Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweis auf Revisionsantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Einem Invalidenrentner kann nach der KVdRV vom 1941-11-04 Krankenhauspflege aus Anlaß desselben Versicherungsfalls bis zur Dauer von 26 Wochen gewährt werden. Die Zeit der ihm aus Anlaß desselben Versicherungsfalls gewährten Krankenpflege (RVO § 182 Abs 1 Nr 1) ist nicht auf die 26 Wochen anzurechnen; auf die Frage der Arbeitsunfähigkeit des Rentners kommt es nicht an.
2. Bei Streit über die Gewährung einer Leistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht (Krankenhauspflege), ist eine Verurteilung zur Gewährung der Leistung grundsätzlich nicht zulässig. Ist die Klage begründet, so kann in dem Urteil nur ausgesprochen werden, daß der beklagte Versicherungsträger an Stelle des mit Erfolg angefochtenen Verwaltungsakts einen neuen Verwaltungsakt (Bescheid) unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen hat.
Leitsatz (redaktionell)
Eine Rechtsmittelbelehrung entspricht nicht den Erfordernissen des SGG § 66 Abs 1, wenn darin der Hinweis auf die Notwendigkeit eines bestimmten Antrages fehlt.
Normenkette
RVO § 212 Fassung: 1924-12-15, § 182 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1924-12-15, § 184 Fassung: 1924-12-15; KVdRV § 9 Fassung: 1941-11-04; SGG § 54 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1953-09-03, § 131 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03, § 66 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte für verpflichtet erklärt wird, der Klägerin einen neuen Bescheid über die Gewährung von Krankenhauspflege unter Nichtanrechnung der ihr gewährten Krankenpflege zu erteilen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die am 28. Dezember 1884 geborene Klägerin war Mitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse auf Grund der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4. November 1941 (VO über KVdR). Sie hatte von der Beklagten in den Jahren 1951 und 1952 wegen eines Herzleidens für 69 Tage Krankenhauspflege erhalten, und zwar vom 13. März bis 19. April 1951 sowie vom 4. April bis 5. Mai 1952; in der Zwischenzeit und danach wurde ihr bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit ärztliche Behandlung von insgesamt mehr als 26 Wochen gewährt. Als der behandelnde Arzt am 9. November 1953 wegen des gleichen Herzleidens erneut Krankenhauspflege beantragte, lehnte die Beklagte den Antrag in einem Schreiben an die Klägerin vom 17. November 1953 ab, weil die Klägerin bereits ausgesteuert sei. Die gegen den ablehnenden Bescheid von der Klägerin beim Versicherungsamt ... eingelegte "Beschwerde" ging mit dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (1. Januar 1954) als Klage auf das Sozialgericht ... über. Die Klägerin beantragte vor dem Sozialgericht Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Krankenhauspflege. Die Beklagte erklärte in der mündlichen Verhandlung, daß sie den Anspruch allein deshalb ablehne, weil die Klägerin ausgesteuert sei. Die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien bei Rentnern den Zeiten des Bezugs von Krankengeld gleichzustellen und daher bei Anwendung des § 184 RVO wie Zeiten von Krankenhauspflege zu behandeln. Das Sozialgericht lehnte diese Auffassung der Beklagten ab und gab der Klage in vollem Umfang statt. Nach seiner Ansicht soll bei Rentnern allein die auf Grund des gleichen Versicherungsfalls tatsächlich gewährte Krankenhauspflege aussteuernd wirken. Hiernach habe aber die Klägerin einen Anspruch auf weitere Krankenhauspflege bis zu insgesamt 26 Wochen; die Beklagte sei demgemäß unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheides zur Gewährung von Krankenhauspflege zu verurteilen. Zwar stelle die Krankenhauspflege eine sogenannte Kannleistung dar, deren Bewilligung oder Ablehnung die Gerichte nur unter dem Gesichtspunkt eines Ermessensmißbrauchs nachzuprüfen hätten - mit der Folge der Bestätigung oder Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsbescheides. Im gegebenen Fall liege aber kein Streit über die Ausübung des Ermessens vor, denn die Beklagte habe die beanspruchte Krankenhauspflege lediglich abgelehnt, weil die Klägerin nach der rechtsirrigen Auffassung der Beklagten bereits ausgesteuert gewesen sei. Nach dem hinreichend geklärten Sachverhalt könne eine weitere Ablehnung der Krankenhauspflege durch die Beklagte nicht gerechtfertigt werden, ein Aufschub der Entscheidung über die Gewährung der Krankenhauspflege selbst würde nur eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits bedeuten, die prozeßökonomisch nicht vertretbar wäre.
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung an das Landessozialgericht ... ein mit dem Antrage, das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie berief sich dabei auf ein Urteil des Oberversicherungsamts ... vom 20. April 1953 - 22 KV/52 - ( Breithaupt'sche Sammlung von Entscheidungen, 1953 Bd. II S. 1049), wonach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei der Gewährung von Krankenhauspflege an Rentner nach § 9 der VO über die KVdR wie Zeiten des Bezuges von Krankengeld anzusehen seien.
Das Landessozialgericht wies die Berufung unter Zulassung der Revision zurück und legte der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens auf. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils wies das Landessozialgericht auf die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Revision, auf den Vertretungszwang und den Kreis der als Prozeßbevollmächtigte zugelassenen Personen hin. Die Berufung hielt das Landessozialgericht nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für statthaft - unter Ablehnung der Annahme, daß es sich bei Krankenhauspflege um eine einmalige Leistung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG handle. Zum Klaganspruch stellte das Vordergericht fest, daß die Krankenhausaufnahme medizinisch nach der Art der Erkrankung notwendig gewesen sei, und daß die Beklagte die Krankenhauspflege ausschließlich mit der rechtlichen Begründung abgelehnt habe, die zeitliche Grenze der Krankenhilfe nach § 183 RVO (26 Wochen) sei bereits überschritten. Dieser Rechtsauffassung der Beklagten kann nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden. Der Begriff der "Krankenhilfe" im Sinne von § 182 RVO sei in der Krankenversicherung der Rentner nicht anwendbar, da hier Krankengeld - als ein Bestandteil der Krankenhilfe (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO) - nicht gewährt werde (§ 9 Satz 3 der VO. über KVdR). Infolgedessen könne für den Beginn der 26-Wochen-Frist der Gesichtspunkt der Arbeitsunfähigkeit nicht in Betracht kommen; auch lasse das Gesetz nicht die Fiktion zu, der Rentner habe während der Krankenpflege bei gleichzeitig bestehender Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen. - Ebensowenig sei aber der Beginn der Krankenpflege geeignet, die Aussteuerungsfrist in Lauf zu setzen. Denn die Krankenpflege werde nach dem Erlaß des RAM vom 2. November 1943 (AN 1943 S. II 485) ohne zeitliche Begrenzung gewährt. Es bleibe daher nur übrig anzunehmen, daß die genannte Frist erst dann zu laufen beginne, wenn an Stelle der Krankenpflege Krankenhauspflege - als deren Ersatzleistung - gewährt werde. Darin liege keineswegs eine Besserstellung der versicherten Rentner im Vergleich zu den Pflichtversicherten. Man könne nur von einer anderen Gestaltung der Versicherung der Rentner mit dem Ziele sprechen, den Rentnern eine gesicherte und angemessene Krankenpflege und Krankenhausbehandlung zuteil werden zu lassen. Da die Klägerin erst für 69 Tage Krankenhauspflege erhalten habe, sei ihr Anspruch auf weitere Krankenhauspflege begründet.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. Juli 1955 zugestellte Urteil des Landessozialgerichts mit einem beim Bundessozialgericht am 29. Juli 1955 eingegangenen Schreiben Revision eingelegt, ohne dabei einen Antrag zu stellen. Mit Schriftsatz vom 25. August 1955 - eingegangen am 29. August - hat sie die Revision begründet und beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig vom 25. März 1955 und des Sozialgerichts ... vom 6. September 1954 aufzuheben und den Anspruch der Klägerin auf weitere Krankenhauspflege zu verneinen. Sie macht geltend, die Rentner erhielten die Leistungen der Krankenversicherung gemäß § 9 der VO über KVdR nach den Vorschriften des Zweiten Buches der RVO, jedoch ohne Barleistungen. Krankenhauspflege könne hiernach auf Grund von § 184 RVO in Verbindung mit dem Erlaß des RAM vom 2.11.1943 nur unter den gleichen Voraussetzungen und in gleichem Umfang wie Krankengeld gewährt werden. Durch die Worte "wie Krankengeld" in Ziffer I Nr. 2 Buchst. b des erwähnten Erlasses werde klar zum Ausdruck gebracht, daß die Aussteuerungsfrist arbeitsunfähiger Rentner so berechnet werden müsse, wie wenn sie während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld erhalten hätten. Die Schlußfolgerung des Landessozialgerichts, daß die im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner gewährte Krankenhausbehandlung eine Ersatzleistung für Krankenpflege darstelle, sei nicht haltbar. Wenn diese Ansicht richtig wäre, müßte für die krankenversicherten Rentner jede Aussteuerung entfallen, weil es für die Krankenpflege keine zeitliche Begrenzung gebe, der Anspruch der krankenversicherten Rentner auf Krankenhauspflege wäre somit überhaupt unbegrenzt. Der Annahme, daß für die Krankenhauspflege der krankenversicherten Rentner eigene Leistungsvoraussetzungen gälten, stehe § 9 der VO über KVdR entgegen, wonach die Rentner die Leistungen der Krankenversicherung gemäß den Vorschriften des Zweiten Buches der RVO erhielten, sie sollten also - abgesehen von den Barleistungen - die Krankenhilfe einschließlich der Krankenhauspflege nur unter den gleichen Voraussetzungen und in gleichem Umfang wie andere Versicherte erhalten. Auch nach den Vorschriften der RVO genüge zur Aussteuerung unter Umständen die bloße Arbeitsunfähigkeit ohne Gewährung von Krankengeld (vgl. § 189 RVO).
Die Klägerin hat zur Revision nicht Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Zwar enthält die Revisionsschrift vom 25. Juli 1955 keinen "bestimmten Antrag" im Sinne des § 164 Abs. 2 SGG (vgl. BSG 1, S. 47, 50, 227).
Das Fehlen eines bestimmten Antrages in der Revisionsschrift vom 25. Juli 1955 ist der Beklagten aber nicht abträglich. Die Rechtsmittelbelehrung des Vordergerichts entspricht nämlich insofern nicht den Erfordernissen des § 66 Abs. 1 SGG, als darin der Hinweis auf die Notwendigkeit eines bestimmten Antrags fehlt (vgl. BSG 1, S. 227). Infolgedessen beträgt die Frist für die Einlegung der Revision im vorliegenden Fall nach § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr. Da die Revisionsbegründungsschrift, die einen der Vorschrift des § 164 Abs. 2 SGG entsprechenden Antrag enthält, innerhalb der Frist von einem Jahr beim Bundessozialgericht eingegangen ist, genügt die Revision der gesetzlichen Form.
Das Landessozialgericht ist in seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, daß die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ... nach § 143 SGG zulässig war. Die Krankenhauspflege ist, wie der Senat in der Entscheidung vom 21.12.1955 - 3 RK 21/55 - ausgesprochen hat, als wiederkehrende Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG anzusehen. Die Berufung wäre daher nach dieser Vorschrift nur ausgeschlossen, wenn der Streit die Gewährung von Krankenhauspflege für einen Zeitraum von nicht mehr als 13 Wochen betreffen würde. Hier wird jedoch Krankenhauspflege von unbestimmter Dauer begehrt. Daher bestehen gegen die Zulässigkeit der Berufung keine Bedenken (vgl. Urteil des BSG vom 21.12.1955 - 3 RK 21/55, SozR SGG § 144 Bl. Dal Nr. 2).
II.
In der Sache selbst ist bei der rechtlichen Beurteilung davon auszugehen, daß die auf Grund der VO über KVdR vom 4. November 1941 (RGBl. I S. 689) versicherten Rentner nach § 9 dieser Verordnung die Leistungen der Krankenversicherung "nach den Vorschriften des Zweiten Buches der RVO" erhalten, jedoch werden ihnen außer Sterbegeld keine Barleistungen, also auch kein Krankengeld, gewährt. Aus dieser von der Regelung in der allgemeinen Krankenversicherung abweichenden Gestaltung der den Rentnern zu gewährenden Leistungen ergeben sich bei der Anwendung der Vorschriften des Zweiten Buches der RVO, auf die § 9 der VO. über KVdR verweist, gewisse Zweifel. Denn da die Krankenhauspflege nach § 184 RVO anstelle von Krankenpflege und Krankengeld gewährt wird, die Rentner aber kein Krankengeld beziehen, kann die einem Rentner gewährte Krankenhauspflege jedenfalls nicht - wie in der allgemeinen Krankenversicherung - als Ersatzleistung für Krankenpflege und Krankengeld angesehen werden; sie tritt vielmehr an die Stelle allein der Krankenpflege (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO), die sie mitumfaßt.
Dieser besondere Charakter der den Rentnern zu gewährenden Krankenhauspflege läßt es nicht zu, die Vorschriften der RVO über die Dauer der Krankenhauspflege ohne Einschränkung auf die Krankenhauspflege der Rentner anzuwenden. Nach § 184 Abs. 1 RVO in Verbindung mit Ziff. I Nr. 2 Buchst. b des Erlasses des RAM vom 2. November 1943, betr. Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (AN 1943 S. II 485) kann Krankenhauspflege unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang wie Krankengeld gewährt werden. Da aber die Rentner keinen Anspruch auf Krankengeld haben, können diese Vorschriften jedenfalls nicht unmittelbar auf die versicherten Rentner angewandt werden. Es ist deshalb von Versicherungsträgern und auch gelegentlich in der Rechtsprechung (so OVA Schleswig in seinem Urteil vom 20.4.1953 - 22 KV/52 - Breithaupt'sche Sammlung von Entscheidungen 1953 Bd. II Nr. 375, S. 1049) die Meinung vertreten worden, bei der Anwendung des § 184 RVO in Verbindung mit dem Erlaß vom 2. Januar 1943 müsse fingiert werden, daß die Rentner jedenfalls während der Zeit, während welcher sie arbeitsunfähig waren, Krankengeld bezogen hätten, sie müßten also hinsichtlich des Umfanges der ihnen zu gewährenden Krankenhauspflege so behandelt werden, als ob sie während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit wie sonstige Versicherte Krankengeld bezogen hätten.
Diese von der Beklagten in ihrer Revisionsschrift vertretene Auffassung ist rechtsirrig. Dagegen spricht zunächst die Erwägung, daß der Begriff der Arbeitsunfähigkeit auf die Bezieher von Invalidenrenten in aller Regel nicht paßt; denn das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung hängt davon ab, ob der Versicherte noch in der Lage ist, die seiner Versicherung zu Grunde liegende, vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung auszuüben. Der Rentner steht aber auch während der Zeit, während welcher er nicht krank ist, regelmäßig nicht in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis, so daß eine Arbeit fehlt, an der das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit zuverlässig gemessen werden könnte. Außerdem wäre es ungerecht und würde eine dem Schutzcharakter der VO über KVdR nicht entsprechende Benachteiligung der Rentner bedeuten, ihnen eine Leistung der Krankenversicherung (Krankengeld) mit der Wirkung der Beschränkung der Krankenhauspflege zuzurechnen, die sie tatsächlich nicht erhalten und auf die sie auch keinen Rechtsanspruch haben.
Die Verweisung in § 9 der VO über KVdR auf die Vorschriften des Zweiten Buches der RVO und damit auch auf § 184 RVO und den ihn ergänzenden Erlaß vom 2.11.1943 erlaubt also bei der Anwendung dieser Vorschriften auf versicherte Rentner nicht die Fiktion, sie hätten - entgegen § 9 letzter Satz - während der Zeit der Krankenpflege auch Krankengeld bezogen. - Ein Hinweis auf die zulässige Dauer der Krankenhauspflege für Rentner ergibt sich vielmehr aus Ziff. I Nr. 2 b des Erlasses vom 2.11.1943 zu § 184 RVO, wonach Krankenhauspflege "im gleichen Umfang wie Krankengeld" gewährt werden darf. Hiernach kann also in der allgemeinen Krankenversicherung Krankenhauspflege für die gleiche Dauer wie Krankengeld gewährt werden, d. h. nach Ziff. I Nr. 2 a des Erl. vom 2.11.1943 (zu § 183 RVO) im allgemeinen für 26 Wochen. Das hat zur Folge, daß der Bezug von Krankenhauspflege die Aussteuerung in gleicher Weise wie der Bezug von Krankengeld bewirkt.
Demgegenüber bieten die in der allgemeinen Krankenversicherung geltenden Vorschriften über die Dauer der Krankenpflege (Ziff. I Nr. 1 des Erl. v. 2.11.1943 zu § 183 RVO) für sich allein keinen Anhalt für die Dauer der Krankenhauspflege der Rentner. Wenn auch - wie oben dargelegt - die Krankenhauspflege der Rentner die Krankenpflege (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO) mitumfaßt und in diesem Sinne an ihre Stelle tritt, so geht es doch nicht an, hinsichtlich der Dauer der Leistungen an Rentner Krankenpflege und Krankenhauspflege gleichzusetzen. Dagegen spricht schon, daß dann die Krankenhauspflege der Rentner zeitlich unbeschränkt gewährt werden könnte, was offensichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 20.7.1955 - 3 RK 6/55 - ausgesprochen hat, sollte durch die VO über KVdR der Schutz der allgemeinen Krankenversicherung mit gewissen Abweichungen, deren Notwendigkeit sich aus der besonderen Lage der Rentenempfänger ergibt, auf diesen Personenkreis erstreckt (vgl. BSG 1 S. 158, 163), nicht aber eine grundsätzliche Besserstellung der Rentner gegenüber anderen Versicherten der Krankenkassen herbeigeführt werden.
Andererseits sollen die Rentner aber auch nicht gegenüber sonstigen Versicherten ungerechtfertigt benachteiligt werden. Zweck und Sinn der VO über KVdR sind vielmehr darauf gerichtet, daß die Rentner - wegen Fortbezugs der Rente während der Krankheit - zwar kein Krankengeld erhalten, im übrigen jedoch, d. h. auch bezüglich der Krankenhauspflege, nicht besser (wegen Anrechnung früher gewährter Leistungen vgl. BSG 1, S. 162), aber auch nicht schlechter gestellt werden als andere Pflichtversicherte. Da den Versicherten der allgemeinen Krankenversicherung Krankenhauspflege bis zu 26 Wochen gewährt wird (vgl. Ziff. I Nr. 2 Buchst. b des Erl. des RAM vom 2.11.1943 zu § 182), kann auch den Rentnern für den gleichen Zeitraum Krankenhauspflege bewilligt werden. Daß bei Versicherten, die Anspruch auf Krankengeld haben, die Zeit des Krankengeldbezugs auf die Dauer der Krankenhauspflege angerechnet wird (vgl. § 184 RVO i. Verb. mit Ziff. 1 Nr. 2 Buchst. b des RAM vom 2. November 1943), bedeutet keine dem Gedanken der grundsätzlich gleichen Behandlung der Versicherten widersprechende Besserstellung der Rentner; sie erhalten kein Krankengeld und stehen damit hinsichtlich der Leistungsgewährung ohnehin hinter den meisten anderen Versicherten zurück. - Die Zeit einer aus Anlaß des gleichen Versicherungsfalles gewährten Krankenpflege (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO) ist mithin auf die 26 Wochen, für welche dem Rentner Krankenhauspflege gewährt werden kann, nicht anzurechnen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Rentner während der Zeit der Krankenpflege nach den Vorschriften über die allgemeine Krankenversicherung als "arbeitsunfähig" anzusehen wäre.
Dieser auch vom Landessozialgericht im Ergebnis vertretenen Auffassung ist die Revisionsklägerin mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß nach den Vorschriften der RVO schon allein das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit - ohne Gewährung von Krankengeld oder Krankenhauspflege zur Aussteuerung führe. So sei nach § 189 RVO die Zeit der Arbeitsunfähigkeit, während welcher wegen Fortbezuges des Arbeitsentgelts kein Krankengeld gezahlt werde, auf die Zeit der Krankenhauspflege anzurechnen. Ergänzend wäre auf die ähnliche Vorschrift in § 216 Abs. 3 RVO hinzuweisen (vgl. dazu Grunds. Entsch. des RVA Nr. 4020, AN 1931 S. IV 158; Nr. 4303, AN 1932 S. IV 83; Nr. 5095, AN 1937 S. IV 204; Nr. 5499, AN 1942 S. II 582). Auch diesen Erwägungen der Beklagten vermag der Senat nicht zu folgen. Denn die angeführten Entscheidungen beruhen auf der Erwägung, daß der Versicherte während des Laufs der Aussteuerungsfrist trotz der Nichtzahlung des Krankengeldes einen Anspruch auf Krankengeld gehabt hat, der nur wegen bestimmter in dem Gesetz aufgeführter Sachverhalte (z. B. Fortbezug des Arbeitsentgelts) geruht hat. Ruhen eines Anspruchs bedeutet, daß der Anspruch besteht, jedoch zeitweilig wegen Vorliegens eines bestimmten Sachverhalts nicht zu erfüllen ist; Der Begriff des Ruhens einer Leistung setzt also gerade das Bestehen eines Anspruchs auf die Leistung voraus (vgl. insbesondere die erwähnte Grunds. E. Nr. 5095). Die Klägerin hatte aber als Rentnerin keinen Anspruch auf Krankengeld. Der Annahme eines solchen Anspruchs steht der eindeutige Wortlaut und Sinn des § 9 Satz 3 der VO über KVdR entgegen; während des Bestehens des Versicherungsverhältnisses der Rentner in der Krankenversicherung kommt der Fortfall eines Sachverhalts, der die Zahlung von Krankengeld zur Folge haben könnte, nicht in Betracht. Wie sich insbesondere aus den Gründen der Grunds. E. Nr. 5095 ergibt, ist es ausschließlich das Bestehen eines Anspruchs trotz Nichtbezugs der entsprechenden Leistung, der eine Berücksichtigung der Zeiten des Ruhens des Anspruchs bei der Berechnung der Aussteuerungsfrist rechtfertigt.
Hiernach ist die Schlußfolgerung der Beklagten nicht begründet, daß die bloße Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in Verbindung mit der ihr gewährten Krankenpflege aussteuernde Kraft habe - abgesehen davon, daß auf Rentner, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, der Begriff der Arbeitsunfähigkeit - wie dargelegt - nicht anwendbar ist. Anzurechnen auf die Zeit des zulässigen Bezuges von Krankenhauspflege ist vielmehr in der KrV. der Rentner nur die tatsächlich vom Versicherten aus Anlaß des gleichen Versicherungsfalls bezogene Krankenhauspflege. Nur deren Gewährung, nicht jedoch die Leistung der zeitlich unbegrenzt zu gewährenden Krankenpflege vermag den Lauf der Aussteuerungsfrist zu rechtfertigen.
III.
Der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. November 1953 betrifft die Gewährung von Krankenhauspflege, also eine sogenannte Kannleistung, über deren Gewährung die beklagte Krankenkasse nach ihrem Ermessen zu befinden hat. Solche Bescheide sind hinsichtlich der Ausübung des Ermessens des Versicherungsträgers nur daraufhin von den Gerichten nachzuprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung zur Gewährung der Kannleistung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Diese Beschränkung der richterlichen Nachprüfung der Verwaltungsakte hinsichtlich der Ausübung von Verwaltungsermessen schließt aber nicht aus, daß der angefochtene Verwaltungsakt unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten auf seine Rechtmäßigkeit hin nachgeprüft wird, denn ein solcher Verwaltungsakt kann auch bei gesetzmäßiger Ausübung des Ermessens auf einer unrichtigen Anwendung des Rechts beruhen. Um diese Frage handelt es sich hier, denn die Beklagte hat die beantragte Bewilligung der Krankenhauspflege nicht in Ausübung ihres Verwaltungsermessens abgelehnt, sondern - wie sie vor dem Sozialgericht ausdrücklich erklärt hat - allein deshalb, weil sie die Klägerin bereits für ausgesteuert hält. Da diese Rechtsauffassung, wie unter III dargelegt, nicht zutrifft, ist der die Klägerin beschwerende Bescheid vom 17. März 1953 rechtswidrig und daher mit Recht vom Sozialgericht aufgehoben worden, und das Landessozialgericht hat insoweit mit Recht die Berufung zurückgewiesen.
Bedenken bestehen jedoch hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Krankenhauspflege. Zwar wird man das Begehren der Klägerin trotz des Wortlauts ihres Antrags, "die Beklagte zur Gewährung der Krankenhauspflege zu verurteilen", im Hinblick auf die Unzulässigkeit einer Klage auf Ermessensleistungen (vgl. § 54 Abs. 4 u. 5 SGG) als Klage auf Erlaß eines Verwaltungsakts über die Bewilligung von Krankenhauspflege ansehen müssen (§ 54 Abs. 1 SGG). Eine solche Vornahmeklage (Verpflichtungsklage) kann grundsätzlich - anders als die Leistungsklage - auch auf die Verurteilung zur Bewilligung einer Ermessensleistung gerichtet werden. Stellt sich im gerichtlichen Verfahren heraus, daß der von dem Kläger angefochtene Verwaltungsakt auf fehlerhafter Ausübung des Ermessens beruht, so wird das Urteil allerdings in der Regel nur auf Aufhebung des Verwaltungsakts lauten können mit der Folge, daß ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen ist, dem fehlerfreie Ermessenserwägungen zu Grunde liegen. Denn wenn ein Gericht auf eine solche Klage hin eine Verurteilung vornehmen wollte, so würde es sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Verwaltung, hier des zuständigen Versicherungsträgers, setzen und würde somit dem Grundsatz der verfassungsrechtlich festgelegten Gewaltentrennung zuwiderhandeln (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Bd. I - Stand 28.2.1954 - S. 400; Hastler, Komm. zur SGbkt . § 55 Erl. 1, 4 a S. 113; Hofmann-Schroeter, Komm. z. SGG § 54 Erl. 7). Ausnahmsweise kann jedoch das Gericht die Verpflichtung der Verwaltung zum Erlaß des eine Ermessensleistung betreffenden Verwaltungsaktes aussprechen, wenn jede andere Entscheidung notwendig eine Ermessenswidrigkeit im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG bedeuten würde, also die Ablehnung des erstrebten Verwaltungsakts aus Ermessensgründen nicht in Betracht kommt (vgl. OVG Münster, ÖV 1955 S. 380, Leitsatz 2). Demnach bestehen hier bezüglich der Zulässigkeit der Vornahmeklage keine Bedenken, da die Beklagte selbst erklärt hat, daß sie die Ablehnung nicht auf Ermessenserwägungen stützen wolle; auch nach der mit der Auffassung der Beklagten übereinstimmenden Feststellung des Gerichts erster Instanz war die Aufnahme der Klägerin in das Krankenhaus notwendig. Das Berufungsgericht durfte jedoch zu einer gleichen Beurteilung nur gelangen, wenn auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststand, daß die Bewilligung der Krankenhauspflege noch notwendig war. Das Landessozialgericht hat aber darüber keine Feststellungen getroffen, obgleich mit der Möglichkeit zu rechnen war, daß die Klägerin in der Zeit zwischen der Entscheidung der ersten und zweiten Instanz bereits in das Krankenhaus aufgenommen worden war, so daß der Streit allenfalls den Kostenersatz betreffen konnte; es bestand auch die Möglichkeit, daß der Gesundheitszustand der Klägerin eine Krankenhausbehandlung nicht mehr erforderte. Unter diesen Umständen durfte das Landessozialgericht das auf Bewilligung von Krankenhauspflege gerichtete Urteil der ersten Instanz nicht durch uneingeschränkte Zurückweisung der Berufung bestätigen, vielmehr hätte es die Urteilsformel dahin abändern müssen, daß die Beklagte für verpflichtet erklärt wird, der Klägerin einen neuen Bescheid über die Gewährung von Krankenhauspflege unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Da im übrigen - wie dargelegt - die Entscheidung des Landessozialgerichts keine Rechtsverletzung erkennen läßt, war die Revision mit der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Maßgabe hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines neuen Bescheides zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen