Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe - Bedürftigkeitsprüfung - Vermögensverwertung - Verwertbarkeit - Zumutbarkeit - Berücksichtigung von Steuerschulden - Fälligkeit
Leitsatz (redaktionell)
Zukünftige Steuerschulden, die vom Arbeitslosen noch nicht konkretisiert werden können, stehen der Zumutbarkeit der Vermögensverwertung nicht entgegen.
Normenkette
AFG § 137 Abs. 2; AlhiV § 6 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der im Jahre 1951 geborene Kläger war bis einschließlich Juni 1995 als Geschäftsführer eines Arzneimittelunternehmens beschäftigt. Im Anschluss an das bis zum 27. Dezember 1996 gewährte Arbeitslosengeld beantragte der Kläger die Gewährung von Alhi.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 14. Januar 1997 ab. Sie ging von einem zu berücksichtigenden Vermögen von 92.841,16 DM aus und errechnete durch Teilung dieses Betrages durch ein wöchentliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.870,00 DM, dass der Kläger für einen Zeitraum von 49 Wochen nicht bedürftig sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 1997 zurück. Im Widerspruchsbescheid ging sie von einem zu berücksichtigenden Vermögen in Höhe von 108.183,31 DM aus und errechnete nunmehr einen Zeitraum von 57 Wochen, für den Bedürftigkeit nicht bestehe.
Während des Klageverfahrens ist für den Kläger und seine Ehefrau die Einkommensteuer mit teilweise vorläufigem Bescheid vom 18. Juli 1997 für 1993 auf 3.155,74 DM und mit Bescheid vom 12. August 1997 für 1992 auf 5.874,83 DM festgesetzt worden. Mit weiterem Bescheid vom 7. Mai 1998 wurde die Einkommensteuer für 1993 dann mit insgesamt über 100.000 DM festgesetzt und wurden 98.463,70 DM als noch zu zahlende Einkommen- und Kirchensteuer einschließlich Zinsen gefordert. Die Beklagte hat außerdem erklärt, sie erkenne an, dass der Saldo eines Kontos in Höhe von 23.099,71 DM nicht wie bisher als Vermögen, sondern als Einkommen zu berücksichtigen sei, da diese Position aus einer bereits 1995 angezeigten selbstständigen Nebentätigkeit resultiere. Die Beklagte hat auf Grund einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts (SG) ab 4. November und ohne Vorbehalt ab 1. Dezember 1997 Alhi gezahlt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18. Dezember 1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Bedürftigkeit des Klägers zu Recht verneint, soweit sie nicht durch das Teilanerkenntnis außer Streit gestellt worden sei.
Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten wegen der in den Einkommensteuerbescheiden vom 18. Juli 1997 und 12. August 1997 festgesetzten Einkommensteuer einen Teilvergleich geschlossen, wonach die Beklagte sich verpflichtet hat, den Anspruch des Klägers auf Alhi ab der 42. Woche zu überprüfen. Mit Urteil vom 10. Dezember 2001 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Alhi für die Zeit ab 28. Dezember 1996 und für die Dauer von insgesamt 41 Wochen nicht zu. Er habe zum maßgeblichen Zeitpunkt über zu berücksichtigendes Vermögen in Form von Bargeld in Höhe von 85.083,60 DM verfügt. Dieses sei vorbehaltlich der durch Einkommensteuerbescheide vom Juli und August 1997 von der Beklagten auf Grund des Teilvergleichs noch abzusetzenden Summe von 9.030,57 DM verwertbar und die Verwertung zumutbar gewesen. Entscheidend für die Verwertbarkeit des Vermögens sei die Fälligkeit der Schulden gewesen. Zwar seien die vom Kläger an die Finanzbehörden zu entrichtenden Einkommensteuern 1992 und 1993 entstanden. Sie seien nicht vor Bekanntgabe der Steuerfestsetzung im zweiten Halbjahr 1997 bzw 1998 fällig geworden. Dem Kläger sei die Verwertung seines im Dezember 1996 vorhandenen Vermögens auch zumutbar gewesen. Eine andere Beurteilung sei allenfalls gerechtfertigt, wenn die Finanzverwaltung durch alsbaldige Vollstreckung der nachgeforderten Steuern den Unterhalt des Klägers und seiner Familie gefährdet hätte. Bei einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.870,00 DM sei die Bedürftigkeit für einen Zeitraum von mindestens 41 Wochen ausgeschlossen.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Beklagte hat sich im Revisionsverfahren verpflichtet, dem Kläger Alhi ab Beginn der 41. Woche, ausgehend vom 28. Dezember 1996, zu zahlen.
Der Kläger rügt eine Verletzung des § 137 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sowie der §§ 6 und 9 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV). Er trägt vor, dass es nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. November 2000 – B 11 AL 35/00 R – für die Unverwertbarkeit von Vermögensbestandteilen genüge, wenn bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise die sich gegenüberstehenden Verbindlichkeiten mit den Vermögensbestandteilen eine Einheit bildeten. Im Zeitpunkt der Beantragung von Alhi am 19. Dezember 1996 sei dem Kläger bekannt gewesen, dass für das Veranlagungsjahr 1993 noch Beteiligungseinkünfte zufließen würden. Lediglich die Höhe der Einkünfte habe noch nicht konkret bestimmt werden können. Der mit der steuerlichen Abwicklung betraute Steuerberater habe dem Kläger mit Schreiben vom 3. Juli 1997 mitgeteilt, dass auf Grund des Vorberichts der Betriebsprüfung mit einer Steuernachforderung in Höhe von 121.585,00 DM zu rechnen sei. Die Betriebsprüfung habe stattgefunden, bevor er Alhi beantragt habe. Durch geänderten Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes H.… vom 6. Mai 1998 sei der Kläger dann in Höhe von über 100.000 DM herangezogen worden. Eine wirtschaftliche Einheit der Verbindlichkeit und der Vermögensbestandteile liege vor. Die Ursache der Verpflichtung stamme aus dem Jahr 1993. Auf die Entstehung der Verpflichtung habe der Kläger keinen Einfluss mehr gehabt. Für die Bedürftigkeit des Klägers könne nicht entscheidend sein, in welchem Zeitpunkt der Bescheid letztlich zugehe. Das LSG übersehe ferner die vom BSG entwickelten Grundsätze zur Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen. Er wäre bei der Doppelberücksichtigung von Einkommensteuern schlechter gestellt, als wenn die Einkommensteuer bereits im Jahr 1993 festgesetzt worden wäre. Werde der Kläger zunächst auf den Verbrauch der Vermögenswerte verwiesen, ohne die Einkommensteuer abzusetzen, wären nicht nur seine Lebensgrundlagen beeinträchtigt, sondern dies hätte auch den wirtschaftlichen Ausverkauf zur Folge. Das LSG habe diese Punkte bei der Würdigung gänzlich außer Acht gelassen, sodass eine Verletzung der §§ 130, 136 Abs 1 Nr 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerügt werde.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2001 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 1997 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 28. Dezember 1996 für die Dauer von 40 Wochen zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Soweit der Kläger noch einen Anspruch auf Alhi für 40 volle Wochen seit dem 28. Dezember 1996 geltend macht, hat die Beklagte diesen zu Recht abgelehnt.
Nach § 134 Abs 1 Nr 3 AFG hat Anspruch auf Alhi nur, wer bedürftig ist. Nicht bedürftig ist nach § 137 Abs 2 AFG ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse offenbar nicht gerechtfertigt ist, konkretisierten für den streitigen Zeitraum die §§ 6 bis 9 AlhiV vom 7. August 1974 (BGBl I 1929, idF des Arbeitslosenhilfe-Reformgesetzes vom 24. Juni 1996, BGBl I, 878).
Das LSG hat den Bestand des beim Kläger und seiner Ehefrau am 28. Dezember 1996 zu berücksichtigenden Vermögens mit 85.083,60 DM festgestellt. Für die Vermögensberechnung maßgebender Stichtag ist der erste Tag, für welchen Alhi beantragt ist und an dem die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind. Die stichtagsbezogene Vermögensprüfung entspricht der Systematik der §§ 6 bis 9 AlhiV und wird in § 8 Satz 2 AlhiV ausdrücklich angeordnet (BSGE 87, 143, 145 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8). Nach den Feststellungen des LSG verfügte der Kläger am Stichtag über Bargeld (Bankguthaben) von 134.183,31 DM. Von diesem Betrag hat das LSG entsprechend der von der Beklagten vor dem SG abgegebenen Erklärung 23.099,71 DM nicht als Vermögen iS von § 6 AlhiV angesehen, sondern dem Einkommen zugerechnet. Ob diese Beurteilung zutreffend ist, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Beklagte die Nichtanrechnung bindend erklären konnte, denn der Kläger ist durch die Zurechnung zum Einkommen nicht beschwert. Bei der Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens hat das LSG zutreffend berücksichtigt, dass für den Kläger und seine Ehefrau nach § 6 Abs 1 AlhiV ein Betrag von jeweils 8.000,00 DM abzusetzen war. Ferner hat das LSG im Hinblick auf die dem Kläger anlässlich seines Ausscheidens aus dem letzten Arbeitsverhältnis gezahlte Abfindung die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Verwertung nach § 7 Abs 1 AlhiV angenommen und vom Ausgangsbetrag zusätzlich einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM abgesetzt. Ausgehend von der in § 9 AlhiV vorgeschriebenen Berechnung, wonach Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen besteht, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens (85.083,60 DM) durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet (1.870,00 DM), errechnet sich eine Zahl von 45 vollen Wochen, für die der Kläger keine Alhi beanspruchen konnte. Während dieses Zeitraums wurden Steuernachforderungen in Höhe von insgesamt 9.030,57 DM fällig, die zu einer weiteren Verminderung auf 40 volle Wochen führen, für die nach Maßgabe des § 9 AlhiV keine Bedürftigkeit besteht (vgl zur Prüfung der Vermögensverhältnisse unter Berücksichtigung eines geänderten Bezugszeitpunktes Ebsen in Gagel, SGB III, § 193 RdNr 77 bis 82). Bei der Berechnung bleibt der einen Wochenbetrag nicht erreichende Rest unberücksichtigt.
Dem Vorbringen der Revision, bei der Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens sei zusätzlich auch die Steuernachforderung in Ansatz zu bringen, die das Finanzamt gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau durch den Einkommensteuerbescheid vom 13. August 1998 für 1993 in Höhe von über 100.000 DM geltend gemacht hat, kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechsprechung des BSG ist als Vermögen iS der Alhi-Vorschriften der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten anzusehen (BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr 1; BSGE 46, 271, 273 = SozR 4100 § 138 Nr 3; BSG SozR 4100 § 138 Nr 25; SozR 3-4100 § 137 Nr 4; BSGE 87, 143, 145 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8). Der Beschreibung des Vermögens iS der Alhi-Vorschriften als die Summe der aktiven Vermögenswerte ist zu entnehmen, dass Verbindlichkeiten grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit des Vermögens (§ 6 Abs 2 AlhiV) bzw der Zumutbarkeit der Verwertung (§ 6 Abs 3 AlhiV) zu berücksichtigen sind. Bereits auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte können Verbindlichkeiten nur dann ausnahmsweise mindernd berücksichtigt werden, wenn sie unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lasten, wie etwa Hypothekenschulden auf einem Hausgrundstück (vgl BSGE 84, 48, 53 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7; BSGE 87, 143, 146 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Einkommensteuer nicht erfüllt.
Das Vermögen war ungeachtet der 1998 festgestellten Einkommensteuerschuld verwertbar. Die Verwertbarkeit des Vermögens ist ausgeschlossen, wenn und soweit den zu berücksichtigenden Aktiva fällige Verbindlichkeiten gegenüberstehen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 193 RdNr 140 bis 144). Zwar begründen die Verbindlichkeiten keine Verfügungsbeschränkungen des Alhi-Empfängers, da dieser weiterhin in der Lage ist, sein aktives Vermögen zur Behebung der Bedürftigkeit einzusetzen. Gleichwohl ist nach der Rechtsprechung des BSG von einer “Bindung des Vermögens” iS des § 6 Abs 2 AlhiV auszugehen, wenn der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung seines Vermögens zur Tilgung von Schulden verpflichtet ist (BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr 3; BSG, Urteil vom 30. Mai 1990 – 11 RAr 33/88 – = DBlR 3732a zu § 137 AFG; BSG, Urteil vom 20. Februar 1991 – 11 RAr 35/89 – = DBlR 3807 zu § 137 AFG). Hierbei hat das BSG entscheidend darauf abgestellt, dass der Arbeitslose anderenfalls in der Konfliktlage sei, einerseits sein Vermögen zur Beseitigung der Bedürftigkeit einsetzen zu sollen, andererseits aber gezwungen wäre, fällige Zahlungsverpflichtungen zu verletzen und – mit den sich daraus ergebenden zivilrechtlichen Folgen – geschlossene Verträge zu brechen. Im Hinblick auf das Fehlen einer aktuellen Zahlungsverpflichtung aus der erst im Jahre 1998 festgesetzten Steuernachforderung steht dem Kläger auch mit Rücksicht auf die Verwertbarkeit des Vermögens im streitigen Zeitraum keine Alhi zu.
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung berufen. Nach § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV ist die Verwertung von Vermögen zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann. Zur Auslegung dieser Generalklausel hat der Senat mit Urteil vom 2. November 2000 – B 11 AL 35/00 R – (BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8) entschieden, dass es die in § 6 Abs 3 AlhiV vorgesehene Billigkeitsprüfung unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, Vermögensgegenstände Verbindlichkeiten zuzuordnen, die noch nicht aktuell zu befriedigen sind. Diese Voraussetzungen sind nur erfüllt, wenn und soweit Vermögensbestandteile und Verbindlichkeiten bei wirtschaftlicher Betrachtung als eine Einheit anzusehen sind. Eine bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise anzuerkennende Einheit von Vermögensbestandteilen und Verbindlichkeiten liegt nach der Rechsprechung des Senats vor, wenn diese nach Entstehung und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind. Dies erfordert einen zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang, der die Beurteilung erlaubt, dass Vermögensbestandteil und Verbindlichkeit eine wirtschaftliche Einheit bilden (BSGE 87, 143, 147 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8). Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass das Vorliegen der erforderlichen Verknüpfung hier schon deshalb nicht angenommen werden kann, weil die fragliche Steuerschuld des Klägers am Stichtag der Höhe nach noch nicht konkretisiert war und vom Kläger auch noch nicht konkretisiert werden konnte. Kann eine Verpflichtung nicht beziffert werden, so fehlt es bereits an einer notwendigen Vorbedingung dafür, im Rahmen der AlhiV Vermögensbestandteile und Verbindlichkeiten als wirtschaftliche Einheit anzusehen. Denn der Systematik der §§ 6 bis 9 AlhiV entspricht nur eine auf einen bestimmten Stichtag bezogene Betrachtungsweise. Könnten in die Beurteilung auch Forderungen eingestellt werden, die sich erst nach Ablauf des jährlichen Bewilligungszeitraums (§ 139a AFG) beziffern lassen, könnte die Alhi im Voraus nicht verbindlich festgesetzt werden. Die entsprechenden Verwaltungsverfahren müssten jeweils neu aufgerollt werden.
Insoweit ergäbe sich ein Widerspruch zu der die Bedürftigkeitsprüfung tragenden Subsidiarität der Alhi. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität soll jemandem ein Anspruch auf Alhi nicht zustehen, solange und soweit er für sich und seine Angehörigen aktuell nicht sorgen kann (BSG SozR 4100 § 137 Nr 12). Entsprechend dem Zweck der Alhi, den aktuellen Lebensunterhalt zu sichern, ist dabei entscheidend, ob der Lebensunterhalt während des jeweiligen Zeitraums, für den Alhi beansprucht wird, anderweitig gesichert ist, ob also in diesem Zeitraum Einkommen oder Vermögen vorhanden ist, das nach der AlhiV zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4100 § 134 Nr 16; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr 7; Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 69/01 R –). Das gegenwartsbezogene Prinzip der bedürftigkeitsabhängigen Alhi verbietet es folglich, eine entgültige Entscheidung über das Vorliegen ihrer Voraussetzungen erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums zu ermöglichen.
Der Vorwurf der Revision, die Entscheidung des LSG führe zu einer “Doppelberücksichtigung” der Einkommensteuer bei der Bedürftigkeitsprüfung, ist unverständlich. Denn der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag das im Jahre 1993 zugeflossene Einkommen verbraucht. Zutreffend ist allerdings, dass die Erfüllung der Steuerschulden, die nach § 38 Abgabenordnung kraft Gesetzes entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, das Vermögen des Klägers entsprechend gemindert hätte. Dies ist aber ebenfalls Folge der Grundsatzentscheidung dafür, dass es bei der Bedürftigkeit bezüglich der Alhi grundsätzlich entscheidend darauf ankommt, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (vgl BSG SozR 4300 § 93 Nr 2). Die in diesem Zusammenhang vom Kläger erhobene Rüge einer Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG geht deshalb ins Leere.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 884754 |
BFH/NV Beilage 2003, 196 |
NJW 2003, 2554 |
NZS 2004, 53 |
SGb 2003, 360 |
SozR 3-4220 § 6, Nr. 9 |
BFH/NV-Beilage 2003, 196 |
SozSi 2003, 399 |