Leitsatz (amtlich)

Nach BVG § 61 Abs 4 S 2 aF durfte - jedenfalls bis zum Inkrafttreten der DV § 33 BVG vom 1958-08-02 - die Weihnachtsgratifikation als einmalige Zuwendung dem sonstigen Einkommen bei der vorläufigen oder endgültigen Feststellung der Witwen-Ausgleichsrente nicht zugerechnet werden, wenn vorher eine Ausgleichsrente bereits festgestellt worden war.

 

Normenkette

BVG § 61 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1956-06-06, § 33 Fassung: 1960-06-27, § 41 Abs. 4 Fassung: 1960-06-27; BVG§33DV § 33 Fassung: 1958-08-02

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1959 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21. Februar 1957 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Die Klägerin ist die Witwe des vermißten und durch Beschluß des Amtsgerichts Hohenlimburg vom 22. November 1956 für tot erklärten Hermann Sch. Sie hat am 26. April 1957 eine neue Ehe geschlossen. Mit Bescheid vom 21. September 1953 wurde ihr ab 1. September 1952 Grund- und Ausgleichsrente nach ihrem ersten Ehemann bewilligt. Im April 1954 teilte die Klägerin unter Vorlage einer Lohnbescheinigung ihres Arbeitgebers für die Zeit vom August 1953 bis Februar 1954 mit, daß sie Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit beziehe, das zwischen monatlich 98,- und 194,- DM lag, sich im Dezember 1953 um eine Weihnachtsgratifikation von 180,- DM erhöhte und von August bis Dezember 1953 869,- DM brutto betrug. 47Durch Bescheid vom 13. April 1954 wurde die Ausgleichsrente auf Grund eines aus dem Bruttoverdienst nach Abzug des Freibetrages und der Sozialversicherungsbeiträge errechneten monatlichen Durchschnittseinkommens ab 1. September 1953 neu festgesetzt, ab 1. Januar 1954 vorbehaltlich einer späteren Nachprüfung des Durchschnittseinkommens von diesem Zeitpunkt an. Die Weihnachtsgratifikation wurde in das Einkommen einbezogen. Die Klägerin wandte sich mit ihrem Widerspruch gegen die Anrechnung der Weihnachtsgratifikation auf das monatliche Durchschnittseinkommen. Das Versorgungsamt überprüfte das sonstige Einkommen der Klägerin im Jahre 1953 nochmals und ermittelte, daß sie bereits seit April 1953 in einem Arbeitsverhältnis stand und außerdem vom 1. Juni 1953 bis 30. September 1953 als Aushilfe tätig gewesen war. Mit Bescheid vom 3. August 1954 wurde die Ausgleichsrente ab 1. Mai 1953 neu festgesetzt, wiederum unter Anrechnung der Weihnachtsgratifikation auf das Durchschnittseinkommen, ab 1. Januar 1954 unter Vorbehalt späterer Nachprüfung des Durchschnittseinkommens. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit gleicher Begründung Widerspruch. Dieser blieb erfolglos. Auch in den späteren Bescheiden vom 3. Februar 1955, 8. Juni 1955, 25. Februar 1956 und 11. April 1956, die vorläufige bzw. endgültige Feststellungen der Ausgleichsrente enthielten, bezog der Beklagte jeweils die Weihnachtsgratifikationen (1954 = 180,- DM; 1955 = 250,- DM) in das monatliche Durchschnittseinkommen ein.

Das Sozialgericht (SG) verurteilte mit Urteil vom 21. Februar 1957 den Beklagten, unter Abänderung der Bescheide vom 13. April 1954 und 3. August 1954 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 1954 und der später ergangenen Bescheide, die Ausgleichsrente ab 1. Mai 1953 neu festzusetzen und dabei die Weihnachtszuwendung außer Betracht zu lassen. Es sah die Weihnachtsgratifikation nicht als Einkommen im Sinne des § 33 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) an. Auf die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 20. August 1959 unter Abänderung des Urteils des SG die Klage ab. Die Weihnachtsgratifikation sei sonstiges Einkommen und in der Zeit vor dem 1. Mai 1957, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 2. August 1958, uneingeschränkt bei der Feststellung des durchschnittlichen Monatseinkommens zu berücksichtigen. Die §§ 60 Abs. 2 Satz 2 und 61 Abs. 4 BVG stünden nicht entgegen, weil hier die Ausgleichsrente wegen schwankenden Einkommens zunächst unter Vorbehalt und erst später endgültig festgesetzt worden sei. Wenn sich daraus auch eine Schlechterstellung der Versorgungsempfänger mit schwankenden Einkünften gegenüber Versorgungsempfängern mit festen und gleichbleibenden Einkünften ergebe, weil bei diesen eine vorläufige Feststellung der Ausgleichsrente nicht erfolge und eine Berücksichtigung der Weihnachtsgratifikation somit durch die §§ 60 Abs. 2 Satz 2 und 61 Abs. 4 BVG ausgeschlossen werde, so liege darin noch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Die Regelung sei zwar wenig befriedigend, beruhe aber auf dem sachlichen Unterschied schwankender bzw. nicht schwankender Einkünfte und liege somit noch innerhalb der durch Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gezogenen Grenzen, zumal die unterschiedliche Behandlung vom Inkrafttreten des § 2 Buchst. n (richtig: p) der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG an weitgehend abgeschwächt werde. Das LSG ließ die Revision zu.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 41 Abs. 6 (richtig: Abs. 4), 33 Abs. 2, 60 Abs. 2 und 61 Abs. 4 BVG sowie des Art. 3 Abs. 1 GG. Trotz schwankender Einkünfte dürfe die Weihnachtsgratifikation bei Berechnung der Ausgleichsrente nicht als sonstiges Einkommen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 BVG angesehen werden. Das verlange schon der Gleichheitssatz, weil die Weihnachtsgratifikation auch bei Versorgungsempfängern mit festem Einkommen nicht angerechnet werde. Wie sich aus den Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 33 BVG in der für die Zeit von 1953 bis 1955 maßgebenden Fassung ergebe, sei § 33 Abs. 2 Satz 1 BVG i. d. F. vor dem Inkrafttreten des Ersten Neuregelungsgesetzes (aF) nicht wörtlich zu verstehen; zufällige und vereinzelt vorkommende Einnahmen seien nicht zum Einkommen im Sinne dieser Vorschrift zu rechnen. Nur regelmäßig zufließende Arbeitsentgelte könnten als monatliches Einkommen gewertet werden. Dazu gehöre das Weihnachtsgeld nicht. Es unterliege als einmalige Sonderzuwendung den verwaltungstechnischen Vorschriften der §§ 60 Abs. 2 und 61 Abs. 4 BVG und sei deshalb in der Regel außer Betracht zu lassen. Selbst wenn man aber die Weihnachtsgratifikation als sonstiges Einkommen ansehe, dürfe sie nach dem Gleichheitssatz bei Versorgungsempfängern mit schwankendem Einkommen nicht zur Minderung der Ausgleichsrente führen, weil sie den Versorgungsempfängern mit festem Einkommen nicht angerechnet werde. Entgegen der Auffassung des LSG werde anderenfalls der Gleichheitssatz verletzt. Daran ändere auch der durch § 2 Buchst. p der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 2. August 1958 (DurchfVO) eingeführte Freibetrag nichts; denn er lasse die gerügte ungleiche Behandlung grundsätzlich unberührt. Die Klägerin beantragt, das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1959 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 21. Februar 1957 zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das Urteil des LSG für zutreffend und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) - die anders lautende Rechtsmittelbelehrung beruht offensichtlich auf einem Versehen - ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist deshalb zulässig. Sachlich ist sie auch begründet.

Streitig ist allein, ob - und gegebenenfalls wie - die der Klägerin von ihrem Arbeitgeber 1953, 1954 und 1955 gezahlten Weihnachtsgratifikationen auf ihr für die Feststellung der Ausgleichsrente maßgebendes sonstiges Einkommen anzurechnen sind. Nach der Meinung der Revision beruht zunächst schon die Auffassung des LSG, Weihnachtsgratifikationen seien zum sonstigen Einkommen zu rechnen, auf einer unrichtigen Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BVG in der hier maßgeblichen - und bis dahin unveränderten - Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 19. Januar 1955 (BGBl I 25). Einer Prüfung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, wenn sich schon aus anderen Vorschriften des BVG ergibt, daß Weihnachtsgratifikationen auch dann, wenn sie an sich unter das nach § 33 BVG aF anrechenbare sonstige Einkommen fallen, in der hier zu beurteilenden Zeit und unter den hier gegebenen Umständen ohne Einfluß auf die Höhe der Rente waren. Läßt sich aus der Anwendung des Gesetzes eine solche Feststellung nicht nur bei festen, sondern auch bei schwankenden Bezügen für die Zeit nach der hier in Betracht kommenden Erstbewilligung einer Ausgleichsrente treffen, so bedarf es auch keines Eingehens auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG. Der Senat ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Weihnachtsgratifikation der Klägerin in der strittigen Zeit nach § 61 Abs. 4 Satz 2 BVG i. d. F. vom 19. Januar 1955 nicht angerechnet werden durfte. Insoweit greifen die Rügen der Revision durch.

Die Versorgungsrente der Klägerin ist mit Bescheid vom 21. September 1953, insbesondere auch hinsichtlich der Ausgleichsrente, endgültig festgestellt worden. In den angefochtenen Bescheiden vom 13. April und 3. August 1954 ist die Rente für die Zeit bis zum 31. Dezember 1953 ebenfalls endgültig, im übrigen zunächst nur vorbehaltlich der endgültigen Feststellung des monatlichen Durchschnittseinkommens bewilligt worden, weil die Klägerin ein schwankendes Einkommen bezog. Bei der späteren endgültigen Feststellung wurde das gesamte in dem Feststellungszeitraum zugeflossenen Einkommen, also auch die Weihnachtsgratifikation, erfaßt. Die Klägerin ist somit durch das Verfahren bei der Feststellung der Ausgleichsrente schlechter gestellt als die Versorgungsempfänger mit festen Bezügen, da bei diesen nach Feststellung der Ausgleichsrente ohne Vorbehalt § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. BVG aF (bei Beschädigten) bzw. § 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF (bei Hinterbliebenen) einer Berücksichtigung der Weihnachtsgratifikation entgegenstehen (vgl. hierzu auch van Nuis-Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, 1. Aufl. IV. Teil S. 70; Vorberg, Der VersorgB, 1960 S. 2).

Der Beklagte war zwar berechtigt, die Ausgleichsrente wegen des schwankenden Einkommens der Klägerin zunächst vorläufig festzusetzen, er durfte jedoch bei der vorläufigen und endgültigen Feststellung der Rente die Weihnachtsgratifikation nicht in die Ermittlung eines monatlichen Durchschnittseinkommens einbeziehen. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß eines vorläufigen Bescheides bei schwankenden Einkommen hat für die hier zu beurteilende Zeit noch nicht bestanden. Sie ist erst durch § 5 Abs. 1 Satz 3 der DurchfVO zu § 33 BVG vom 2. August 1958 ausgesprochen worden (vgl. auch § 8 Abs. 3 Satz 5 DurchfVO); seit dem Inkrafttreten des Ersten Neuordnungsgesetzes ist durch § 60 a BVG die vorläufige Feststellung der Ausgleichsrente zur Regel gemacht und dadurch die Berücksichtigung des schwankenden Einkommens bei einkommensabhängigen Leistungen allgemein ermöglicht worden. Daraus kann indessen nicht entnommen werden, daß zuvor eine vorläufige Feststellung der Ausgleichsrente unzulässig gewesen wäre. Verpflichtete nämlich der Gesetzgeber die Versorgungsverwaltung einerseits, die Versorgungsbezüge monatlich im voraus zu zahlen (§ 66 Abs. 1 Satz 1 BVG aF) und ordnete er andererseits die Anrechnung des - später erzielten - sonstigen Einkommens auf die Ausgleichsrente an (vgl. §§ 33 Abs. 1, 41 Abs. 4 BVG aF), so ließen sich bei schwankendem Monatseinkommen beide Gesetzesbefehle zugleich sinnvoll nur im Wege einer vorläufigen Feststellung der Ausgleichsrente durchführen. Die Ermächtigung zur vorläufigen Feststellung der Ausgleichsrente in derartigen Fällen ist somit für die Zeit vor dem Inkrafttreten der DurchfVO vom 2. August 1958, d. h. vor dem 1. Mai 1957, den in den §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 und 41 Abs. 4 BVG zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken zu entnehmen (vgl. BSG 16, 188, 190).

Das bei festen und schwankenden Einkünften unterschiedliche Feststellungsverfahren verlangt und rechtfertigt aber keine verschiedene Behandlung der beiden Gruppen von Versorgungsempfängern. Vielmehr führt die Anwendung der §§ 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. und 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF wegen des sachlich-rechtlichen Inhalts dieser Vorschriften zu dem Ergebnis, daß ohne Rücksicht auf die Art des Feststellungsverfahrens eine einmalige Zuwendung wie die Weihnachtsgratifikation nach der Erstbewilligung einer Ausgleichsrente auf die Höhe der Rente keinen Einfluß haben kann. Die Rechtswohltat der §§ 60 Abs. 2, 61 Abs. 4 BVG aF steht in keinem inneren Zusammenhang mit der nach der Verschiedenheit der Bezüge gebotenen vorläufigen oder endgültigen Feststellung der Rente, sondern muß beiden Gruppen in gleicher Weise zugute kommen, weil das feste oder schwankende Einkommen des Versorgungsempfängers insoweit die Höhe der Rente nicht berührt. Den §§ 60 bis 63 BVG aF ist zur Bezeichnung des Inhalts dieser Vorschriften als Überschrift "Beginn, Änderung und Aufhebung der Versorgung" vorangesetzt. § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. bestimmt, daß eine Minderung oder Entziehung der Ausgleichsrente des Beschädigten mit Ablauf des Monats eintritt, in dem die Voraussetzungen für die bis dahin gewährten Bezüge weggefallen sind. Dasselbe ist für die Hinterbliebenenrente in § 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF bestimmt. Beide Vorschriften knüpfen an § 66 Abs. 1 BVG aF an, nach dem die Versorgungsbezüge in Monatsbeträgen zuerkannt werden. Sie tragen einem sozialpolitischen Gesichtspunkt Rechnung und dienen außerdem der Vereinfachung der Verwaltung (van Nuis-Vorberg, aaO, IV. Teil 1958 S. 42; Gleiber, KOV, 1957 S. 29). In Regelung des zeitlichen Ablaufs der bereits bewilligten Rente bestimmen sie den Zeitpunkt, von dem ab eine Minderung oder Entziehung der Rente ausgesprochen werden darf. Hierbei gehen sie von dem Grundsatz aus, daß Veränderungen in den Verhältnissen des Versorgungsempfängers, die die Rente mindern könnten, für den Zeitraum von einem Monat ohne Einfluß auf die Höhe der Rente bleiben und eine Neufeststellung der Rente nicht zulassen. Durch diese Regelung wird dem Berechtigten ein Schonmonat gewährt und zugleich dem Umstand Rechnung getragen, daß Versorgungsbezüge für den Monat, in dem die Änderung der Verhältnisse eintritt, bereits gezahlt sind (vgl. auch Wilke BVG § 60, VI). Diese Vergünstigung soll nicht nur den Personen zugute kommen, deren Rente nach § 62 BVG neu festzustellen ist, weil sich ihr Einkommen für einen längeren Zeitraum als einen Monat wesentlich erhöht hat. Aus § 60 Abs. 2 Satz 2 und § 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF ergibt sich somit, daß einmalige bzw. nur in einem Monat erzielte Einkünfte nicht als Einkommen berücksichtigt werden können, weil mit Ablauf des Monats die Voraussetzungen für eine Minderung oder Entziehung der Ausgleichsrente wieder entfallen sind (Wilke aaO), eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i. S. des § 62 Abs. 1 BVG daher nicht eingetreten ist. Der Gesetzgeber ging dabei offensichtlich von der Auffassung aus, daß der Verzicht auf die Neufeststellung wegen einer nur in einem Monat eingetretenen Einkommenserhöhung durch die damit erreichte Einsparung an Verwaltungsarbeit mit möglicherweise anschließendem Widerspruchs- und mehrstufigem Gerichtsverfahren voll ausgeglichen werde.

Aus den §§ 60 Abs. 2 Satz 2 und 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF ergibt sich somit, daß bei einer Rente, die bereits bewilligt ist, wegen einer einmalig gewährten Zuwendung bzw. wegen einer nur in einem Monat eingetretenen Erhöhung des Einkommens die Voraussetzungen für die bis dahin gewährten Bezüge nicht weggefallen sind. Dies muß für Bezieher fester und schwankender Einkommen grundsätzlich gleichermaßen gelten. Damit kommt diesen Vorschriften neben der verfahrensrechtlichen auch eine sachlich-rechtliche Bedeutung zu, weil durch sie bei festem wie bei schwankendem Einkommen die Anrechnung einmaliger Zuwendungen hinsichtlich einer Rentenänderung ausgeschlossen wird. Dagegen stehen die §§ 60 Abs. 2 Satz 2 und 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF nicht der Berücksichtigung solcher Bezüge entgegen, die nur Bestandteil eines periodisch oder von Monat zu Monat sich verändernden Einkommens sind, insbesondere die typischen mit der Berufsausübung verbundenen Veränderungen betreffen und dadurch als "schwankendes Einkommen" Grundlage für die Ermittlung eines Durchschnittseinkommens sind.

Zweifelhaft könnte nur noch sein, ob die Weihnachtsgratifikation wie ein Bestandteil schwankender Bezüge zu behandeln ist und daher nicht an der Vergünstigung des § 61 Abs. 4 BVG aF teilnimmt, sondern bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens zu berücksichtigen ist. Die Weihnachtsgratifikation ist jedoch nicht den von Monat zu Monat schwankenden Einkommensteilen, die zur Errechnung eines Durchschnittseinkommens berechtigen, zuzurechnen.

Sie ist auch keine Restzahlung auf das im Laufe des Jahres erzielte Einkommen wie etwa die Jahresabschlußzahlung auf Gewinnbeteiligungen der Arbeitnehmer. Sie wird nicht nur als ein zusätzliches Entgelt und als Anerkennung für im Laufe des Jahres geleistete Dienste gewährt, sondern stellt zugleich eine Gabe für die im Zusammenhang mit dem Fest entstehenden vermehrten Ausgaben dar (BAG in AP zu § 611 BGB, Gratifikation Nr. 1). Sie ist Ausdruck der betrieblichen Verbundenheit und des Willens des Arbeitgebers, Sondermittel zur Gestaltung des Festes zur Verfügung zu stellen. Die Verteilung der Weihnachtsgratifikation auf das Durchschnittseinkommen eines Feststellungszeitraums - regelmäßig des Kalenderjahres (vgl. BSG 16, 192) - stünde sowohl mit obiger Zweckbestimmung der Weihnachtsgratifikation als auch mit der Regelung der Ausgleichsrente in den §§ 33 Abs. 1, 41 Abs. 4 und 47 Abs. 3 BVG aF in Widerspruch. Diese Vorschriften wollen in jedem Monat ein Mindesteinkommen verwirklicht wissen, wobei die Ermittlung des anrechenbaren sonstigen Einkommens bei schwankenden Bezügen durch die Feststellung eines monatlichen Durchschnittseinkommens ermöglicht wird. Die Weihnachtsgratifikation dagegen ist eine von den festen oder auch schwankenden Einkünften unabhängige Leistung, die für das Weihnachtsfest bestimmt ist. Sie kann darum auch nur als eine einmalige Zuwendung angesehen werden, die unter die Regelung der §§ 60 Abs. 2, 61 Abs. 4 BVG aF fällt. In der vorliegenden Streitsache ist den angefochtenen Bescheiden eine endgültige Rentenfestsetzung vorausgegangen, deren Voraussetzungen somit durch die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation nicht weggefallen waren.

Dieser Auffassung steht auch die in § 2 Buchst. p der (Ersten) DurchfVO zu § 33 BVG vom 2. August 1958 getroffene Regelung nicht entgegen, wonach bei Berechnung der Ausgleichsrente Weihnachtsgratifikationen bis zum Betrag von 200,- DM nicht als sonstiges Einkommen gelten. Das gleiche ist in § 2 Abs. 1 Nr. 17 der (Zweiten) VO zur Durchführung des § 33 BVG vom 11. Januar 1961 bestimmt. Diese Regelung ist auf den vorliegenden Fall wegen des späteren Inkrafttretens der genannten VOen (1. Mai 1957, 1. Juni 1960) nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat sich damit zu der ausdrücklichen Regelung veranlaßt gesehen, der Masse der Arbeitnehmer die Weihnachtsgratifikation ganz oder doch zu einem erheblichen Teil zu belassen, obgleich sich ihre Einkommensverhältnisse seit dem Inkrafttreten des BVG wesentlich verbessert hatten. Ob die genannten Vorschriften - für die Zeit ab 1. Mai 1957 - nur für die Erstfeststellung gelten und ob die Anwendung der §§ 60 a, 61 Abs. 7 BVG n F i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 17 der (Zweiten) DurchfVO für die den Freibetrag von 200,- DM übersteigende Weihnachtsgratifikation zu einer anderen Beurteilung führen muß, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

Der Beklagte und das LSG haben nach alledem im vorliegenden Fall § 61 Abs. 4 Satz 2 BVG aF verletzt. Die Revision der Klägerin erwies sich somit als begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG mußte zurückgewiesen werden, da dieses die Weihnachtsgratifikation der Klägerin bei der Ermittlung ihres monatlichen Durchschnittseinkommens im Ergebnis zu Recht nicht berücksichtigt und alle entgegenstehenden Bescheide des Beklagten entsprechend abgeändert hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 141

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