Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlechtwettergeld und Wintergeld. wiederkehrende Leistungen. Berufungsausschluß. keine Nachholung der Verfahrensrüge in der Revisionsinstanz

 

Orientierungssatz

1. Schlechtwettergeld und Wintergeld sind von ihrer Funktion, ihrer Finanzierung, dem Zeitraum, für den sie in Betracht kommen und ihrer Berechnungsweise materiell völlig unterschiedliche Leistungen. Während das Schlechtwettergeld den witterungsbedingten Lohnausfall ausgleicht (zu § 144 SGG), soll das Wintergeld Mehraufwand bei Arbeit in der Winterszeit abgelten. Die Mehrheit selbständiger prozessualer und materiell-rechtlicher Ansprüche hat zur Folge, daß sowohl für den Anspruch auf Schlechtwettergeld als auch für den Anspruch auf Wintergeld zu prüfen ist, ob die Berufung zulässig ist; denn betrifft ein Rechtsmittel ein Urteil, das über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche entschieden hat, ist die Rechtsmittelfähigkeit für jeden Anspruch gesondert zu prüfen.

2. Schlechtwettergeld ist jedenfalls dann eine wiederkehrende und keine einmalige Leistung, wenn es wie hier für mehr als einen Ausfalltag geltend gemacht wird. Denn der Begriff der Einmaligkeit beinhaltet ein Geschehen, das sich seiner Natur nach in einer bestimmten, verhältnismäßig kurzen Zeitspanne abspielt und sich im wesentlichen in einer einzigen Gewährung erschöpft. Der Anspruch auf Schlechtwettergeld erstreckt sich jedoch üblicherweise auf mehrere Ausfalltage, wenn in der Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 2 AFG) wiederholt witterungsbedingter Arbeitsausfall eintritt und die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Dem steht nicht entgegen, daß die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Ausfalltag gegeben sein müssen, für den Schlechtwettergeld geltend gemacht wird. Der Begriff der wiederkehrenden Leistungen verlangt nicht, daß die Leistungen in gleichmäßigen Zeiträumen oder in gleicher Höhe, Art und Umfang regelmäßig anfallen. Es genügt, wenn sie in ungleichmäßigen Zeiträumen anfallen, aber in ihrer Grundstruktur gleich sind, solange ihnen nur ein Moment zeitlicher Dauer innewohnt.

3. Die Verfahrensrüge nach § 150 Nr 2 SGG muß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erfolgt sein und kann infolgedessen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.

4. Das Revisionsverfahren dient der Überprüfung, ob das Berufungsurteil mit revisiblem Recht übereinstimmt. Es liegt daher nicht iS des SGG, dem Berufungskläger im Revisionsverfahren nachträglich den Zugang zu einer Sachentscheidung durch richtiges Prozeßverfahren zu ermöglichen, das er vor dem Berufungsgericht unterlassen hat.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs 1 Nr 2, § 150 Nr 2; AFG §§ 80, 83

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 26.02.1988; Aktenzeichen L 6 Ar 59/87)

SG Koblenz (Entscheidung vom 07.05.1987; Aktenzeichen S 9 Ar 375/86 Ko)

 

Tatbestand

Streitig ist Wintergeld (WG) und Schlechtwettergeld (SWG) für einen der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin.

Das Stammkapital der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Fliesen verlegt, wird von ihren beiden Geschäftsführern, den Eheleuten Sch.   , gehalten, und zwar hält die Ehefrau seit 1985 27.500,-- DM (55 %) und der Ehemann (S) die restlichen 22.500,-- DM (45 %). Die Ehefrau hat nach den Geschäftsführer-Verträgen als Geschäftsführerin die gleichen Befugnisse wie ihr Ehemann, erhält indes keine Vergütung, während der Ehemann S, der gelernter Fliesenlegermeister ist, nach den vertraglichen Vereinbarungen eine stundenabhängige Vergütung erhalten soll.

Die Klägerin beantragte im Winter 1985/86 für Klaus B.        und ihren Geschäftsführer S WG, und zwar für den letzteren für Arbeitsstunden, die in der Zeit vom 1. bis 2., 4. bis 9., 11. bis 15. und 18. November 1985, 2. bis 6., 9. bis 13., 16. bis 20. und 23. Dezember 1985, 20. bis 22. Januar 1986 sowie vom 3. bis 8. Februar 1986 geleistet sein sollen.

Gleichzeitig beantragte die Klägerin für den Geschäftsführer S SWG für Arbeitsausfälle in der Zeit vom 19., 21. bis 22., 25. bis 29. November 1985, 2. bis 3., 6. bis 10., 13. bis 17., 23. bis 24., 27. bis 31. Januar 1986 und vom 12. bis 14., 17. bis 21., 24. bis 28. Februar 1986 sowie für sich einen Zuschuß zu den Beiträgen zur Rentenversicherung des Geschäftsführers.

Die Beklagte gewährte das beantragte WG für B.       , lehnte im übrigen aber WG und SWG für den Geschäftsführer S und den Beitragszuschuß ab, da der Geschäftsführer nicht als Arbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe (Bescheid vom 12. März 1986, Widerspruchsbescheid vom 18. September 1986).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen; es teilte die Beurteilung der Beklagten (Urteil vom 7. Mai 1987). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin WG und SWG für S zu gewähren (Urteil vom 26. Februar 1988).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es teile die Auffassung des SG, daß S nicht in abhängiger Beschäftigung gestanden, sondern einer unternehmerischen unabhängigen Betätigung nachgegangen sei. Indessen habe die beigeladene Ortskrankenkasse als Einzugsstelle die Versicherungspflicht des S ab 1. April 1982 durch Bescheid vom 26. Juni 1986 festgestellt. Zwar binde Einzug und Annahme von Beiträgen durch die Einzugsstelle im Leistungsfalle die Beklagte nicht. Etwas anderes müsse aber dann gelten, wenn die Einzugsstelle die Beitragspflicht durch Bescheid festgestellt habe, wozu sie § 182 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausdrücklich ermächtige, und dieser Bescheid auch der Beklagten bekanntgegeben werde, wie das hier geschehen sei.

Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung der §§ 80, 83, 85 und 182 AFG. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des LSG binde die Entscheidung der Einzugsstelle die Beklagte nicht. Der § 182 Abs 1 AFG begründe nicht die Befugnis der Einzugsstelle, im Stadium des Leistungsverfahrens rückwirkend über die Beitragspflicht zu befinden, womöglich mit dem Ziele, die Beklagte nachträglich zu binden. Anders als zu Zwecken der Beitragserhebung oder -erstattung sei die Einzugsstelle zu Entscheidungen über die Beitragspflicht nicht befugt. Darüber hinaus komme im vorliegenden Falle eine Bindung nicht in Betracht, weil WG und SWG nur Arbeitern in Betrieben des Baugewerbes zustehe (§ 80 Abs 1, § 83 AFG), der Bescheid der Beigeladenen aber nicht festgestellt habe, daß S als Arbeiter in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Im übrigen deuteten die vom LSG festgestellten Tätigkeitsmerkmale des S darauf hin, daß dieser nicht als Arbeiter anzusehen sei. Die heute noch geltende Bestimmung von Berufsgruppen der Angestelltenversicherung sehe im Baugewerbe die Meister als Angestellte an, wenn sie mit der Leistung oder Beaufsichtigung eines Betriebes betraut und nicht vorwiegend körperlich tätig seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie teilt die Auffassung des LSG, daß die Beklagte an die Entscheidung der Beigeladenen gebunden sei. Der Einwand, daß S kein Arbeiter sei, komme zu spät; dies sei in den Vorinstanzen unstreitig gewesen, da sich die Beklagte auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht nicht berufen habe. Abgesehen davon, daß es sich insoweit um eine Vorfrage handele, die die Beigeladene bindend mitentschieden habe, liege der Schwerpunkt der Tätigkeit des S in der Ausführung von Fliesenlegerarbeiten. Im übrigen habe das LSG zu Unrecht die Arbeitnehmereigenschaft des S verneint.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie teilt die Auffassung des LSG, daß die Beklagte durch den die Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsakt der Einzugsstelle gebunden sei. Diese Bindung entfalle auch nicht dann, wenn der die Beitragspflicht feststellende Verwaltungsakt erst im Stadium des Leistungsverfahrens der Beklagten erlassen werde. Die Beigeladene begründet dies des Näheren.

Auf den Hinweis des Gerichts, daß gegen die Statthaftigkeit der Berufung wegen des § 144 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bedenken bestünden, hat die Beigeladene vorgetragen, es sei zu prüfen, ob die Berufung nicht ungeachtet des § 144 SGG nach § 150 Nr 2 SGG zulässig gewesen sei. Das erstinstanzliche Verfahren leide insoweit an einem wesentlichen Mangel, als das SG die Amtsermittlungspflicht verletzt habe. Da der geltend gemachte Anspruch voraussetze, daß Versicherungspflicht bestanden habe, hätte sich das Gericht zu der Ermittlung gedrängt fühlen müssen, ob die Einzugsstelle und spätere Beigeladene die Versicherungspflicht durch Verwaltungsakt festgestellt habe. Daß dieser Mangel nicht gerügt worden sei, sei offensichtlich auf eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung zurückzuführen. Dieser Umstand dürfe sich für die Klägerin nicht nachteilig auswirken.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.

Die Beklagte hat das vom LSG zugelassene Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist (§ 164 Abs 2 Satz 2 SGG) unter Angabe eines bestimmten Antrags und der verletzten Rechtsnormen begründet. Zwar hat sich die Beklagte in der Revisionsbegründung nicht mit dem Zuschuß zur Rentenversicherung befaßt, auf die der Arbeitgeber Anspruch hat, wenn einem seiner Arbeitnehmer SWG gewährt wird (§ 166 Abs 3 Satz 2 AFG). Das war aber auch nicht erforderlich; denn die Revision betrifft mangels einer diesbezüglichen Verurteilung der Beklagten nicht einen solchen Anspruch. Das LSG hat die Beklagte der Urteilsformel nach nur zur Gewährung von WG und SWG für S verurteilt, nicht auch zur Gewährung des Zuschusses an die Klägerin. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die vom LSG ausgesprochene Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach, der Klägerin für S WG und SWG zu gewähren, den Zuschuß umfassen sollte; denn in dem Verfahren der Vorinstanzen ist von dem Zuschuß keine Rede gewesen.

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts und zur Verwerfung der Berufung der Klägerin.

Bei einer zulässigen, dh zugelassenen, form- und fristgerecht eingelegten und ordnungsgemäß begründeten Revision sind in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze von Amts wegen zu beachten, die im öffentlichen Interesse stehen und deren Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist. Zu diesen verfahrensrechtlichen Grundsätzen gehören die Vorschriften über die Zulässigkeit der Berufung; denn die Zulässigkeit der Berufung ist eine Voraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren, mithin auch das Verfahren der Revisionsinstanz in seiner Rechtswirksamkeit abhängt (seit BSGE 1, 227, 230 st Rspr). Gegen die Vorschriften über die Zulässigkeit der Berufung hat das Berufungsgericht verstoßen; ihm ist entgangen, daß die Berufung der Klägerin § 144 Abs 1 Nr 2 SGG unterfällt und damit nicht statthaft ist.

Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (drei Monaten). Gegenstand der Berufung, über die das LSG entschieden hat, sind die Ansprüche des S auf SWG und WG, die die Klägerin als Prozeßstandschafterin geltend macht (vgl BSGE 22, 181, 183 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; BSGE 43, 255 = SozR 4100 § 80 Nr 1). Die Berufung betraf damit zumindest zwei selbständige prozessuale Ansprüche. SWG und WG sollen zwar gemeinsam dazu beitragen, daß auch während der witterungsungünstigen Jahreszeit die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeitnehmer des Baugewerbes aufrechterhalten werden, und haben deshalb bestimmte Anspruchsvoraussetzungen gemeinsam. Dennoch sind SWG und WG von ihrer Funktion, ihrer Finanzierung, dem Zeitraum, für den sie in Betracht kommen und ihrer Berechnungsweise materiell völlig unterschiedliche Leistungen. Während das SWG den witterungsbedingten Lohnausfall ausgleicht (BSGE 22, 181, 182 f = SozR Nr 26 zu § 144 SGG), soll das WG Mehraufwand bei Arbeit in der Winterszeit abgelten (BSGE 43, 255, 267 = SozR § 80 Nr 1; SozR 4100 § 141 b Nr 10). Die Mehrheit selbständiger prozessualer und materiell-rechtlicher Ansprüche hat zur Folge, daß sowohl für den Anspruch auf SWG als auch für den Anspruch auf WG zu prüfen ist, ob die Berufung zulässig ist; denn betrifft ein Rechtsmittel ein Urteil, das über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche entschieden hat, ist die Rechtsmittelfähigkeit für jeden Anspruch gesondert zu prüfen (vgl für viele BSGE 8, 228, 231 f).

SWG ist jedenfalls dann eine wiederkehrende und keine einmalige Leistung, wenn es wie hier für mehr als einen Ausfalltag geltend gemacht wird (BSGE 22, 181, 184 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG). Denn der Begriff der Einmaligkeit beinhaltet ein Geschehen, das sich seiner Natur nach in einer bestimmten, verhältnismäßig kurzen Zeitspanne abspielt und sich im wesentlichen in einer einzigen Gewährung erschöpft. Der Anspruch auf SWG erstreckt sich jedoch üblicherweise auf mehrere Ausfalltage, wenn in der Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 2 AFG) wiederholt witterungsbedingter Arbeitsausfall eintritt und die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Dem steht nicht entgegen, daß die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Ausfalltag gegeben sein müssen, für den SWG geltend gemacht wird. Der Begriff der wiederkehrenden Leistungen verlangt nicht, daß die Leistungen in gleichmäßigen Zeiträumen oder in gleicher Höhe, Art und Umfang regelmäßig anfallen. Es genügt, wenn sie in ungleichmäßigen Zeiträumen anfallen, aber in ihrer Grundstruktur gleich sind, solange ihnen nur ein Moment zeitlicher Dauer innewohnt (BSGE 2, 135, 137; BSG SozR Nrn 21 und 23 zu § 144 SGG).

Das SWG begehrt die Klägerin für weniger als 13 Wochen (drei Monate). Für die Berechnung dieses Zeitraums ist nicht die Zeit zwischen dem ersten und dem letzten Tag, für den SWG verlangt wird (19. November 1985 bis 28. Februar 1986), maßgebend. Diese Berechnungsart würde nämlich bedeuten, daß die Statthaftigkeit der Berufung allein von dem Zufall abhinge, zu welchem Zeitpunkt der erste und der letzte Ausfalltag angefallen sind, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen, in die Zwischenzeit fallenden Ausfalltage. Es brauchten nur zwei Ausfalltage gegeben zu sein, die jeweils möglichst am Beginn und am Ende der Schlechtwetterzeit liegen müßten, damit die Berufung statthaft wäre. Die Statthaftigkeit der Berufung hinge also nicht von der Beschwer des Berufungsklägers ab; auch würden Bagatellfälle von der Berufungsinstanz nicht ausgeschlossen. Aus dem letztgenannten Grunde kann auch die Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 2 AFG) nicht maßgebend sein; andernfalls würde auch dann, wenn für zwei Tage SWG geltend gemacht wird, die Berufung immer zulässig sein, weil die Schlechtwetterzeit, für die SWG gewährt werden kann, sich über fünf Monate erstreckt (vgl BSGE 22, 181, 184 f = SozR Nr 26 zu § 144 SGG). Wird allein auf die jeweils zusammenhängend verlaufenen Zeiträume abgestellt (BSG aaO; vgl für die Arbeitslosenhilfe auch BSGE 46, 271 f), wären hiernach ungeachtet der freien Samstage und Sonntage die Zeiträume vom 19. bis 29. November 1985, vom 2. bis 17. Januar 1986, vom 23. bis 31. Januar 1986 und vom 12. bis 28. Februar 1986 mit der Folge für sich zu betrachten, daß jeder dieser prozessualen Ansprüche dem Berufungsausschluß unterfällt. Aber auch dann, wenn stattdessen die Beschwerde des Berufungsführers nach der Gesamtheit der Ausfalltage, für die SWG geltend gemacht wird, beurteilt wird, unterfällt das Begehren der Klägerin dem Berufungsausschluß; denn selbst unter Einschluß der arbeitsfreien Samstage und Sonntage wird SWG nur für ca zehn Wochen verlangt. Es stellt sich daher nicht die Frage, ob auf die jeweils zusammenhängenden Zeiträume (vgl BSG aaO) oder auf die Gesamtheit der Ausfalltage abzustellen ist (vgl BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 und 1500 § 144 Nr 18).

Nicht anders als das SWG zählt das WG zu den Leistungen, die wiederkehrend gezahlt werden (BSG SozR 1500 § 150 Nr 11). Das ergibt sich schon daraus, daß es dem Anspruchsberechtigten für jede Arbeitsstunde gewährt wird, die er - abgesehen von den acht Tagen vom 25. Dezember bis 1. Januar - in der Förderungszeit (1. Dezember bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 1 AFG) erbracht hat (§ 80 Abs 1 AFG). Auch der Anspruch auf WG, den die Klägerin geltend macht, umfaßt nicht Leistungen für 13 Wochen (drei Monate). Auch insoweit ist aus den oben genannten Gründen weder der Zeitraum zwischen dem ersten und dem letzten Tag, für die WG verlangt wird (1. November 1985 bis 8. Februar 1986), noch die Förderungszeit maßgebend. Da selbst die Gesamtheit der Tage, für die mit WG zu belegende Arbeitsstunden geltend gemacht werden, lediglich ca acht Wochen umfassen, und zwar unter Einschluß der Tage im November, für die schon dem Grunde nach kein Anspruch auf WG bestehen kann, ist ein Fall des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG gegeben.

Daß die Klägerin, zählt man die Zeiträume für SWG und WG zusammen, Ansprüche für mehr als 13 Wochen (drei Monate) geltend macht, ist nach dem Grundsatz, daß die Statthaftigkeit der Berufung für jeden Anspruch gesondert zu prüfen ist, unerheblich. Daran ändert auch nichts, daß die Beklagte beide Leistungen aus dem gleichen Grunde und in dem gleichen Bescheid abgelehnt hat (BSG SozR 1500 § 144 Nrn 2 und 4 und § 146 Nrn 2 und 14).

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich hier auch nicht aus § 150 SGG.

Das SG hat die Berufung nicht zugelassen (§ 150 Nr 1 SGG). Daß nach der dem Urteil des SG beigefügten Rechtsmittelbelehrung dieses Urteil mit der Berufung uneingeschränkt angefochten werden konnte, ist ohne Belang. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann die Rechtsmittelzulassung nicht ersetzen. Denn die Zulassung erfordert eine Entscheidung des Gerichts; eine Belehrung ist indessen keine Entscheidung (vgl für viele BSGE 2, 121, 125 f).

Ungeachtet des Berufungsausschlusses nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG wäre die Berufung zulässig gewesen, wenn die Klägerin vor dem LSG einen wesentlichen Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens gerügt hätte (§ 150 Nr 2 SGG). Das ist indes nicht geschehen. Die Rüge der Beigeladenen, das SG habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es nicht geprüft habe, ob die Beigeladene die Versicherungspflicht des Gesellschafters S festgestellt habe, muß ohne Erfolg bleiben. Die Rüge ist erst im Revisionsverfahren erhoben worden. Grundsätzlich gilt aber, daß die Verfahrensrüge nach § 150 Nr 2 SGG bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erfolgt sein muß und infolgedessen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann (BSG SozR Nrn 9 und 41 zu § 150 SGG; SozR 1500 § 150 Nrn 11 und 28; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 3. Aufl 1987, § 150 Rdz 19; Peters/Sautter/Wolff, Komm zum SGG, Stand August 1987, § 150 Anm 3 S III/72 - 64 -; Rohwer/Kahlmann, Komm zum SGG, Stand April 1987, § 150 Rdz 29). Das Revisionsverfahren dient der Überprüfung, ob das Berufungsurteil mit revisiblem Recht übereinstimmt. Es liegt daher nicht im Sinne des SGG, dem Berufungskläger im Revisionsverfahren nachträglich den Zugang zu einer Sachentscheidung durch richtiges Prozeßverhalten zu ermöglichen, das er vor dem Berufungsgericht unterlassen hat. Ob von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen wäre, wenn der Berufungskläger weder durch die Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils noch anderweit in der Berufungsinstanz darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß ein Berufungsausschluß gegeben sein könnte und ob dann die Rüge eines nicht notwendig Beigeladenen genügte, bedarf hier keiner Entscheidung; denn die Rüge der Beigeladenen geht fehl. Das SG hätte nämlich zu Ermittlungen, ob die Beigeladene die Versicherungspflicht des Gesellschafters S festgestellt hat, allenfalls dann veranlaßt sein können, wenn es der - von der Beigeladenen geteilten - Rechtsauffassung des LSG gewesen wäre, daß Entscheidungen der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht die Beklagte bei Entscheidungen über SWG oder WG binden. Für eine solche Rechtsauffassung des SG gibt dessen Urteil jedoch keinerlei Anhaltspunkte her. Das SG hat allein darauf abgestellt, ob der Geschäftsführer S einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung nachgegangen ist.

Das LSG hätte demnach die Berufung des Klägers als unzulässig verwerfen müssen und hätte nicht in der Sache entscheiden dürfen. Sein Urteil kann daher keinen Bestand haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660037

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge