Leitsatz (amtlich)
Die Gewährung einer Versorgungsrente nach BVG § 42 Abs 1 S 1 hängt davon ab, ob die geschiedene Ehefrau nach den eherechtlichen Vorschriften im Zeitpunkt der Geltendmachung dieses Anspruchs unterhaltsberechtigt wäre, wenn ihr früherer Ehemann noch leben würde. Die zur Zeit geltenden Vorschriften des Ehegesetzes vom 1946-02-20 sind auch dann maßgebend, wenn der Ehemann zur Zeit der Geltung des Ehegesetzes vom 1938-07-06 gestorben ist.
Reichen die Erträgnisse der Erwerbstätigkeit einer geschiedenen Ehefrau zu ihrem Lebensunterhalt aus, hat sie nach EheG § 58 auch dann keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren früheren Ehemann, wenn ihr die Erwerbstätigkeit wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann.
Normenkette
BVG § 42 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1950-12-20; EheG § 66 Fassung: 1938-07-06; EheG 1938 § 66 Fassung: 1938-07-06; EheG § 58 Fassung: 1946-02-20
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 26. März 1957 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Ehe der Klägerin wurde durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Oktober 1928 wegen Alleinverschuldens ihres Ehemannes geschieden. Durch Entscheidung des Amtsgerichts Wedding in Berlin vom 11. Oktober 1955 wurde ihr früherer Ehemann, der vor seiner Einberufung zur Wehrmacht als Koch im Hotel F in B monatlich etwa 400 RM verdient hatte, für tot erklärt und als Zeitpunkt des Todes der 31. Dezember 1945 festgestellt. Am 21. Juli 1952 stellte die Klägerin Antrag auf Gewährung einer Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Dieser Antrag wurde durch Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA.) B. vom 13. April 1953 abgelehnt, weil die Klägerin nach § 42 BVG keinen Anspruch auf Versorgungsrente habe. Zwar wäre ihr früherer Ehemann nach den eherechtlichen Vorschriften verpflichtet gewesen, ihr unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse Unterhalt zu gewähren, soweit ihre Einkünfte aus Vermögen und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt nicht ausreichten. Da die Klägerin in einem ständigen Beschäftigungsverhältnis stehe und ein Einkommen habe, aus dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könne, würde jedoch z. Zt. keine Unterhaltspflicht ihres geschiedenen Ehemannes bestehen, falls er noch lebte.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Einspruch mit der Begründung, daß sie sich erst im Jahre 1950 eine Beschäftigung gesucht habe, um der Fürsorge nicht länger zur Last zu fallen; sie sei aber jetzt gesundheitlich nicht mehr in der Lage, ihrer Beschäftigung weiter nachzugehen. Das VersorgA. veranlaßte eine fachärztliche Untersuchung, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) um 70 v. H. ergab. Durch Bescheid des Landesversorgungsamts (LVersorgA.) B vom 6. September 1954 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis in Höhe von 140,- DM netto habe. Es sei nicht anzunehmen, daß der Verstorbene ihr zu Lebzeiten einen diese Einkünfte übersteigenden Unterhalt gezahlt habe oder jetzt in der Lage wäre zu zahlen.
Das Sozialgericht (SG.) Berlin hat durch Urteil vom 23. März 1956 die Bescheide des VersorgA. B. vom 13. April 1952 und des LVersorgA. B vom 6. September 1954 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, vom 1. Juli 1952 an eine Witwenrente zu zahlen. Es sei unerheblich, daß die Klägerin zur Zeit ein monatliches Einkommen von 140,- DM netto habe. Wenn ihr Ehemann noch leben würde, so müßte er ihr wegen der vorliegenden erheblichen Gesundheitsstörungen bei einer MdE. um 70 v. H. Unterhalt leisten, da ihr eine Arbeit nicht zugemutet werden könne.
Durch Urteil vom 26. März 1957 hat das Landessozialgericht (LSG.) Berlin die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG. vom 23. März 1956 zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Ansicht des Beklagten, daß allein die Tatsache eines Einkommens der Klägerin genüge, um ihren Witwenrentenanspruch auszuschließen, sei nicht zutreffend, weil damit unterstellt werde, daß sie trotz ihrer durch Krankheit bedingten MdE. um 70 v. H. auch dann arbeiten würde, wenn ihr früherer Ehemann aus dem Kriege zurückgekehrt wäre. Das sei aber nach den Umständen des Falles nicht anzunehmen. Denn die Klägerin habe keinen Beruf erlernt und sei auch nach ihrer Ehescheidung im Jahre 1928 keinem Erwerb nachgegangen, obwohl sie damals noch nicht durch Krankheit in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sei. Sie sei daher erst durch den Tod ihres früheren Ehemannes gezwungen worden, einer Beschäftigung nachzugehen. Da sie dies nicht tun würde, wenn ihr Ehemann noch lebte, stehe ihr ein Anspruch auf Witwenrente nach § 42 BVG zu.
Gegen das am 7. Juni 1957 zugestellte Urteil des LSG. Berlin hat der Beklagte mit einem beim Bundessozialgericht (BSG.) am 15. Juni 1957 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und beantragt,
unter Abänderung der Urteile des LSG. und des SG. die Klage abzuweisen,
hilfsweise: das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Er rügt eine Verletzung des § 42 BVG. Die Feststellung des LSG., daß die Klägerin einer Beschäftigung nicht nachgehen würde, wenn ihr Ehemann nicht im Kriege umgekommen wäre, sei für die rechtliche Beurteilung des Falles unerheblich, da es nach § 42 BVG lediglich auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Unterhaltsanspruchs ankomme. Ein solcher Anspruch sei bei dem Einkommen der Klägerin, die nach einer Lohnbescheinigung der Firma O vom 28. Juni 1956 288,- DM monatlich verdiene, nicht gegeben; denn eine Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehemannes bestehe nach § 58 Ehegesetz (EheG) 1946 nur dann, wenn die Erträgnisse eigener Erwerbstätigkeit nicht ausreichten, um den angemessenen Unterhalt sicherzustellen. Hierbei sei es ohne Bedeutung, ob der Klägerin eine Erwerbstätigkeit gesundheitlich oder nach ihrer Vorbildung zugemutet werden könne. Entscheidend sei allein die Tatsache, daß sie Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit habe, die so hoch seien, daß die Unterhaltsverpflichtung ihres früheren Ehemannes entfallen wäre.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im übrigen habe das Berufungsgericht zu der Frage, ob die Einkünfte aus der von ihr ausgeübten Erwerbstätigkeit zur Bestreitung ihres angemessenen Lebensunterhalts ausreichten, infolge der von ihm vertretenen Rechtsauffassung tatsächliche Feststellungen nicht getroffen. Zu berücksichtigen sei hierbei jedoch, daß der Arbeitsverdienst der Klägerin in den Jahren ihrer Beschäftigung seit der Antragstellung schwankend gewesen sei, weil ihre Erwerbstätigkeit häufig durch Krankheiten unterbrochen worden sei. Es könne somit keine Rede davon sein, daß sie ein ständiges Einkommen von 288,- DM monatlich gehabt habe. Der Sachverhalt bedürfe daher insoweit noch einer eingehenden Aufklärung.
Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG); sie ist daher zulässig.
Die Revision ist auch begründet.
Der Beklagte rügt eine unrichtige Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG durch das Berufungsgericht. Nach dieser Vorschrift erhält im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehe die frühere Ehefrau des Verstorbenen Rente (§§ 40 und 41), wenn dieser nach den eherechtlichen Vorschriften Unterhalt zu gewähren hätte. Die Gewährung einer Rente an die geschiedene Ehefrau hängt hiernach davon ab, ob sie gegenüber ihrem früheren Ehemann einen eherechtlichen Unterhaltsanspruch geltend machen könnte, wenn er noch leben würde. Diese Frage haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit selbständig zu beurteilen (Urteil des BSG. vom 18.11.1958 - 1 RA 192/56 -).
Der frühere Ehemann der Klägerin ist durch Entscheidung des Amtsgerichts Wedding in Berlin vom 11. Oktober 1955 für tot erklärt worden; als Zeitpunkt des Todes hat das Amtsgericht den 31. Dezember 1945 festgestellt. Im Gegensatz zu der Regelung im Recht der Rentenversicherung (§ 1256 Abs. 4 RVO a. F.; § 28 Abs. 3 AVG a. F.; § 1265 RVO n. F.; § 42 AVG n. F.; vgl. auch BSG. 3 S. 197, 5 S. 179 und 276; ferner Bogs in Sgb. 1957 S. 353), in der für die Frage der Unterhaltspflicht der Tod des Versicherten der maßgebende Zeitpunkt ist, enthält § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG keine solche Zeitangabe. Daraus ist zu folgern, daß es bei der Anwendung dieser Vorschrift nicht darauf ankommt, ob der frühere Ehemann der Klägerin nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt seines Todes (31.12.1945) Gültigkeit hatten, Unterhalt zu gewähren gehabt hätte. Vielmehr enthält § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG nach seinem Wortlaut und Sinn eine echte Fiktion. Die Gewährung einer Versorgungsrente nach dieser Vorschrift hängt davon ab, ob die geschiedene Ehefrau nach den eherechtlichen Vorschriften im Zeitpunkt der Geltendmachung dieses Anspruchs unterhaltsberechtigt wäre, wenn ihr früherer Ehemann noch leben würde. Für die Frage der Unterhaltsberechtigung der Klägerin sind daher die Vorschriften des EheG (Kontrollratsgesetz Nr. 16) vom 20. Februar 1946 (KRABl. 77) maßgebend.
Nach § 58 EheG 1946 hat der allein oder überwiegend für schuldig erklärte Mann der geschiedenen Frau den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen. In der entsprechenden Vorschrift des § 66 EheG 1938 standen hinter "Erwerbstätigkeit" folgende Worte: "die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann". Das LSG. hat in dem angefochtenen Urteil festgestellt, daß die Klägerin in ihrer Erwerbsfähigkeit um 70 v. H. beschränkt ist. An diese Feststellung, die der Beklagte nicht angegriffen hat, ist das BSG. nach § 163 SGG gebunden. Bei der Prüfung der Unterhaltsberechtigung ist deshalb davon auszugehen, daß die Klägerin Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit hat, daß sie aber wegen der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht verpflichtet wäre zu arbeiten. Nach § 66 Abs. 1 EheG 1938 hätte die Klägerin demnach einen Unterhaltsanspruch gegen ihren früheren Ehemann, weil die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nur dann zu berücksichtigen waren, wenn diese Tätigkeit von der Klägerin den Umständen nach erwartet werden konnte (vgl. hierzu den Aufsatz von Lauterbach in JW. 1940 S. 1543); das letztere wäre aber wegen ihres Gesundheitszustandes nicht der Fall. Wie bereits dargelegt, kann jedoch § 66 EheG 1938 keine Anwendung finden. Vielmehr ist die Frage eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen ihren früheren Ehemann nach § 58 EheG 1946 zu beurteilen. In dieser Vorschrift ist aber der Satzteil "die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann" hinter dem Wort "Erwerbstätigkeit" weggefallen. Die Unterhaltspflicht des allein oder überwiegend für schuldig erklärten Ehemannes hat u. a. zur Voraussetzung, daß die den Unterhalt begehrende geschiedene Frau bedürftig im Sinne des § 58 EheG 1946 ist. Sie ist dies nicht, soweit ihre Einkünfte aus Vermögen und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit ausreichen. Der Umstand, daß eine frühere Ehefrau ihren Unterhalt selbst voll bestreiten kann, berührt ihren Unterhaltsanspruch nicht etwa nur der Höhe nach - wie es dann der Fall ist, wenn die geschiedene Frau nur einen Teil ihres Unterhalts selbst verdienen kann -, sondern der Anspruch entfällt damit dem Grund nach; denn die Bedürftigkeit der früheren Ehefrau ist Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs (vgl. auch BSG. 5 S. 179 (183) mit weiteren Hinweisen).
Bei Entscheidung der Frage, ob der für tot erklärte frühere Ehemann nach § 58 EheG 1946 der Klägerin Unterhalt zu gewähren hätte, ist insbesondere zu prüfen, welche Folgerungen aus dem Wegfall des Satzteils "die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann" hinter dem Wort "Erwerbstätigkeit" zu ziehen sind. Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu sind dem Senat nicht bekannt geworden; es sind nur einige Entscheidungen von Amts- und Landgerichten zu § 58 EheG 1946 veröffentlicht. Auch in der Literatur behandeln nur wenige Veröffentlichungen die für den vorliegenden Fall entscheidende Frage, ob der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau, die für ihren Unterhalt ausreichende Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit hat, auch dann entfällt, wenn ihr diese Tätigkeit wegen Krankheit, hohen Alters oder anderer wichtiger Gründe nicht zugemutet werden kann. So geben Bosch ("Der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau" in DRZ. 1947 S. 82 (83)) und Creifelds ("Kann dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau mit dem Hinweis auf ihre Arbeitspflicht begegnet werden?" in JR. 1949 S. 135 (137)) zwar zu, daß bei einer strengen Wortauslegung des Gesetzes die geschiedene Frau in solchen Fällen ihren an sich begründeten Unterhaltsanspruch verlieren müßte. Sie sind jedoch wegen des angeblichen Widersinns einer solchen Auslegung der Meinung, daß die geschiedene Frau, die trotz hohen Alters oder erheblicher Krankheit unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte - über das Zumutbare hinaus - eine Erwerbstätigkeit übernehme, ihren Unterhaltsanspruch trotz des an sich entgegenstehenden Wortlauts des § 58 EheG 1946 behalte. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Die Änderung des Gesetzes kann nur dahin verstanden werden, daß die geschiedene Frau gemessen an den Lebensverhältnissen, wie sie im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe bestanden haben, bedürftig sein muß. Die unschuldig geschiedene Frau, deren früherer Ehemann an einer Schädigungsfolge gestorben ist, soll durch die Vorschrift des § 42 BVG nicht schlechter gestellt werden als die geschiedene Frau, deren Ehemann noch lebt und gegen den diese deshalb noch Unterhaltsansprüche geltend machen kann. Der Versorgungsanspruch soll also den durch die Folge einer Schädigung weggefallenen Unterhaltsanspruch ersetzen (vgl. hierzu auch LSG. Baden-Württemberg in Breithaupt 1958 S. 469). Es kommt hiernach lediglich darauf an, ob die geschiedene Frau tatsächlich bedürftig ist, d. h. sich nicht selbst unterhalten kann. Ein Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Mann besteht daher nicht, wenn die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt ausreichen. Nach Wortlaut und Sinn des § 58 EheG 1946 sind zunächst die tatsächlichen Einkünfte der geschiedenen Frau aus einer Erwerbstätigkeit festzustellen und dann gegebenenfalls zu prüfen, ob sie zu ihrem Unterhalt ausreichen. Der Umstand, daß einer geschiedenen Frau wegen erheblicher Gesundheitsstörungen oder hohen Alters oder wegen anderer wichtiger Gründe eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, betrifft nicht die Frage ihrer Bedürftigkeit, sondern der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit, falls sie aus den genannten Gründen nicht arbeitet (vgl. hierzu auch Palandt, Kommentar zum BGB, 17. Aufl. 1958 Anm. 3 zu § 58 EheG 1946; LG. Duisburg in FamRZ. 1955 S. 177 Nr. 197; LG. Berlin in JR. 1948 S. 162).
Das LSG. Berlin hat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG. Berlin vom 23. März 1956, durch das der Klägerin eine Witwenrente nach § 42 BVG vom 1. Juli 1952 an zugesprochen worden ist, als unbegründet zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, daß die Klägerin nur durch den Tod ihres früheren Ehemannes gezwungen worden sei, bei einer MdE. um 70 v. H. zu arbeiten. Denn sie sei bis zu seinem Tode einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen, obwohl sie damals noch nicht durch Krankheit erwerbsbehindert gewesen sei. Da nicht angenommen werden könne, daß sie auch dann arbeiten würde, wenn ihr früherer Ehemann aus dem Kriege zurückgekehrt wäre, stehe ihr der Anspruch auf Witwenrente nach § 42 BVG zu. Das LSG. hat mit dieser Entscheidung aus den oben dargelegten Gründen gegen das Gesetz verstoßen. Die Klägerin hat nach § 58 EheG 1946 keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann, wenn die Erträgnisse ihrer Erwerbstätigkeit zu ihrem Unterhalt ausreichen. Da sie unstreitig eine solche Tätigkeit ausübt, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Der Senat konnte jedoch in der Sache selbst nicht entscheiden. Die Klägerin hat für den Fall, daß ihr geschiedener Ehemann im Hinblick auf ihre Erwerbstätigkeit mit einem für ihren Unterhalt ausreichenden Einkommen keinen Unterhalt zu gewähren hätte, wenn er noch leben würde, geltend gemacht, daß sie seit der Antragstellung nicht ständig gearbeitet habe. Vielmehr sei ihre Erwerbstätigkeit häufig durch Krankheiten unterbrochen worden; sie sei z. B. in der Zeit vom 21. Juni 1956 bis 12. März 1957 arbeitsunfähig krank gewesen und habe nur das erheblich geringere Krankengeld bezogen. Hinsichtlich der Höhe der Einkünfte der Klägerin hat das LSG. keine Feststellungen getroffen und auch nicht zu treffen brauchen, weil es der Auffassung war, daß sie ohne Rücksicht auf ihre Erwerbstätigkeit einen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Mann haben würde. Da der Senat nicht befugt ist, die Höhe der Einkünfte der Klägerin seit Antragstellung selbst aufzuklären, mußte die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. Berlin zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Fundstellen
BSGE, 86 |
NJW 1959, 647 |
MDR 1959, 341 |