Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 05.06.1957) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Juni 1957 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I
Der Ehemann der Klägerin verunglückte am 25. Januar 1955 auf einer für den Bayerischen Rundfunk (BRf.) unternommenen Kontrollfahrt mit seinem Moped in der Gegend von Wasserburg/Inn tödlich. Pur den BRf. war er seit dem 1. April 1954 als „freier Mitarbeiter” im Außendienst der Abteilung Hörerwerbung tätig. Seiner Beschäftigung lag ein Vertrag zugrunde, den er im März 1954 mit den BRf., einer Anstalt des öffentlichen Rechts, geschlossen hatte und der inhaltlich mit einem für die Hörerwerbung vorgesehenen Mustervertrag übereinstimmte. Hiernach bestanden im wesentlichen folgende Vereinbarungen:
„1. Der Bayerische Rundfunk beauftragt … mit den im Rahmen der Hörerwerbung anfallenden Aufgaben sowie mit der Überprüfung der Rundfunkteilnehmer auf Einhaltung der Betriebsbedingungen für Rf.-Empfangsgeräte gemäß § 13 des Bayer. Rundfunkgesetzes im Bereich …
2. Risiko und Durchführung dieser Tätigkeit gehen zu Lasten des Beauftragten, der in einem freien Mitarbeiterverhältnis steht. Der Aufgabenbereich, für welchen der Vertrag Gültigkeit hat, ist in den „Richtlinien für die Beauftragten des Bayerischen Rundfunks” festgelegt. Die tägliche Arbeitszeit ist dem Ermessen des Beauftragten anheimgestellt.
3. Die Vergütung des Beauftragten erfolgt auf Provisionsbasis. Die Provision beträgt für jeden Antrag auf Erteilung einer Rf.-Genehmigung DM 4.– (vier). Außerdem erhält der Beauftragte 20 % des Betrages, der sich aus einer Gebührennachzahlung des neu zugeführten Hörers ergibt …
Die im Rahmen dieser Arbeit erwachsenden Spesen werden vom Beauftragten getragen. Die Provisionsforderungen sind nicht abtretbar.
4. Ein Provisionsanspruch besteht nur, wenn der neu zugeführte Hörer: a) von der Post bestätigt und als gebührenzahlend gemeldet ist, b) vom Beauftragten persönlich festgestellt und aufgenommen wurde.
5. Die Honorarauszahlung erfolgt zunächst mit 80 % des Betrages, der sich aus den eingesandten Neuanträgen ergibt. Die restlichen 20 % werden zurückbehalten, bis ein Guthaben von DM 100.– erreicht ist. Dieser Betrag gilt als Risikosumme und: wird bei einer eventuellen Lösung des Vertragsverhältnisses ausbezahlt, sobald die unter Ziff. 4 des Mitarbeitervertrages angeführten Voraussetzungen erfüllt sind und keine Forderungen des Bayer. Rundfunks gegen den Beauftragten mehr bestehen.
Nach Erreichen der Risikosumme von DM 100,– wird an jedem Verrechnungstermin der gesamte aus den jeweils eingesandten Anträgen und dem Nachgebühreninkasso sich ergebende Honoraranspruch ausbezahlt.
Bereits honorierte Neuanträge, die entgegen den erlassenen Richtlinien getätigt wurden, werden nachträglich in Abzug gebracht.
6. Diese Vereinbarung löst keine Sozialversicherungspflicht aus. Die von dem Beauftragten erzielten Einnahmen müssen von ihm selbst versteuert werden.
7. Mit der Zahlung der Provision und des Nachgebührenanteils ist jede aus diesem Vertrag resultierende Verpflichtung des Bayer. Rundfunks abgegolten.
8. Dieser Vertrag gilt zunächst auf die Dauer von einem Monat. Sofern von keiner Seite bis einschließlich 14 Tage vor Ablauf der festgesetzten Gültigkeitsdauer eine Lösung des Vertragsverhältnisses erfolgt, gilt der Vertrag jeweils einen Monat verlängert.
9. Jeder der beiden Vertragspartner ist berechtigt, den: Vertrag unter Einhaltung der in Ziff. 8 festgesetzten Abwicklungsfrist, ohne Angabe von Gründen zu lösen. In Fällen, grober Fahrlässigkeit und Verstößen gegen die vom Bayerischen Rundfunk getroffenen Richtlinien behält sich der Bayer. Rundfunk vor, den Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
10. Die vom Bayer. Rundfunk zur Durchführung der Tätigkeit zur Verfügung gestellten Ausweise, Listen, Rundschreiben und sonstige Unterlagen bleiben Eigentum des Bayer. Rundfunks. Sie müssen vertraulich behandelt werden und sind bei Lösung des Vertrages vollzählig an den Bayers Rundfunk zurückzugeben.
11. Der Beauftragte darf sich zu seiner Legitimierung nur bei der Ausübung der in den „Richtlinien für die Beauftragten des Bayer. Rundfunks” festgelegten Arbeit auf den Bayer. Rundfunk berufen. In diesem Zusammenhang wird besonders auf Ziff. VII Abs. a) dieser Richtlinien verwiesen. Andere Beschäftigungen dürfen nicht gleichzeitig mit der Beauftragtentätigkeit ausgeübt werden”.
Die in diesem Vertrag erwähnten Richtlinien regeln die Tätigkeit der Beauftragten des BRf. Hiernach bestehen die Aufgaben der Beauftragten
- in einer Überprüfung auf Einhaltung der Betriebsbedingungen für die Rundfunkempfangsgeräte gemäß § 13 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk” vom 17. März 1950 (Bayer. GVOBl. S. 57),
- in einer Beratung der Hörer in allen Fragen, die mit Rundfunkempfang in Verbindung stehen,
- in der Werbung neuer Rundfunkteilnehmer und
- in der Feststellung der Hörermeinung.
Unter Anleitung über die mit der Inbetriebnahme eines Rundfunkempfangsgerätes verbundenen Rechte und Pflichten der Hörer werden die Beauftragten in der Form von Empfehlungen, Hinweisen, Ge- und Verboten in der Hauptsache mit ihren Vertragspflichten bekannt gemacht. Danach haben sie u. a. die Einhaltung der Betriebsbedingungen durch systematische Kontrollen sämtlicher Haushaltungen oder an Hand der Überprüfung abgemeldeter Rundfunkteilnehmer nach den überandten Abmeldeblättern durchzuführen und bei einer auffallend hohen Zahl nicht gemeldeter Hörer die entsprechenden Wohngebiete systematisch zu überprüfen. Nach einer Anleitung über die Abfassung und Behandlung der Anträge auf Erteilung der Rundfunkgenehmigung folgen Anweisungen über die Bearbeitung der den Beauftragten zugewiesenen Hörerbezirke, und zwar über den listenmäßigen Nachweis der Überprüfungsdauer, über die Zahl der aufgenommenen Anträge und über eine festgelegte Reihenfolge für die Bearbeitung der einzelnen Postamtsbereiche, wobei Änderungen und Abweichungen nur aus zwingenden Gründen im Einverständnis mit der Abteilung Hörerwerbung vorgenommen werden. Diese Beauftragten haben bei der Erhebung von Nachgebühren für unberechtigtes Rundfunkhören nur eine beschränkte Inkassogenehmigung und sind der Quittungskontrolle durch die Post unterworfen. Im Zusammenhang mit einer eingehenden Unterweisung für das Aufspüren von Schwarzhörern ist bestimmt, daß die normale Provision fällig wird, wenn eine Schwarzhörermeldung zu einem geordneten Zahlungsverhältnis führt. Nur mit den unteren Dienststellen von Behörden dürfen die Beauftragten zusammenarbeiten. Bei zeitweiliger Unterbrechung ihrer Tätigkeit soll unter Angabe der voraussichtlichen Dauer Anzeige erstattet worden. Zur Beratung der Hörer über technische und rechtliche Fragen stehen den Beauftragten umfassende Merkblätter und Broschüren zur Verfügung, auf deren Verteilung an die Hörer sie sich im allgemeinen beschränken können. Als wesentliches Ziel der Werbetätigkeit wird bezeichnet, die mit dem Rundfunkempfang wegen technischer Unzulänglichkeiten unzufriedenen Hörer durch Aufklärung über die Möglichkeiten der Empfangsverbesserung vom Verzicht auf die Teilnahme am Rundfunkempfang abzuhalten und durch diese Tätigkeit auch neue Hörer zu gewinnen. Eine besondere Aufgabe ist die vorgeschriebene Hörerbefragung als das für die Abteilung Hörerwerbung wichtigste Mittel, über Ansichten und Wünsche der Hörer informiert zu werden. Unbedingte Einhaltung der gestellten Termine und Nachweis der Anwesenheit in den zugewiesenen Kontrollgebieten durch Behördenstempel werden verlangt. In dem Rundschreiben vom 5. April 1954, an die Beauftragten bat der BRf., die Erfassung der Kfz.-Empfänger zu intensivieren, und wies darauf hin, daß Verstöße gegen die notwendige Einhaltung der Richtlinien zu einer erheblichen Verschärfung der internen Beaufsichtigung und zu einer damit verbundenen Erschwerung der Arbeitsbedingungen führen müßten. Nach einer Auskunft des BRf. an die Beklagte vom 18. Februar 1955 arbeitete der Ehemann der Klägerin als „freier Mitarbeiter” täglich acht bis zehn Stunden und erhielt bis zum 21. Januar 1955 insgesamt DM 3.891,40 an Provision.
Die Beklagte hat den Anspruch auf Hinterbliebenenentschädigung durch Bescheid vom 19. Januar 1956 abgelehnt: Der Ehemann der Klägerin habe als freier Mitarbeiter des BRf. bei der zu seinem Tode führenden Kontrollfahrt nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Er sei für den BRf. als Unternehmer im Sinne des § 633 der Reichsversicherungsordnung (RVO) tätig gewesen und habe von der freiwilligen Versicherung bei der Beklagten keinen Gebrauch gemacht. Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG.) München den ehemaligen Leiter der Abteilung Hörerwerbung des BRf. Karl F. die Arbeitsweise der Hörerwerber als Zeugen vernommen. Das SG. hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenentschädigung zu gewähren, und zur Begründung ausgeführt, der Ehemann der Klägerin habe seine Tätigkeit als Beauftragter des BRf. in abhängiger Stellung ausgeübt.
Die Berufung hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG.) durch Urteil vom 5. Juni 1957 zurückgewiesen und seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Ehemann der Klägerin habe eine gemischte Tätigkeit wahrgenommen, wobei zwischen der reinen Hörerwerbung, einschließlich Betreuung und Befragung von gemeldeten Rundfunkhörern, und der besonderen Kontrolltätigkeit zu unterscheiden sei. Hinsichtlich der ersteren habe ein Privatvertragsverhältnis bestanden, auf Grund dessen der Beauftragte eine unternehmerähnliche Stellung erhalten habe. Hinsichtlich der Kontrolltätigkeit hingegen seien die Merkmale eines die Abhängigkeit begründenden Beschäftigungsverhältnisses gegeben gewesen. Pur die in den Richtlinien neben der Hörerwerbung und der allgemeinen Überprüfungstätigkeit bezeichneten Aufgaben sei der Beauftragte nämlich auf Grund besonderer Anweisungen eingesetzt und deshalb mit Funktionen betraut worden, für deren Durchführung sonst andere Personen auf Grund eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses hätten herangezogen werden müssen. Bei der Kontrolltätigkeit sei der Ehemann der Klägerin hinsichtlich der Aufgabenbereiche, der Art des Vollzugs und der zeitlichen Erledigung jedenfalls in einem Ausmaß gebunden gewesen, daß die vertraglich zugesicherte freie Betätigung praktisch ausgeschlossen und die persönliche Unabhängigkeit durch die zwingenden Anweisungen, die Androhung von Entlassung bei unzureichender Arbeitsleistung sowie die Beaufsichtigung durch Hauptbeaftragte aufgehoben gewesen sei. Die unterschiedliche rechtliche Beurteilung der einzelnen Tätigkeiten des Verunglückten beruhe auf einer begrifflichen Trennung und Würdigung seiner Tätigkeiten; in tatsächlicher Hinsicht sei die Unterscheidung der unversicherten Hörerwerbung und des versicherten Kontrolldienstes nicht möglich. Im Hinblick auf den Umstand, daß der Ehemann der Klägerin üblicherweise auf seinen Fahrten beide Tätigkeiten ausgeübt habe, sei nicht anzunehmen, daß dies am Unfalltage anders gewesen sei.
Das LSG. hat die Revision zugelassen.
Gegen das ihr am 29. Juli 1957 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. August 1957 Revision eingelegt und sie am 7. September 1957 wie folgt begründet: Das LSG. habe zu Unrecht die neben der eigentlichen Hörerwerbung in Kontrollfunktionen, im Entstörungsdienst, in der Fahndung nach Schwarzhörern und ähnlichen Verrichtungen bestehenden Tätigkeiten der Beauftragten des BRf. als versicherungspflichtig angesehen. Es sei überhaupt rechtsirrtümlich, das in dem Mustervertrag einheitlich geregelte Auftragsverhältnis in zwei Teile zu zerlegen. Jedenfalls habe aber die Hörerwerbung den wesentlichen Teil des Aufgabenbereichs ausgemacht und damit den versicherungsrechtlichen Charakter der Gesamttätigkeit der Beauftragten bestimmt. Deshalb komme auch den Richtlinien, die Bestandteil des Mitarbeitervertrages seien, keine besondere rechtliche Bedeutung zu. Durch sie werde überdies die freie Entschlußfähigkeit der Mitarbeiter nicht eingeschränkt.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung bzw.- Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie widerspricht den Ausführungen der Beklagten und weist insbesondere auf die mangelnde Übereinstimmung der vertraglichen Regelung und der tatsächlichen Gestaltung des Mitarbeiterverhältnisses zwischen dem BRf, und den Hörerwerbern hin.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –) ist der Ehemann der Klägerin tödlich verunglückt, als er mit seinem Kraftrad als vertraglich verpflichteter Beauftragter des BRf. wie üblich auf einer Kontrollfahrt unterwegs war. Das LSG. hat mit Recht bejaht, daß er auf dieser Fahrt dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstand; seine Annahme, daß der. Ehemann der Klägerin für den BRf. in persönlich und wirtschaftlich abhängiger Stellung und daher auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 537 Nr. 1 RVO tätig gewesen sei, trifft zu.
Die Beurteilung der Frage, ob jemand als versicherter Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift oder als unversicherter Unternehmer im Sinne des § 653 RVO anzusehen ist, richtet sich entsprechend einem in der Sozialversicherung allgemein anerkannten Grundsatz nicht nach den von den Vertragspartnern gewählten Bezeichnungen oder der zivilrechtlichen Erscheinungsform der Vereinbarungen, sondern nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse sowie der Art der Tätigkeit (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 1. Juni 1958, Band II S. 302 b, 306 h, 307). Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, daß den Vereinbarungen der Beteiligten unterständen die Bedeutung wertvoller Hinweise zukommen kann, wenn die Ausgestaltung der tatsächlichen Verhältnisse sowohl Merkmale selbständiger als auch unselbständiger Beschäftigung aufweist. Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten ist der vorliegende Streitfall zu beurteilen.
Der Mustervertrag, der für die vom BRf. beauftragten Hörerwerber vorgesehen und auf das Mitarbeiterverhältnis des Ehemannes der Klägerin angewendet worden ist, enthält Bezeichnungen und Abreden, aus denen sich Zweifel an der das Beschäftigungsverhältnis eines Arbeitnehmers in erster Linie kennzeichnenden persönlichen Abhängigkeit des Beauftragten ergeben können: Der Beauftragte war als freier Mitarbeiter bezeichnet. Das Risiko des Arbeitserfolges fiel ihm zu; die mit der Arbeit verbundenen Spesen hatte er zu tragen. Die Vergütung wurde auf Provisionsbasis berechnet. Die tägliche Arbeitszeit stand in seinem Ermessen. Die Übernahme anderer Beschäftigungen war ihm mit der Einschränkung nicht gleichzeitiger Ausübung mit der Beauftragtentätigkeit gestattet. Er konnte ohne Urlaubsregelung unter Verständigung des Auftraggebers seine Tätigkeit nach Belieben unterbrechen. Die Versteuerung der Einnahmen war seine Sache. Schließlich sollte die Vereinbarung keine Sozialversicherungspflicht auslösen. Diese Bezeichnungen und Abreden machen die Absicht offenkundig, den Mustervertrag nach dem Leitbild des Handelsvertreters im Sinne des § 84 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu gestalten und damit dem Mlitarbeiter des BRf. die Rechtsstellung eines selbständigen Kaufmanns zu geben. Daß er nicht als Handelsvertreter angesehen werden konnte, folgt jedoch schon daraus, daß: der BRf. keinen Gewerbebetrieb unterhält: denn nach § 13 des erwähnten Rundfunkgesetzes vom 17. März 1950 hat die Rundfunkanstalt lediglich das Recht und die Pflicht, für Rundfunkempfangsgeräte, die im Staate Bayern in Betrieb genommen werden sollen, jedermann gegen Entrichtung einer Gebühr von DM 2.– im Monat die Befugnis zum Betrieb einer Fernmeldeanlage zu verleihen. Sie Eigenart der Aufgaben, die sich aus diesem Gesetz insbesondere hinsichtlich der Überwachung auf Einhaltung der Verleihungsbedingungen (§ 13 Abs. 2 a.a.O.) ergeben und die Gegenstand des Mitarbeitervertrages waren, gestattet im Gegensatz zur Auffassung des LSG. nicht, den Handelsvertreter auch nur als einen dem Beauftragten des BRf. vergleichbaren Beschäftigten heranzuziehen. Wie sich aus den auf die Richtlinien für die Beauftragten und die Zeugenaussage des ehemaligen Leiters der Abteilung Hörerwerbung gestützten Feststellungen des angefochtenen Urteils ergibt, hielt der BRf. eine Werbung für die Rundfunkeinrichtung kaum noch für erforderlich; er legte in erster Linie Wert auf die Beratung unzufriedener Hörer, an der Information über Anregungen aus der Hörerschaft und vor allem an der Ermittlung und Erfassung derjenigen Hörer, die ein Rundfunkempfangsgerät ohne die hierfür erforderliche Genehmigung und Gebührenzahlung in Betrieb genommen und behalten hatten. In seinem Bestreben, diese Ziele zu erreichen, hatte der Beauftragte dem BRf. zu helfen. Schon hieraus folgt, daß die Hörerwerbung im Verhältnis zu der Ermittlungstätigkeit in den Hintergrund trat; sie verlor für den Beauftragten um so mehr an Bedeutung, als ihm außerdem umfassende Überwachungsaufgaben übertragen waren (z. B. Entstörungsdienst, Überprüfung abgemeldeter sowie gebührenbefreiter Hörer und Kontrolle der Kfz.-Empfänger). Diese bildeten jedenfalls den Schwerpunkt seines gesamten Aufgabenbereichs. Damit hatte es eine ganz natürliche Bewandtnis; denn die Vermittlung von Anträgen auf Erteilung von Rundfunkgenehmigungen war in der Regel erst das Ergebnis vorangegangener Kontrolltätigkeit. Daß die Vergütung nicht nach dieser Tätigkeit, sondern nach der Zahl der eingebrachten Anträge auf Erteilung einer Rundfunkgenehmigung und nach der Höhe nachentrichteter Rundfunkgebühren bemessen wurde, zeigt nur, daß der Beauftragte ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse als selbständiger Mitarbeiter gelten sollte; für die rechtliche Beurteilung des gesamten Verhältnisses ist der Vergütungsregelung keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Nach der in den Richtlinien umschriebenen Arbeitsweise des Beauftragten waren seine Aufgaben durch einen inneren Sachzusammenhang gekennzeichnet (Erfassungs- und Ermittlungstätigkeit); dementsprechend lösten diese verschiedenen Aufgaben auch ineinander übergreifende Tätigkeiten aus. Diese dürfen daher nicht, wie das LSG. meint, in die Hörerwerbung und die Überwachungstätigkeit aufgespalten werden. Es handelte sich bei den Verrichtungen des Beauftragten vielmehr um eine einheitliche Tätigkeit, die allerdings verschiedene Tätigkeitsbereiche umfaßte. Dies hat das LSG., trotz seiner abweichenden Schlußfolgerung nicht verkannt; denn in dem angefochtenen Urteil ist ausdrücklich festgestellt, daß es sich bei den verschiedenartigen Aufgaben um eine gemischte Tätigkeit handelte. Eine solche auch nach der Auffassung des erkennenden Senats hier vorliegende gemischte Tätigkeit ist rechtlich nach der überwiegenden Tätigkeit zu beurteilen, und zwar ist dabei diejenige Tätigkeit ausschlaggebend, die nach Umfang oder Bedeutung der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt (vgl. RVA. in AN, 1943 S. II 106 = EuM. 50 S. 53; BSG. Urteil vom 25.2.1958, SozR. RVO § 165 Aa 3 Nr. 6; Brackmann B.a.O., S. 302 b). Im vorliegenden Falle handelte es sich überwiegend um eine in persönlicher Abhängigkeit verrichtete Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin. Das Bild seiner Gesamttätigkeit wurde, wie vorstehend bereits dargelegt ist, von der Kontrolltätigkeit bestimmt. Er mußte sich bei seiner Arbeit allgemein, besonders aber bei seiner Kontrolltätigkeit, an die Richtlinien, die dazu erlassenen Merkblätter und die in Rundschreiben gegebenen Hinweise halten. Durch sie war seine Verhaltensweise, die sich den Interessen des Auftraggebers unterzuordnen hatte, bis ins einzelne genau vorgeschrieben. So gewannen die Richtlinien den Charakter von Dienstvorschriften, die bei der Strenge einiger darin enthaltener Anweisungen selbständigen Unternehmern kaum hätten zugemutet werden können. Das gilt Insbesondere für die Pflicht, die dienstliche Anwesenheit an den einzelnen Orten des listenmäßig festgelegten Kontrollbezirks durch amtliche Bestätigung (Poststempelvermerk) nachzuweisen und für termingerechte Erledigung der Kontrollaufgaben zu sorgen. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß der Ehemann der Klägerin für den Rundfunk nicht im eigenen Namen auftreten durfte, sondern sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Beauftragter des BRf. auszuweisen hatte. Die Überwachungstätigkeit brachte bei der aus den Richtlinien ersichtlichen Weisungsgebundenheit ohne weiteres eine so enge Eingliederung des Ehemannes der Klägerin in das Unternehmen der Rundfunkanstalt mit sich, daß von einer selbständigen Unternehmertätigkeit nicht die Rede sein kann. Dies wird besonders deutlich durch die Tatsache seiner ständigen Beaufsichtigung durch einen übergebietlich eingesetzten Hauptkontrolleur. Die Befolgung der Richtlinien ließ, wie die täglich acht- bis zehnstündige Beanspruchung des Ehemannes der Klägerin durch die Tätigkeit für den Rundfunk beweist, zu freier Geschäftsgebarung praktisch keinen Raum. Auch dieser Umstand zeigt, daß die tatsächliche Gestaltung der Arbeitsverhältnisse im wesentlichen nicht mit den im Vertrag gewählten Bezeichnungen und den dort getroffenen Abreden übereinstimmte, vielmehr im Gegensatz zu dessen Zweck für die Einordnung des Ehemannes der Klägerin in den Rundfunkbetrieb spricht. Hierzu ist in dem angefochtenen Urteil somit zutreffend ausgeführt, daß der sogenannte freie Mitarbeiter auf Grund besonderer Anweisungen für Funktionen eingesetzt wurde, die ihn in ein persönliches Dienst- und Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber brachten und für deren Durchführung die Rundfunkverwaltung sonst andere Personen auf Grund eines Dienstverhältnisses gegen Entlohnung hätte beschäftigen müssen. Bei diesem Sachverhalt kann den auf die Selbständigkeit des Ehemannes der Klägerin hinweisenden Vertrags- und Tätigkeitsmerkmalen jedenfalls keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden.
Der Ehemann der Klägerin war daher versicherter Arbeitnehmer im Sinne des § 537 Nr. 1 RVO. Dieses Ergebnis wird auch seiner wirtschaftlichen und sozialen Stellung gerecht.
Zu einer abweichenden Beurteilung der Versicherungspflicht gibt die bereits angeführte Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25. Februar 1958, auf welche die Revision hingewiesen hat, keine Veranlassung. Auch in dieser Entscheidung ist ausgeführt, daß für die Beurteilung der Versicherungspflicht ungeachtet der einzelnen Merkmale immer das Gesamtbild und das Gepräge der in Betracht kommenden Tätigkeit entscheidend seien, so daß z. B. die steuerrechtliche Behandlung nur einen Anhaltspunkt für die Beurteilung darstellen könne. In der Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH.) vom 10. September 1957 (BStBl. 1957 Teil III S. 389) ist hingegen ausgeführt, daß die Beauftragten des BRf. als Rundfunkermittler selbständige Unternehmer seien, weil sich trotz der Richtlinien ergeben habe, daß sie nicht in den Betrieb der Rundfunkanstalt wie Angestellte eingegliedert gewesen seien. Diese Beurteilung beruht jedoch auf rechtlichen Gesichtspunkten, die auf das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ohne weiteres übertragen werden können. Deshalb hatte der Senat keine Veranlassung, sich mit dieser Entscheidung auseinanderzusetzen. Im übrigen hat auch der BFH. die „Ermittlertätigkeit” der Beauftragten als überwiegend angesehen und deshalb verneint, daß ihre Gesamttätigkeit der eines Handelsvertreters im Sinne des § 84 HGB entspreche.
Da die Entscheidung über: die Entschädigungsansprüche der Klägerin nur von der zu bejahenden Frage abhängig war, ob der Ehemann der Klägerin den tödlichen Unfall als versicherter Arbeitnehmer erlitt haben die Vorinstanzen die Beklagte mit Recht zur Gewährung der Hinterbliebenenentschädigung verurteilt. Die Revision der Beklagten war somit als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG)
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen