an einer Hochschule eingeschrieben war. Entscheidend ist vielmehr, ob er die Hochschule auch tatsächlich besucht hat. Fraglich ist lediglich, ob der Besuch einen bestimmten Umfang annehmen muß, um die Rechtsfolge des § 118 Abs 2 AFG auszulösen, oder ob schon ein zeitlich nicht besonders ins Gewicht fallender Besuch, etwa die Teilnahme des Auszubildenden an einer Vorlesungsstunde pro Woche, ausreicht, den Alg-Anspruch zum Ruhen zu bringen.
Der Wortlaut des § 118 Abs 2 AFG deutet zwar darauf hin, daß der "Besuch" einer Hochschule einen besonderen zeitlichen Umfang nicht voraussetzt; so stellt bereits jede Teilnahme an einer Lehrveranstaltung im Wortsinne einen Besuch der Hochschule dar, auch wenn sie nur einmalig ist und keinen besonderen Zeitaufwand erfordert. Ebenso würde die Hochschule in diesem Sinne besuchen, wer als ordentlicher Studierender auch nur im geringen Umfang auf andere Weise als durch Teilnahme an Unterrichtsveranstaltungen die Einrichtungen der Hochschule für Studienzwecke in Anspruch nimmt, etwa die Bibliotheken, Labors usw. Bereits bei derartigen Sachlagen die Ruhenswirkung des § 118 Abs 2 AFG anzunehmen, begegnet nach Auffassung des Senats jedoch erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Auslegung würde nämlich zur Folge haben, daß - von wenigen Ausnahmen abgesehen - praktisch alle ordentlich Studierenden vom Bezug des Alg ausgeschlossen sind; denn selbst beurlaubte ordentliche Studierende, solche, die im Examen stehen oder auf den Examenstermin warten oder andere, die nach ihrem Studienplan vorlesungsfrei sind, werden nach der Erfahrung eine derart geringfügige Beziehung zur Hochschule in der Regel nicht unterlassen. Im Ergebnis liefe diese Auslegung des § 118 Abs 2 AFG darauf hinaus, daß für seine Anwendung doch wieder die Mitgliedschaft als solche, die Immatrikulation maßgebend wäre, eine Auslegung, die nach Wortlaut, Sinn und Zweck aber gerade nicht gerechtfertigt ist, wie dargestellt wurde.
Sie hätte zur Folge, daß ein allein nach seinem Status als ordentlicher Studierender gekennzeichneten erheblichen Personenkreis vom Zugang zur Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen wird, und zwar auch dann, wenn der Einzelne sämtliche sonst vom Gesetz geforderte Anspruchsvoraussetzungen (§§ 100 ff AFG) erfüllt, also arbeitslos ist, die Anwartschaft durch beitragspflichtige Beschäftigung erfüllt hat, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und die erforderlichen Anträge und Meldungen abgegeben hat. Insbesondere Art 3 Abs 1 GG, das Gebot der Gleichbehandlung, wäre verletzt. Der Leistungsausschluß beruhte - wie dargelegt - im Ergebnis lediglich auf der Studenteneigenschaft. Das allein erscheint dem Senat kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für diese Lösung (vgl BVerfGE 23, 12, 25; 24, 220, 228; 28, 104, 114; 29, 283, 298). Dies um so mehr, als der Anspruch auf Alg nach dem AFG auch für andere Arbeitslose nicht allein deswegen ausgeschlossen ist, weil sie irgendeinen besonderen Status besitzen, ja nicht einmal dann, wenn sie - etwa durch Maßnahmen der schulischen oder beruflichen Bildung - anderweitige rechtliche Bindungen eingegangen sind, solange dadurch die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 100 ff AFG nicht beeinträchtigt ist (vgl BSG in SozR 4100 § 103 Nr 6). Die vorstehende Auslegung ginge jedoch auch über das Maß einer an sich - gerade bei Massenerscheinungen - zulässigen Typisierung hinaus (vgl dazu BVerfGE 17, 1, 23; 22, 100, 103). Härten würden hierbei nämlich nicht nur in Einzelfällen auftreten (BVerfGE 22, 100, 106).
Auch Art 14 GG könnte verletzt sein. Da der Anspruch auf Alg nicht nur auf staatlicher Gewährung, sondern auch auf eigenen Leistungen der Versicherten beruht, weist er Merkmale des Eigentumsbegriffs im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG auf (BVerfGE 14, 288, 293; 22, 241, 253; vgl auch BVerfG in SozR 4100 § 117 Nr 1 und BSGE 43, 128 = SozR 4100 § 100 Nr 1). Gesetzliche Einschränkungen oder Bindungen des Eigentums im Sinne des Art 14 GG müssen vom geregelten Sachbereich her geboten und sachgerecht sein und dürfen nicht weitergehen, als der Schutzbereich reicht, dem die Vorschrift dient (BVerfGE 25, 112, 117 mit weiteren Nachweisen). Insbesondere hängt die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Schranke davon ab, ob sie - abgesehen von der sonstigen Übereinstimmung mit dem GG - durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (BVerfGE 31, 229, 242). Es kann aber Art 14 Abs 2 GG eine übermäßige, durch die soziale Funktion nicht gebotene Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse nicht rechtfertigen (BVerfGE 37, 132, 140 f). Diese Regelung im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG steht demnach unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 21, 150, 155 mit weiteren Nachweisen). Die oa - vom Senat nicht gebilligte - Auslegung des § 118 Abs 2 AFG trägt diesen Grundsätzen nicht Rechnung; denn um dem berechtigten Anliegen des Gemeinwohls nachzukommen, ordentlich Studierenden den von ihnen erworbenen Anspruch auf Alg dann vorzuenthalten, wenn er, weil nicht gerechtfertigt, mit den Interessen des Gemeinwohls nicht in Einklang steht, bedarf es nicht einer Lösung im Sinne des praktischen Ausschlusses eines (dieses) gesamten Personenkreises.
Gleichwohl bedarf es hier nicht der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nach Art 100 GG; denn § 118 Abs 2 AFG ist einer Auslegung zugänglich, die den oa verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung trägt (BVerfGE 22, 373, 377). § 118 Abs 2 AFG enthält, wie schon ausgeführt wurde, Elemente eines vermuteten Fehlens oder einer vermuteten Beeinträchtigung der Verfügbarkeit im Sinne des § 103 AFG des arbeitslosen Antragstellers. Die Vorschrift kann deshalb in verfassungskonformer Auslegung so verstanden werden, daß sie die gesetzliche Vermutung dafür aufstellt, daß ein ordentlich Studierender durch den damit verbundenen Besuch der Hochschule der Arbeitsvermittlung nach § 103 AFG nicht zur Verfügung steht mit der für diesen besonderen Fall vom Gesetz angeordneten Folge des Ruhens seines Anspruchs. Daraus ergibt sich jedoch für den einzelnen Antragsteller die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen, indem er nachweist, daß die für ihn bestehende Bindung durch Hochschulbesuch nach Art und Umfang lediglich in einem Maße gegeben ist, die seine Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht ausschließt. Maßstab dieser Verfügbarkeit sind die allgemeinen Grundsätze des § 103 AFG, dh, dem arbeitslosen Studenten kann die Vermutung der Nichtverfügbarkeit aus § 118 Abs 2 AFG und damit das Ruhen seines Alg-Anspruchs nicht entgegengehalten werden, wenn ihm der Nachweis gelingt, daß er für eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes von mehr als geringfügigem Umfange zur Verfügung steht. Art und Maß dieses Nachweises bestimmen sich nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Lage des Einzelfalles. So werden zB für die Zeit der Semesterferien an das Maß der Beweismittel geringere Anforderungen zu stellen sein als für vorgesehene Studienzeiten.
Diese Auslegung des § 118 Abs 2 AFG wird auch dem Anliegen der Beklagten nach Praktikabilität gerecht; denn nicht ihr obliegt es, den Tatbestand einer anspruchshemmenden Norm im Einzelfall zu belegen - mit Ausnahme der Feststellung des Hochschulbesuchs im Sinne des § 118 Abs 2 AFG -, sondern der einzelne Antragsteller trägt Feststellungs- und Beweislast für das Nichtruhen seines Anspruchs. Mit Rücksicht darauf, daß den Anspruch auf Alg nur derjenige geltend machen kann, der in entsprechendem Umfang (§ 104 AFG) eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, ist auch nicht zu erwarten, daß eine Vielzahl von Studierenden Ansprüche erheben wird. Vielmehr wird dies nur in Fällen geschehen, in denen, wie beim Kläger, die typischen Merkmale eines sogenannten Werkstudenten vorliegen. Der Senat sieht sich aber gerade deswegen in seiner Auffassung bestärkt, weil kein sachgerechter Grund zu erkennen ist, auch in derart gesondert gelagerten Fällen den Leistungszugang zur Arbeitslosenversicherung abzuschneiden.
Im vorliegenden Falle hat der Kläger Darlegungen in Bezug auf seine Verfügbarkeit gemacht. Das LSG hat hierzu jedoch - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - keine ins einzelne gehende Feststellungen getroffen, ebenso nicht zu der Frage, ob der Kläger die übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 100ff AFG erfüllt. Das LSG wird diese Feststellungen in dem erforderlichen Umfang nachzuholen und abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1654672 |
BSGE, 89 |