Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung eines Zuschusses zum privaten Krankenversicherungsbeitrag
Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsklägerin |
Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse,Hannover, Im Haspelfelde 24, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Bundesrepublik Deutschland |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist die Gewährung eines Zuschusses zum privaten Krankenversicherungsbeitrag ab März 1989.
Die im Juni 1925 geborene Klägerin übernahm im März 1965 nach dem Tode ihres Ehemannes dessen landwirtschaftliches Unternehmen, führte es bis 1967 weiter und verpachtete es sodann bis 1979; seither bewirtschaftet ihr Sohn den Hof. Nach der Abgabe des Unternehmens entrichtete sie weiterhin Beiträge zur Hannoverschen landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK). Diese gewährt ihr seit Juli 1985 (Hinterbliebenen-) Altersgeld. Die Klägerin ist seit dem Ende ihrer Lehrzeit privat krankenversichert bei der D. K. AG. Sie erhält von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover auf ihren im Mai 1974 gestellten Antrag eine Rente (1985: 181,50 DM). Antragsgemäß stellte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Hannover durch Bescheid vom 28. April 1975 fest, die Klägerin sei von der Krankenversicherungspflicht als Rentenantragstellerin/ Rentenbezieherin (KVdR) nach § 165 Abs 1 Nr 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO - aF) gemäß § 173a RVO befreit.
Die beklagte Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) lehnte mit Bescheid vom 21. Juni 1973 den im Oktober 1972 gestellten Antrag der Klägerin ab, sie von der Krankenversicherungspflicht nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1972) zu befreien, weil eine Mitgliedschaft bisher nicht habe festgestellt werden können.Auf Antrag der Klägerin stellte die Beklagte durch Bescheid vom 18. Juli 1984 fest, gemäß § 3 Abs 2 KVLG 1972 gelte die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 173a RVO auch als Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 2 Nr 4 KVLG. Deswegen trete für die Klägerin Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht ein, wenn ihr von einer LAK eine der in § 2 Abs 1 Nr 4 KVLG genannten laufenden Geldleistungen zugebilligt werde.
Im März 1989 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung eines Zuschusses zu ihrem privaten Krankenversicherungsbeitrag neben dem von der LVA Hannover gewährten Beitragszuschuß. Dies lehnte die Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 4. April 1989, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1990, ab, weil die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Beklagten geworden sei, also auch niemals von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte habe befreit werden können.
Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat die Klage auf Gewährung des begehrten Zuschusses ab März 1989 durch Urteil vom 11. Juli 1990 abgewiesen. Es ist der Auffassung, sowohl nach § 59 Abs 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) als auch nach § 94 Abs 4 KVLG 1972 könne ein Zuschußanspruch nur dann bestehen, wenn die Befreiung von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung von einer landwirtschaftlichen Krankenkasse ausgesprochen worden sei. Eine derartige Befreiung sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die Befreiung nach § 3 Abs 2 KVLG 1972 habe nicht die Wirkung, daß der von der AOK erlassene Befreiungsbescheid einem solchen der LKK gleichgestellt werden könne. Denn der Zuschuß solle nur den Personen zugute kommen, die ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung bei der zuständigen landwirtschaftlichen Krankenkasse versichert wären, dieser also zur Last fallen würden. Das wäre bei der Klägerin nicht der Fall gewesen, weil sie zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten versicherungspflichtig geworden wäre, wenn sie sich nicht gemäß § 173a RVO von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner hätte befreien lassen. Sie wäre nämlich aufgrund des Rentenbezuges von der LVA Hannover in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig gewesen und durch den Bezug von Altersgeld gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 KVLG 1972 und § 3 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 nicht Mitglied der Beklagten geworden. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise Rentenbezieher, die zugleich Altersgeldbezieher sind, vorrangig in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind (§ 3 Abs 1 Satz 2 Nr 2 KVLG 1972 und § 3 Abs 2 Nr 2 KVLG 1989), lägen nicht vor.
Auf Antrag der Klägerin, dem die Zustimmung der Beklagten beigefügt war, hat der Vorsitzende der 1. Kammer des SG Hildesheim die Sprungrevision durch Beschluß vom 24. August 1990 zugelassen.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, sie erfülle die Grundvoraussetzung des § 59 Abs 3 KVLG 1989, von der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 4 oder 5 befreit zu sein. Die Zuständigkeitsregelung in Abs 3 Satz 3 aaO kläre zwar ausdrücklich nur die Zuständigkeit in den Fällen, in denen der Altersgeldbezieher ausschließlich bei der LKK versicherungspflichtig ist; sie müsse aber auch für die Fälle gelten, in denen aufgrund des gleichzeitigen Rentenbezuges entschieden werden müsse, welche von den beiden in Betracht kommenden Krankenkassen zuständig sei. Es sei auch sehr sinnvoll, daß zwei Leistungsträger gleichzeitig Barzuschüsse zur privaten Krankenversicherung zahlten, die uU gemeinsam nicht einmal beitragsdeckend seien, wie sich im vorliegenden Fall wegen der niedrigen Rente zeige. Die Befreiung durch die AOK Hannover nach § 173a RVO enthalte keine Einschränkungen ihrer Wirkung. Eine Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung sei durch die weitergeführte Privatversicherung eingetreten. Man müsse die Krankenversicherung der Rentner als Einheit betrachten. Nur diese Auslegung entspreche dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Es sei auch nicht systemwidrig, daß ihr insoweit die Zuschußzahlung des Bundes (§ 37 Abs 3 KVLG 1989) zugute komme. Wenn diese letztlich als eine Form der Strukturhilfe zu verstehen sei, so habe sie in jedem Fall auch mit eigenen Mitteln ihren Beitrag geleistet.
Die Klägerin beantragt,
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"1. |
das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 11. Juli 1990 und den Bescheid der Beklagten vom 4. April 1989 idF des Widerspruchs- |
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bescheides vom 22. Februar 1990 aufzuheben, |
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2. |
ihr antragsgemäß den Zuschuß gemäß § 59 Abs 3 KVLG zu ihrem privaten Krankenversicherungs- |
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beitrag zu zahlen." |
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Die Beklagte beantragt,die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 11. Juli 1990 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, die Klägerin sei zu keiner Zeit von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung befreit worden; sie sei auch niemals Mitglied der Beklagten gewesen und könne deswegen keinen Anspruch auf einen Zuschuß zu ihrem privaten Krankenversicherungsbeitrag haben.
Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
II
Die (Sprung-)Revision der Klägerin ist zulässig. Ihr Rechtsmittel ist insbesondere nicht deswegen unstatthaft, weil der Vorsitzende der 1. Kammer des SG Hildesheim verfahrensfehlerhaft allein über die Zulassung der Sprungrevision entschieden hat, obwohl die nach dem Geschäftsverteilungsplan dazu berufenen ehrenamtlichen Richter hätten mitentscheiden müssen. Der Große Senat des Bundessozialgerichts (BSG - in: BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 161 Nr 27) hat geklärt, daß die ehrenamtlichen Richter bei der Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Sprungrevision mitzuwirken haben. Gleichwohl ist eine nur vom Kammervorsitzenden des SG beschlossene nachträgliche Zulassung des Rechtsmittels für das BSG bindend, weil die Entscheidung, wenn auch grob verfahrensfehlerhaft, so doch nicht schlechthin unbeachtlich ist (vgl BSG SozR 1500 § 161 Nr 33 mwN).
Die Revision der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf den ab März 1989 begehrten Beitragszuschuß zu ihrer privaten Krankenversicherung.
Das Begehren der Klägerin ist nach den Vorschriften des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) zu beurteilen, das als Art 8 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) gemäß Art 79 Abs 1 GRG am 1. Januar 1989 in Kraft getreten ist. Hiernach können Altenteiler (iS von § 2 Abs 1 Nrn 4 und 5 KVLG 1989 einen Zuschuß zum privaten Krankenversicherungsbeitrag nur in den in §§ 4 Abs 3, 59 Abs 3 KVLG 1989 geregelten Fällen beanspruchen. Die Klägerin gehört danach nicht zu dem Personenkreis, dem ein Beitragszuschuß gewährt werden kann.
Gemäß § 4 Abs 1 Nr 1 und Abs 3 Satz 1 KVLG 1989 haben nur diejenigen Altenteiler Anspruch auf Beitragszuschuß, die schon durch ihre Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungspflichtig geworden waren und hiervon, dh von der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer (§ 2 Abs 1 Nrn 1 und 2 KVLG 1989), auf ihren Antrag befreit worden sind. Demgegenüber ist Altenteilern, die ausschließlich deswegen versicherungspflichtig geworden sind (§ 2 Abs 1 Nrn 4 und 5 KVLG), weil sie die Voraussetzungen ua für den Bezug von Altersgeld erfüllt und diese Leistung beantragt haben oder beziehen, aber hiervon befreit sind (§§ 3 Abs 3, 4 Abs 1 Nr 2 KVLG 1989), kein Anspruch auf Beitragszuschuß zu privaten Krankenversicherungsbeiträgen zuerkannt. Selbst wenn der Klägerin insoweit zu folgen wäre, sie sei infolge ihrer Befreiung von der KVdR mit dem Bezug des Altersgeldes von der LAK in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig geworden und hiervon kraft Gesetzes (§ 3 Abs 3 Nr 2 KVLG 1989) befreit, gehörte sie somit nicht zu den Altenteilern, denen § 4 Abs 3 Satz 1 iVm Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 einen Anspruch auf Beitragszuschuß gewährt.
Grund für die Begünstigung allein der Altenteiler, die schon als aktive landwirtschaftliche Unternehmer befreit worden sind, ist, daß das Gesetz ihnen die Befreiungsmöglichkeit zur Wahrung ihres auf privater Vorsorge beruhenden Besitzstandes zuerkannt hat (vgl BSG SozR 5425 § 54 Nr 1). Ihre bereits während des aktiven Erwerbslebens erfolgte Befreiung, die auch für alle später eintretenden Versicherungspflichttatbestände gilt (BSG SozR 5420 § 4 Nr 1), schließt sie von vornherein und schlechthin vom gesetzlichen Krankenversicherungsschutz für Altenteiler aus. Hierfür ist der Zuschuß zum privaten Krankenversicherungsbeitrag ein gewisser Ausgleich. Er gewährleistet, daß sie den vom KVLG geschützten, dh nach § 2 Abs 1 Nrn 4 oder 5, § 3 Abs 1 und 2 KVLG 1989 versicherungspflichtigen Altenteilern wirtschaftlich im wesentlichen gleichgestellt werden.
Demgegenüber bedürfen Altenteiler, die als solche versicherungspflichtig geworden und damit gesetzlich geschützt waren, sich aber gleichwohl hiervon "befreit", dh den ihnen gewährten Schutz abgelehnt haben (§ 4 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 KVLG 1989), dafür keines zusätzlichen Ausgleichs. Gleiches gilt für diejenigen, die einen dem KVLG gleichartigen und gleichwertigen, gesetzlich vorrangigen (§ 3 Abs 1 KVLG - vgl Bundesverfassungsgericht in SozR 5420 § 94 Nr 2) Schutz in einem anderen Versicherungszweig (§ 1 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV - hier: Krankenversicherung der Rentner nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO, § 5 Abs 1 Nrn 11 und 12 SGB V) durch "Befreiung" ausgeschlagen haben. Sie erhalten dort als Ausgleich einen Zuschuß zu ihrem privaten Krankenversicherungsbeitrag (§ 1304e RVO). Allein der Umstand, daß der nach § 4 Abs 3 KVLG vorgesehene Zuschuß in Fällen der vorliegenden Art im Betrag höher sein kann als der vom Rentenversicherungsträger zu leistende, läßt die Folgerung nicht zu, Abs 3 aaO enthalte eine planwidrige Lücke oder eine willkürliche Ungleichbehandlung. Denn die unterschiedliche Höhe der Beitragszuschüsse folgt - abgesehen von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles - vor allem aus den Besonderheiten der Struktur und Aufgabenstellung der verschiedenen Versicherungszweige, die - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht als Einheit zu sehen, sondern verschiedene Ordnungssysteme sind (BSG SozR 5420 § 4 Nr 1). Außerdem war der gesetzliche Schutz durch die KVdR, der durch "Befreiung" nicht angenommen worden ist, dem durch das KVLG gewährleisteten Altenteilerschutz - wie gesagt -gleichartig und gleichwertig.
Nach der Übergangsvorschrift (so die gesetzliche Überschrift des Neunten Abschnitts des KVLG 1989) des § 59 Abs 3 Satz 1 KVLG 1989 erhalten nur diejenigen von der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 4 oder 5 befreiten Altenteiler von der zuständigen LKK einen Beitragszuschuß, die - anders als die Klägerin - schon vor dem 1. Januar 1989 nach den §§ 4, 94 Abs 1 KVLG 1972 von der Versicherungspflicht befreit waren. Das ergibt sich aus folgendem: § 59 Abs 3 Satz 3 KVLG 1989 regelt, daß die LKK für die Gewährung des Beitragszuschusses zuständig, dh leistungspflichtig (passiv legitimiert) ist, welche die Befreiung nach Abs 1 aaO festgestellt hat. § 59 Abs 1 Satz 1 KVLG 1989 bestimmt, daß eine Befreiung nach den §§ 4 und 94 Abs 1 des KVLG in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung (KVLG 1972) nicht widerrufen werden kann. Schon aus Wortlaut und Systematik, aber auch aus dem Zweck dieser Übergangsregelung, auf das frühere Recht gegründete Vertrauen von Altenteilern in die Gewährung von Beitragszuschüssen zu schützen, ergibt sich, daß der Anspruch nach Abs 3 Satz 1 und 3 aaO nur bestehen kann, wenn der Altenteiler schon vor Inkrafttreten des KVLG 1989 nach den §§ 4 und 94 Abs 1 KVLG 1972 von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung befreit war. Hierzu zählt die Klägerin nicht.
Gemäß § 4 Abs 1 bis 3 KVLG 1972 (idF durch Art 29 Nr 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 - BGBl I S 1857) konnten - ebenso wie nach § 4 KVLG 1989 - nur Altenteiler, die als versicherungspflichtig gewordene landwirtschaftliche Unternehmer von ihrer Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hatten, einen Zuschuß zu ihrem privaten Krankenversicherungsbeitrag beanspruchen. Die Klägerin war aber schon bei Inkrafttreten des KVLG 1972 am 1. Oktober 1972 keine landwirtschaftliche Unternehmerin mehr, weil sie das von ihrem verstorbenen Ehemann übernommene Unternehmen im Jahr 1967 durch Verpachtung abgegeben hatte.
Gemäß § 94 Abs 1 KVLG 1972 wurde auf Antrag von der Versicherungspflicht nach § 2 KVLG 1972 befreit, wer beim Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Oktober 1972) bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert war und ua für sich Vertragsleistungen erhielt, die der Art nach den Leistungen der Krankenhilfe entsprachen. Gemäß § 94 Abs 2 Satz 1 KVLG 1972 war der Befreiungsantrag binnen drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen. Zwar hat die Klägerin am 10. Oktober 1972 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte beantragt. Dies hat jedoch nicht zu einer Befreiung iS von § 94 Abs 1 KVLG 1972 geführt. Abgesehen davon, daß der die damals begehrte Befreiung ablehnende Bescheid vom 21. Juni 1973 für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist (§ 77 SGG), war die Klägerin bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 2 KVLG 1972 nicht versichert. Denn sie gehörte zu keiner der in § 2 Abs 1 Nrn 1 bis 5 KVLG genannten Gruppen von Personen, war insbesondere keine landwirtschaftliche Unternehmerin, keine mitarbeitende Familienangehörige eines solchen, keine Bezieherin von Altersgeld und hatte auch nicht das 65. Lebensjahr vollendet.
Demnach war die Klägerin bei Inkrafttreten des KVLG 1989 nicht nach den §§ 4 und 94 Abs 1 des KVLG 1972 von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung befreit. Sie ist somit nicht zuschußberechtigt iS von § 59 Abs 3 Satz 1 und 3 KVLG 1989.
Nach alledem geht die Auffassung der Revision fehl, der Klägerin müsse der begehrte Beitragszuschuß schon deswegen zuerkannt werden, weil sie aufgrund der von der AOK Hannover ausgesprochenen Befreiung von der Krankenversicherung der Rentner nach § 173a RVO gemäß § 3 Abs 3 Nr 2 KVLG 1989 (entspricht im wesentlichen § 3 Abs 2 KVLG 1972 idF durch Art 4 Nr 2b des Zweiten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes - 2. ASEG - vom 9. Juli 1980 - BGBl I S 905) von der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 4 und 5 befreit sei (als befreit "gelte" - so § 3 Abs 2 KVLG 1972); denn das Gesetz sieht - wie ausgeführt - einen Anspruch auf Beitragszuschuß nur in den ausdrücklich geregelten Fällen, nicht aber für jeden von der Versicherungspflicht befreiten Altenteiler vor. Insbesondere gibt es - nach altem und neuem Recht -keine Vorschrift, die denjenigen durch Beitragszuschuß begünstigt, der - wie die Klägerin - erst durch die Befreiung von der KVdR nach § 173a RVO die Grundvoraussetzungen für den Eintritt der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 4 iVm § 3 Abs 1 KVLG herbeiführt. § 3 Abs 3 Nr 2 KVLG 1989 (entspricht § 3 Abs 2 KVLG 1972 idF durch Art 4 Nr 2b des 2. ASEG) soll gerade von vornherein verhindern, daß Rentner oder Rentenantragsteller, die sich wegen ihrer Zugehörigkeit zur privaten Krankenversicherung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung haben befreien lassen, gleichwohl in der Krankenversicherung der Landwirte als Altenteiler pflichtversichert und geschützt sind (BT-Drucks 8/2844 S 23). Erst recht soll ihnen kein zweifacher Zuschuß zum privaten Krankenversicherungsbeitrag zukommen.
Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die gesetzliche Begrenzung der Gewährung eines Beitragszuschusses auf die in §§ 4, 59 KVLG 1989 (iVm §§ 4, 94 Abs 1 KVLG 1972) erfaßten Personengruppen grundgesetzwidrig sein könnte. Dazu hat auch die Klägerin nichts vorgetragen.
Nach alledem war die im Ergebnis zutreffende Entscheidung des SG Hildesheim zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen