Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 11.01.1956) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Januar 1956 aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I
Der Beklagte, der von 1914 bis 1946 bei der klagenden Krankenkasse bzw. ihrer Rechtsvorgängerin angestellt war und von 1935 an ihrer Dienstordnung (DO) als DO-Angestellter unterstand, erhält von der Klägerin seit dem 1. April 1951 Versorgungsbezüge nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes (GG) fallenden Personen vom 11. Mai 1951. Auf diese Bezüge rechnet die Klägerin eine Rente des Beklagten aus der Angestelltenversicherung (AV) insoweit an, als die Rente auf Beitragszeiten bis 1924 beruht, weil nach ihrer Auffassung für den Beklagten bis zum Jahre 1924 Pflichtbeiträge entrichtet worden sind. Der Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, auch die bis 1924 geleisteten Beiträge seien freiwillige Beiträge gewesen.
Das vom Beklagten nach § 358 der Reichsversicherungsordnung (RVO) a.F. angerufene Versicherungsamt (VA) Erbach entschied zu seinen Gunsten. Diese – ohne mündliche Verhandlung ergangene – Entscheidung trägt das Datum vom 28 a Dezember 1953 und ist den Beteiligten am 3. Februar 1954 zugestellt worden. Nach der Rechtsmittelbelehrung des VA sollte gegen seine Entscheidung innerhalb eines Monats nach Zustellung die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt zulässig sein. Die Klägerin legte darauf am 1. März 1954 „Berufung” beim LSG ein, erklärte sich aber auf eine entsprechende Mitteilung des LSG mit der Abgabe des Rechtsstreits an das Sozialgericht (SG) Darmstadt einverstanden. Dieses wies die Klägerin in einem formlosen Schreiben vom 7. April 1954 darauf hin, daß für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis von DO-Angestellten die Arbeitsgerichte zuständig seien und verfügte die Streichung der Sache in der Prozeßliste.
Die Klägerin erhob nunmehr mit Schriftsatz vom 4. Mai 1954 beim Arbeitsgericht Darmstadt Klage mit dem Antrag, festzustellen, daß die AV-Rente des Beklagten „dem Grunde nach” auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen sei und daß der Beklagte frühestens vom 1. Januar 1925 an als freiwillig Versicherter gelten könne. Das Arbeitsgericht war der Auffassung, daß zwischen den Parteien ausschließlich darum gestritten werde, ob der Beklagte bis 1924 freiwillig oder pflichtversichert gewesen sei. Dieser Streit betreffe, obwohl die Klägerin dem Beklagten nicht als Versicherungsträger, sondern als frühere Arbeitgeberin gegenüberstehe, eine Angelegenheit der Sozialversicherung und gehöre daher vor die Sozialgerichte. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei mithin zu verneinen und die Klage abzuweisen (Urteil vom 4.6.1954).
Nach Rechtskraft dieses Urteils erhob die Klägerin am 27. Dezember 1954 Klage beim SG Darmstadt mit den Anträgen, die Entscheidung des VA Erbach vom 28. Dezember 1953 aufzuheben und festzustellen, daß die für den Beklagten entrichteten AV-Beiträge frühestens ab 1. Januar 1925 als freiwillige Beiträge gelten könnten und daß demzufolge die AV-Rente insoweit auf die Versorgungsbezüge anzurechnen sei, als sie nicht auf freiwilligen Beiträgen beruhe. Das SG wies die Klage „wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts” als unzulässig ab (Urteil vom 1.11.1955).
Die Berufung der Klägerin wurde vom LSG zurückgewiesen (Urteil vom 11.1.1956): Für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis der DO-Angestellten, zu denen – trotz einer versicherungsrechtlichen Vorfrage – auch der vorliegende Rechtsstreit gehöre, seien nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, sondern der Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig. Über die Vorfrage, ob die bis 1924 entrichteten Beiträge freiwillige oder Pflichtbeiträge gewesen seien, könnten die Sozialgerichte schon deswegen nicht entscheiden, weil es sich insoweit nur um die Feststellung eines einzelnen Bestandteils eines Rechtsverhältnisses handele und die Klägerin im übrigen die Möglichkeit gehabt habe, ihre Rechte durch Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil des Arbeitsgerichts weiter zu verfolgen. Nachdem das Arbeitsgericht den zu ihm beschritten Rechtsweg rechtskräftig für unzulässig erklärt habe, dürften zwar die Sozialgerichte weder die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aussprechen noch den Rechtsstreit an diese verweisen; sie seien aber durch die Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils nicht gehindert, ihre eigene Zuständigkeit zu prüfen und zu verneinen.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, Revision eingelegt. Sie rügt als wesentlichen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens eine Verletzung des § 52 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG): Das LSG hätte im Hinblick auf die Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges nicht mehr mit der Begründung verneinen dürfen 9 daß die Gerichts der Arbeitsgerichtsbarkeit für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig seien. Das Prozeßurteil des SG hätte daher vom LSG nicht bestätigt werden dürfen. Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Berufungsurteils festzustellen, daß die vom Beklagten vor dem 1. Januar 1925 gezahlten Beiträge zur AV Pflichtbeiträge waren,
hilfsweise: das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte, vertreten durch Amtsgerichtsrat z. Wv. K. vom Allgemeinen Beamtenschutzbund (ABSB) e.V. – Landesverband Hessen-Rheinland-Pfalz e.V. –, hat von einer Stellungnahme zur Revision der Klägerin abgesehen, da die Zulässigkeit des Rechtsweges von Amts wegen zu prüfen sei.
Entscheidungsgründe
II
1.) Der Senat hat zunächst geprüft, ob der Beklagte sich vor dem Bundessozialgericht (BSG) durch einen „Rechtsbeirat” des ABSB – Landesverband Hessen-Rheinland-Pfalz e.V. – vertreten lassen kann. Nach § 166 Abs. 2 SGG sind als Prozeßbevollmächtigte vor dem BSG die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung und von bestimmten anderen, hier nicht in Betracht kommenden Verbänden zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind. Der ABSB ist ebenso wie seine Untergliederungen (Landesverbände) keine „Gewerkschaft” im Sinne des § 166 Abs. 2 SGG, da er nicht tariffähig ist (vgl. BAG 4 S. 351 = AP Nr. 11 zu § 11 ArbGG 1953). Der ABSB gehört jedoch zu den selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung. Er erstrebt nach § 2 seiner (Landesverbands-)Satzung vom 15. Januar 1953 „die Anerkennung und Verwirklichung der auf Verfassung und Gesetz beruhenden Ansprüche der Beamten und Hinterbliebenen”, verfolgt also berufspolitische Interessen seiner Mitglieder. Nach § 5 der Satzung können Mitglieder alle Beamten, Beamtenanwärter, Ruhestandsbeamten und deren Hinterbliebene werden, wobei es jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden ist, daß der ABSB unter Beamten auch solche Angestellte versteht, deren Rechtsstellung derjenigen der Beamten im wesentlichen entspricht, was namentlich für die DO-Angestellten der Krankenkassen zutrifft. Da der ABSB seinen Mitgliederkreis hiernach auf Arbeitnehmer im weiteren Sinne beschränkt und seine Verbandszwecke aus Beiträgen der Mitglieder finanziert (vgl. § 15 der Satzung), erfüllt er auch das Merkmal der Selbständigkeit, von der nur gesprochen werden kann, wenn der Verband weder von der Gegenseite (Arbeitgeber) wirtschaftlich abhängig ist noch von ihr dadurch beeinflußt werden kann, daß er Vertretern der Gegenseite den Erwerb der Mitgliedschaft gestattet (vgl. Dietz-Nikisch, Arbeitsgerichtsgesetz 1953, § 11 Randnr. 57 f). Der Vertreter des Beklagten – Amtsgerichtsrat z. Wv. K. – ist somit als Angestellter bzw. Mitglied des ABSB, der ihn durch den Landesverbandsvorstand Hessen-Rheinland-Pfalz mit der Prozeßvertretung seiner Mitglieder beauftragt hat, als Prozeßbevollmächtigter nach § 166 Abs. 2 SGG legitimiert.
2.) Die Revision der klagenden Krankenkasse ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft; denn das Verfahren des Berufungsgerichts leidet, wie die Revisionsklägerin mit Recht rügt, insofern an einem wesentlichen Mangel, als das LSG ein rechtskräftiges Urteil eines Arbeitsgerichts nicht beachtet hat, nach dem die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht zuständig sind.
Mit der Klage vor dem Arbeitsgericht verfolgte die Klägerin das gleiche Ziel wie späterhin vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Entgegen der Entscheidung des VA will sie eine gerichtliche Feststellung erwirken, daß sie berechtigt ist, die AV-Rente des Beklagten insoweit auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen, als die Rente auf Beitragszeiten bis zum Jahre 1924 beruht. Zur Begründung ihres Feststellungsbegehrens macht sie geltend, daß bis 1924 für den Beklagten nicht freiwillige, sondern Pflichtbeiträge entrichtet worden seien. Diese Begründung der Klage ändert indessen nichts an dem Klaganspruch oder dem Gegenstand des Rechtsstreits. Streitgegenstand bleibt vielmehr die (teilweise) Anrechnung der AV-Rente des Beklagten auf seine Versorgungsbezüge. Da ein solcher Anrechnungsstreit die Höhe der Bezüge betrifft, die die Klägerin dem Beklagten aus dem früheren Dienstverhältnis nach dem Regelungsgesetz zu zahlen hat, und der Beklagte seit 1935 der DO der Klägerin unterstand, handelt es sich mithin um eine Streitigkeit aus dem Dienstverhältnis eines DO-Angestellten.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß für die Entscheidung über eine solche Streitigkeit das von der Klägerin auch zunächst angegangene Arbeitsgericht zuständig war, das im Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis auch die Vorfrage 9 ob die bis 1924 entrichteten Beiträge Pflicht- oder freiwillige Beiträge waren, mit zu entscheiden gehabt hätte (vgl. BSG 2 S. 53). Gleichwohl hätten die Vorinstanzen die Entscheidung in der Sache selbst nicht verweigern dürfen. Denn die Klägerin hat vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Rechtsschutz erst begehrt, nachdem ihre Klage vom Arbeitsgericht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges abgewiesen worden war.
Nach § 52 Abs. 2 SGG sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit an eine Entscheidung gebunden, mit der ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für unzulässig erklärt hat. In welchem Sinne die hier festgelegte Bindung zu verstehen ist, ergibt sich auch, soweit die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts für Arbeitssachen in Frage steht, aus § 48 a Abs. 1 Satz 2 ArbGG, der – nach dem Vorbild des § 52 SGG – durch Gesetz vom 2. Dezember 1955 (BGBl. I S. 743) in das ArbGG eingefügt worden ist. Hiernach kann, wenn ein Gericht für Arbeitssachen den Arbeitsrechtsweg zuvor rechtskräftig für unzulässig erklärt hat, ein anderes Gericht in derselben Sache seine Gerichtsbarkeit nicht deshalb verneinen, weil es den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben hält. Unerheblich ist dabei, ob der durch die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Arbeitsrechtswegs beschwerte Kläger ein Rechtsmittel hätte einlegen können; denn die Bindungswirkung ist in den genannten Vorschriften allein an die Rechtskraft der Entscheidung geknüpft.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts bindet das andere Gericht nur „in derselben Sache”; schon das zeigt, daß die Bindung nach § 48 a ArbGG, 52 SGG im Grunde nichts anderes als einen Ausfluß der Rechtskraft darstellt, die ebenfalls „dieselbe Sache” erfordert. Das andere Gericht ist außerdem nur an die „Entscheidung” des Arbeitsgerichts, nicht an die Gründe dieser Entscheidung gebunden. Entschieden hat das Arbeitsgericht aber nur über die Unzulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtsweges, mag es in den Urteilsgründen auch Ausführungen über den seiner Ansicht nach zulässigen Rechtsweg gemacht haben. Diese Ausführungen nehmen an der Bindung ebensowenig teil wie – grundsätzlich – die Entscheidungsgründe an der Rechtskraft eines Urteils. Die Gerichte derjenigen Gerichtsbarkeit, die nach Auffassung des Arbeitsgerichts über den Rechtsstreit zu entscheiden haben, sind mithin durch die in § 48 a ArbGG festgelegte Bindung an das arbeitsgerichtliche Urteil nicht gehindert, den zu ihnen beschrittenen Rechtsweg für unzulässig zu erklären, weil ihrer Ansicht nach ein dritter Gerichtszweig zuständig ist. Das gilt selbst dann, wenn das Arbeitsgericht in dem Urteil, in dem es den Arbeitsrechtsweg für unzulässig erklärt, zugleich – auf Antrag des Klägers – die Sache an ein Gericht derjenigen Gerichtsbarkeit verweist, zu dem es den Rechtsweg für gegeben hält (§ 48 a Abs. 3 ArbGG = § 52 Abs. 3 SGG). Denn diese Verweisung begründet – anders als ein Verweisungsbeschluß innerhalb derselben Gerichtsbarkeit (vgl. § 276 ZPO, § 98 SGG) oder eine Verweisung vom Arbeits – zum Zivilgericht oder umgekehrt (§ 48 Abs. 1 ArbGG) – keine Zuständigkeit des anderen Gerichts, sondern nur die Rechtshängigkeit der Sache bei ihm (§ 48 a Abs. 3 Satz 3 ArbGG = § 52 Abs. 3 Satz 3 SGG).
Ist somit die Bindung des später angerufenen SG an die frühere rechtskräftige Entscheidung des Gerichts der anderen Gerichtsbarkeit nach § 52 Abs. 2 SGG nur negativ – allein die Unzuständigkeit des anderen Gerichts steht rechtskräftig fest, nicht die Zuständigkeit des SG –, so muß andererseits das SG bei der Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit ohne Vorbehalt davon ausgehen, daß der Rechtsweg zu der anderen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen ist. Gerade das haben die Vorinstanzen hier aber verkannt. Im Urteil sowohl des SG wie auch des LSG wird sinngemäß ausgeführt, daß für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits wegen seines arbeitsrechtlichen Streitgegenstandes nur die Arbeitsgerichte in Betracht kämen und daher – trotz des rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Urteils – die Zuständigkeit der Sozialgerichte nicht gegeben sei. Mit dieser Begründung der eigenen Unzuständigkeit haben sich die Vorinstanzen über die bindende Wirkung des arbeitsgerichtlichen Urteils (§ 52 Abs. 2 SGG, § 48 a Abs. 1 Satz 2 ArbGG) hinweggesetzt. Das würde noch deutlicher werden, wenn die Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren einen Verweisungsantrag nach § 52 Abs. 3 SGG gestellt hätte. In diesem Falle hätte das LSG nämlich, da eine Verweisung an das Arbeitsgericht, wie es selbst ausführt, rechtlich ausgeschlossen war und die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit vom LSG überhaupt nicht in Betracht gezogen worden ist, entweder den Verweisungsantrag nicht bescheiden können – was unzulässig gewesen wäre – oder über den Rechtsstreit sachlich entscheiden müssen. Das Ergebnis kann kein anderes sein, wenn ein Verweisungsantrag nicht gestellt wird, zumal für die Klägerin hier kein Anlaß bestand, einen Verweisungsantrag zu stellen, da mit den Vorinstanzen davon auszugehen ist, daß im vorliegenden Falle für die Zuständigkeit einer dritten Gerichtsbarkeit neben der Arbeits- oder der Sozialgerichtsbarkeit kein Raum ist; insbesondere kommt nicht die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit in Frage (vgl. BVerwG. 2 S. 144). Hat das LSG hiernach die ihm durch § 52 Abs. 2 SGG, § 48 a Abs. 1 Satz 2 ArbGG auferlegte Bindung insofern nicht beachtet, als es die Zuständigkeit der Sozialgerichte trotz rechtskräftig festgestellter Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte mit Rücksicht auf eben deren Zuständigkeit verneint hat, so leidet sein Verfahren an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG.
Die Revision der Klägerin ist somit nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2 SGG statthaft und begründet. Das Revisionsgericht hat im Hinblick auf die Prozeßurteile der Vorinstanzen nicht in der Sache selbst entscheiden können. Der Rechtsstreit ist deshalb an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Bei der nunmehr in der Sache selbst zu treffenden Entscheidung wird zu beachten sein, daß die Besonderheiten dieses – dem Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit sonst fremden – Rechtsstreits gewahrt bleiben. Dazu gehört, daß es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um die Feststellungsklage einer Krankenkasse in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin gegen einen ehemaligen DO-Angestellten handelt. Es ist demnach nicht über die Aufhebung oder Bestätigung der vom VA – unter Mißachtung des § 118 Abs. 3 ArbGG, wonach die Entscheidungszuständigkeit bereits am 1. Oktober 1953 auf das Arbeitsgericht übergegangen war (BSG 2 S. 62) – noch nach § 358 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. getroffenen Vorentscheidung zu befinden. Abgesehen davon, daß die Vorentscheidungen des VA und des Oberversicherungsamts nach § 358 Abs. 1 Satz 1, 2 RVO a.F. ersatzlos weggefallen sind (§ 111 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; vgl. dazu BSG 2 So 62, wo aufgeführt ist, daß die förmliche Aufhebung des § 358 RVO a.F. durch § 224 Abs. 3 Nr. 1 SGG nur der Klarstellung der Rechtslage gedient habe), ist in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden ohnehin als richtiger Klageantrag ein Feststellungsantrag, nicht ein Antrag auf Aufhebung der entgegenstehenden Vorentscheidung der Versicherungsbehörde anzusehen (vgl. RGZ 114 S. 22 und 112; 117 S. 415; RAG in ARS 15 S. 298 und 19 S. 55 [57]).
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Unterschriften
Richter, Dr. Schubert, Dr. Langkeit
Fundstellen
Haufe-Index 926598 |
BSGE, 283 |
MDR 1960, 877 |