Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 1980 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Umstritten ist ein Anspruch auf Sterbegeld nach § 205b der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Der Kläger, jugoslawischer Staatsangehöriger, ist seit 1962 als Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Er wohnt hier bei seinem Vetter in Untermiete. Seine Ehefrau und seine Kinder leben in Jugoslawien. Bei ihnen wohnte auch seine Mutter, die am 6. März 1975 verstorben ist. Der Kläger besucht seine Familie in Jugoslawien während seines Urlaubs und aus sonstigen Anlässen. Seiner Mutter, die über kein Einkommen verfügte und vermögenslos war, gewährte er durch regelmäßige Geldüberweisungen Unterhalt. Nach ihrem Tode beantragte er bei der Beklagten, seiner Krankenkasse, die Gewährung von Sterbegeld. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Kläger mit seiner Mutter nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, dies aber unter anderem eine Voraussetzung des Anspruchs sei. Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Entscheidung der Beklagten auch unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969 S 1438) bestätigt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Todes seiner Mutter bereits ca 13 Jahre als Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Er hätte hier eine – wenn auch bescheidene – Wohnung bei seinem Vetter gefunden. Wann er in seine Heimat zurückkehren werde, stehe nicht fest. Damit sei die häusliche Gemeinschaft mit seiner in Jugoslawien lebenden Familie aufgehoben worden. Seine regelmäßigen Familienheimfahrten seien zwar geeignet, das familiäre Band zwischen ihm und seinen Angehörigen aufrechtzuerhalten und zu festigen, könnten aber die häusliche Gemeinschaft nicht wieder herstellen. Für den Begriff der häuslichen Gemeinschaft komme es auch nicht darauf an, inwieweit sich der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland gesellschaftlich eingegliedert oder in welcher Höhe er regelmäßig Geldbeträge an seine Familie in Jugoslawien überwiesen habe. Die Gewährung des überwiegenden Unterhalts sei nach § 205b RVO eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung. Es komme auch nicht auf Besonderheiten südosteuropäischer Familientraditionen und darauf an, daß der Kläger gewillt sei, die häusliche Gemeinschaft nach seiner – zeitlich noch Ungewissen – Rückkehr in sein Heimatland fortzusetzen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die zugelassene Revision eingelegt und eine Verletzung des § 205b RVO gerügt: Die bisher ergangene und vom Berufungsgericht zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zum Begriff häusliche Gemeinschaft betreffe Versicherte, die selbst und deren sonstige Angehörigen im Inland gelebt hätten. Diese Rechtsprechung lasse sich nicht auf Gastarbeiter übertragen, die sich häufig getrennt von ihrer Familie in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Das treffe übrigens in gleicher Weise für Deutsche zu, die für längere Zeit von ihren Familien getrennt im Ausland arbeiteten und weiterhin in Deutschland versichert seien. Diese Versicherten würde man bei Anlegung der Maßstäbe des Berufungsgerichts im Vergleich zu den Inländern – bei gleicher Beitragspflicht – nur einen verkürzten Versicherungsschutz einräumen, der mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar wäre. Hierbei komme für die Gastarbeiter erschwerend hinzu, daß die Bundesrepublik Deutschland kein Einwanderungsland sei. Somit bestehe für die Versicherten keine legale Möglichkeit, ihre gesamte Familie nach Deutschland zu holen und hier räumlich zusammenzuleben. Es sei für den Gastarbeiter charakteristisch, daß er räumlich getrennt von seiner Familie leben müsse. Daraus folge aber nicht, daß er sich von der häuslichen Gemeinschaft seiner Familie, deren wirtschaftliche Grundlage er erst durch seine Arbeit im Ausland schaffe, ausgeschlossen habe. Es sollte deshalb in solchen Fällen darauf abgestellt werden, wo der Mittelpunkt der Lebens- und Familieninteressen liege. Stehe die Sorge und das Wohlergehen der eigenen Familie weiterhin im Zentrum der Interessen des Versicherten, sollte dies zur Bejahung der „Haushaltsgemeinschaft” iS des § 205b RVO ausreichend sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 1980, das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Juli 1978 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für seine am 6. März 1975 verstorbene Mutter Familiensterbegeld zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) zurückgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten, daß dem Kläger aus Anlaß des Todes seiner Mutter kein Sterbegeld zusteht, ist nicht rechtswidrig.
Der Versicherte erhält ein Sterbegeld generell lediglich beim Tode des Ehegatten oder eines Kindes, beim Tode eines sonstigen Angehörigen nur dann, wenn dieser mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und von ihm überwiegend unterhalten worden ist (§ 205b RVO). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–), hat der Kläger im Zeitpunkt des Todes seiner Mutter mit dieser nicht (mehr) in häuslicher Gemeinschaft gelebt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruches auf Sterbegeld sind demnach nicht erfüllt. Es kommt dabei nicht mehr darauf an, ob der Kläger seine Mutter überwiegend unterhalten hat. Der Anspruch auf Sterbegeld steht nur zu, wenn beide Voraussetzungen, sowohl die überwiegende Unterhaltsleistung als auch die häusliche Gemeinschaft, gegeben sind.
Eine häusliche Gemeinschaft iS der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung besteht, wenn die Angehörigen tatsächlich und einem inneren Willen entsprechend in einem Hausstand, also in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft zusammenleben (EVA AN 1914, 694 f; BSGE 36, 117, 119 mwN; Kauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand Januar 1981, § 205b RVO Anm. 2; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 1981, § 205b RVO Anm. 7 iVm § 203 RVO Anm. 7). Eine solche Gemeinschaft hat zwischen dem in der Bundesrepublik Deutschland bei einem Vetter in Untermiete wohnenden Kläger und seiner in Jugoslawien lebenden Mutter nicht bestanden.
Geht man davon aus, daß eine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Mutter früher bestanden hat, so könnte ausnahmsweise ein Weiterbestehen dieser Gemeinschaft nur bei einer Trennung für einen kürzeren Zeitraum in Betracht gezogen werden (BSGE a.a.O.). Ein solcher Ausnahmetatbestand kommt hier aber offensichtlich nicht in Frage, denn der Kläger lebt bereits seit 1962 in Deutschland. Diese lange Dauer der Trennung läßt es auch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des vorliegenden Falles nicht zu, eine Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft anzunehmen. Eine häusliche Gemeinschaft bestand insbesondere nicht bereits deshalb fort, weil der Kläger seine Familie in Jugoslawien nach wie vor als Lebensmittelpunkt ansah und alljährlich seinen Urlaub dort verbrachte. Ebensowenig kommt es auf seine Absicht an, später in sein Heimatland zurückzukehren.
Der Senat hat erst kürzlich entschieden (Urteil vom 3. Juni 1981 – 3 RK 64/79 –), daß an der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff der häuslichen Gemeinschaft, von der auch das LSG ausgegangen ist, festgehalten wird. Er hat dabei allerdings offengelassen, ob ausnahmsweise auch bei einer längeren Trennung die häusliche Gemeinschaft dann noch als fortbestehend angesehen werden kann, wenn die Trennung ohne oder gegen den Villen eines Beteiligten erfolgt. Diese Frage kann auch jetzt unentschieden bleiben, denn die Trennung des Klägers von seiner Familie ist nicht auf eine unabwendbare Zwangslage zurückzuführen. Eine solche Zwangslage ergibt sich vor allem nicht aus der besonderen Situation des Klägers als Gastarbeiter. Die wirtschaftliche Lage, die einen Gastarbeiter veranlaßt, nach Deutschland zu gehen, ist keine unabwendbare Zwangslage in diesem Sinne. Der Gastarbeiter hält sich nicht gegen seinen Willen in Deutschland auf. Vielmehr entspricht es seinem Willen, von den unter Umständen günstigeren Erwerbsmöglichkeiten in Deutschland Gebrauch zu machen. Eine weitere Ausdehnung des Ausnahmetatbestandes auf ein Getrenntleben, das durch wirtschaftliche Gründe veranlaßt worden ist, wäre von dem Willen des Gesetzgebers, den Anspruch auf Sterbegeld bei sonstigen Angehörigen von dem Bestehen einer „häuslichen” Gemeinschaft abhängig zu machen, nicht mehr gedeckt.
Damit erfährt der Kläger keine Schlechterstellung gegenüber einem inländischen Arbeitnehmer. Denn dieser ist, wenn er im Inland ohne unabwendbare Zwangslage ebensolang andauernd von seiner Familie getrennt lebt, im Hinblick auf den Sterbegeldanspruch des § 205b RVO nicht bessergestellt als der Kläger. Von einer – auch verfassungsrechtlich bedenklichen – Schlechterstellung des Klägers kann daher keine Rede sein. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, für ihn bestehe keine legale Möglichkeit, seine gesamte Familie in die Bundesrepublik Deutschland zu holen. Denn selbst wenn feststünde, daß den Angehörigen des Klägers eine Aufenthaltserlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Ausländergesetzes versagt würde, läge darin keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.
Das LSG hat schließlich zutreffend ausgeführt, daß sich ein Anspruch auf Sterbegeld, da die Grundvoraussetzungen des § 205b RVO nicht erfüllt sind, auch nicht aus dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen ergibt.
Die Revision war aus diesen Gründen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen