Entscheidungsstichwort (Thema)
Chromatallergie eines Hilfsarbeiters in einer Presserei und Stanzerei. zum Begriff der "beruflichen Beschäftigung"
Leitsatz (amtlich)
Die Neufassung der Nr 46 der Anlage 1 zur 6./7. BKVO, wonach eine Hauterkrankung zur Aufgabe einer "beruflichen Beschäftigung" gezwungen haben muß, bedeutet insoweit gegenüber der Nr 19 der Anlage zur 5. BKVO - Zwang zum Wechsel des "Berufs" (vergleiche BSG 1959-10-29 2 RU 50/58 = BSGE 10, 278, 280; vergleiche BSG 1962-10-30 2 RU 19/61 = BSGE 18, 98, 100) - keine Änderung der Anspruchsvoraussetzungen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei ungelernten Arbeitern liegt für die Anerkennung einer Hauterkrankung eine die Entschädigung nach dem Recht der gesetzlichen UV rechtfertigende Behinderung grundsätzlich erst dann vor, wenn er zur Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit gezwungen ist.
2. Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des erkennenden Senats vom 1974-01-29 8/7 RU 45/72 = Medizin im Sozialrecht B 280/24 nicht entgegen. Der dortige Kläger hatte nahezu 5 Jahre hindurch innerhalb des Prüffeldes für elektronische Geräte eine Beschäftigung ausgeübt, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erforderte, wie sie durch ein systematisches Anlernen sowie eine gewisse Übung und Erfahrung erreicht werden.
Normenkette
RVO § 551 Fassung: 1963-04-30; BKVO 7 Anl 1 Nr. 46 Fassung: 1968-06-20; BKVO 3 Anl 46 Fassung: 1961-04-28; BKVO 6 § 1 Fassung: 1961-04-28; BKVO 5 § 1 Fassung: 1952-07-26; BKVO 3 Anl 1 Nr. 19 Fassung: 1952-07-26
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 28. Juni 1973 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6./7. Berufskrankheitenverordnung (BKVO) sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H.
Der 1934 geborene Kläger arbeitete von 1950 bis 14. September 1962 als Landarbeiter, Bauarbeiter, Gartenbauarbeiter und Steinbearbeiter. Vom 25. September 1962 bis 26. September 1963 war er als Hochofenarbeiter, vom 10. Oktober 1963 bis 15. Januar 1964 in einer Eisengießerei und vom 21. Januar 1964 bis 21. Februar 1964 in einem Waggonbau-Unternehmen tätig. Vom 25. Februar 1964 bis Oktober 1971 war der Kläger bei der Firma R H AG B beschäftigt. Dort arbeitete er bis zum 30. Juni 1966 in der Presserei und anschließend in der Stanzerei.
Nachdem zunächst im Juni 1966 stärkeres Jucken mit Rötungen und kleinen Bläschen an beiden Unterarmen aufgetreten und behandelt worden war, traten nach vorübergehender Besserung im Januar 1967 mehrere Ekzeme an den Unterarmen und am Handrücken mit Nässung und Rötung auf, so daß der Kläger schließlich von dem Werksarzt an den Facharzt für Hautkrankheiten Dr. G (G.) überwiesen wurde. In seinem Befund- und Behandlungsbericht für die Beklagte vom 16. September 1967 führte Dr. G. aus, der Kläger leide an einem chronisch-rezidivierenden Handekzem, das auf eine Unverträglichkeit von technischen Ölen und Fetten in Form einer Chromatallergie zurückzuführen sei. Ein innerbetrieblicher Arbeitsplatzwechsel werde empfohlen. Daraufhin wurde der Kläger ab Oktober 1967 in der Tischlerei beschäftigt. Nachdem das Ekzem auch dort nicht abheilte, was der Kläger darauf zurückführte, daß er in der Tischlerei Verkittungsarbeiten habe leisten müssen und in dem Kitt in erheblichem Maße technische Öle enthalten seien, hielt der Landesgewerbearzt am 13. November 1967 eine Umsetzung des Klägers für erforderlich. Das Unternehmen teilte der Beklagten am 19. Januar 1968 mit, der Kläger sei in der Stanzerei als Maschinenarbeiter an den Exzenter-Pressen beschäftigt gewesen. Für diese Tätigkeit habe eine Anlernzeit von vier Wochen genügt. Eine besondere berufliche Fähigkeit werde durch diese Beschäftigung nicht erworben. Am 23. Januar 1968 wurde der Kläger als Fahrer eines Elektro-Hubstaplers in die Stanzerei zurückversetzt.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Mai 1968 die Gewährung einer Entschädigung ab, weil die Tätigkeit des Klägers bei der R-H AG keine berufliche Beschäftigung i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO dargestellt habe. Er habe in der Presserei vornehmlich große Bleche transportiert. Für die Beschäftigung in der Stanzerei habe eine kurzfristige Einweisung innerhalb einer Anlernzeit von etwa vier Wochen ausgereicht.
Im anschließenden Klageverfahren teilte das Beschäftigungsunternehmen dem Sozialgericht (SG) mit, der Kläger sei in der Stanzerei mit Einlege- und Stanzarbeiten beschäftigt worden. Das SG hörte in der mündlichen Verhandlung den Werkmeister W als Zeugen und wies die Klage ab (Urteil vom 12. Oktober 1972).
Mit seiner Berufung vertrat der Kläger die Auffassung, er habe zwar keinen Facharbeiterberuf erlernt, jedoch die Tätigkeit eines angelernten Arbeiters mit besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt. Nach der Aussage des Zeugen W erfordere die Tätigkeit als Presser oder Stanzer eine Anlernzeit von etwa sechs Monaten. Er sei deshalb auch nach der Lohngruppe VII bezahlt worden.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28. Juni 1973). Es hat zur Begründung ua. ausgeführt: Zwar handele es sich bei dem Handekzem des Klägers um eine schwere und wiederholt rückfällige Hauterkrankung. Diese habe aber den Kläger nicht zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit gezwungen. Darüber hinaus sei der Kläger auch nicht zur Aufgabe seiner beruflichen Beschäftigung i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO gezwungen worden. Eine berufliche Beschäftigung in diesem Sinne liege nur dann vor, wenn der Kläger besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erworben habe, nicht aber schon allein bei einer länger dauernden Beschäftigung. Diese Voraussetzungen lägen jedoch bei dem Kläger nicht vor. Er habe nur Tätigkeiten eines Hilfsarbeiters ausgeübt. Bis zum 30. Juni 1966 habe er als Helfer bearbeitete Bleche von der Presse heruntergenommen. Zwar habe der Zeuge W bekundet, jeder in der Presserei beschäftigte Arbeiter benötige zunächst eine Zeitspanne von sechs Monaten, um sich mit den betrieblichen Verhältnissen vertraut zu machen. Während dieser Zeit werde er aber nach der Auskunft der R H AG vom 19. Januar 1968 nur innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen angelernt. Danach werde er in vollem Umfang ohne jegliche Einschränkung eingesetzt. Diese Auskunft beziehe sich zwar nur auf die Tätigkeit des Klägers in der Stanzerei. Da der Kläger aber für diese Tätigkeit einen höheren Lohn als in der Presserei erhalten habe, sei davon auszugehen, daß die Tätigkeit in der Presserei keine längere Anlernzeit erfordere. Daß jeder in der Presserei oder der Stanzerei tätige Arbeitnehmer eine erheblich längere Zeit als vier Wochen benötige, um sich mit allen Einzelheiten des Arbeitsvorganges und der innerbetrieblichen Verhältnisse vertraut zu machen, werde unterstellt. Diese Einarbeitungszeit habe der Zeuge W bei seiner Aussage gemeint. Jeder Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz wechsele, benötige einen gewissen Zeitraum zur Einarbeitung, auch wenn sich die neue Tätigkeit innerhalb seiner beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten bewege. Eine solche Einarbeitungszeit könne aber nicht als Anlernzeit für eine berufliche Tätigkeit gewertet werden. Die höhere Entlohnung des Klägers in der Stanzerei für etwa drei Monate beruhe darauf, daß er schwere Arbeiten habe ausführen müssen und nicht etwa darauf, daß er nunmehr besondere Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt habe. Ein Zeitraum von 16 Monaten, während derer der Kläger in der Stanzerei gearbeitet habe, reiche im übrigen nicht aus, um besondere Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vermitteln, die zur Gleichstellung eines Hilfsarbeiters mit einem Facharbeiter führen könnten. Schließlich habe die Beklagte die Krankheit des Klägers auch nicht dadurch als Berufskrankheit anerkannt, daß sie ihm einen Vorschuß auf eine Übergangsleistung gemäß § 3 Abs. 2 der 7. BKVO gewährt habe (Bescheid vom 2. Mai 1969).
Der Kläger hat die von dem LSG zugelassene Revision in rechter Form und Frist eingelegt und begründet. Er trägt vor: Er habe während seiner Beschäftigung von Februar 1964 bis Oktober 1967 in der Presserei und Stanzerei, besonders in der Stanzerei, schwere, d.h. schwierige Arbeiten an Exzenter-Pressen verrichtet, was sich auch durch die Einstufung in eine höhere Lohngruppe ausgewirkt habe. Durch diese längere "fachliche Arbeit" habe er Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, die er nach der krankheitsbedingten Versetzung in die Tischlerei und bei der Bedienung eines Staplers nicht mehr habe verwenden können. Das LSG habe die Bedeutung der Aussage des Zeugen W nicht gebührend gewürdigt. Danach benötige ein Berufsfremder etwa ein halbes Jahr, bis er mit den anfallenden Arbeiten vertraut sei. An den Maschinen der Stanzerei seien die Tätigkeiten sehr verschieden. Der Zeuge habe zunächst geschildert, daß jede Tätigkeit an der Exzenter-Presse die Kenntnis von Material, Materialverhalten und den entsprechenden Einsatz der Maschine voraussetze. Nur in diesem Zusammenhang sei die Niederschrift über die Zeugenaussage verständlich, wie die weitere Einlassung des Zeugen ergebe, daß die dort beschäftigten Arbeiter auch unterschiedlichen Lohn erhielten, und zwar je nach Schwierigkeits- und nicht nach Schweregrad der einzelnen Tätigkeiten. Selbst wenn man davon ausgehe, daß er - der Kläger - die Maschinen nicht selbst eingestellt habe, habe er doch hochwertige Folgeschnitte und Automatenwerkzeuge selbständig bedient und damit die erforderlichen qualifizierten Arbeiten verrichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 28. Juni 1973, das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 12. Oktober 1972 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 1968 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das bei ihm vorliegende Hautekzem als Berufskrankheit im Sinne der 7. Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und ihm ab 16. Oktober 1967 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß bei dem Kläger keine entschädigungspflichtige Berufskrankheit i.S. der Nr. 46 der 6./7. BKVO vorliegt, weil das Handekzem ihn nicht zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbstätigkeit gezwungen hat.
Eine Hauterkrankung stellt eine Berufskrankheit nach § 551 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241) iVm Nr. 46 der Anlage zur 6. bzw. 7. BKVO dar, wenn es sich um eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung handelt, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat. Nach den insoweit von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat es sich bei dem Handekzem des Klägers um eine schwere und wiederholt rückfällige Hauterkrankung gehandelt. Unstreitig hat diese Erkrankung den Kläger andererseits nicht zur Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit gezwungen. Es handelt sich um eine Chromatallergie, die den Kläger lediglich hindert, Arbeiten zu leisten, bei denen er mit bestimmten Ölen und Fetten, wie sie ua in metallbearbeitenden Betrieben verwendet werden, in Berührung kommt.
Streitig ist also lediglich, ob das Handekzem den Kläger gezwungen hat, seine "berufliche Beschäftigung" i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6./7. BKVO aufzugeben.
Unter "beruflicher Beschäftigung" i.S. der genannten Bestimmung ist, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nicht jede nach dem 3. Buch der RVO versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu verstehen. Die Nr. 46 der Anlage hat ihre Fassung durch die 6. BKVO vom 28. April 1961 (BGBL I S. 505, 507) erhalten. Diese beruhte auf der Ermächtigung des § 545 RVO in der bis zum Inkrafttreten des UVNG (1. Juli 1963) geltenden Fassung. Nach dem insoweit weiter geltenden § 1 der 3. BKVO vom 16. Dezember 1936 (RGBl I S. 1117) waren Berufskrankheiten im Sinne der Unfallversicherung (UV) die Krankheiten in Spalte II der Anlage, wenn sie durch berufliche Beschäftigung in einem in Spalte III der Anlage neben der Krankheit bezeichneten Betrieb verursacht waren. Aus der Verwendung desselben Begriffs "berufliche Beschäftigung" sowohl in § 1 der 3. BKVO als auch in Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO kann, was in der Literatur allerdings teilweise, in der Rechtsprechung hingegen, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden ist (siehe Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, Stand: März 1974, S. 492 r mit Nachweisen), nicht geschlossen werden, daß beiden Begriffen dieselbe rechtliche Bedeutung zukommt. Nach der 5. BKVO (Nr. 19) waren Berufskrankheiten schwere oder wiederholt rückfällige berufliche Hauterkrankungen, die zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen. Die Neufassung durch die Nr. 46 sollte der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Rechnung tragen, soweit Schwierigkeiten bei der Anwendung des Begriffs "Wechsel des Berufs" entstanden waren. Es sollte damit klargestellt werden, daß es zur Annahme einer Berufskrankheit i.S. der genannten Bestimmungen ausreiche, wenn der Erkrankte zur Aufgabe seiner beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit, wenn nicht jetzt, so doch später, genötigt sei (BR-Drucksache 115/61 S. 8). Die begriffliche Übereinstimmung ist dann auch bereits mit dem Inkrafttreten des § 551 RVO idF des UVNG beseitigt worden, weil es dort in Abs. 1 heißt, ... und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Dementsprechend ist diese Fassung dann auch in § 1 der 7. BKVO vom 20. Juni 1968 (BGBL I S. 721) übernommen worden. Damit war auch nach dem Gesetzestext klargestellt, daß nicht der Zwang zur Aufgabe jeder nach dem 3. Buch der RVO versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit zur Anerkennung einer Berufskrankheit i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6./7. BKVO führt. Hätte der Gesetzgeber gegenüber der früheren Fassung mit der Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO eine Erweiterung des früher verwendeten Begriffs des Berufs einführen wollen, so hätte es nahegelegen, eine andere Begriffsbestimmung zu wählen und nicht die der "beruflichen" Beschäftigung, zumal es dann schwer erklärbar wäre, daß als weitere Alternative die Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zur Anerkennung einer Berufskrankheit führt (vgl. Brackmann, aaO, S. 492 r; Schieke in BG 1961, 482; Schönberger in BG 1962, 409 ff.; Petermeyer, SozSich 1961, 301; Kompass, 1963, 141, 143 III). Die Neufassung der Nr. 46 der Anlage entspricht vielmehr auch insoweit der von dem 2. Senat des BSG entwickelten Rechtsprechung zum Begriff des "Berufs" i.S. der Nr. 19 der Anlage zur 4./5. BKVO (vgl. auch LSG Niedersachsen in Breithaupt 1968, 828; Hess. LSG in Breithaupt 1965, 816; LSG Nordrhein-Westfalen in Soziale Sicherheit 1972, 122). Danach fiel unter die Nr. 19 nicht nur der Wechsel einer erlernten, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch der einer ungelernten Tätigkeit, sofern damit mehr als ein bloßer Wechsel des Arbeitsplatzes verbunden war. Das ist insbesondere angenommen worden, wenn ein Versicherter genötigt war, eine Tätigkeit aufzugeben, durch die er entweder im Wege der Anlernung oder durch eine lang andauernde Tätigkeit besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erlernt hatte und er hierdurch zu einer brauchbaren speziellen Arbeitskraft für Unternehmen gleicher Art geworden war, er diesen Vorteil infolge zwangsweiser Aufgabe seiner Beschäftigung aber künftig auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens nicht mehr nutzbringend verwerten konnte und er deshalb eine wirtschaftliche Einbuße erlitt (BSG 10, 278, 280 ff.; 18, 98, 100; Urteil vom 31. Mai 1967 - 2 RU 204/65 - unveröffentlicht). So verwendete der 2. Senat in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1962 (BSGE 18 S. 98. 101) bereits den Begriff der "beruflichen Tätigkeit".
Auch vom Gesetzeszweck her besteht kein Anlaß, den Begriff der "beruflichen Beschäftigung" weiter auszulegen. Wie bisher ist es nicht geboten, die Aufgabe lediglich eines bestimmten Arbeitsplatzes nach dem Recht der gesetzlichen UV zu entschädigen. Wer trotz seiner Hauterkrankung einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz ausfüllen kann und damit etwa die gleichen Verdienstmöglichkeiten hat wie bisher, erleidet keinen Schaden in einer beruflichen Beschäftigung (Brackmann aaO, S. 492 q II). Bei einem ungelernten Arbeiter, der nicht durch entsprechende Tätigkeiten sich besondere Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im oben genannten Sinne erworben hat, tritt eine solche eine Entschädigung rechtfertigende Behinderung erst dann ein, wenn er zur Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit gezwungen ist. Die Neufassung der Nr. 46 der Anlage zur 6./7. BKVO hat somit an dem bisherigen Rechtszustand, soweit der Begriff der "beruflichen Beschäftigung" eingeführt worden ist, nichts geändert. Es handelt sich insoweit um eine redaktionelle Änderung (so auch Schieke aaO.). So heißt es ua in dem Merkblatt des Bundesarbeitsministers für die ärztliche Untersuchung zu Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO (Arbeitsschutz-Fachteil des Bundesarbeitsblattes-1963, S. 25, IV) eine berufliche Beschäftigung liege auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft für eine gewisse Dauer in einem Beschäftigungsverhältnis verwende, dabei bestimmte Erfahrungen oder Fertigkeiten erworben und aus ihr zumindest einen wesentlichen Teil seines Lebensunterhaltes bestritten habe. Diese Fassung weicht zwar von der des Merkblattes vom 4. Mai 1953 (BABl 1953, 273, 287 Nr. 19, III) ab, spricht aber ebenso wieder von den bestimmten Erfahrungen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten, die erworben sein müssen, um den Begriff des "Berufs" bzw. der "beruflichen Beschäftigung" zu erfüllen.
Zu Unrecht nimmt die Revision an, bei dem Kläger hätten die Voraussetzungen der Aufgabe einer beruflichen Beschäftigung im oben genannten Sinne vorgelegen. Nach den Feststellungen des LSG hat er nicht, wie die Revision meint, in der Stanzerei "schwere, d.h. schwierige" Arbeiten an Exzenter-Pressen verrichtet, was sich durch eine höhere Lohngruppe ausgewirkt habe. Das LSG hat vielmehr festgestellt, der Kläger sei in der Stanzerei nach der Lohngruppe VII entlohnt worden, weil er schwerere Arbeiten habe ausführen müssen und nicht deshalb, weil er nunmehr besondere Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt habe. Diese Feststellung hat es auf die Auskunft der Firma R H AG vom 19. Januar 1968 sowie auf die Aussage des Zeugen W gestützt und dabei ebensowenig das Recht der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 SGG) überschritten wie bei der Feststellung, der Kläger habe weder für seine Tätigkeit in der Presserei noch in der Stanzerei besondere Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse benötigt und sich deshalb solche auch nicht erworben. Die Revision rügt auch insoweit zu Unrecht, die beiden Vorinstanzen hätten der Aussage des sachverständigen Zeugen W nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr zukomme. Die Beweiswürdigung des LSG läßt insoweit weder einen Verstoß gegen Erfahrungssätze noch einen Denkfehler erkennen (BSG 2, 236, 237; SozR Nr. 34 zu § 128 SGG). Zwar hat der Zeuge angegeben, ein Berufsfremder benötige etwa ein halbes Jahr, bis er mit den anfallenden Arbeiten vertraut sei, und die Arbeiten an den Maschinen der Stanzerei seien sehr verschieden. Das LSG hat diesen Teil der Aussage des Zeugen jedoch gewürdigt und ist auch unter Berücksichtigung der Auskunft der Firma R H AG vom 19. Januar 1968 zu dem Ergebnis gelangt, die Tätigkeiten, die der Kläger sowohl in der Presserei als auch in der Stanzerei ausgeübt habe, hätten eine Anlernzeit von höchstens vier Wochen erfordert. In Verbindung mit der weiteren Aussage des Zeugen, die nach der Lohngruppe VII entlohnten Tätigkeiten des Klägers hätten keine besonderen Kenntnisse erfordert, ist die Beweiswürdigung des LSG folgerichtig und ohne Widerspruch. Eine Anlernzeit "von höchstens vier Wochen" ist aber zu kurz, um in der Tätigkeit des Klägers eine "berufliche Beschäftigung" im obigen Sinne erblicken zu können.
Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. Januar 1974 - 8/7 RU 45/72 - nicht entgegen. Der dortige Kläger hatte nahezu 5 Jahre hindurch innerhalb des Prüffeldes für elektronische Geräte eine Beschäftigung ausgeübt, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erforderte, wie sie durch ein systematisches Anlernen sowie eine gewisse Übung und Erfahrung erreicht werden. Ähnliche Voraussetzungen liegen aber im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des LSG nicht vor. Überdies darf nicht verkannt werden, daß das Urteil des Senats aaO. eine Tätigkeit betraf, die gerade noch als berufliche Beschäftigung i.S. der Nr. 46 der Anlage zur 6./7. BKVO angesehen werden kann.
Das LSG hat somit zu Recht einen Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 551 RVO iVm Nr. 46 der Anlage zur 6./7. BKVO verneint, so daß die Revision als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen