Leitsatz (amtlich)

Auch beim Unterhaltsgeld ist der Bemessungszeitraum nach § 112 Abs 3 AFG zu bestimmen; es ist daher nicht abweichend von § 112 Abs 3 AFG das letzte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das zwei Monate vor Beginn der Bildungsmaßnahme abgerechnet war.

 

Normenkette

AFG § 44 Abs 2a Fassung: 1975-12-18, § 112 Abs 3 S 1 Fassung: 1975-12-18

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 18.09.1980; Aktenzeichen L 1 Ar 290/80)

SG Gießen (Entscheidung vom 12.02.1980; Aktenzeichen S 5a Ar 192/79)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Unterhaltsgeld (Uhg).

Die Beklagte gewährte dem Kläger zur Teilnahme an einem Industriemeisterlehrgang für die Zeit vom 23. April 1979 bis 28. März 1980 Uhg in Höhe von 58 vH des Bemessungsentgelts. Dabei legte sie schließlich ein Bemessungsentgelt von 525,-- DM wöchentlich zugrunde, das sie aus dem im Januar 1979 erzielten Arbeitsentgelt des Klägers ermittelte. Den Widerspruch, mit dem der Kläger höheres Uhg ua unter Zugrundelegung des am 20. April 1979, dem Tag seines Ausscheidens aus seinem Beschäftigungsverhältnis, zuletzt abgerechneten Bruttoarbeitsentgelts von 3.078,65 DM für 165,5 im März 1979 an 22 Arbeitstagen zurückgelegte Arbeitsstunden erstrebte, wies die Beklagte insoweit zurück, da nach 10.14 Abs 3 des Runderlasses Nr 39/79 vom 26. Januar 1979 Bemessungszeitraum die letzten zwei Monate vor Beginn der Maßnahme abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten, die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung seien (Bescheid vom 17. August 1979; Widerspruchsbescheid vom 28. August 1979).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 1979 idF des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1979 verurteilt, dem Kläger ab 23. April 1979 Uhg auf der Grundlage des in (gemeint: für) März 1979 abgerechneten Arbeitsentgelts zu gewähren (Urteil vom 12. Februar 1980).

Die vom SG zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 18. September 1980). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, gemäß § 112 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei das im März 1979 erzielte Arbeitsentgelt der Bemessung zugrunde zu legen. Nach § 44 Abs 2a AFG betrage das Uhg 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS von § 112 AFG. Hieraus folge zwingend, daß § 112 AFG insgesamt und damit auch § 112 Abs 3 AFG wie für das Arbeitslosengeld (Alg) auch für das Uhg maßgebend sei; die Verweisung des § 44 Abs 7 AFG auf die Vorschriften über das Alg, soweit Besonderheiten über das Uhg nicht entgegenstehen, sei nicht erforderlich und komme nicht - in Betracht. Die Anwendung des § 112 Abs 3 AFG entspreche der Unterhaltssicherungs- und Lohnersatzfunktion des Uhg. Die Bemessung des Uhg knüpfe - wie beim Alg - an das am Tage des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis zuletzt abgerechnete Arbeitsentgelt an, das die letzte wirtschaftliche Grundlage für den Unterhalt des Geförderten und seiner Familie bilde. Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung werde dem nicht, zumindest aber weniger gerecht, da sie an ein Entgelt anknüpfe, das nicht bzw nicht mehr die aktuelle Unterhaltsgrundlage bilde. Die Dienstanweisung, die dem vorrangigen Gesetz nicht entspreche, sei daher unwirksam; dies folge auch aus § 31 Sozialgesetzbuch (SGB) 1. Das Gesetz lasse sich, wie die Beklagte nicht bestreite, praktizieren; es habe dem nahtlosen Anschluß von Uhg an Arbeitsentgelt keine Bedeutung zugemessen. Allenfalls, wenn sich eine gesetzliche Vorschrift im Einzelfall nicht anwenden lasse, sei eine Abweichung gerechtfertigt; ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor.

Die Beklagte rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung von § 44 Abs 2a iVm § 44 Abs 7 AFG. Es könne zweifelhaft sein, ob die Verweisung in § 44 Abs 2 und Abs 2a AFG auf § 112 AFG auch § 112 Abs 3 AFG erfassen solle; es hätte nahegelegen, dies durch den Wegfall der Worte "im Sinne" bei der Verweisung auf § 112 AFG klar zum Ausdruck zu bringen. Jedenfalls werde die Anwendung des § 112 AFG durch § 44 Abs 7 AFG relativiert. In dieser Vorschrift komme der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, den Besonderheiten des Uhg, dessen Regelung der Gesetzgeber vom Alg getrennt habe, voll Rechnung zu tragen. Daher gelte § 112 AFG für das Uhg nur insoweit, als die Besonderheiten des Uhg nichts Abweichendes geböten. Der Gesetzgeber habe Praxis und Rechtsprechung das Nähere überlassen, um eine ständige Anpassung an die Erfordernisse der Bildungsförderung ohne dauernde Eingriffe des Gesetzgebers zu ermöglichen. Bei der unmittelbaren Anwendung des § 112 AFG müsse der Beginn der Bildungsmaßnahme abgewartet werden, um den Bemessungszeitraum und damit das Bemessungsentgelt zu bestimmen; dies lasse Manipulation durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu. Weil Bildungsmaßnahmen vornehmlich im Frühjahr und Herbst begönnen, betrage die Bearbeitungszeit etwa zehn Wochen. Ein großer Teil der Antragsteller erhalte die zustehenden Leistungen erst lange nach Beginn der Maßnahmen; die vom Gesetzgeber gewollte nahtlose Unterhaltssicherung sei daher nicht gewährleistet. Dies habe zu finanziellen Notlagen, Maßnahmeabbrüchen, Beschwerden und mangelnder Sicherung im Krankheitsfalle geführt; Abschlagszahlungen böten nur teilweise Abhilfe und führten allgemein zu erheblichen Verzögerungen. Im übrigen wünschten die Antragsteller schon vor Beginn der Maßnahme frühzeitig die Höhe des Uhg zu erfahren, um entsprechende Dispositionen zu treffen. Die Beklagte habe daher seit 1970 anstelle des Tages des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tag der Antragstellung gesetzt, falls dieser nicht länger als zwei Monate vor Beginn der Maßnahme gelegen habe, und den davor liegenden Lohnabrechnungszeitraum als maßgeblich erachtet; damit sei für das Gros der Fälle eine befriedigende Lösung erreicht worden. Der nunmehr in 10.14 Abs 3 des Runderlasses 39/79 vom 26. Januar 1979 als rechtmäßig angesehene Bemessungszeitraum, der zwei Monate vor Beginn der Maßnahme liege, schließe Zufälle aus, führe zur einheitlichen Behandlung aller Maßnahmeteilnehmer, lasse sich leicht bestimmen und werde auch den Vorstellungen des Gesetzgebers besser gerecht, daß das Uhg an die aktuelle Unterhaltsgrundlage des Berechtigten anknüpfe. Stärkere Abweichungen der Unterhaltsgrundlagen ergäben sich häufiger in den letzten Arbeitstagen; solche Schwankungen führten aber zu einer Bemessungsgrundlage, die nicht dem bisherigen Lebensstandard entspreche. Soweit der Arbeitnehmer aufgestautes Arbeitsentgelt erst später ausgezahlt erhalte, sei durch entsprechende Gestaltung der Arbeitsbescheinigung gewährleistet, daß dieses als Jahresbetrag angegeben werde; seine anteilige Berücksichtigung sei somit sichergestellt. Soweit das so bestimmte Bemessungsentgelt wesentlich geringer sei als das bisher regelmäßig erzielte Arbeitsentgelt, erfolge die Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG. Ihre frühere Auffassung, daß dem Antragsteller eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Bemessungszeitraum, der sich unmittelbar aus § 112 Abs 3 AFG ergebe, und dem, der nach den Besonderheiten des Uhg als der richtige anzusehen sei, habe die Beklagte aufgegeben; § 112 AFG sei eine solche Wahlmöglichkeit fremd. Der vom LSG beanstandete Runderlaß entspreche daher dem Gesetz.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Ergänzend führt er aus, der Runderlaß sei auch nicht aus den von der Beklagten angegebenen praktischen Gründen erforderlich; so habe die Beklagte den Kläger erst im August 1979 endgültig beschieden. Der Erlaß sei nicht ermächtigungsgedeckt und habe den Kläger in seinem Vertrauen auf die bisher geübte Verwaltungspraxis und die damit übereinstimmende schriftliche Information verletzt. Der Erlaß verstoße gegen das Übermaßverbot, weil er für laufende Antragsverfahren keine Übergangsregelung getroffen habe. Schließlich habe die Beklagte gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung verstoßen; es habe keinen Grund gegeben, von der bisherigen Praxis abzugehen. Der Runderlaß habe veröffentlicht und dem Betroffenen rechtzeitig zur Kenntnis gegeben werden müssen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Die Beklagte hat zwar mit ihrer Revision keinen Verfahrensmangel gerügt. Bei einer zugelassenen Revision hat das Revisionsgericht jedoch, bevor es über den streitigen Anspruch sachlich entscheiden kann, von Amts wegen solche Mängel des Verfahrens zu berücksichtigen, die sich aus dem Fehlen der unverzichtbaren Prozeßvoraussetzungen ergeben, einerlei, ob der Mangel nur das Revisionsverfahren oder schon das Klage- und Berufungsverfahren betrifft (vgl für viele BSG SozR 1500 § 150 Nr 11 und 18 mwN). Hierzu zählt auch die Zulässigkeit der Klage. Doch bestehen insoweit keine Bedenken; dem Kläger fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für sein Begehren. Zwar verschiebt sich, hat die Klage Erfolg, der Zeitpunkt, zu dem dem Kläger das Uhg nach dem gemäß § 44 Abs 7, § 112a AFG dynamisierten Arbeitsentgelt zu gewähren ist, vom 1. Februar 1980 auf den 1. April 1980, so daß das Uhg, weil die Leistungsvoraussetzungen nach dem 28. März 1980 nicht mehr gegeben waren, nicht zu erhöhen wäre. Die Erhöhung des gewährten Uhg zum 1. Februar 1980 wirkt sich jedoch lediglich um weniger als 10,-- DM wöchentlich für die restliche Bezugszeit aus, während der Kläger für die gesamte Bezugszeit etwa 80,-- DM wöchentlich mehr erhält, wenn seiner Klage der Erfolg beschieden bleibt.

Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen; das Uhg des Klägers ist, wie das SG entschieden hat, auf der Grundlage des für den Monat März 1979 abgerechneten Arbeitsentgelts zu bemessen.

Nach § 44 Abs 2a AFG in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) beträgt das Uhg 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112, wenn, wie das hier unstreitig der Fall ist, die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 AFG nicht erfüllt sind. Arbeitsentgelt ist nach § 112 Abs 2 Satz 1 AFG das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt.

Bemessungszeitraum sind nach § 112 Abs 3 Satz 1 AFG die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs.

§ 112 Abs 2 und 3 AFG sind aufgrund der Verweisung in § 44 Abs 2a AFG anzuwenden, wie der Senat schon entschieden hat (vgl Urteil vom 23. Juni 1981 - 7 RAr 61/80 -). Der Ansicht der Beklagten, beim Uhg sei davon abweichend gemäß § 44 Abs 7 AFG Bemessungszeitraum die letzten abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung zwei Monate vor Beginn der Maßnahme, ist nicht zu folgen. Diese Meinung, die abgesehen von vereinzelten Stimmen (Schweiger ABA 1971, 276, 277 f und Hoppe/Berlinger, Förderung der beruflichen Bildung, Bd 1, § 44 Anm 5, Ergänzungslieferung Januar 1980; anders noch Hoppe ABA 1970, 40, 42, BB 1971, 1464, 1467 und ausdrücklich AuB 1978, 90 f) im Schrifttum nicht einmal in Erwägung gezogen wird, mag praktische Vorteile haben; sie widerspricht jedoch dem Gesetzestext und verstößt gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers.

Seit der Änderung, die § 44 AFG durch Art 27 Nr 1 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) erfahren hat, richtet sich die Höhe des Uhg ua nach dem "Arbeitsentgelt iS des § 112" AFG. Das Uhg, das der Sicherung des Unterhalts während der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme dient, orientiert sich damit wie das Alg im Grundsatz an den bisherigen Lohnverhältnissen der Berechtigten; soweit das Gesetz davon Ausnahmen vorsieht (vgl § 44 Abs 3 AFG), handelt es sich um besondere Lebenssachverhalte, die eine Zugrundelegung des regelmäßigen Bemessungsentgelts nicht erlauben oder nicht billig erscheinen lassen; das ist beim Alg nicht anders (§ 112 Abs 7 AFG).

Welches Arbeitsentgelt der Bemessung zu Grunde zu legen ist, richtet sich nach dem Bemessungszeitraum; seine Bestimmung durch § 112 Abs 3 AFG ist ein wesentlicher Bestandteil der Regelung des § 112 AFG. Daher kann mit "Arbeitsentgelt iS des § 112" in § 44 Abs 2a AFG grundsätzlich kein Arbeitsentgelt gemeint Sein, das in einem Zeitraum erzielt worden ist, der nicht nach § 112 Abs 3 AFG zu bestimmen ist. § 44 Abs 2a AFG spricht weder von einer entsprechenden Anwendung noch macht die Vorschrift wie in § 44 Abs 7 AFG den Vorbehalt, daß der Anwendung des § 112 AFG Besonderheiten des Uhg entgegenstehen. Die Verweisung in § 44 Abs 2a AFG auf § 112 AFG geht daher schon nach Wortlaut und systematischem Aufbau der Vorschrift der mit einem Vorbehalt versehenen entsprechenden Anwendung der Vorschriften über das Alg nach § 44 Abs 7 AFG vor (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 44 RdNr 21, August 1972 und RdNr 35, August 1976; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 44 Anm 12, Oktober 1980; Krebs, Komm zum AFG, § 44 RdNr 16, Oktober 1979).

Die Entwicklung, die das Recht des Uhg seit seiner Einführung durch das 7. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 10. März 1967 (BGBl I 266) genommen hat, bestätigt das aus dem Gesetzestext gewonnene Ergebnis. Nach dem 1967 neu geschaffenen § 133a Abs 2 AVAVG betrug das Uhg im Regelfall 120 vH des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung der §§ 89 und 90 AVAVG als Alg ergeben würde, jedoch nicht mehr als 112,5 vH des Höchstbetrages, der sich aus der Anlage zu § 90 Abs 10 AVAVG ergab. Die Höhe des Uhg war damit an die Höhe des (im Einzelfall zu errechnenden) Alg gebunden; das Bemessungsentgelt für das Uhg war mithin im Regelfall nach den Vorschriften zu bestimmen, die auch für das Alg galten (§ 90 AVAVG).

Das AFG löste zwar in seiner ursprünglichen Fassung die Regelung des Uhg teilweise von der des Alg (vgl Bericht der Abgeordneten Porten und Jaschke zu § 43 AFG - Entwurf, zu BT-Drucks V/4110 S 9 f); insbesondere schuf es mit der Anlage zu § 44 Abs 2 AFG für den Hauptbetrag des Uhg eine eigene Leistungstabelle. Hinsichtlich des Arbeitsentgelts, nach dem sich der Hauptbetrag letztlich richtete, blieben jedoch die für das Alg geltenden Vorschriften maßgebend. Nach § 44 Abs 2 Satz 3 AFG galt ua § 112 Abs 2 bis 8 AFG für das Uhg entsprechend. Schrifttum und Rechtsprechung sind auf Grund dieser Rechtslage übereinstimmend davon ausgegangen, daß das Bemessungsentgelt auch beim Uhg sich nach dem letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum vor der Bildungsmaßnahme bestimmt (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 44 RdNr 7, August 1972; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 44 Anm 7, Neubearbeitung 1969, 1. Ergänzungslieferung und 4. Ergänzungslieferung; Geffers/Schwarz, Komm zum AFG, § 44 RdNr 3.4, Oktober 1974; Krebs, Komm zum AFG, § 44 RdNrn 6 und 7, Ergänzungslieferung Mai 1970, März 1972 und März 1973; Hoppe ABA 1970, 40, 42, BB 1971, 1464, 1467 und AuB 1978, 90 f; BSG SozR 4100 § 112 Nr 5; BSG USK 77, 127; aA lediglich Schweiger ABA 1971, 276, 277). Diese Regelung blieb bis zum Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) unverändert.

Das Reha-AnglG änderte § 44 Abs 2 Satz 3 AFG, indem nunmehr ua § 112 Abs 2 bis 6 und Abs 8 AFG entsprechend galt; wie in einem Falle des § 112 Abs 7 AFG war das Uhg bei solchen Tatbeständen zu bemessen, die der neugefaßte § 44 Abs 3 AFG aufzählte. Die Regelung, daß beim Uhg Bemessungszeitraum die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten, die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Uhg-Anspruchs war, wurde beigehalten. Das ergibt zwingend das Scheitern des Vorschlags der Bundesregierung, im Zusammenhang mit den infolge des Reha-AnglG erforderlichen Änderungen § 44 Abs 2 Satz 3 AFG um einen Halbsatz zu erweitern, nach dem sich der Bemessungszeitraum nach den letzten Lohnabrechnungszeiträumen bestimmte, die zwei Monate vor Beginn der Maßnahme abgerechnet waren (vgl § 34 Nr 2b Reha- AnglG - Entwurf, BT-Drucks 7/1237 S 43). Die Bundesregierung hatte für diesen Änderungsvorschlag die gleichen praktischen Erwägungen angeführt, die nach Ansicht der Beklagten eine Nichtanwendung des § 112 Abs 3 AFG rechtfertigen; es sollte nämlich den Arbeitsämtern ermöglicht werden, Anträge auf Uhg rechtzeitig vor Beginn der Bildungsmaßnahme abschließend zu bearbeiten und dem Berechtigten die Höhe des Uhg verbindlich mitzuteilen (vgl BT-Drucks )/1237 S 77).

Der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung meinte jedoch, daß die Regelung insbesondere bei Empfängern von Alg zu Schwierigkeiten führen werden, und das Ziel einer schnelleren Antragsbewilligung sich auch im Verwaltungswege erreichen lasse, und hat den vorgeschlagenen Halbsatz gestrichen (vgl Bericht des Abgeordneten Ziegler zu § 34 Nr 2 Reha-AnglG - Entwurf, BT-Drucks 7/2256 S 15). Dem ist der Gesetzgeber gefolgt. Der Gesetzgeber hat damit entschieden, daß es bei der bisherigen Regelung bleiben soll. Das ist von Verwaltung und Rechtsprechung zu respektieren. Da der Gesetzgeber in Kenntnis der praktischen Schwierigkeiten nicht bereit war, beim Uhg von der Anwendung des § 112 Abs 3 AFG abzusehen, sind diese Schwierigkeiten, mit denen die Beklagte im wesentlichen auch beim Alg fertig werden muß, hinzunehmen.

An dieser Rechtslage haben die weiteren Änderungen des § 44 AFG nichts geändert. Ziel der Änderung, die § 44 AFG durch Art 27 Nr 1 EG- EStRG erfahren hat, war ua, nach dem Wegfall der Familienzuschläge die Höhe laufender Leistungen nach dem ausfallenden Nettoarbeitsentgelt auszurichten (vgl Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks 7/2722 S 32 links). Unter "ausfallendem Nettoarbeitsentgelt" wurde das Arbeitsentgelt nach § 112 AFG, vermindert um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verstanden (aaO S 32 rechts). Eine Änderung hinsichtlich des Bemessungsentgelts war nicht beabsichtigt. Entsprechend hat der Senat weiterhin § 112 Abs 3 AFG für das Uhg angewandt (BSG SozR 4100 § 112 Nr 3; Urteil vom 5. Dezember 1978 - 7 RAr 54/77 - DBl R der BA § 44 AFG Nr 2428a). Auch das HStruktG-AFG, das ua die Unterhaltsgeldgewährung auf Teilnehmer an Maßnahmen mit ganztägigem Unterricht beschränkte, den Unterhaltsgeldsatz im allgemeinen auf 58 vH herabsetzte und nur für Personen, an deren Teilnahme an einer Maßnahme beruflicher Fortbildung oder Umschulung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse bestand, einen Uhg- Satz von 80 vH vorsah, hat hinsichtlich des Bemessungsentgelts bzw des Bemessungszeitraums keine Änderungen beabsichtigt (Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 44 Anm 4.1, Februar 1981).

Ebensowenig bestätigt die Entstehungsgeschichte des § 44 Abs 7 AFG die überragende und grundsätzliche Bedeutung, die die Beklagte dem dort vorgesehenen Vorbehalt zugunsten der Besonderheit des Uhg-Rechts bei der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des 4. Abschnitts des AFG über das Alg beimißt. Es trifft zwar zu, daß der Gesetzgeber 1969 auf Betreiben des Bundestagsausschusses für Arbeit die Regelung des Uhg von der des Alg teilweise löste. § 44 Abs 7 AFG steht jedoch mit dieser Lösung in keinem Zusammenhang.

Die Vorschrift entspricht wortwörtlich § 43 Abs 8 des Regierungsentwurfes. Der Regierungsentwurf hatte aber die Lösung des Uhg vom Alg noch nicht vorgesehen. Die Begründung des Regierungsentwurfes, nach dessen Vorstellungen das Uhg wie bisher nach § 133a Abs 2 AVAVG grundsätzlich die gleiche Bemessungsgrundlage wie das Alg haben sollte, zählt daher die Bemessungsvorschriften nicht zu den Vorschriften, deren entsprechende Anwendung nach § 43 Abs 8 des Entwurfes in Betracht kommen sollte (vgl BT-Drucks V/2291 S 68).

Ist somit maßgebend das Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum des § 112 Abs 3 AFG erzielt worden ist, ist der Bemessung des Uhg des Klägers das im März 1979 erzielte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, wie das SG entschieden hat. Der Kläger ist nach den Feststellungen des LSG, die für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), am 20. April 1979 aus dem letzten Beschäftigungsverhältnis vor der Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Uhg am 23. April 1979 ausgeschieden; zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsentgelt des Klägers für März 1979 mit 22 Arbeitstagen abgerechnet.

Das LSG hat daher zu Recht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656568

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