Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Streitgegenstands. Prüfung des Anspruchs. Fassung der Anträge. Bemessung des Arbeitslosengeldes. 13. Monatsgehalt. Urlaubsgeld. keine Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung nach dem AFG
Orientierungssatz
1. Läßt sich nach den für das Revisionsgericht maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Umfang des Streitgegenstandes nicht beurteilen, muß die Sache an das LSG zurückverwiesen werden.
2. Wird mit der Klage eine höhere Leistung begehrt, ist der geltend gemachte Anspruch unter jeglichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Soweit sich der Kläger auf bestimmte Tatsachen und Rechtsansichten beruft, ist das Gericht hieran nicht gebunden (vgl BSG vom 24.7.1986 - 7 RAr 9/85 = SozR 4100 § 138 Nr 14). Dies folgt aus § 123 SGG, wonach das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein, und aus dem Amtsermittlungsprinzip des § 103 SGG. Aus welchen Gründen sich das Klageziel erreichen läßt, ist nicht entscheidend. Erheblich ist allein, ob es der Kläger überhaupt erreichen kann.
3. Bei dem 13. Monatsgehalt handelt es sich nämlich um eine Zuwendung, die gemäß § 112 Abs 2 S 3 AFG idF des AFKG bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes unberücksichtigt bleibt. Es gehört, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSG vom 15.5.1985 - 7 RAr 3/84 = SozR 4100 § 112 Nr 25), nicht zu dem dem Arbeitnehmer normalerweise und regelmäßig, dh monatlich laufend ausgezahlten Arbeitsentgelt. Dabei kommt es weder auf die Frage an, aus welchen Motiven der Arbeitgeber es dem Kläger gewährt hat, noch darauf, ob es zusätzlich gezahlt wurde und ob es Entgeltcharakter besaß. § 112 Abs 2 S 3 AFG idF des AFKG stellt ausschließlich auf die Art des regelmäßig laufenden Zuflusses ab. Infolgedessen spielt es auch keine Rolle, ob das 13. Monatsgehalt für die Arbeitsleistung des Klägers ebensogut zur Zahlung in 12 gleichen Monatsraten zusammen mit dem übrigen Gehalt hätte vereinbart werden können. Diese Regelung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1, Art 14 GG und das Sozialstaatsgebot des Art 20 GG.
4. Die Ordnung der Arbeitslosenversicherung wird nicht von der Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung beherrscht. Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen. Wegen der Besonderheiten des Systems der Arbeitsförderung ist es verfassungsrechtlich gerechtfertigt, Arbeitsentgelte solcher Arbeitnehmer der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit zu unterwerfen, die wegen des Bezuges anderweitiger Sozialleistungen im Falle der Arbeitslosigkeit regelmäßig überhaupt kein Arbeitslosengeld erhalten können (vgl BVerfG vom 11.3.1980 - 1 BvL 20/76 = SozR 4100 § 168 Nr 12).
Normenkette
SGG §§ 96, 123; AFG § 111 Abs 1, § 112 Abs 2 S 3 Fassung: 1981-12-22; GG Art 3 Abs 1; GG Art 14; GG Art 20
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 09.07.1987; Aktenzeichen L 9 Ar 267/85) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 11.09.1985; Aktenzeichen S 13 Ar 71/85) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg). Er ist zum Jahresende 1984 arbeitslos geworden und bezog von da ab Alg. Der Berechnung dieser Leistung legte das Arbeitsamt nach den tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) das "letztverdiente feste Monatsgehalt" von 3.734,-- DM zugrunde. Es errechnete hieraus ein gerundetes wöchentliches Arbeitsentgelt von 860,-- DM und ging davon aus, daß der Kläger verheiratet ist und auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibetrag eingetragen war. Der Kläger wurde der Leistungsgruppe C zugeordnet und ein Leistungssatz von 367,20 DM wöchentlich festgesetzt (Bescheid vom 17. Dezember 1984).
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, sein Arbeitgeber habe ihm ua ein 13. Monatsgehalt und Urlaubsgeld gezahlt. Deshalb verlange er eine Berechnung des Alg nach dem aus seinen Jahresbezügen errechneten durchschnittlichen Monatsgehalt. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 14. März 1985).
Die Klage hatte ebenso wie die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung keinen Erfolg (Urteil des SG vom 11. September 1985 und Urteil des LSG vom 9. Juli 1987). Das LSG hat außerdem die Klage abgewiesen; gemeint sind möglicherweise die Klagen gegen die Änderungsbescheide vom 9. Januar 1986 und 7. Januar 1987, deren Inhalt das LSG nicht festgestellt hat. Zur Begründung seines Urteils hat das LSG im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger beanstande die Berechnung der ihm gewährten Leistung nach den maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) an sich nicht. Er halte diese Bestimmungen jedoch für verfassungswidrig, weil § 112 Abs 2 Satz 3 AFG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 des Grundgesetzes (GG) und die Eigentumsgarantie des Art 14 GG verstoße, soweit Zuwendungen bei der Bemessung des Alg außer Betracht bleiben. Mit beiden Rügen mache der Kläger im Ergebnis dasselbe geltend. Er wende sich nämlich gegen die mangelnde Äquivalenz zwischen der Heranziehung zur Beitragsleistung und der Leistungserwartung. Diese Problematik sei jedoch im Gegensatz zur Auffassung des Klägers bereits Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen, wenn sich diese auch bisher nicht ausdrücklich mit Art 14, wohl aber mit den Art 2, 3 und 20 GG auseinandergesetzt und deren Verletzung verneint habe. Diese Gesichtspunkte müßten auch für die Frage gelten, ob die Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG gegen Art 14 GG verstoße. Das sei schon deshalb nicht der Fall, weil der Umfang der Leistungsansprüche in bestimmten Grenzen im Ermessen des Gesetzgebers stehe.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der Art 3, 14 und 20 GG. Er macht geltend, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liege darin, daß Arbeitnehmer mit gleich hohen Gesamtjahresbezügen verschieden hohe Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen, je nachdem, ob ihre Jahresbezüge in 12 oder in 13 Monatsgehältern ausgezahlt werden. Entgegen der Auffassung des LSG seien 13 und auch weitere Monatsgehälter nach der derzeitigen arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit feste Einkommensbestandteile geworden. Sie dienten regelmäßig zur Deckung des Lebensbedarfs der Versicherten, die diese Beträge längerfristig einkalkulieren könnten. Insoweit bestehe ein grundlegender Unterschied zwischen dem 13. und weiteren Monatsgehältern einerseits und der Zahlung von Überstunden andererseits. Die Bezieher von 12 und die von mehr Gehältern pro Jahr seien unterscheidbare Gruppen von Normadressaten. Deshalb sei insoweit eine Differenzierung durch den Gesetzgeber erforderlich.
Es liege auch keine zu billigende Regelung im Hinblick auf die mangelnde Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistungen vor.
Aus den gleichen Gründen verletze die Regelung Art 14 GG. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung in BVerfGE 16, S 121 ff bereits entschieden habe, stehe eine einmal erreichte Höhe von Leistungsansprüchen in gewissem Umfang im gesetzgeberischen Ermessen und sei insoweit variabel. Obwohl hiernach kein genereller Grundrechtsschutz bestehe, müsse ein solcher Schutz immer im Zusammenhang mit den allgemeinen Lebensverhältnissen gesehen werden. Hierbei sei die Berücksichtigung der Gestaltungsgruppen im arbeitsrechtlichen Bereich hinsichtlich der Auszahlung von 12 oder mehr Gehältern erforderlich. In diesem Umfang sei ein Grundrechtsschutz gegeben. Auch insoweit liege ein anderer Ausgangstatbestand vor, als bei der Auseinandersetzung wegen der geleisteten Überstunden, mit der sich das BVerfG in seinem Beschluß vom 3. April 1979 (BVerfGE 51, 115) befaßt habe.
Durch die angefochtene Entscheidung habe das LSG im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen auch Art 20 Abs 3 GG verletzt. Die angefochtene Entscheidung verletze durch die von ihr gebilligte Verletzung grundrechtlicher Normen durch die Bestimmung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG die verfassungsmäßige Ordnung.
Der Kläger beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen und die Bescheide der Beklagten vom 17. Dezember 1984, 14. März 1985, 9. Januar 1986 und 7. Januar 1987 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Arbeitslosengeld zu zahlen, bei dessen Höhe der Jahresverdienst als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die von dem Kläger angesprochenen Rechtsfragen seien bereits zu ihren Gunsten geklärt. Darüber hinaus verkenne die Revision den Gehalt der Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 51, 115 ff). Die dort aufgestellten Grundsätze seien auch auf die Behandlung des 13. Monatsgehalts anwendbar. Soweit die Revision eine Verletzung des Art 14 rüge, werde auf den Beschluß des BVerfG vom 7. Mai 1963 (BVerfGE 16, 14, 112 ff) verwiesen. Hiernach sei ein einmal erworbener Anspruch zwar nicht hinsichtlich des Kernbestandes, wohl aber hinsichtlich der Höhe zur Disposition des Gesetzgebers gestellt. Der Gesetzgeber habe insoweit einen Gestaltungsspielraum, der die allgemeinen Lebensverhältnisse berücksichtigen müsse, was hier geschehen sei.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist statthaft. Das LSG hat sie zwar nicht aufgrund der im Gesetz vorgesehenen Gründe (§ 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) zugelassen, sondern deshalb, weil beide Beteiligten dieses angeregt haben. Indes ist der Senat gemäß § 160 Abs 3 SGG im Interesse der Rechtssicherheit auch an eine gesetzeswidrige Zulassung gebunden (BSG SozR 1500 § 160 Nr 21). Ob dies allerdings auch für eine willkürliche Zulassung der Revision gilt, kann mangels eines entsprechenden Tatbestandes hier dahingestellt bleiben.
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet.
Das Urteil des LSG läßt bereits eine ausreichende Kennzeichnung des Streitgegenstandes vermissen. Nach § 95 SGG ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt (hier der Bescheid vom 17. Dezember 1984) in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid (hier vom 14. März 1985) gefunden hat. Nach § 96 SGG werden aber auch weitere Verwaltungsakte Gegenstand des Verfahrens, wenn diese nach Klageerhebung den ursprünglichen Verwaltungsakt abändern oder ersetzen. Das LSG verweist in den Gründen seines Urteils dazu auf die "im Tenor angegebenen weiteren Bescheide". Dort sind solche Bescheide jedoch nicht aufgeführt. Möglicherweise meint das LSG die vom Kläger in seinem Berufungsantrag aufgeführten Änderungsbescheide vom 9. Januar 1986 und 7. Januar 1987. Ob das der Fall ist, oder ob es noch über weitere Bescheide entschieden hat, ist jedoch ungewiß. Selbst den Inhalt der oa Änderungsbescheide hat das LSG nicht festgestellt. Nach den für das Revisionsgericht maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) läßt sich daher der Umfang des Streitgegenstandes nicht beurteilen. Schon aus diesem Grunde muß die Sache an das LSG zurückverwiesen werden, damit die hierfür erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können. Die Zurückverweisung ist im übrigen auch aus weiteren Gründen erforderlich.
Wenn, wie hier, mit der Klage eine höhere Leistung begehrt wird, ist, was das LSG ebenfalls nicht beachtet hat, der geltend gemachte Anspruch unter jeglichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu prüfen, bevor die Klage abgewiesen wird. Klageziel und damit Streitgegenstand ist hier die Gewährung eines höheren Alg. Soweit sich der Kläger auf bestimmte Tatsachen und Rechtsansichten beruft, ist das Gericht hieran nicht gebunden (BSG SozR 4100 § 138 Nr 14). Dies folgt aus § 123 SGG, wonach das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein, und aus dem Amtsermittlungsprinzip des § 103 SGG. Aus welchen Gründen sich das Klageziel erreichen läßt, ist nicht entscheidend. Erheblich ist allein, ob es der Kläger überhaupt erreichen kann. Dem hat das LSG nicht Rechnung getragen. Es hat die Begründetheit der erhobenen Ansprüche nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob ein dem Kläger möglicherweise gewährtes 13. Monatsgehalt bei der Höhe der Leistung zu berücksichtigen ist. Dies hat es allerdings zutreffend verneint.
Nach § 111 Abs 1 AFG in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484), die gemäß § 242f Abs 3 AFG hier maßgeblich ist, beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs 1, 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs 1, 4 und 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 68 vH, für die übrigen Arbeitslosen 63 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112). Arbeitsentgelt im Sinne des § 111 Abs 1 AFG ist nach § 112 Abs 2 AFG idF des seit dem 1. Januar 1982 geltenden Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, gilt als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit 13 vervielfacht und durch 3 geteilt wird. Einmalige und wiederkehrende Zuwendungen bleiben außer Betracht. Bemessungszeitraum sind gemäß § 112 Abs 3 Satz 1 AFG idF des AFKG die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs.
Hiernach besteht keine gesetzliche Grundlage für das Begehren des Klägers, den Jahresverdienst als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen. Zeitlicher Rahmen für die Bemessungsgrundlage ist der Bemessungszeitraum. Welchen Umfang dieser Zeitraum hat, geht aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht hervor. Es hat lediglich festgestellt, daß der Berechnung des Alg vom Arbeitsamt das letztverdiente feste Monatsgehalt von 3.734,-- DM zugrunde gelegen habe. Ob es sich hierbei um einen abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum gehandelt hat, ist daraus nicht zu entnehmen. Hierauf kann es für die Höhe des Alg jedoch ankommen. Unerheblich ist allerdings, ob das dem Kläger gewährte 13. Monatsgehalt im Bemessungszeitraum erzielt worden ist. Dies würde nichts daran ändern, daß es bei der Bemessung des Alg außer Betracht bleibt.
Bei dem 13. Monatsgehalt handelt es sich nämlich um eine Zuwendung, die gemäß § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG bei der Bemessung des Alg unberücksichtigt bleibt. Es gehört, wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 4100 § 112 Nr 25), nicht zu dem dem Arbeitnehmer normalerweise und regelmäßig, dh monatlich laufend ausgezahlten Arbeitsentgelt. Dabei kommt es weder auf die Frage an, aus welchen Motiven der Arbeitgeber es dem Kläger gewährt hat, noch darauf, ob es zusätzlich gezahlt wurde und ob es Entgeltcharakter besaß. § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG stellt ausschließlich auf die Art des regelmäßig laufenden Zuflusses ab. Infolgedessen spielt es auch keine Rolle, ob das 13. Monatsgehalt für die Arbeitsleistung des Klägers ebensogut zur Zahlung in 12 gleichen Monatsraten zusammen mit dem übrigen Gehalt hätte vereinbart werden können. Das übersieht der Kläger, wenn er meint, er müsse ebenso behandelt werden, wie ein Arbeitnehmer, dem das 13. Monatsgehalt für die gleiche Arbeitszeit in 12 Monatsraten gezahlt worden ist. Im letzteren Falle würden nämlich derartige Raten Bestandteil des regelmäßigen, laufenden Gehalts sein. Dem Kläger hätte dann monatlich ein um dieses Zwölftel erhöhtes Arbeitsentgelt zur Verfügung gestanden. Sein regelmäßiger Lebensstandard wäre hiervon bestimmt worden. Das hätte nach der der Zahlung von Alg zugrundeliegenden Idee des anteiligen Ersatzes eines regelmäßig zufließenden Nettolohns ohne weiteres dazu geführt, daß eine derartige im Bemessungszeitraum ausgezahlte Rate bei der Bemessung des Alg berücksichtigt worden wäre. Nach dem Gesetzesinhalt kommt es also auf die Art der Entgeltzahlung als maßgebliche Unterscheidung an (laufend - wiederholend - einmalig). Deshalb ist nicht entscheidend, wie eine einmalige oder wiederkehrende Zuwendung auch anders, nämlich als laufendes Arbeitsentgelt, hätte verteilt werden können. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Vertragsgestaltung, wie sie die Arbeitsvertragspartner vorgenommen haben.
Diese Regelung ist mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG vereinbar. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft (BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr 12). Er muß allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Hierbei kommt es darauf an, ob die Unterschiede der zu regelnden Sachverhalte für eine am Gerechtigkeitsdenken orientierte Betrachtungsweise so erheblich sind, daß ihre Außerachtlassung als willkürlich empfunden werden muß. Nach diesen Grundsätzen kann die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern, die ein 13. Monatsgehalt erhalten und solchen, bei denen das Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung eines 13. Monatsgehalts monatlich ausgezahlt wird, nicht als willkürlich angesehen werden. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil der Gesetzgeber die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung berücksichtigt.
Gegen die Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG bestehen entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb verfassungsmäßige Bedenken, weil dadurch Entgeltteile von der Leistungsgewährung ausgeschlossen sind, für die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit zu entrichten waren (§ 173a AFG). Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des erkennenden Senats wird die Ordnung der Arbeitslosenversicherung nicht von der Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung beherrscht. Das BVerfG hat grundsätzlich darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten sei, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen; es hat entschieden, daß die individuellen Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des extrem kurzen Bemessungszeitraums und der üblicherweise kurzen Leistungsbezugszeit ohnedies als vorrangiger Maßstab nicht in Betracht kommen (BVerfGE 51, 115, 124 f = SozR 4100 § 112 Nr 10). Wegen der Besonderheiten des Systems der Arbeitsförderung hat das BVerfG die Beitragspflicht zur Bundesanstalt überdies nicht nur dann als gerechtfertigt angesehen, wenn sie mit äquivalenten beitragsabhängigen Gegenleistungen verbunden ist, sondern es auch gebilligt, daß Arbeitsentgelte solcher Arbeitnehmer der Beitragspflicht unterworfen werden, die wegen des Bezuges anderweitiger Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit regelmäßig überhaupt kein Alg erhalten können (BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr 12). Der Senat hat hieraus gefolgert, daß dies erst recht dann gelten muß, wenn ein Teil des Arbeitsentgelts leistungsrechtlich nicht berücksichtigt wird, obwohl es der Beitragspflicht zur Bundesanstalt unterworfen bleibt (BSG SozR 4100 § 112 Nr 25). Damit im Einklang steht die Entscheidung des 12. Senats des BSG (BSGE 62, 281, 297 = SozR 2200 § 385 Nr 18), daß, soweit die Neuregelung der Beitragspflicht von Sonderzuwendungen sich auf die Arbeitslosenversicherung erstreckt hat (§ 385 Abs 1a Reichsversicherungsordnung idF von Art 1 Nr 9 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 -BGBl I 1532-), dies auch unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Äquivalenz auf der Leistungsseite verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Auch die Rüge des Klägers, § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG verletze Art 14 GG, greift nicht durch. Zwar unterliegen Ansprüche und Anwartschaften auf Alg dem Eigentumsschutz (vgl BVerfGE 72, 9, 18 f = SozR 4100 § 104 Nr 13); indessen ergibt sich die konkrete Reichweite dieses Schutzes aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die der Gesetzgeber vorzunehmen hat. Hiernach sind Regelungen, die zu Eingriffen in eigentumsrechtlich geschützte Rechtspositionen führen, dann zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Hierbei müssen die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein (BVerfG SozR 4100 § 242b Nr 3). Das ist hier der Fall.
Ziel des AFKG war es, die Arbeitsförderung funktionsfähig zu erhalten und hierbei auch die Anpassung von Leistungen an die Finanzsituation vorzunehmen (BT-Drucks 9/846 S 31). Dementsprechend ist auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) die Fassung beschlossen worden, die § 112 Abs 2 Satz 3 durch das AFKG erhalten hat (BT-Drucks 9/966 S 20). Zur Begründung wurde ua angegeben, im Hinblick auf die veränderten wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen habe es der Ausschuß für vertretbar gehalten, Mehrarbeitszuschläge und aufgelaufene Arbeitsentgelte bei der Bemessung des Alg nicht mehr zu berücksichtigen. Diese Entgelte, die unter besonderen Voraussetzungen gezahlt würden, gehörten nicht zu dem gewöhnlichen laufenden Arbeitsentgelt, mit dem der Arbeitnehmer rechnen könne (BT- Drucks 9/966 S 79 zu Art 1 Satz 1 Nr 32 - § 112 AFG -). Gemeint ist damit offensichtlich der arbeitslose Arbeitnehmer und dessen am Tarifgefüge orientierte Lohnchancen bei einem neuen Arbeitgeber. Dies zeigt, daß es dem Gesetzgeber bei der vorgenommenen Änderung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG um die Beseitigung einer nicht mehr als tragbar empfundenen Gesetzeslage ging. Die Änderung diente ferner dem öffentlichen Interesse an einer Anpassung und Konsolidierung der Arbeitsförderung, indem sie dazu beitrug, die Leistungen an die Finanzsituation der Bundesanstalt anzugleichen. Hierzu waren die neuen Regelungen des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG geeignet. Sie erscheinen im Hinblick darauf, daß die laufenden regelmäßigen Arbeitsentgelte nach dem System der Arbeitslosenversicherung die Höhe der Leistung bestimmen sollen, nicht unverhältnismäßig. Das gilt selbst dann, wenn sie in eine Rechtsposition eingreifen, die der Versicherte in Form einer Anwartschaft auf Berücksichtigung der Zuwendung gemäß § 112 Abs 3 Satz 3 AFG durch das insoweit am 1. Januar 1981 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) erworben haben sollte. Der Gesetzgeber des AFKG hat die Berücksichtigung einmaliger und wiederkehrender Zuwendungen jeglicher Art bei der Bemessung des Alg nur für künftig entstehende Versicherungsfälle verboten (Art 1 § 2 Nr 11 AFKG). Aufgrund bisheriger Anwartschaften vorher entstandene Ansprüche bleiben unberührt. Dies ist als eine ausreichende Gewährleistung der Eigentumsgarantie solcher Anwartschaften zu bewerten. Die Veränderung dieser Rechtslage von einem bestimmten Zeitpunkt an ist aber dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn es dafür - wie ausgeführt wurde - sachlich einleuchtende Gründe gibt.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 51, 115, 124 = SozR 4100 § 112 Nr 10) verstößt die durch das AFKG geschaffene neue Rechtslage auch dann nicht gegen das Sozialstaatsgebot des Art 20 GG, wenn die Nichtberücksichtigung der Entgelte für das 13. oder weitere Monatsgehalt in Einzelfällen dazu führt, daß das Alg, gemessen an dem Nettoentgelt vor der Arbeitslosigkeit, nicht unerheblich unter dem Regelsatz von 68 bzw 63 vH liegt. Der Gesetzgeber genügt nach der Auffassung des BVerfG den Anforderungen des Art 20 Abs 1 GG, wenn dem Arbeitslosen angemessener Ersatz für den Ausfall geleistet wird, den er dadurch erleidet, daß er gegenwärtig keinen tariflich bezahlten Arbeitsplatz findet. Im übrigen hat der Gesetzgeber durch die Verlängerung der Bezugsdauer mit der Einfügung des § 106a AFG durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes und der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20. Dezember 1984 (BGBl I 1713) einen gewissen Ausgleich geschaffen.
Ob und wann dem Kläger Urlaubsgeld gezahlt worden ist, hat das LSG nicht festgestellt. Sollte dies der Fall gewesen sein, könnte es selbst dann, wenn es im Bemessungszeitraum gezahlt worden wäre, nicht beim Bemessungsentgelt berücksichtigt werden. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 4100 § 112 Nr 30), bleibt nach der hier maßgeblichen Neufassung des § 112 Abs 2 AFG durch das AFKG ein neben dem Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber gewährtes Urlaubsgeld außer Betracht, da es sich bei dieser Leistung um eine Zuwendung handelt. § 112 Abs 2 S 3 AFG in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung des AFKG verbietet die Berücksichtigung von Zuwendungen jeglicher Art bei der Bemessung des Alg (BSG SozR 4100 § 112 Nr 25). Verfassungsrechtlich ist dieses Ergebnis ebensowenig zu beanstanden, wie der Ausschluß eines 13. Monatsgehalts von der Berücksichtigung bei der Bemessung des Alg.
Bleiben hiernach das dem Kläger gezahlte 13. Monatsgehalt und ein etwaiges Urlaubsgeld bei der Festsetzung des Bemessungsentgelts außer Betracht, so rechtfertigt dies dennoch nicht eine abschließende Beurteilung der Höhe des dem Kläger zustehenden Alg-Anspruchs. Das LSG hat nicht geprüft, ob die für die Bemessung des Alg maßgeblichen Faktoren zutreffend von der Beklagten berücksichtigt worden sind. Tatsächliche Feststellungen hierzu hat es auch nicht getroffen. Der Senat kann daher eine entsprechende Prüfung nicht selbst vornehmen. Es ist folglich nicht auszuschließen, daß dem Kläger aus anderen als den bisher geltend gemachten Gründen höheres Alg zusteht. So hat das LSG seiner Entscheidung das "letztverdiente feste Monatsgehalt" zugrunde gelegt und hierbei nicht berücksichtigt, daß Bemessungszeitraum die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs sind. Wann dies der Fall war, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Mithin ist nicht erkennbar, ob das den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Bemessungsentgelt dem Gesetz entspricht.
Die Sache muß daher gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen